THROUGH THE EYES OF THE DEAD – Reinkarnation des Deathcore
THROUGH THE EYES THE OF DEAD – „Disomus“
Veröffentlichungsdatum: 03.11.2017
Länge: 39:17 Min.
Label: eOne / GoodFight
Stil: Deathcore
2017 ist mal wieder ein Jahr der Comebacks – nicht nur bei QUICKSAND oder GLASS JAW. Der juvenile Mallcore von damals zieht auch nach, die strahlenden Matten der 2000er finden sich wieder zusammen! Gerüchte über ein neues ALL SHALL PERISH Album, der Wiederaufstieg von Kanadas feinsten DESPISED ICON im vergangenen Jahr und ein neuer Markt für Metal-lastigen Deathcore ziehen an alten Szene-Größen nicht vorbei. Kein Wunder, dass sich niemand das entgehen lassen will. Die Nostalgie sollte nicht außer Acht gelassen werden: wer beim Namen THROUGH THE EYES OF THE DEAD hellhörig wird, hat jetzt schon die aufregendste Zeit seines Lebens hinter sich. Aber wurde diese Musik nun ausschließlich für gedehnte Ohrlöcher ab Mitte 30 geschrieben?
Bereits „Hate the Living“ demonstriert das genaue Gegenteil. Der energische erste Track prescht voran und klingt dabei überhaupt nicht altbacken. Mit einer gewohnten Distanz zur Emotionalität wird gleichförmig ins Mikro gebrüllt und die herrlichen Riffs ausgepackt. In diesen Mix darf sich auch gern ein Gitarrensolo gesellen, dass das konventionale Drumming unterstützt. Dank den höheren Screams am Ende komme ich doch noch auf den Genuss von etwas Abwechslung im Stimmbild. Und ich dachte schon, ich würde, wie bei der letzten AVERSIONS CROWN-Platte, einfach einschlafen!
Die folgenden monströsen Songs verdienen sogar noch mehr Beachtung als der Vorgänger: „Obitual“ glänzt mit einem monumentalen Aufbau bis hin zum Auftritt von niemand geringerem als Anthony Gunnells. Der ehemalige Frontmann der Gruppe bekommt damit einen Auftritt, der seinen Passagen auf dem Debüt „Bloodlust“(2005) gerecht ist. Neben dem trabenden Allesfresser „Haruspex“ – ebenfalls verziert durch ein extrovertiertes Solo – verschafft „Of Mortals, We Once Were“ einen vorhersehbaren Übergang in den gewohnten Deathcore-Trott. Wird meine Befürchtung bestätigt, das alle Ideen bereits nach einer Viertelstunde verbraucht sind?
„The Binding Nightmare Hex“ möchte mich eines Besseren belernen. Es wird zugleich dissonanter, abgefetzter und atmosphärischer auf der Scheibe. Trotz, oder eben gerade wegen der kitschigen Verschnaufpause für den Sänger in der Mitte des Liedes, bin ich wieder hellwach. Die am Ende des Songs auftretenden ausartenden Riffs werden in ihrer Form von „Vortices in the Stygian Maelstrom“ – was für ein Titel – aufgegriffen. Entweder ich war die erste Hälfte des Albums über nicht aufmerksam genug, aber endlich präsentieren die US-Amerikaner uns Pinch-Harmonics! Der erste Kommentator, der mich korrigiert und Pinch-harmonics davor findet, bekommt von mir eine Packung Schlaftabletten.
Noch mehr Gastauftritte
Nach dem eher mittelmäßig interessanten Gastauftritt von John Robert (THE LAST TEN SECONDS OF LIFE) geht das Stück in ein instrumentales Geplänkel über. Dieses Zwischenspiel „Ingis“ soll dabei nur auf den Einschlag des dritten und letzten Gastauftritts auf dem Album vorbereiten. In dem passend betitelten „Teras“ (stark missgebildeter Fetus) greifen erstklassige Death Metal-Riffs einen Groove auf, den ich in diesem Jahr nur von MALEVOLENCE gewohnt war. Ein paar Kopfnicker und ein Gitarrensolo später bekommt Nate Johnson seine Minute im Rampenlicht. Der zweite ehemalige Sänger der Band hatte zwischenzeitlich seinen Platz bei FIT FOR AN AUTOPSY gefunden, die aber auch ohne ihn ganz gut klar kommen.
Zum Abschluss werden zwei Tracks präsentiert, die bis auf ein zwei Momente nicht wirklich im Kopf bleiben wollen. zwar hat „Till Solace, She’ll Haunt“ einen nervenaufreibenden Stakkato-Breakdown, im Gedächtnis bleibt davon aber nichts hängen. Auf dem Album-Closer „Dismal“ wollen THROUGH THE EYES OF THE DEAD zur Schau stellen, wie minimalistisch sie Brutalität erzeugen können. Bei mir funktioniert das nur mit dem Intro, der Rest des Lieds bleibt ein gleichförmiger Dauerbrenner. Nachdem die letzten Töne verklungen sind, ertappe ich mich dennoch dabei am liebsten, eben diesen Song exemplarisch erneut anzuspielen. Sie wissen eben doch, wie man mich ködern kann – einfach schön langsam bleiben. Damit folgen sie vielen Formeln im Genre, ohne auf Innovation setzen zu müssen. Trotzdem kommen sie an die Deathcore-Highlights diesen Jahres leider nicht heran.
Autorenbewertung
Vorteile
+ ein großes Spektrum an melodischen bis dissonanten Riffs
+ Gastauftritte der ehemaligen Sänger (Nostalgie-Bonus)
Nachteile
- keine Innovation
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