Deutschland, deine Festivals – 12.1: Hessen I (Mixed)
Aufgewacht! Da sind wir wieder. Ein halbes Jahr ist es her, dass mit dem letzten Artikel zu Nordrhein-Westfalen die Länderkolumne „Deutschland, deine Festivals“ in ihre Pause ging. Wer nun schon befürchtete, die Serie würde unvollendet bleiben, sei unbesorgt, denn: SILENCE macht keine halben Sachen und hält, was versprochen wurde! Nach dem Beginn unserer Reise im Osten der Republik und dem Bogen über den Norden geht es nun über den Westen in Richtung Süden. Folgerichtig rückt nun Hessen ins Rampenlicht unserer Rundschau. Rund 6 Millionen Einwohner, 21.000 km² Fläche – und über 20 Festivals, die ihr unbedingt kennenlernen solltet! Hier sind für euch die ersten sechs Festivals in der „Mixed Version“. Warum ein Genre favorisieren, wenn man sie alle haben kann?
3 Tage wach: M.I.S.E. Open Air Festival
In jedem Land verbergen sich viele kleine Events, deren Name noch recht unbekannt ist. Nicht so beim M.I.S.E. Open Air Festival, das wohl bereits zu den namhaftesten Festivals Hessens zählt. Womöglich auch deshalb, weil es sich beim M:O:A um das einzige Festival des Landes im „reinen“ Metal-Sektor handelt, welches drei Tage andauert. Das 1. M:O:A lässt sich auf 2013 zurück datieren, sodass für 2018 bereits die sechste Auflage ansteht. Auch dann werden wieder ca. 1000 Besucher erwartet, was die Veranstaltung zu einem der größten Metal-Festivals des Landes macht. Eine Vergrößerung soll das Festival zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfahren. Doch sag niemals nie, schließlich ist Platz für weiteres Wachstum vorhanden!
Dem Motto der Ausgabe entsprechend, sind die Genregrenzen eindeutig uneindeutig. Gespielt wird auf dem normalerweise gegen Ende Mai oder Anfang Juni stattfindenden Event Mixed Metal. Die Fans haben bei der Bandauswahl auch ein Wörtchen mitzureden, denn beim Booking werden die Wunschzettel der Fans berücksichtigt, die zuvor auf dem Festival ausgegeben werden. Da das Festival seinen familiären Charakter als „Underground“-Festival bewahren will, handelt es sich bei den auftretenden Bands weniger um Genregrößen, sondern regelmäßig um jene Truppen, die sich in eben jenem Umfeld bewegen – im Untergrund. Dementsprechend handelte es sich bei den Goat Grindern MILKING THE GOATMACHINE, den Thrash-Metallern von CRIPPER und NUCLEAR sowie der Heavy-Metal-Formation STORMWARRIOR schon um die größten Bands des Billings 2017. Neben den vielen Heavy- und Thrash-Kapellen ist aber auch allerlei für andere Geschmäcker geboten, sei es kompromissloser Death Metal (DEMONBREED, INSURRECTION), aufgeweckter Glam und Hardrock (NIGHT LASER, NITROGODS) oder stimmiger Power Metal (ELVENPATH). 2018 dürfte es ebenso abwechslungsreich werden, wenn Truppen wie DESASTER, MASTER und DEBAUCHERY nach Büßfeld kommen, um den Zuschauern eine gute Show zu bieten.
Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich: Weser Metal Meeting
Trotz des sehr großen Festivalangebotes stürmen immer wieder neue Veranstaltungen auf den Markt. Zu diesen neuen Festivals gehört auch das Weser Metal Meeting, das in diesem Jahr erfolgreich sein Debüt feierte. Mit 450 verkauften Karten war die Veranstaltung auf Anhieb ausverkauft und übertraf deutlich die Erwartungen des Metal Crew Reinhardshagen e.V. Am 29. April 2018 wird das Eintages-Festival deshalb mit großer Zuversicht und einem selbstgesteckten Ziel von 500-600 Besuchern fortgesetzt.
Wie schon in diesem Jahr sind fünf Bands eingeladen, um in der Wesertalhalle für Stimmung zu sorgen. 2017 wies das Festival mit SIX BEERS AND A BITCH, GUN BARREL und den Headlinern NITROGODS bereits einen starken Einschlag in Richtung Hardrock auf, ergänzt durch eine Prise VICTIM-Thrash- und WOLFEN-Power-Metal. Und da am Spruch „Never change a running system“ was dran ist, wird der Rock’n’Roll-Anteil auch für die nächste Auflage beibehalten. Dann sind nämlich die französischen IRON BASTARDS und die Headliner HARDBONE mit dabei, um den Zuschauern einzuheizen. Doch auch die Metallerschaft kommt nicht zu kurz. So beinhaltet das Weser Metal Meeting 2018 mit PANDEMIC, RISING INSANE und SWEEPING DEATH auch ein Reportoire aus Heavy Metal, Core und Thrash Metal, um die Veranstaltung vielseitig zu gestalten. Wird diese Auflage ebenso erfolgreich sein wie die erste, dürfte dem kleinen Festival eine blühende Zukunft bevorstehen.
Thrash First, Mixed Second: Taunus Metal Festival
Einige Jahre älter, doch deswegen keinesfalls altbacken ist das Taunus Metal Festival in Oberursel. Dieses wurde 2009 ins Leben gerufen, seinerzeit noch als eintägiges Event und im Rahmen des Orscheler Sommers. Sollte sich dieses Konzept für zwei weitere Jahre bewähren, so erweiterte man das Festival 2012 auf zwei Tage und zog als Festival der Marke „Umsonst & Draußen“ in den nahegelegenen Park um. Ruhe war dem Team jedoch vorerst nicht vergönnt, dafür allerdings den Anwohnern des Parks: Lautstärke-Beschwerden sei Dank, zog das Festival bereits im Folgejahr wieder um. Die Burgwiesenhalle sollte schließlich das vorerst dauerhafte Zuhause des kleinen Festivals werden. Mittlerweile ist das Taunus Metal Festival fest in der Gegend etabliert. Aus dem „Umsonst & Draußen“-Festival ist eine Indoor-Veranstaltung für den schmalen Taler geworden, die es regelmäßig auf ca. 600 Besucher bringt. Und verlor Anfang diesen Jahres der langjährige Kopf der Organisation Andreas „Law“ Freitag den Kampf gegen den Krebs, so ist das Team nach diesem tragischen Rückschlag umso mehr bestrebt, das Festival in seinem Sinne erfolgreich weiterzuführen.
2018 wird das große „X“ für die Nummerierung herhalten, wenn das Festival sein Jubiläum feiert. Traditionell erfolgt dabei eine thematische Gliederung der beiden Festivaltage nach musikalischer Einordnung. Tag 1 steht voll im Zeichen des guten, alten Trash Metal, während sich das Line-Up an Tag 2 auch anderen Sparten öffnet. So finden auch Heavy, Speed, Power, Death und Black Metal Einzug. Eben ganz Old School! Gemischt werden dabei Newcomer und bekanntere Acts sowie vereinzelte „Exoten“ aus dem Ausland. 2017 stellte die türkische Band THRASHFIRE diesen besonderen Act dar. Neben diesen durften sich am ersten Festivaltag auch Gruppen wie WARHAMMER, VULTURE und IRON CURTAIN auf der Bühne austoben, bevor am zweiten Tag Künstler wie SECUTOR, CAGE, STORMWARRIOR und IRON KOBRA übernahmen. Auch für April 2018 sind wieder insgesamt 20 Acts geplant, um zu einer harten Mixtur vermengt und den Besuchern als akustischer Schmaus dargeboten zu werden. Möge das Jubiläum ein feierbares werden!
Schau, es ist gratis! Chaostraum Open Air
Jubiläum zum Zehnten ist im Trend! Nicht nur das Taunus Festival, sondern auch das Chaostraum Open Air feiert 2018 die zehnte Auflage. Mit einem Band-Reportoire, das zur Gänze aus persönlichen Bandkontakten bestand, zogen die damals gerade mal 17 Jahre alten Veranstalter 2008 zum ersten Mal ihr Festival für ca. 150-200 Besucher auf. Auch hier entschied man sich nach einigen Ausgaben im Jahr 2012 zum nächsten Schritt, der die Ausdehnung auf zwei Tage beinhaltete. Mehr Grund zum Campen und genügend Spielzeit für mehr Bands! Nachdem der Umbau des bis dato genutzten Sportheims in Schröck 2013 die Sorge mit sich zog, das Festival könne Schäden hinterlassen, zog das Chaostraum 2014 in die Mehrzweckhalle Rauischholzhausen und setzte anschließend aufgrund privater Umstände der Organisatoren schließlich ein Jahr aus. Seit 2016 läuft das Festival in der heutigen Form als Open Air in Runzhausen. Aus den anfänglichen 200 sind inzwischen 500 Besucher geworden. Damals wie heute: kostenlos!
In den letzten beiden Jahren wartete das Ende Juli stattfindende Festival mit jeweils 14 Bands auf, sechs am Freitag und acht am Samstag. Viele der auftretenden Bands stammen aus der Umgebung, doch auch einige größere Acts lassen sich ausmachen. Als Hauptacts der letzten Jahre konnten beispielsweise schon PARASITE INC. und SUIDAKRA gewonnen werden. Andere Namen anno 2017 sind TRIDDANA, SLEEPERS‘ GUILT, HYEMS, CORROSIVE und ALLTHENIKO. Die gesamte Mischung stellt sich relativ hart dar, sodass neben vereinzelten Nuancen aus dem Core oder Power Metal die Genres Thrash, Black, Death und Melodic Death Metal die erste Geige spielen. Wer sich durch diese Klänge begeistern lässt, ist hier richtig. Und wer noch zweifelt – denkt dran, das Festival ist für lau!
Interessanter als die Geburt Christi? Masters of Cassel
Eben sagte ich es bereits: Jubiläum zum Zehnten ist IN! Während die obigen Vertreter dieses noch vor sich haben, hat das nächste Festival die zehnte Auflage gerade hinter sich gebracht. Genauer gesagt, vor zwei Tagen! Als sich 2005 zum ersten Mal die lokalen Bands Kassels zum Masters of Cassel vereinten, wussten wohl die wenigsten, dass es sich hier um den Aufakt einer mehrjährigen Weihnachtstradition handeln würde. Fünf Jahre lang fand das Festival zu oder um Weihnachten statt und sorgte damit für eine deftige Bescherung. Danach war mangels passender Location leider vorerst Schluss. Im Jahr 2013 meldete sich das Lokalfestival endlich mit einem Paukenschlag zurück. Es gab viel nachzuholen, und deswegen beschenkten die Organisatoren die Kasseler Szene gleich mit zwei Ausgaben: einem Sommer- und einem Winter-Festival. 2014 setzte die Veranstaltung wegen bekannter Probleme erneut aus, ehe das Masters of Cassel ab 2015 vom Rock Hard entdeckt und präsentiert wurde und seitdem nun jedes Jahr in der Zeit vor Weihnachten stattfindet. Zählte das Festival früher 400 bis 600 Besucher, so waren es in den letzten Jahren im kleinen K19 lediglich 200 Gäste. Dieses Jahr ging es erstmalig ins Hotel Reiss, dessen Ballsaal bis zu 550 Zuschauern Platz bietet. Genügend Gelegenheit also, an die Größenordnungen der einstigen Weihnachts-Festivals anzuschließen!
Auch, wenn das Festival heute einen größeren Ruf hat als noch vor 12 Jahren, soll dennoch der lokale Bezug der Anfangstage und die Auftrittsmöglichkeit für Bands aus der Gegend aufrecht erhalten werden. Demgemäß achten die Veranstalter darauf, einen Lokalband-Anteil von mindestens 40 % zu halten. Die sieben bis neun Bands, welche für das Masters of Cassel gebucht werden, bieten dabei hauptsächlich klassischen Metal. Heavy, Thrash und Death Metal dominieren das kleine Line-Up, das nur in Ausnahmefällen Raum für andere Genres lässt. Und auch dann handelt es sich um etablierte oder verwandte Genres, wie die Rekrutierungen von WAGNIS (Power Metal) und MORAST (Black/Death/Doom) in diesem Jahr zeigen. In den letzten Jahren konnten u.a. DISCREATION, STEELPREACHER, WARPATH und sogar SODOM verpflichtet werden, um in Kassel zu spielen. Stars der diesjährigen Auflage waren MORGOTH, ATTIC und IRON THOR, zu denen sich im Vorprogramm auch noch BURDEN OF GRIEF, TYRANEX, MORTAL TERROR und CHAOS PATH gesellten. Es bleibt zu wünschen, dass das Festival mit dem neuen Veranstaltungsort ein Zuhause von Dauer gefunden hat, um in Zukunft ohne Unterbrechungen fortgeführt werden zu können. Wir drücken die Daumen!
Level Up war gestern: Metal Up Your Life
Zur Abwechslung beleuchten wir abschließend noch einmal ein junges Festival in Hessen. Das Metal Up Your Life fand am 6. Februar 2016 zum ersten Mal statt und feiert am 12. Mai 2018 die fünfte Auflage. Wie, nach gerade einmal zwei Jahren? Ja, genau! Bei dem kleinen Festival in Darmstadt handelt es sich nämlich um ein halbjährlich stattfindendes Eintages-Festival. Nach dem Debüt im folgten Veranstaltungen im Oktober 2016, März 2017 und November 2017, die fünfte Ausgabe ist für Mai 2018 angesetzt. Die genauen Termine sind damit recht variabel, doch zumindest lässt sich festhalten: erstes Festival des Jahres in der ersten Jahreshälfte, zweites in der zweiten! Aufgezogen wird der Spaß von der ortsansässigen Band ALL WILL KNOW, die sich musikalisch zwischen Melodic Death und Modern Metal bewegen.
Und damit kommen wir auch schon zum Billing. Dieses beinhaltete jüngst fünf bis acht Bands, darunter … selbstverständlich, die Veranstalter selbst! Die anderen Bands bewegen sich in mehr oder weniger ähnlichen Gefilden. Ein starker Einschlag in den Bereich Melodic Death Metal ist kaum zu übersehen, daneben bekommt aber auch folkiger und progressiver Metal seine Chance. Schon für die zweite Auflage konnten SUIDAKRA als Headliner gewonnen werden, die dritte Runde wurde durch PARASITE INC. und CRUADALACH angeführt, und im November machte ABINCHOVA den Main-Act. Dazwischen liest man Namen wie SOULBOUND, DARKEST HORIZON und PENTARIUM, THE LAST HANGMEN und HUMAN DEBRIS. Doch wer denkt, ich hätte schon alles Nennenswerte erwähnt, der irrt! Besonderes Highlight des Events sind die Auftritte auf der zweiten, der Akustik-Bühne. Für ein Festival dieser Größe ist eine zweite Bühne durchaus selten. Hier werden Songs einiger Bands, mitunter auch solcher von der Hauptbühne, anders arrangiert dem Publikum vorgestellt. Da wird auch schon mal ein Saxophon oder eine Klarinette anstelle der Leadgitarren gezückt. Äußerst interessant und sicher mal einen Blick wert. Klingt gut? Na dann – auf nach Darmstadt, Metal Up Your Life!
Wie? Das war euch nicht bunt genug?
Dann freut euch auf die nächste Ausgabe. Es erwarten euch all diejenigen Festivals, die noch weniger Wert auf Genregrenzen legen als die Veranstaltungen der heutigen Ausgabe. Ich nehme euch mit auf Ausflüge in verschiedenste Musiksparten der rockigeren Art – keine Angst, mit Helene Fischer müsst ihr sicher nicht rechnen!
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2 Kommentare
Was ist mit Masters Of The Unicorn? 17 Bands, 2 Tage. 27.+28.08.18 in Burgwald/Ernsthausen, bei Marburg. Abomination, Revel In Flesh, Gruesome, Implore, Goath, Deathrite, Demonbreed, Graveyard Ghoul, etc.. Limitiert auf 400 Besucher, viertes Jahr, das erste Mal an diesem Veranstaltungsort. EUR 25 + Versand im VVK.
Hey Jens,
deinen Beitrag bezeichnet man wohl als klassischen „Spoiler“ 😉
Es folgen noch mehrere Ausgaben zu Hessen, und auch das Masters of the Unicorn werde ich selbstverständlich noch vorstellen. Sei also unbesorgt.
Ich wünsche dir ein frohes (Rest-)Fest und einen guten Rutsch!