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Der Reiz des Unbekannten

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Es passiert mir immer wieder: Ich sitze an meinem Rechner, es ist spät in der Nacht und so langsam sollte dieses eine Projekt, das ich morgen unbedingt abgeschlossen haben muss, doch bitteschön fertig werden. Doch die Konzentration lässt immer weiter nach und ich entschließe mich dazu, nebenbei ein wenig Musik zu hören. Ich habe ein paar Youtubechannel für Underground Black Metal gefunden, die ich in solchen Situationen oftmals frequentiere.

Wieder motiviert, wende ich mich wieder meiner Arbeit zu. Atmosphärische Black Metal Musik ist wunderbar dazu geeignet im Hintergrund zu bleiben und trotzdem die Stimmung und Konzentration positiv zu beeinflussen. Bis zu diesem Moment, wenn ein Song derart heraussticht, dass man von seiner Arbeit aufhorcht, zur Youtubeseite umschaltet und spontan nach dem Kauflink sucht. So ging es mir allein letzte Woche zwei Mal.

Dieses spontane Stöbern und von dem was man findet, immer wieder überrascht werden: Das ist ein unglaublicher Reiz an der so unglaublich breit aufgestellten Metalwelt.

Das letzte Werk, das ich auf diese Weise entdeckte, ist „Unity“ von SKYFOREST. Bogdan Makarov aus Podolsk bei Moskau ist ein unglaublich aktiver 23 jähriger Russe, der seit 2013 mit seiner neuen Formation aus…sich Selbst…aufwartet. Mir waren seine bisherigen Bands wie ANNORKOTH oder HIKI kein Begriff. Aber mit diesem Album gelang es ihm innerhalb von drei Tönen, und das ist nicht übertrieben sondern die erstaunliche Wahrheit, für mich die Kaufentscheidung zu klären. Deswegen habe ich das Album gleich mehrmals bestellt und auch Florian, unserem Redaktionsemo, eine abgegeben.

Nun handelt es sich dabei wirklich um ziemlichen Underground, war es doch nur über Depressive Illusions in der Ukraine bestellbar. Oder in Russland. Ich hab das alles auch nicht so richtig verstanden ehrlich gesagt. Versand war jedenfalls nicht billig und sah irgendwie auch illegal aus … DI ist ein Ein-Mann-Label, das ich ohne diese Band vermutlich gar nicht kennengelernt hätte. Was war das Ende vom Lied? Jetzt habe ich 11 CDs und mehrere Kassetten mehr im Schrank stehen, weil man plötzlich so viele interessante aber ansonsten schwer auffindbare Künstler entdeckt.

Aber warum ist das so? Warum sehe ich Werbung für das neue FIVE FINGER DEATH PUNCH  Album, höre es auf Spotify und denke mir, dass es an sich auch echt Spaß macht – kaufe es aber nicht. Hingegen stöbere ich durch einen Plattenladen in einer x-beliebigen Stadt die ich gerade besuche, und nehme mir ein Album für den selben Preis mit, nur weil mich das Cover gefesselt hat. Woran liegt das eigentlich? Ich persönlich denke, dass es mit dem Sammeltrieb des Menschen zu tun hat. Wir alle haben eine bestimmte Sorte von Artefakt, das wir sammeln. Das sind nicht nur CDs. Manch ein Sammler unbewusst, der andere Sammler ist sich seiner Kaufwut indes nicht nur bewusst sondern auch noch stolz darauf. So wie ich. Es gibt exzessive Sammler (wie ich) und es gibt moderate Sammler, Sammler von Briefmarken, Ü-Ei-Figuren, Yu-Gi-Oh Karten, Uhren, Autos, Frauen, Geschlechtskrankheiten, Barthaaren (so wie Dennis) oder Menükarten.

Sammeln gibt uns Sicherheit und das Gefühl erfolgreich zu sein.

Kommen wir in den Besitz einer ganz exquisiten Kostbarkeit, hat dies selten einen wirklich funktionalen Wert für uns und unser zukünftiges Leben. Doch der ideelle Wert rechtfertigt einen hohen Aufwand an Moneten. Wir fühlen uns gut, den Anderen überlegen – wann immer wir die gleichen Fetischisten treffen und damit prahlen können. „Guck mal, ich hab noch die Buch-Edition von Downfall of Nur bekommen!“ – Das kriegst du wieder, Demian. Wir können mit unserem Besitz aber auch das Prestige in einer bestimmten Gruppe erhöhen. In der Metalszene ist dies durch den Besitz verschiedener, ja beinahe heiliger Artefakte relativ einfach möglich. Etwa alles, was mit dem Leben und Wirken von anerkannten Bands zu tun hat – und desto bekannter die Band, desto höher der Wert! Der Besitz eines solchen Artefaktes bescheinigt dem Besitzer einen seltsamen und eigentlich unerklärlichen Expertenstatus, den jeder automatisch anzuerkennen scheint.

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Und das ist ein gutes Gefühl. Kommen wir aber noch einmal auf mich zurück, wie ich da mit der fremden CD im Laden stehe und mich dazu entscheide, ein mir unbekanntes Album einem von mir bereits positiv bewertetem vorzuziehen. Eigentlich völlig irrational – allerdings hat der Mensch auch unterbewusste Bewertungsmaßstäbe, die im Grunde auch völlig logisch erscheinen, wenn man sie mit in die Betrachtung einbezieht: Ich kenne das Potential des bekannten Albums ja schon. Es kann mich nicht mehr überraschen, es besteht keine Chance mehr auf wachsende Exzellenz. Das unbekannte Album jedoch steckt voller Möglichkeiten, sein Potential ist noch nicht erkannt und könnte ein titanisches Ausmaß annehmen, beginnen die Töne nur erst aus den Boxen zu tropfen. Es ist wie eine Schatzsuche, auf die man sich jedes Mal aufs Neue begibt und die mit dem Auftrennen der Verpackungsfolie beginnt.

Es ist eines der schönsten Gefühle in meinem Leben – sogar jetzt, wo ich weiß, dass mein Gehirn in all der Freude doch die Rationalität mit einfließen lässt. Wollt ihr es auch spüren, dann macht doch jetzt mal Folgendes: Geht in den nächsten kleinen CD-Laden den es in eurem Umfeld gibt, geht das ganze Verkaufsregal durch und die schönste CD einer Band die ihr nicht kennt, kauft ihr einfach mal. Und dann sagt ihr mir, ob ihr einen Schatz gefunden habt. Und wenn ihr schon solche Schätze gefunden habt, dann bin ich auch gespannt, davon zu lesen.


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19 Kommentare

  1. […] 1 SKYFOREST – „Unity“ Für mich war das schreckliche Jahr 2016 ein Jahr des Rückzugs in sich selbst. Das ist auch ein […]

  2. CrispyBlowfish
    24. Mai 2016 bei 21:19 — Antworten

    Ich fände es noch schön wenn es eine Like / Dislike funktion gäbe! Ih habe das starke Bedürfnis diesem Beitrag einen Daumen-hoch zu geben!

  3. Wavewalker
    24. Mai 2016 bei 8:38 — Antworten

    Toller Artikel und was mich selbst sehr überrascht, auch die Band gefällt mir obwohl ich bisher mit Black Metal nicht so wahnsinnig viel anfangen konnte. Die Atmosphäre in den Songs ist echt der Hammer und es schwingt so viel Gefühl und so viele Emotionen mit. Leider ist es teils etwas schwierig dem Text zu folgen, aber wozu gibts die Lyrics von fast jedem Song der je geschrieben wurde im Internet 😉

    An dieser Stelle kann ich nur allen den Tipp geben, der in die selbe Richtung geht wie Alex‘ Vorschlag mit dem Plattenkauf nach Albumcover (coole Idee, werd ich auch die Tage mal machen). Gebt auch mal Bands eine Chance die ihr nicht oder nur vom Name her kennt und hört auch ab und an in Genres rein die ihr normal nicht hört. Manchmal stolpert man über echte Perlen die man sonst nie entdeckt hätte. Außerdem, ist es nicht auch deutlich erfrischender etwas Abwechslung in der Playlist zu haben?

  4. Paley Kevin
    23. Mai 2016 bei 23:55 — Antworten

    Respekt Alex , für deine Arbeit deine Leidenschaft und dein Können. Deine Texte sind wie Bücher fesselnd , wahrhaftig und tiefgründig. Ich bin immer wieder begeistert wie gut du solche Themen nicht nur auf den Punkt bringst sondern sie auch gleichzeitig für jeden Leser zugänglich machst.Selbst die „Einfachen“ Geschichten werden mit Leidenschaft geschrieben und das Resultat deiner Reviews usw. spricht Bände.Deine Texte haben eine Qualität die von keinem „großen“ Metal Magazin bislang erreicht wurden.Ehre wem Ehre gebührt. Ich als Fan danke dir für alles was du für uns Fans und die Szene Leistest.

  5. 23. Mai 2016 bei 14:24 — Antworten

    Daumen hoch auch für die Soria Moria Slott im Bild!

    • 24. Mai 2016 bei 18:59 — Antworten

      Endlich erkennt jemand diese Platte. Danke.

  6. Woody
    23. Mai 2016 bei 13:06 — Antworten

    Toller Artikel, ich kann das eins zu eins bestätigen. Ich bin auch mehr oder weniger zufällig auf das Album Aftermath von Skyforest bei dem Youtube-Kanal Atmospheric Black Metal Albums gestossen und es hat mich sofort in den Bann gezogen. Knapp 50 Minuten einfach in einen Traum entführt werden. Die letzte große Entdeckung war Midnight Odyssey. Es ist wirklich erstaunlich was für wahnsinnig gute Musik man noch finden kann, obgleich man doch schon so viel kennt.

  7. Max
    23. Mai 2016 bei 12:17 — Antworten

    Mir ging es mit der Band „Icon For HIre“ ähnlich (Zwar auf KickStarte entdeckt und nicht im Plattenladen aber der Effeckt war irgentwie der Gleiche).

    Habe Die CD-zwar noch nicht in der Hand da diese noch nicht fertig ist, aber die 6 Tracks, welche ich als Unterstützer des Projekts erhalten habe konnten mich bereits über zeugen, und erwarte mit enormer Spannung den Rest des Albums „You can’t Kill Us“

  8. Tomico
    23. Mai 2016 bei 11:44 — Antworten

    Dieser Beitrag brachte mich dazu Skyforests Unity
    eine Chance zu geben,da ich kein Fan von ABM
    bin.
    Ich finde es macht einen glücklich,dieses Erlebnis
    zu machen? aber dennoch wird es Atmospheric
    Black Metal nie was für mich sein.
    Geschmäcker sind ja verschieden.
    Was mir gefällt sind asiatische Folk/Pagan
    Metal Bands bzw. welche mit asiatischen Klängen.

    Band: Whispered Album: Shogunate Macabre
    Die Finnen spielen dort Melodic Death Metal
    mit extreme Power und Folk Metal Elementen
    aus Japan.

    Band: Chthonic

    Erst spielten sie als eine Art taiwanesische CRADLE OF FILTH gemixt mit ihren Charme.
    Dannach wurde es zu einem Extreme Metal, der Giganten.

    Band: Nine Treasures

    Eine CHINESISCHE Folk/Pagan Metalband,
    die unteranderem mongolischen KEHLKOPF Gesang
    und Folkinstrumente verwenden.

    • 23. Mai 2016 bei 12:12 — Antworten

      Boah, Nine Treasures klingen, als würden die nen Nerv bei mir treffen können. Ich hör mal durch, danke für den Tipp. =)

      Und Alex: Skyforest fetzen, Flori nicht. Auch hier danke für den Tipp! =D

    • 23. Mai 2016 bei 16:30 — Antworten

      Da kann ich für alles auch nur nen Daumen hoch geben! Vor allem Whispered mag ich sehr gerne!
      Man muss ja kein allgemeiner ABM Fan sein. Man muss Musikfan sein, das ist das Wichtige 🙂

  9. Flo
    23. Mai 2016 bei 8:06 — Antworten

    Lieber Alexander, du hast das prima geschrieben. Ich möchte dich gern mal treffen, um mit dir intensiv darüber zu diskutieren, wie du darauf kommst, dass der Flo der Redaktionsemo ist. 😀 Und Danke nochmal für das Skyforest-Album!!!

    • 23. Mai 2016 bei 16:28 — Antworten

      Ich hab gehört, dieser ominöse Flo hatte langezeit ein Frisurenproblem, nur um jetzt zu einem Studenten geworden zu sein, der sich mit intellektueller Untergrundmusik beschäftigt. Passt doch 😀
      Noch hastes ja nich 😀

      • Flo
        23. Mai 2016 bei 18:13

        Von Vierauge zu Einauge: Das mit der Frisur war nur, weil ich mal wissen wollte, wie sich Leute mit Toupet fühlen. Und das hab ich dir mehrfach erzählt. So hörst du zu. Junge, Junge!

  10. Thomas
    22. Mai 2016 bei 22:36 — Antworten

    So ging es mir seinerzeit mit Wardance, gesehen und gekauft. Es gab leider kein weiteres Album mehr.

    • 23. Mai 2016 bei 1:19 — Antworten

      Die kenne ich gar nicht. Was machen die?

      • Tomico
        23. Mai 2016 bei 11:50

        Epic Heavy Metal.
        Wie findest Bands wie du Pictures of Pain,Lifelover und Whispered?

  11. Efbee76
    22. Mai 2016 bei 19:16 — Antworten

    Downfall of Nur scheint dem Autor schwer geschadet zu haben….da dieses wunderschöne auf A5 erschienene Epos eben nicht jedem zugänglich wurde.

    • 23. Mai 2016 bei 1:18 — Antworten

      Du willst mich doch nur aus der Reserve locken ;D Aber es gibt ja glücklicherweise genug andere geile Musik dort draußen 😛

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