Aus den Tiefen #34: The Book Of Knots
In „Aus den Tiefen“ stelle ich euch regelmäßig mehr oder minder unbekannte Künstler, Projekte und Bands vor, die aus dem einen oder anderen Grund abseits der altbekannten Pfade wandeln. Die Gründe hierfür können zahlreich sein. Das Ergebnis muss nicht immer nach Metal klingen, im Gegenteil! Der Fokus liegt hierbei auf Innovation, auf Experimentierfreude, auf dem Potenzial, etwas anders zu machen, als alle anderen.
Heute geht es seit Längerem mal wieder um eine Band, die mit Metal eigentlich rein gar nichts zu tun hat, was prinzipiell immer ne Sache ist, die mich eher anzieht, als abschreckt.
Dass die Musik dabei trotzdem alles andere als zahm oder gefällig ist, werd ich euch hoffentlich beweisen können.
Manege frei für THE BOOK OF KNOTS.
Benannt nach einem Handbuch für Seemannsknoten, wurde THE BOOK OF KNOTS im Jahre 2003 in Brooklyn gegründet. Die Gründungsmitglieder Tony Maimone, Joel Hamilton, Matthias Bossi und Carla Kihlstedt sind und waren bereits vorher als Produzenten oder Mitmusiker für zahlreiche Bands aktiv. Die Bandbreite dieser Acts reicht dabei von SLEEPYTIME GORILLA MUSEUM und SHINER bis zu UNSANE und BATTLE OF MICE. Da die Bandmitglieder ohnehin tief im experimentellen Untergrund in und um Brooklyn verwurzelt sind und waren, war es nur logisch, dass auch die Musik von THE BOOK OF KNOTS alles andere als gewöhnlich ausfallen sollte.
Am ehesten lässt sich der Sound als Experimental Rock oder Art Rock bezeichnen, wobei die stilistische Ausrichtung durchaus von Song zu Song wechseln kann. Noise, Trip Hop, Industrial, Spoken Word Passagen, Rock, Ambient, all das und noch viel mehr kann man finden, sobald man sich darauf einlässt.
Was bei THE BOOK OF KNOTS besonders heraussticht, ist die undurchsichtige Melodik bzw. die Gitarrenlinien, die oftmals so bearbeitet werden, dass sie vollständig kakophon wirken. Und obgleich sich so eher Dissonanz und Krach ergeben, bleibt das, was die Band fabriziert auf verstörende Weise im Ohr, worin gleichzeitig ihre unverwechselbaren Extreme liegen. Weiterhin sind sowohl die Stimme als auch das Geigenspiel der wundervollen Carla Kihlstedt etwas, was die Musik von THE BOOK OF KNOTS auszeichnet und auf ein ganz neues Level hebt. Denn die Variabilität und Emotion, die diese Frau in ihrer Kehle trägt, kann einem von einer Sekunde zur nächsten Schauer über den gesamten Körper jagen.
Dazu kommt, dass man sich bei diesem Kollektiv nie wirklich sicher sein kann, was als nächstes passiert. Gerade noch kreischen einem Gitarren und noisige Elektronik mit der Intensität von berstendem Stahl die Ohren voll, nur um kurz darauf einen Song zu präsentieren, der auch von MASSIVE ATTACK stammen könnte und geradezu versöhnlich anmutet. Fast wie bei nem Psychopathen, der euch abwechselnd verprügelt und streichelt.
Bislang haben THE BOOK OF KNOTS drei Alben veröffentlicht, die insgesamt eine Konzepttrilogie ergeben. Der erste Teil „Book Of Knots“ rankt sich thematisch um die See und wurde bereits 2004 über Arclight Records veröffentlicht. „Traineater“, das zweite der drei Alben erschien im Jahre 2007 auf ANTI-, und spielt an Land. Auf ihrem Zweitwerk gelang es THE BOOK OF KNOTS einige prominente Gäste zu verpflichten, darunter Mike Watt, Carla Bozulich und sogar Tom Waits.
Das dritte und bislang letzte Album „Garden Of Fainting Stars“ aus dem Jahre 2011 behandelt (wer hätte es gedacht) die Luft und alles, was sich darin abspielt. Abermals kooperierte die Band dafür mit einem neuen Label, wobei es sich diesmal um Mike Pattons (übrigens nach Brechmittel benanntem) Ipecac Recordings handelte. Dabei ließ sich selbiger natürlich nicht lumpen, und steuerte neben EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN-Sänger Blixa Bargeld, ebenfalls Gesänge bei.
Seither ist es still geworden um das Experimentalquartett aus Brooklyn. Und obwohl offiziell nie eine Auflösung bekanntgegeben wurde, ist es unwahrscheinlich, dass nach der „Zu Wasser, zu Land und in der Luft“-Trilogie noch weiteres Material veröffentlicht werden wird.
Die Alben in physischer Form zu finden, dürfte etwas Indiana Jones-Charme mit sich bringen, zumal das Debütalbum bei Amazon mittlerweile bei über 60€ steht – gebraucht wohlgemerkt.
Für all jene, die den Platz im Regal sowieso lieber für Bücher, DVDs oder Figuren aus Überraschungseiern reservieren, gibts zumindest das Debüt sowie „Garden Of Fainting Stars“ auf den Bandcamp-Seiten der jeweiligen Labels und alle drei Alben bei Spotify.
Garden Of Fainting Stars Bandcamp
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