Ein Album im Zeichen der Vergänglichkeit – SAMSARA BLUES EXPERIMENT
SAMSARA BLUES EXPERIMENT – One With The Universe
Veröffentlichungsdatum: 12.05.2017
Dauer: 47:18 Min.
Label: World In Sound/Electric Magic Records
Genre: Psychedelic Stoner
Lutherstadt Eisleben – die 24.000 Einwohnerstadt im südlichen Sachsen-Anhalt. Nicht viel hat dieses Fleckchen Erde bisher hervorgebracht: Martin Luther, ihm zu Ehren das Reformatorbräu, welches man aber eigentlich nicht erwähnen müsste, Robert, El Zecho, Flo und meine Wenigkeit. Musikalisch sieht es da noch magerer aus. Außer ELSTERGLANZ hat eigentlich keine Band oder irgendein Künstler den wirklich großen Durchbruch geschafft (auch wenn es MÜLLSTATION sehr zu wünschen gewesen wäre).
SAMSARA BLUES EXPERIMENT kommen zwar aus Berlin, doch Sänger, Gitarrist und Kopf der Truppe Christian Peters hat seine Wurzeln auch im schönen Mansfelder Land und so könnte es jetzt kommen, dass die Verbandsgemeinde nun doch noch etwas musikalischen Ruhm abbekommt. Nach nunmehr 4 Jahren Stille erscheint am 12. Mai ihr viertes Studioalbum. Ich durfte schon mal in das gute Stück reinhören und bin überrascht, was sich in dieser Schaffenspause alles so getan hat.
Alles beim Alten und doch irgendwie anders …
Nicht nur musikalisch, auch personell, nagt der Zahn der Zeit an SAMSARA BLUES EXPERIMENT. Im Mai 2014 standen die Weichen mit Bassist Richard Behrens auf Trennung. Statt sich einem „Bassistencasting“ der Marke METALLICA hinzugeben, wurde Gitarrist Hans Eiselt einfach sein Instrument abgenommen und ihm der Bass in die Hand gedrückt. Und das tut der Musik und dem Sound mal so überhaupt keinen Abbruch. Im Gegenteil: ich finde, dass das aktuelle Bassspiel noch besser passt. Verträumt und gleichzeitig unheimlich verspielt kommt er seinem neuen Job nach.
Mit „Vipassana“, welches schon vor mehreren Wochen bei YouTube veröffentlicht wurde und seitdem bei mir hoch und runter läuft (sofern es das Datenvolumen auf dem Handy mal zulässt), wird „One With The Universe“ eröffnet. Meeresrauschen und sanfte Gitarrenklänge leiten den Song ein und spiegeln die Schaffenspause so perfekt wider. Doch dann packt das Riffmonster erbarmungslos zu. Hier setzen sich herzergreifende Riffs und massive Soundwände gegenseitig die Krone auf.
Mit einer gesellschaftskritischen Rede beginnt „Sad Guru Returns“. Und genauso sad klingt dieses Stück, welches übrigens komplett ohne Gesang auskommt, auch. Schwerfällig, verträumt, bequem und trotzdem zerstörerisch. Halt genau der Zustand, in dem sich die Welt im Moment befindet. Ursprünglich wollte ich erst „unsere“ Welt schreiben, doch sind wir es doch, die diesen Planeten gerade vollends zerstören.
Viel himmlischer geht es da schon mit „Glorious Daze“ weiter. Natürlich darf auf einer neuen SAMSARA BLUES EXPERIMENT-Platte nicht der Sound einer Sitar fehlen. Dieser Klang gibt dem ganzen Song von Beginn an eine friedliche und ausgeglichene Stimmung mit auf den Weg. Als ich vom Groove komplett gepackt bin, gesellt sich plötzlich noch eine Orgel hinzu und berauscht mich mit feinstem psychedelischen Blues-Einschlag.
Dass die Hauptstädter schon immer eine Vorliebe für überlange Songs haben, sollte ja so manch einem schon bekannt sein. Doch gibt es eigentlich einen überlangen Song? Solange die Band am Ende auf den Punkt kommt, kann sie von mir aus eine Stunde an einem Song werkeln (siehe SLEEP – „Dopesmoker“). Der Titelsong des Albums besteht dieses Kriterium mit Bravour! Und das ohne auch nur eine Sekunde der 15 Minuten langweilig zu werden. Nein, der Spannungsbogen wird konstant hochgehalten.
Nachdem ich mich eigentlich schon damit abgefunden habe, dass nach „Glorious Daze“ gleich noch ein Instrumental folgt, werde ich von Christian Peters überrascht. Ganze 9 Minuten dauert es, ehe er sich dann doch mal ein Herz fasst und seine Stimme zum Besten gibt. Jene ist übrigens äußerst besonders. Er ist absolut kein Opernsänger! Vielmehr erinnert es an „gelangweilten“ Sprechgesang. Das ist aber keinesfalls negativ gemeint, denn in Verbindung mit lebhaften Gitarren-, Orgel- und Bassspuren sorgt das für die perfekte Ausgeglichenheit. Durch diesen Aspekt werden die Berliner in der Stoner/Doom-Szene wahrscheinlich auch nicht so abgefeiert, wie beispielsweise RED FANG oder TRUCKFIGHTERS. Es gibt einfach keine Gesangsparts, die einen extrem zum Mitgröhlen einladen. Das würde allerdings auch das ganze Gerüst, welches vorher musikalisch geschaffen wurde, ins wanken bringen.
„Eastern Sun & Western Moon“ beginnt mit einem klassischen Stoner-Riff und wird von Takt zu Takt psychedelischer. Als nahezu die komplette Psychedelik erschöpft zu sein scheint, setzt die doomige Walze ein und beseitigt die letzten Hindernisse.
Stille… Strand… Meeresrauschen… Bis zum nächsten Album!
Autorenbewertung
Vorteile
+ angenehme Länge
+ tiefgründig, melancholisch
+ mächtige Soundlandschaften
+ bleibt sofort im Kopf, trotz sehr ausladender Songs
Nachteile
- na gut, für den "Mainstream-Stoner-Hörer" zu lahm
- kein Partyhitpotenzial
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
1 Kommentar
[…] Saal ist wieder ordentlich gefüllt und scheinbar jeder ist gespannt, wie das neue Material vom am 12. Mai erscheinenden Album Live wirkt. Und siehe da, es macht richtig viel Spaß den Jungs zuzuhören und zuzuschauen. Mit […]