Deutschland, deine Festivals – #09.2: Niedersachsen II
Wer mit anderen Genres als „reinem“ Metal nichts anfangen kann, wird mit der bunten Version zu Niedersachsen in der letzten Woche nicht besonders glücklich geworden sein. Deshalb gibt es heute, wie versprochen, die zweite Hälfte der niedersächsischen Festivallandschaft. Vergesst den Punk, vergesst den Goth-Kram, vergesst den Core – heute gibt es nur eines: die klassischen Metal-Festivals! Viel Spaß mit der zweiten, namentlich der „trven“, Version von „Deutschland, deine Festivals“ #09!
Stolzes Jubiläum: Metal Bash Open Air
Wie gewohnt, starten wir mit dem größten Festival der Ausgabe. Dabei handelt es sich in Form des Metal Bash Open Air ausgerechnet um ein Eintages-Festival. Mit der Gründung 2003 und dem nun anstehenden Jubiläum zur 15. Austragung ist das Festival in Neu Wulmstorf nahe Hamburg zwar noch etwas jünger als das M’era Luna, gehört aber trotzdem zu den ältesten Festivals des Landes. Ca. 1.000-2.000 Besucher füllen die zur Schießsportanlage gehörenden Wiesen. Zu verdanken ist der Spaß den Veranstaltern von Remedy Records, die das Festival jährlich im Mai auf die Beine stellen.
15 Bands geben sich die Ehre – für eine eintägige Veranstaltung eine beträchtliche Anzahl. Beim Billing handelt es sich immer um eine Mischung aus Heavy, Death, Black und Thrash Metal, Rock´n´Roll sowie etwas Punk. Nachdem in der Vergangenheit schon Bands wie MOONSORROW, EQUILIBRIUM, VENOM INC., ASPHYX, LEGION OF THE DAMNED und NEGATOR auf dem Festival vorbeischauten, sind 2017 u.a. KNEIPENTERRORISTEN, GIRLSCHOOL, HARDBONE, STALLION und CRIXIS in Neu Wulmstorf zu sehen. Für unter 30 € gibt’s also einiges zu sehen.
Tradition im Underground: Steel Held High Festival
Mitte März debütierte das Steel Held High Festival in Braunschweig. Organisiert wurde das Festival von der Band BOOZE CONTROL. Zur Erstausgabe fanden sich ungefähr 120 Gäste ein. Ausreichend viele, um die Kosten zu decken. Ob es eine Fortsetzung der kleinen Veranstaltung geben wird, wird die Band indes vermutlich erst in einiger Zeit entscheiden.
Die „Traditional Heavy Metal Band“ BOOZE CONTROL eröffnete das Festival – und gab damit einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte. Schließlich stand das gesamte Event im Zeichen des traditionellen Heavy Metals, stellenweise gewürzt durch etwas Speed Metal. So durften an diesem Abend auch noch SPEED QUEEN, SKULLWINX, BLACKSLASH, BLIZZEN und ALPHA TIGER sowie eine aus Musikern einiger dieser Bands bestehenden Allstar-Band unter Beweis stellen, was sie auf dem Kasten haben. Es ist nicht klar, ob es zu einer Neuauflage kommen wird – Hoffnung machen kann man sich als Fan des traditionellen Heavy Metals aber trotzdem.
Metal statt Meal: Full Metal Mensa
Der Schauplatz des nächsten Festivals erscheint doch recht unkonventionell. Im Gebäude der Zentralmensa der Göttinger Universität findet nämlich einmal jährlich im November die Full Metal Mensa statt. Die Erstauflage lässt sich auf den 8. November 2014 datieren, womit die Veranstaltung 2017 auf ihre vierte Auflage kommt. Hinter der Idee stecken das Studentenwerk Göttingen und das Rockbüro Göttingen, welche das Festival veranstalten. Mit Erfolg: Auf 700 Besucher im Jahr kommt längst nicht jedes Festival.
Die ebenfalls eintägige Veranstaltung fuhr 2016 sechs Bands zur Erheiterung der Fans auf. Den Schwerpunkt des Line-Ups bilden stets Bands aus dem Death und Thrash Metal, doch vereinzelt gibt es auch andere Bands zu bestaunen, so u.a. ELVENPATH als Vertreter des Power Metal im letzten Jahr. Neben zwei bis drei lokalen Acts dürfen auch überregionale Bands auftreten, sodass sich zur bereits genannten Truppe auch MORTAL TERROR, SAXNOT, ANGELCRYPT, COLLAPSE INSTINCT und GRAVE gesellten. Auch 2017 werden sicherlich wieder einige musikalische „Leckerbissen“ serviert.
Underground Remains Open Air
Wir waren in Göttingen, wir bleiben in Göttingen. Neben der Full Metal Mensa im Herbst, findet dort Anfang Juni nämlich auch das Underground Remains Open Air statt. 2013 beziffert das Jahr der Erstaustragung, sodass es dieses Jahr das erste Jubiläum zur fünften Ausgabe zu feiern gibt. Wie schon bei den drei vorangegangenen Veranstaltungen, handelt es sich hierbei um ein eintägiges Event. Im Schnitt sind 350 Besucher zu erwarten. Selbst im Falle wachsender Besucherzahlen möchte man die Marke von 500 nicht überschreiten, um den Underground-Spirit zu erhalten.
Auf dem alten Industriegelände, das den Schauplatz für das UROA bietet, treten Bands der Genres Heavy, Death, Thrash und Black auf. Wie vielerorts wird auch hier gebucht, was den Veranstaltern gefällt. In seit Jahren gewohnter Manier, treten auch zum kleinen Jubiläum acht Bands auf. Beim Underground Remains Open Air 2017 sind das IMPERIUM DEKADENZ, NIGHT VIPER, CYTOTOXIN, FÄULNIS, ATOMWINTER, EVOKED, REVOLT und JEHACKTET. Das Billing steht, also kann der Sommer kommen.
In den Schlaf geschickt: Break The Ground
Dem einen oder anderen wird das Break The Ground Festival vielleicht etwas sagen. Das zweitägige Festival für Heavy, Thrash, Folk, Hardrock, Death und Melodic Death Metal fand von 2009 bis 2015 im Juni statt und kommt damit auf immerhin sieben Veranstaltungen. Danach schickten die Veranstalter das Festival in den unbefristeten Urlaub. Grund dafür waren persönliche Gründe des Teams: anstehender Nachwuchs, Hochzeiten und solcherlei Dinge. Deshalb entschied man, sich in den nächsten Jahren vermehrt auf die eigenen Angelegenheiten zu konzentrieren. Das soll aber nicht immer so bleiben. Mit der letzten Meldung im Dezember 2015 verkündete man, in einigen Jahren zurückzukehren, wenn der persönliche Ausnahmezustand vorüber sei. Doch mit solchen Versprechen ist das immer so eine Sache, gerade auf einem sehr gesättigten Festivalmarkt mit stetig steigenden Kosten. Ob das Versprechen eingelöst wird, erfahren wir womöglich nicht mehr in diesem Jahrzehnt …
Zu Gast bei den Bornemanns: Bornemannshausen Open Air
Da das Break The Ground nicht mehr läuft, verbleibt nur noch ein mehrtägiges Festival im heutigen Artikel, das nach wie vor besuchbar ist. Auf dem Privatgrundstück der Familie Bornemann findet Mitte August das zweitägige Bornemannshausen Open Air statt. Ungefähr 500 Menschen besuchen jährlich den kleinen Ort zwischen Göttingen und Hildesheim, um dem 2009 noch ohne Live-Musik gestarteten Festival beizuwohnen. Auftritte von Bands gab es dann ab dem Folgejahr 2011 zu sehen.. 2017 findet das 9. B:O:A statt, ehe 2018 die Zehn voll gemacht wird.
Die Veranstalter möchten in erster Linie jungen, aufstrebenden, optimalerweise regionalen Bands die Möglichkeit geben, Bühnenerfahrung zu sammeln. Das Line-Up ist bunt, es handelt sich hierbei wohl mehr oder weniger um ein Mixed Metal Festival – als Hauptgenres werden vonseiten des Veranstalters Hardrock, Classic, Death, Heavy und Thrash Metal angeführt, doch daneben finden auch Bands einen Platz, die Power, Melodic Death oder Pagan Metal, Grunge und Stoner spielen. Bei 10-12 Bands ist also für so ziemlich jeden etwas dabei. 2016 waren SEVEN THORNS, BOOZE CONTROL, ALIEN TO THE SYSTEM, GOATS RISING, SAXNOT und einige weitere Teil des bunten Treibens. Ähnlich bunt dürfte es auch dieses Jahr zugehen, wenn es wieder heißt: „B:O:A, EY!“
Respekt vor den Alten: United Forces Festival
Das United Forces Festival in Osterode ist das einzige Festival in Niedersachsen, dessen Wurzeln bis ins letzte Jahrtausend zurückragen – nämlich bis ins Jahr 1999, als das Festival zum ersten Mal (damals noch von der Band THE ATMOSFEAR) veranstaltet wurde. Seitdem findet das Festival jährlich statt. Dieses Jahr geht es bereits in die neunzehnte Runde. Durchschnittlich sind bei jeder Ausgabe ungefähr 150 Besucher anwesend.
Mit lediglich fünf Bands an einem Abend kann das U.F.F. gerade noch als Festival gezählt werden. Die Anfang November auftretenden Bands spielen regelmäßig Black, Death, Thrash oder Melodic Death Metal sowie Grindcore. Dieses Jahr treten die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS, THE BLACK COURT, LEGUANO, NEGATOR und ENDSEEKER auf, um der neunzehnten Auflage des Festivals ihren Stempel aufzudrücken. 2018 wird die 20. Auflage folgen – eine wirklich stolze Zahl, die sehr viele Festivals gar nicht erst erreichen.
Die Frage aller Fragen: Lohnt es sich, in Niedersachsen Metalhead zu sein?
Dieses Mal können wir auf zwölf aktive Festivals zurückschauen. Viele davon sind sehr klein und haben Underground-Charme, während die beiden richtig großen Veranstaltungen des Landes nur in kleinen Teilen mit Metal zu tun haben.
Niedersachsen ist deshalb interessant für diejenigen, die gern kleinere Metal-Festivals besuchen oder Musik über die Genregrenzen hinaus genießen. Für diejenigen, die wirklich nur mit mehr oder weniger traditionellem Metal etwas anfangen können, mangelt es an größeren Festivals, welche entsprechend bekanntere Bands bieten könnten, sowie an mehrtägigen Veranstaltungen, welche das Camping beinhaltende Festival-Feeling transportieren können. Das bestehende Angebot ist ansonsten jedoch recht ausgewogen, sodass die meisten Genres zumindest durch Mixed-Festivals vertreten sind. Zu den zahlreichen Veranstaltungen im Sommer gesellen sich auch eine im November, März und Mai, sodass abseits des Festivalsommers nicht gänzlich tote Hose herrscht.
Niedersachsen ist letztendlich etwas für die Experimentierfreudigen und weniger für die Liebhaber großer Metalfestivals. Mit dem Festival-Angebot manch anderer Bundesländer kann man nicht ganz mithalten, ist aber jedenfalls deutlich attraktiver, als die relativ kargen Festivallandschaften in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg.
Der nächste Bericht erscheint in zwei Wochen und handelt über die Festivals in Bremen, ehe im Anschluss mit Nordrhein-Westfalen ein wahrlich reichhaltiges Bundesland wartet. Vielleicht kennt auch ihr das ein oder andere Festival in NRW – die Auswahl wird riesig sein!
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