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FUNERALIUM – ab in die Psychatrie!

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FUNERALIUM – Of Throes And Blight
Veröffentlichungsdatum: 12.04.2017
Dauer: 93:38 Min.
Label: Weird Truth
Stil: Funeral Doom Metal

Manchmal haben gewisse Alben eine reinigende Wirkung auf den Hörer. Sie begleiten dich wie ein Therapeut in schweren Zeiten, bauen dich auf, lassen dich nicht hängen und beschreiben deine Not in Ausdrücken, wofür es keine Worte zu geben scheint. Und dann gibt es noch Alben, die helfen dir auf die harte Tour.

„Of Throes And Blight“ ist so ein Exemplar geworden, denn nach 4 Jahren Funkstille melden sich die Franzosen FUNERALIUM mit einem Vernichtungsschlag zurück, der jeden „Zwischendurchhörer“ komplett überfordert. Satte 94 Minuten (!) peinigen die Franzosen in nur 4 Liedern die Seele, reißen Abgründe auf, zeigen dir die dunkelsten Orte deiner Gedanken.

Nein, dieser Output hat nichts Beschönigendes, oder gar eine Note von anmutiger Wehmut. Das hier ist ein vertonter Rückfall mit Aussicht auf Schlimmes. Das ist „Ultra Sick Doom“ wie ihn die Band selber nennt.

Im Kriechgang zu Boden

Und so beginnt dieser schmerzhafte Trip mit „Slowly We Crawl Towards Crumbs“, einem Monster von knapp 28 Minuten Spielzeit. Davon kreucht und fleucht man im Zeitlupentempo voran um 11 Minuten später den Hörer das erste Mal mit Midtempo zu erlösen. Doch 2 Minuten später die erste Vollbremsung.

Es zieht einen richtig runter, wenn die Band dir zeigt, dass es nicht besser, sondern schlechter wird. Zum Orchester des Untergangs gesellt sich natürlich noch ein Sänger, der sich die Seele aus dem Leib schreit. Räudiges Gekeife, tiefes Growling oder auch schmerzerfüllte Rufe. Der Kerl kann das alles. Im letzten Drittel bestimmt karges Musizieren mit schrägen Aussetzern das Tagesgeschäft. Beklemmend, andererseits gleichzeitig dicht wie die Taiga.

Das schlaucht ganz schön, aber der zweite Song ist ja auch nur 4 Minuten kürzer, 23:30 Minuten um genau zu sein!

Und der hat es in sich. „Spit At My Face, I Will Pluck Your Tongue Out“ verströmt jede Menge an morbidem Flair. So hört sich richtige Verstörtheit an, es quillt an jeder Ecke die Depression hervor. Anfänglich dominieren boshafte Walzattacken, die sich wirkungsvoll von eingestreuten melodischen Entladungen gekonnt ergänzen lassen. Entsprechend lange dauert dann auch ein neuer Tempoanstieg, obgleich dieser nur eine Minute anhält und der Schreihals die perfekte Pein herausbrüllt:

„Enough is enough!“

Anschließend wird noch 10 weitere Minuten gelitten, sogar mit Uptempo!

FUNERALIUM – eine Zitadelle der Qual

Auf jeden Fall sorgt „Of Throes And Blight“ seit Langem dafür, dass ich eine Pause einlegen muss. Darum ist es auch eine Wohltat sich für die zweite Runde erst mal „schlappe“ 9 Minuten zu konzentrieren, obgleich in diesen vernichtenden Augenblicken erneut vor dem geistigen Auge der Leichenwagen vorfährt.

Im folgenden Finale packen FUNERALIUM ein letztes Mal ihre ganze Negativität aus, indem sie sich über eine halbe Stunde lang auskotzen. Immer wieder unterbrechen triste Melodien das Übel mit dezenten Beckenschlägen. Es entfaltet sich der gewaltige Mahlstrom, aus dem kein Entrinnen möglich scheint. Vielmehr saugt dieses Ungetüm von einem Song jegliche gute Laune wie ein schwarzes Loch auf. Schnell breitet sich ein ungutes Gefühl in meinem Bauch aus, die flott gespielten Doublebass-Einschübe verstärken das Ganze. Alles verschwimmt zu kargem Brei, der Deckel klappt sich von alleine auf den Sarg.

Danach fühlt man sich ausgelaugt und leer. Aber auch irgendwie befreit.

Wie verändert dich dieses Album? Teste HIER deine Verträglichkeit.

 

 

 

Bild mit freundlicher Genehmigung von Funeralium

Autorenbewertung

7
Hiermit steht wohl einer der heißesten Kandidaten auf den Thron für den "Pessimismus-2017-Award" fest. Das Album verlangt dem Hörer alles ab, zart besaitete Leute können damit so gut wie nix anfangen. Den unbelehrbaren Psychos unter euch, die am liebsten ihren Geburtstag auf Beerdigungen feiern, lege ich hingegen "Of Throes And Blight" an ihr verfaultes Herz. Auch wenn die Doppel-CD an einem zerrt wie ein kalter Entzug, so ist es doch überraschender, dass man sich nach dem Hörerlebnis wie ein neuer Mensch fühlt.
ø 4.7 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
7 / 10 Punkten

Vorteile

+ abartige Stimmung
+ kaum Längen, trotz auslandender Stücke

Nachteile

- Stimmungsabhängig
- nur für absolute Liebhaber von extremen Metal geeignet

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2 Kommentare

  1. minuslik
    22. April 2017 bei 17:07 — Antworten

    Das ist *der* Gute-Laune-Killer auf jeder Party! 🙂 Wobei mich das erste Stück zirka ab Minute 18 an „Limbo“ erinnert hat: Dort trostlose, weitläufige Levels, hier ein einsames Schlagzeug, das durch den Raum hallt und nur von leisem Gesang begleitet wird.

    • 23. April 2017 bei 15:10 — Antworten

      Hi Minuslik,

      es ist doch immer wieder interessant woran die Musik von den Jungs einen erinnern kann. Ist zwar eine sehr ungewöhnliche Assoziation, aber okay 🙂
      Schön das du dich mit dem Album beschäftigst!

      Grüße,

      Hannes

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