Endlich wieder ROCKHARZ-Festival!
Endlich wieder ROCKHARZ-Festival! Auf dieses mittlerweile 24 Jahre alte Metal-Festival direkt an der Teufelsmauer bei Ballenstedt freue ich mich alle Jahre wieder. Mit seinen ca. 50-60 Bands und 13.000 Besuchern ist es weder zu klein, noch zu groß, bietet eine familiäre Atmosphäre und doch eine ordentliche Portion qualitativ hochwertiger Musik. Dies ist nach 5 Jahren allerdings das erste Mal, an dem ich nunmehr nicht nur als reiner Touri hergekommen bin, sondern im Auftrag des Silence-Magazins.
Tag 1 – Mittwoch
Nachdem ich den Dienstag als, sagen wir mal, lustigen Anreisetag hinter mich gebracht hatte, spielten am Mittwoch auch schon die ersten Bands. Riesenschlange bei der Bändchenvergabe. Doch sowohl ich, wie auch meine Camp-Genossen waren schon am Vortag auf die Idee gekommen, unsere zu holen.
Die erste Band, die auf meinem Plan stand, war SERIOUS BLACK. Dies vor allem, weil deren Drummer, THOMEN STAUCH, als eines meiner sehr frühen Idole gilt. Tja, Pech gehabt. Keine Ahnung wer hinter der Rumpelkiste saß, aber der war’s nicht. Abgesehen von dieser Enttäuschung war es ein ganz angenehmes Konzert, gut performed von allen Beteiligten, und die neueren Lieder kommen auch etwas weniger fantasielos herüber als die der Debüt-Platte.
ES WIRD ORDENTLICH GEFEIERT
ORDEN OGAN spielten später am Abend. Mit Roboter-Cowboys auf der Bühne hauten sie eine Hymne nach der anderen raus. Noch ist diese Band nicht in den gleichen Gefilden angekommen wie etwa POWERWOLF oder gar SABATON, dennoch zeigt sich bei jedem ihrer Konzerte wieder, dass sie eine nicht zu unterschätzende Fanbase haben, die immer bereit sind zu ihrer Musik abzufeiern und die Texte mitzugrölen. Hat ordentlich Spaß gemacht. Einzig und allein ein (neues) Lied schien eher langweilig und ließ das Publikum fünf Minuten im Halbschlaf versinken, bevor danach wieder weitergefeiert wurde.
Tag 2 – Donnerstag
Am ersten der drei Haupttage startete ich meine musikalische Reise dann mit WOLFHEART. Und es war ein äußerst enttäuschender Start. Nicht, dass die Band etwas dafür könnte, wahrscheinlich haben sie ihr Konzert fehlerfrei gespielt, und es ist ihnen nicht mal selbst aufgefallen. Hilft allerdings alles nichts, wenn der Sound so beschissen ist, dass man nicht mitkriegt, was die Leute auf der Bühne überhaupt spielen. Die Bass Drum war so laut, dass man weder Riffs noch Melodien herausgehört hat. Und das bei solch tiefgehender Melodic-Death-Metal-Musik. Durch diese soundtechnische Katastrophe wurde die Musik so vieler Dimensionen beraubt – alles Schöne, Magische, Wohlklingende, Interessante ging verloren. Ich empfinde so etwas als eine Frechheit seitens der Soundtechniker. Sowohl der Band als auch dem Publikum gegenüber. Und es sollte nicht das einzige Konzert sein, bei dem dieses Problem auftreten würde.
ZWEI-MANN-POWER
Als nächstes standen MANTAR auf dem Speiseplan. Ich muss zugeben: Ich wusste nicht genau was mich erwarten würde. Doch enttäuscht wurde ich diesmal bei weitem nicht. Zwei Leute auf der Bühne – Drummer und Gitarrist/Sänger. Sie sind nicht etwa dem Publikum zugewandt, sondern sehen sich beim Spielen gegenseitig an. Und der Sound brettert. Eine drückende Wand aus Energie, aus der man trotzdem alles klar heraushört und -spürt. Und die beiden Musiker waren selbst so sehr in der Ekstase ihrer eigenen Klangerzeugnisse gefangen, dass es einen als Zuschauer einfach nur mitreißen musste. Mal davon abgesehen, dass diese Musik an sich schon so heavy und energisch ist, dass dies eh der Fall war. Geil.
Doch dann: Unwetterwarnung! Alle sofort zurück zum Camp, Zelte richtig befestigen, im Notfall sich in den Autos verbarrikadieren! So zumindest die Durchsage.
Spoiler Alert: Es kam (gottseidank) nie ein Gewitter. Schade aber auch.
DIE LEGENDE VOM PERFEKTEN SOUND
Die Stoner-Rocker KADAVAR habe ich leider zum Großteil verpasst. Dennoch muss ich hierzu etwas loswerden: Der Sound war göttlich. Er war wahrlich so perfekt, dass ich sagen muss, so einen guten Sound bisher auf allen 26 Festivals, die ich bisher in meinem Leben besucht habe, kaum jemals miterlebt zu haben. Der Bass schön wummrig, jeder Schlag des Drummers war perfekt rauszuhören und hatte genau die richtige Lautstärke im Gesamtgebilde der Musik. Die Gitarren waren wunderbar klar und hatten trotzdem genau die Art von Druck, die sie haben sollen. Die Stimme mit Hall fügte sich genau richtig in die Musik ein. Und das alles in perfekter Lautstärke. Wow. Bei einer solchen Klangharmonie könnte man doch glatt zum Fetischisten werden. Warum nicht gleich so? Warum nicht IMMER so? Es ist doch offensichtlich machbar.
Bei ARCH ENEMY pendelte sich der Sound dann auch nach ungefähr drei Liedern ein, auch wenn er in keinem Vergleich zu KADAVARs majestätischer Ohreneinbalsamierung stand. Komplett meine Musik wird diese Melodeath-Band wohl nie werden, dennoch war es ein ganz ordentliches Konzert. Auch tummelte sich vor der Bühne mittlerweile eine richtig große Masse an Menschen. Schade nur, dass die einzige Person, die sich auf der Bühne bewegte, die Sängerin war. Alle anderen Musiker schienen eher dekorativ in der Gegend herumzustehen. Dennoch: Motivierte Crowd, technisch souverän funktionierende Band – soweit also eigentlich ein gutes Konzert.
ENDLICH WIEDER IN EXTREMO
Auf IN EXTREMO hatte ich mich ganz besonders gefreut. Eine Band, die ich schon längere Zeit nicht mehr live miterleben hatte dürfen. Doch nun endlich war der Zeitpunkt gekommen. Und es war schön! Riesige, motivierte Crowd, viele ältere und neuere Klassiker-Songs, Pyro-Show, eigentlich alles super. Auch die Band war motiviert, und ich muss sagen, ich freue mich jetzt schon drauf, sie nächsten Monat auf dem SUMMER BREEZE wieder zu sehen.
Im Anschluss und zum Abschluss brachten FIDDLER’S GREEN die Stimmung ein weiteres Mal zum Kochen. Das ohnehin noch von IN EXTREMO gehypte Publikum konnte also drei Schritte nach links machen und einfach weiter Party machen. Dazu gab’s noch die altbekannte Wall of Folk, eine Spezialität der Fiddlfolkpunk-Band: Eine Kuschelvariante der Wall of Death, bei der man sein Gegenüber nicht mit voller Wucht umhaut, sondern voller Liebe in den Arm nimmt, und „sexuelle Gefälligkeiten austauscht“. Habe ich mir aus der Ferne angesehen. Nett.
Tag 3 – Freitag
An VARG hatte ich große Erwartungen. Nicht zuletzt, weil ihre Show vor zwei Jahren auf dem ROCKHARZ mit zu den besten Konzerten gehört, die ich 2015 erlebt habe. Wirklich eine epische, mächtige Experience. Leider kamen sie dieses Jahr da nicht wirklich heran. Sowohl der Sound als auch die Tagesform der Musiker ließen leider diesmal etwas zu wünschen übrig. Dennoch wurde das Konzert spätestens ab Mitte richtig geil, und mir ist nun auch klargeworden, wofür die paar Songs mit fürs Album viel zu langen Refrains eigentlich gedacht sind. Live entfalten diese nämlich eine kraftvolle, das Publikum miteinnehmende Atmosphäre, die nicht zu unterschätzen ist. Das Konzert hatte definitiv seine Höhepunkte, und hat dazu viel Spaß gemacht. Dennoch war die Setlist etwas fragwürdig aufgestellt, etwa hat man sich wohl dagegen entschieden, eins der Lieder der neuen, einen Monat alten EP zu spielen.
SOUND-DESASTER
Abends schaute ich mir dann HEAVEN SHALL BURN an, welche sich auf jeden Fall im engeren Kreis meiner Lieblingsbands befinden. Nach einigen technischen Schwierigkeiten ging’s dann auch los. Riesiger Moshpit, aber auch viel Gedrücke und Gequetsche. Irgendwie hatte ich es hingekriegt, mich zur zweiten Reihe vorzudrängen, aber es war alles andere als ein Genuss. Wenn man sich schon darüber freut, wenn ein Crowdsurfer kommt, weil das die einzigen Momente sind, in denen man kurz Luft holen kann – naja, dann könnt ihr euch ungefähr vorstellen wie es war. Und dann der Sound. Wieder genau das gleiche Problem wie bei WOLFHEART. Mit dem Unterschied, dass HSB noch viel mehr Double-Bass-Passagen haben, ergo man zu 65% der Zeit nur Gewummer hört. Obwohl ich quasi alle Lieder dieser Band gut kenne, dauerte es manchmal Minuten, bis ich einen Song wiedererkannte. Die Gitarristen hätten in den meisten Parts genauso gut einfach nichts spielen können, es hätte sich genau gleich angehört. Und das ist keine Übertreibung. Sie gingen komplett unter. Dazu kam noch, dass der Druck, so nah an der Bühne, sogar mit Ohrenschutz in meinen Trommelfellen schmerzte. Nach vier Liedern bin ich dann wieder nach hinten gezogen. All das sollte dem Publikum jedoch die Laune nicht verderben. Es wurde gemosht, gecircled und gesprungen bis zum Ende.
Dann schaute ich mir abschließend noch kurz MR.HURLEY & DIE PULVERAFFEN an, deren lustiger Piratenquatsch mir in meinem müden Zustand allerdings keinen Spaß machte und sich schon fast nach Kölner Karnevalsmusik anhörte. Also ging ich schlafen.
Tag 4 – Samstag
Eine der frühen Bands des letzten Festivaltags waren DEW-SCENTED. Zwar waren noch nicht allzu viele Menschen vor Ort, dafür gab es aber ein Konzert für echte Männer. Erdiger Sound, harte, stampfende Musik ohne Kompromisse und eine verdammt motivierte Death-Metal-Band. Das erste Mal auf diesem Festival, dass ich wirklich Lust bekam, zu headbangen. Auch die paar Besucher zeigten Motivation und Circle- und Moshpit im kleinen Kreise (haha) sind doch auch immer was Schönes. Wach war ich nach dem Konzert auf jeden Fall. Und das aufgeschürfte Knie war’s mir definitiv wert.
KORPIKLAANIs Show war für einige wohl eher eine Enttäuschung, jedoch hatte ich mit nichts anderem gerechnet. Viele Menschen vergessen immer wieder, dass die Finnen schon lange nicht mehr NUR die lustige Sauf- und Partytruppe sind, die sie anfangs waren. Und so kommt es immer und immer wieder vor, dass man mit der falschen Erwartungshaltung auf einen ihrer Gigs geht. Wenn dann jedes zweite Lied ein ernsterer Folk-Song ist, der nicht etwa BEER BEER oder TEQUILA heißt, kann man oftmals nicht wenige unzufriedene Visagen im Menschenmeer erkennen. So kann’s einem gehen.
HOHE ERWARTUNGEN
Der nächste für mich interessante Gig war ELUVEITIE. Mit drei neuen Musikern an Bord, und einer der ersten großen Shows in dieser Besetzung, waren Druck und Erwartungen natürlich hoch. Besonders die neue Sängerin FABIENNE ERNI stand definitiv im Rampenlicht. Hinzu kam noch erschwerend, dass es zu Beginn sehr heftige, technisch bedingte Soundprobleme gab. Es dauerte über drei, vier Songs, bis alles wieder einigermaßen in Ordnung war, und selbst dann fiel gelegentlich die ganze linke Boxenkolonne für einige Sekunden aus. Außerdem – und diesen Fehler wage ich mal auf die Techniker zu schieben – hörte man fast das ganze Konzert über die Flöte von MATTEO SISTI einfach nicht. Dabei spielt gerade diese in vielen Songs eine der melodischen Hauptrollen. Sehr, sehr mies. Die neue Sängerin allerdings schaffte es, trotz allem Erwartungsdruck, mit einer perfekten Performance das Publikum ab der ersten Sekunde für sich zu gewinnen. Nach EPONA, THE CALL OF THE MOUNTAINS und A ROSE FOR EPONA hatte sie es definitiv in die Herzen und Ohren aller geschafft. Außerdem: Coole, abwechslungsreiche Songauswahl! Als ab Mitte des Konzerts dann der Sound endlich teilweise funktionierte, und einige härtere Songs gespielt wurden, kam das Ganze ordentlich ins Rollen und der Gig war definitiv gerettet. Trotzdem finde ich das mit der Flöte wirklich nicht in Ordnung. Basta.
DER HEADLINER
Abschließend spielten dann BLIND GUARDIAN. Wow. Eine Band, die ich seit meiner frühen Jugend feiere und liebe und seit über zwei Jahren nicht mehr live gesehen hatte. Und endlich war es wieder soweit. Zu meiner Überraschung sollte es noch besser kommen als erwartet: Ich hätte es vielleicht wissen sollen, aber die Krefelder hatten etwas Besonderes für diesen Gig geplant. Und zwar spielten sie ihr gesamtes 95er Album „Imaginations From The Other Side“ am Stück durch. Holy Shit! Die Guten zeigten definitiv, dass sie in den letzten 22 Jahren um kein Jahr gealtert sind. Energiegeladen wie eh und je, technisch und musikalisch genauso fit wie damals. Und HANSI KÜRSCHs Stimme! Sowohl der schönste Clean-Gesang, wie auch die höchsten Screams – alles ist noch da und funktioniert einwandfrei. Wundervoll. Dabei war (außer der vielleicht etwas zu geringen Lautstärke) der Sound so perfekt, wie man ihn von BLIND GUARDIAN gewohnt ist. Genial. Ich hätte nicht gedacht, sowas nochmal zu erleben. Es hätte sich wahrscheinlich 1995 nicht anders angefühlt. Im Anschluss bekamen wir dann noch MIRROR MIRROR, THE BARD’S SONG und VALHALLA auf die Ohren, und bei allen drei Songs war das Publikum mit Leib und Seele dabei. Es muss sich wahrlich großartig anfühlen, wenn man einen Song als Band nur anzustimmen braucht, und das Publikum quasi den ganzen Rest von alleine macht. Am Ende war ich dann so frei, mir bei VALHALLA eine Runde Crowdsurfing zu gönnen. Und es war schön. Danke.
Fazit
Und so ging auch ein weiteres Jahr ROCKHARZ zu Ende. Ein Festival voller Ups und Downs, sowohl Konzert- als auch soundtechnisch. Alles in allem bleibt es, wie jedes Jahr, allerdings eine rein positive Erfahrung, die sich für immer in meiner Erinnerung festsetzen wird. Ich liebe dieses Festival wirklich von ganzem Herzen, und daran hat sich auch 2017 nichts geändert. Nicht nur die Musik, nein, auch die Atmosphäre, die Location, die Menschen mit denen ich jedes Jahr hinfahre – Das ROCKHARZ-Festival wird immer eines der Highlights meines Jahres sein!
-Wenn ihr miterleben wollt, was es außerhalb der Konzerte auf dem Festival alles so zu sehen und zu machen gibt, könnt ihr euch hier Lukas‘ ROCKHARZ-2017-Vlog anschauen!-
…Und zu guter Letzt gibt es hier noch ein paar fotografisch festgehaltene Eindrücke vom netten Max!
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