Summer Breeze 2018 – Der Bericht
Es ist SUMMER BREEZE 2018! Ein neues Jahr, ein neues BREEZE. Besonders im letzten Jahr habe ich mit diesem Festival viele positive Erfahrungen gemacht – was den Bühnensound angeht, aber auch die Bandauswahl und vieles mehr. Kann das Festival im Jahre 2018 diesen Standarts gerecht bleiben? Los geht’s!
Startschuss!
Der erste Tag beginnt für mich mit IRON MAIDEN! Ehm, ich meine natürlich MONUMENT! Zugegeben, der Musikstil beider Kapellen zeigt schon die eine oder andere Ähnlichkeit auf. Nicht, dass das was Schlimmes wär. Das Konzert macht Spaß (so viel Spaß sogar, dass ein riesiger Plüsch-Bär bis zur Bühne crowdsurft!) und die Band macht ihre Sache tadellos. Auch gibt’s ein bisschen mehr Power-Metal-Elemente als bei MAIDEN, wie etwa vermehrter Einsatz von Double Bass.
Dann geht’s zu THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA. Was genau mich erwartet, weiß ich nicht. Irgendwas mit 80er-Jahre-Mucke. Als die Band die Bühne betritt, bestätigt sich dieser Gedanke schon mal visuell: Glitzerkleidung, Sonnenbrillen und Old-School Background-Sängerinnen. Und auch der gebotene Sound gibt sich genau wie erwartet. Zwar kein Metal, dafür eine fette 80s-Party! Kaum einer im Publikum sollte alt genug sein, diese musikalische Ära noch aktiv mitbekommen zu haben, trotzdem – oder vielleicht deswegen – ist die Stimmung von erster Sekunde an gut und die Fete am Kochen.
Es folgt etwas komplett anderes: AUĐN aus Island. Eiskalter atmosphärischer Pagan Black Metal. Und es ist wahrhaft atemberaubend! Wie eine Wand aus isländischer Kälte, wie ein gnadenloser Sturm aus finsterer Atmosphäre drückt der Sound auf das Publikum ein. Die Stimme des Sängers verschmilzt dabei genau im richtigen Maße mit dieser drückenden Wand, um der einhüllenden Atmosphäre noch mehr Ausdruck zu verleihen – es ist perfekt. Wow! Eine wirklich großartige Erfahrung, und vielleicht eines der besten Konzerte des gesamten Festivals direkt zu Beginn.
Und das auf der CAMEL-Stage!
Wer meinen SUMMER-BREEZE-Artikel von letztem Jahr kennt, sollte wissen, wie abgrundtief ich den Witz einer Bühne, der die letzten Jahre über diesen Namen trug, hasse. Winzige Bühne, fast nie auch nur annähernd akzeptabler Sound – fast jede Band, die auf dieser Bühne zu spielen verdammt war, konnte schon mal davon ausgehen, nach Mist zu klingen. ABER! Meine Gebete wurden erhört, denn dieses Jahr gibt es eine komplett neue CAMEL-Stage! Größer, mit besserem Sound, und vor Allem: Mit Überdachung fürs Publikum. Zu meiner Überraschung reicht letzteres außerdem aus, eine geschlossene Konzertatmosphäre zu erschaffen – was gerade für tiefgehende Black-Metal-Konzerte und Konsorten richtig, richtig von Vorteil ist.
Ein wahrhaft würdiger Ersatz für die viel vermisste Zeltbühne, die es seit 2017 nicht mehr gibt. Und kein Vergleich zur alten Camel-Stage. Diese wurde übrigens vom In-Field auf das Campinggelände verbannt und segelt jetzt unter dem FICKEN-Banner. Wie passend. Was ich nämlich davon halte, könnt ihr auch gerne hier nachlesen.
KATAKLYSM hatten wohl einige Probleme mit dem Hinflug – und sind eigener Aussage nach direkt vom Flughafen auf die Bühne gelaufen, um loszulegen. Hat sich aber gelohnt, denn vor der Bühne versammelt sich die bisher größte Crowd des Tages. Wie immer grooven und death-metaln die Kanadier höchst professionell, es werden hart Fressen poliert und die getriggerte Kick Drum sägt durch alles hindurch.
Es folgt das erste Mal in meinem Leben, dass ich mir PARADISE LOST live ansehe. Mehr aus Neugierde als aus Begeisterung, die Möglichkeit hätte ich in den letzten zehn Jahren oft genug gehabt. Leider bleibt es dabei – der Funke springt nicht über, und es ist, kurz gesagt, ganz einfach nicht meine Musik. Respekt für die Band, die seit ewigen Zeiten ihr Ding durchzieht und viel Einfluss auf die Entwicklung der Metal-Szene hatte, aber ich geh dann mal wieder.
Thrash zum Frühstück
Zur Mittagsstunde des zweiten Tages geht es für mich los mit NERVOSA! Das all female Thrash-Metal-Trio zeigt keine Gnade, mischt Oldschool-Style mit energetisierenden Elementen wie Blast Beats und Screams. Ein mittelgroßes Publikum hat sich versammelt, um sich die Sache anzuhören. Scheinbar aber leider nicht, um sich dazu zu bewegen. Schade, denn eigentlich stimmt auf der Bühne alles, von Performance bis Sound. Vielleicht ist es einfach noch etwas zu früh.
Der Grund ist doch wohl ein anderer: Mit gnadenlos massivem Sound testen ein paar hundert Meter weiter PRO-PAIN die Hauptbühne aus. Und mit gnadenlos massiv meine ich GNADENLOS MASSIV. Diese Bühne hat ihr Versprechen vom letzten Jahr definitiv gehalten – sie klingt noch genauso fett wie damals. Ich kann mich nur in Ehrfurcht vor diesem perfekt funktionierenden Monstrum verbeugen. Großartig. Wie erwartet, befinden sich die meisten Konzertbesucher früher Stunde hier. Warum zwei Thrash-Metal-Acts gleichzeitig spielen sollten, leuchtet mir nicht ein. Dann sind es halt zwei halbe Konzerte für mich. PRO-PAIN stampfen jedenfalls alles in Grund und Boden.
Es folgen ORDEN OGAN! Und damit leider auch das einzige Konzert auf der Hauptbühne, welches keinen makellosen Sound hat. Schade, aber zu jeder Regel muss es wohl die eine oder andere Ausnahme geben. Könnte aber auch damit zusammenhängen, dass sich Sänger und Gitarist SEEB vor Kurzem die Hand gebrochen hat und somit heute nur als Sänger fungiert. Die Gitarre übernimmt dabei heute der Bassist, und den Bass übernimmt die Background-Spur. Hier könnte Ihr generischer Bassistenwitz stehen. Nichts destotrotz eine sehr melodische und überzeugende Show! Einziger musikalischer Nachteil: Die Jungs machen größtenteils Musik für Menschen, die diese Musik schon kennen. Soll heißen: Die Melodien und epischen Chori wirken bei weitem besser, wenn man sie kennt und mitsingen kann. Besonders, wenn der Sound zu wünschen übrig lässt. Alles in allem macht es aber immer wieder Spaß, die Band alle paar Jahre live zu sehen.
Mehr Energie!
Dann geht’s weiter mit OBSCURA! Der anti-catchiesten Band der Welt. Find ich supi. Die Jungs zeigen auch immer wieder, dass TechDeath nicht unbedingt heißen muss, so schnell und so kompliziert spielen zu müssen, wie es nur geht. Komplexe Songstrukturen, interessante Schlagzeugspuren, gelegentliche Melodien und abwechslungsreiches Feeling – das Ganze live äußerst gekonnt und präzise ausgeführt, das ist auch eine Möglichkeit! Könnt ihr gern so machen, dann ist es halt geil.
MUNICIPAL WASTE is gonna fuck you up! Wo PARTY draufsteht, ist auch PARTY drin! Das beweisen die Thrasher aus den USA heute auf der T-Stage. Die Bewegung, die bei NERVOSA gefehlt hat, ist hier definitiv am Start. Der kompromisslos stumpfe Höchstgeschwindigkeits-Thrash-Metal, der energetische Frontmann (Wanna go faster?!) und die Magie des Moments verwandeln den Platz vor der Bühne binnen Sekunden in ein Schlachtfeld. Ein Party-Schlachtfeld. Es vergeht keine Sekunde, ohne dass der Circlepit auf Hochtouren dreht, riesige Staubwolken werden aufgewirbelt und die Meute ist massiv in Feierlaune. Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern hart übertroffen. Episch! Meine erste Live-Erfahrung mit dieser Band, und mit Sicherheit einer meiner besten Thrash-Metal-Momente bis dato.
Ich schaue danach nur kurz bei ALESTORM rein, aber auch hier geht wie gewohnt die Piratenparty am ab. Es fliegen riesige Gummienten durchs Publikum und zwischen altbekannten Hits gibt’s auch mal das eine oder andere Akustik- oder 8-Bit-Zwischenspiel. Leider schade, dass die Band jedes Jahr immer und überall präsent ist. Die Schotten live zu sehen, hat für mich zu hundert Prozent seinen Exklusivitätswert verloren. Ich mag euch ja, ALESTORM. Aber heute nicht. Sorry.
Noch mehr Energie!
Ich gehe weiter zu THE BLACK DAHLIA MURDER. Wieder auf der T-Stage, und wieder sieht man von Weitem schon die Staubwolke begeisterten Moshens aufsteigen. Energie! Ehrfürchtig höre ich mir die Sache aus einiger Entfernung an. Vor allem der Schlagzeuger ist dabei mein Highlight. Präzise, schnell, ausdauernd wie eine Maschine. Die Intensität der Musik ist sehr hoch – höher wäre sie allerdings noch, wenn die Gitarren etwas besser hörbar wären. Dennoch ein krasser Auftritt.
Jetzt lasse ich aber auch mal Sebastian von seinen Erlebnissen berichten:
Achtung, der WESSELSKY kommt! Mit EISBRECHER spielt eine auf dem BREEZE inzwischen gut bekannte Band, welche sich scheinbar großer Beliebtheit erfreut. Das Infield ist voll. Der multibeschäftigte Mann ist sichtlich das Zentrum der Aufmerksamkeit und hat die Situation voll im Griff. Die Band spielt sehr auf den Punkt und liefert gut ab. Das Konzert zeigt, dass mit solchen Bands die NDH nichts zu befürchten hat.
So. Zeit, sich die FICKEN-Stage doch mal anzusehen. Ich möchte BLOODRED HOURGLASS sehen. Und? Nichts hat sich verändert. Der Bühnensound dieser Abomination einer Stage ist immer noch genauso beschissen wie eh und je. Wieder einmal muss ich miterleben, wie die Bühne die Hoffnungen einer vielversprechenden, weniger bekannten Band, ein Eindruck schindendes Konzert auf einem großen Festival spielen zu können, nimmt und gegen die Wand klatscht. Der Sound ist wieder einmal kaum akzeptabel, es baut sich null Atmosphäre auf. Es tut mir jedes Mal so weh, so etwas zu sehen und zu hören.
Vielleicht macht es ein bisschen Sinn, Spaß- und Quatschbands wie RANDALE oder MORBID ALKOHOLIKA auf einer solchen Bühne spielen zu lassen. Aber für Musik in Richtung MeloDeath oder Black Metal, die live zu einem wichtigen Teil von der geschaffenen Atmosphäre leben, bringt ein Konzert auf dieser Bühne im Endeffekt wahrscheinlich mehr Negatives als Gutes mit sich. Immerhin hat sich eine kleine Meute versammelt, um BLOODRED HOURGLASS vor der Bühne anzufeuern.
Von Zwiespalt und Geistesblitzen
Mich zwischen PALLBEARER und BEHEMOTH zu entscheiden, fällt mir nicht leicht. Ich beschließe, nach Lust und Laune zwischen den beiden Konzerten hin- und herzuwandern. BEHEMOTH haben auf der Hauptbühne richtig überzeugenden Sound und wirken dabei heute extra episch und satanisch. Sehr schön! Nur der Gesang geht gelegentlich ein bisschen unter, was mich aber kaum stört, wenn die Instrumente besser klingen als auf den Studioaufnahmen. Auch die Bühne ist schön dekoriert mit allerlei evil shit und Perversionen kirchlicher Innenausstattung. Cool.
PALLBEARER auf der CAMEL-Stage bringen eine ganz andere Art von Atmosphäre mit sich. Düster, ja. Aber auch beruhigend und tiefgehend, langsam und irgendwie auch sanft die Seele streichelnd. Schöne Erfahrung, aber nach einiger Zeit kommt die Lust nach Hass und Zerstörung zurück und ich wechsle noch mal zu BEHEMOTH. Für ein paar Sekunden. Denn die Band hört 20 Minuten früher auf, als auf dem Plan steht. Voll doof.
Sebastian: Szenetreffen vor der T-Stage. ESKIMO CALLBOY spielen nach vier Jahren wieder auf dem Breeze und haben dafür eine ganze Heerschar an Anhängern mitgebracht. Die Band gehört immer noch zu denen, über die viel diskutiert wird. Wenn man sich mit ihnen unterhält und zu ihren Konzerten kommt, merkt man aber schnell, die passen hier genau hin. Jeder, der nicht ein solides Brett im Kopf hat, dürfte nicht vollständig abstreiten können, dass die Band Laune macht. Musik darf auch Spaß machen und zum sich bewegen animieren, und das schaffen die Jungs definitiv.
POWERWOLF! Sound: Makellos. Spieltechnisch: Makellos. Stimmungsmache: Makellos! So ist man es von den armenischen Werwölfen (eigentlich Saarbrücker) gewohnt. Und dann plötzlich! Ein Geistesblitz: Der Name POWERWOLF ist ein Wortspiel aus Power und Werwolf. (Also Po-Werwolf? Höhö! Und das war für Sie der unangebrachte Kommentar des Lektorats. Dankeschön!) Und das hab ich all die Jahre nicht gemerkt. Aber zurück zur Mucke. Sehr überzeugendes Konzert, wie immer – und dieses Mal mit ein paar Songs der neuen Platte, die dem Erlebnis einen (sehr wichtigen) erfrischenden Touch geben. Denn, bei allem Respekt für die Band und ihre Live-Auftritte: Ein bisschen repetitiv wird das Ganze schon, so nach dem zweiten oder dritten Mal. Aber was soll ich sagen; es macht einfach Spaß. So viel melodische Energie, so viel Mitsingpotential. Da ist man doch immer wieder gerne dabei.
Öfter mal was Neues!
Am Ende des Tages geht’s dann zu einer Band, die es eher seltener auf die Festivalbühnen Deutschlands verschlägt: SUICIDAL TENDENCIES. Und auch die Vibes, die sie verteilen, erlebt man in unseren Gefilden nicht allzu oft. Crossover Style der kalifornischen Südküste – ein bisschen Punk, ein bisschen Funk, ein bisschen Thrash, ein bisschen Hardcore – eine interessante Mischung! Dazu eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein (die Band hat sogar einen eigenen Ansager dabei), den früheren SLAYER-Drummer hinter der Rappelkiste und am Ende ganz viele Menschen auf der Bühne. Mir gefällt’s irgendwie. Definitiv meine Überraschung des Tages.
DIE APOKALYPTISCHEN REITER habe ich erst vor einem Monat live gesehen, deswegen erwarte ich nichts Bahnbrechendes. Doch wieder einmal lässt mich der Sound der Hauptbühne nicht los. Eigentlich gedachte ich, in der Hälfte der Konzerts zu MARDUK herüberzuwechseln, doch ich muss sagen, dass von allen geschätzten 15 REITER-Konzerten meines Lebens noch keines so gut geklungen hat. Die Show ist die gleiche wie auf dem ROCKHARZ-Festival, und auch dort gab es wirklich nichts am Sound auszusetzen, aber es fühlt sich dennoch an, als lägen Welten zwischen den beiden Auftritten. Ich kann es fast nicht rational erklären. Irgendwie muss bei dieser Bühne Magie im Spiel sein. Oder wir haben es mit Soundtechnik-Göttern zu tun. Oder etwas von beidem. So kriege ich mich bis zum Ende des Konzertes nicht losgerissen, und erhasche von MARDUK nur noch zwei Songs.
Als letztes Spektakel für heute Abend stehen HEILUNG auf dem Plan. Aufgrund des großen Erfolges von WARDRUNA im letzten Jahr haben die Veranstalter dieses Jahr wieder einen Folk-Trupp mit schamanisch-meditativen Gesängen an den Start geholt. Und das Publikum steht wie unter Hypnose. Viele tanzen mit geschlossenen Augen, andere lassen sich einfach durch ätherische Sphären dahintreiben. Ich für meinen Teil setze mich auf den Boden und verschlafe das halbe Konzert. Nach einem solch ereignisreichen Tag und um die Uhrzeit ist mir das Ganze dann doch etwas zu ermüdend – wenn auch sehr schön. Letzteres hilft leider auch nicht, wach zu bleiben. Gute Nacht.
Guten Morgen!
Das heutige Frühstückskonzert präsentieren GOATWHORE. Leider schaffen es die Proto-Black-Metaller noch nicht ganz, mich aus den schamanischen Gefilden des gestrigen Abends wieder abzuholen. Auch dem Rest des Publikums scheint es ähnlich zu gehen. Anders gesagt: Es ist wenig los.
Erst mit der nachfolgenden Gruppe soll sich das Problem definitiv lösen: MISERY INDEX! Hart ballernder Death Metal ist doch genau das, was man braucht, um wirklich wach zu werden. Es bilden sich erste Circle Pits und früher Schweiß fließt nicht nur auf der Bühne. Ein guter Startschuss für einen Death-Metal-reichen Tag.
Sebastian: Und, seid ihr true genug, auch mal eine Band mit Elektro- und Popeinflüssen anschauen zu können? AMARANTHE entern zur mittäglichen Zeit die Bühne und bieten ein kompaktes Set ihrer Klassiker. Eine Band mit drei Sängern, allen voran Sängerin Elize Ryd, das hat man nicht oft. Dennoch singen und posen sie sich problemlos durch ihr Set und erreichen damit auch eine beachtliche Menge an Zuhörern. So muss das.
Ich luge derzeit kurz bei DANKO JONES rein. Den Rock’n’Roller wollte ich immer schon mal live sehen. Intensitäts- und geschwindigkeitsmäßig befinden wir uns hier natürlich in weitaus seichteren Gegenden als bei MISERY INDEX, trotzdem macht es sehr viel Spaß, diesem Rockspektakel ein bisschen zuzuhören. Selbst die weiter hinten stehenden Zuschauer sind am Powackeln und Mitklatschen.
Zufällig laufe ich bei ANCST vorbei und bekomme nur mit, wie sie aufgrund von Spielzeitüberschreitung den Sound abgedreht kriegen. Scheint aber weder die Laune der Band, noch die der feiernden Fans kaputtzumachen.
Sebastian: Nachmittags wird es dann schrill. Jemand hat J.B.O. auf die Bühne gelassen. Die rosa Metalpoeten nehmen sich wieder einige Klassiker vor, um sie ein wenig zu missbrauchen. Für die ersten beiden Songs haben sie dafür zusätzlich noch zwei Animateure mitgebracht. Die haben musikalisch nichts zur Show beizutragen, machen aber Ferz. Kann man machen, muss aber nicht sein. Die Musiker von der Kapelle sind sichtlich auch nicht mehr ganz die jüngsten, locken aber dennoch viele Leute vor die große Bühne. Insofern: Kopf abschalten, lass sie walten.
Die Ausnahme zur Regel
NIGHT IN GALES spielen daraufhin auf der CAMEL-Stage. Leider muss ich trotz aller Vorfreude sagen, dass dies das einzige diesjährige Konzert ist, das einen richtig beschissenen Sound hat (man ignoriere die FICKEN-Stage, ich rede von richtigen Konzerten). Zu laute Bass Drum, die bei den erhöhten Geschwindigkeiten, in denen sich die Band musikalisch befindet, leider zu viel der restlichen Musik übertönt. Versuche, das Konzert trotz der Umstände zu genießen, funktionieren einigermaßen. Kann ja nicht alles perfekt sein.
Es folgen die nächsten Death-Metaller: DYING FETUS. Und sie bringen mit sich eine herrliche Mischung aus Groove-Parts und absolutem Gebretter. Das weckt den Homo Erectus in dir. Gute-Laune-Musik für erwachsene Metaller. Der plötzliche epische Platzregen trägt nur zur Stimmung bei – denn AUCH das ist äußerst cool! Gutes Konzert, dankeschön.
Stell dir vor, du kommst extra aus Japan, um in Deutschland zu spielen, und dann gibt dein Bass auf der Bühne den Geist auf. Kurzweilig spielen GYZE dann nur zu zweit weiter (Gitarre und Schlagzeug). Spätestens nachdem das Problem behoben ist legen die Japaner dann aber richtig los: Ihre Mischung aus COB-esquem MeloDeath und einer Prise Power Metal zündet den Knaller (irre!) und der gesamte überdachte Bereich der CAMEL-Stage ist auf einmal voll mit abfeiernden Menschen. Geschwindigkeit und ausschweifende Melodien sind eine gute Kombination und das Rezept funktioniert auch hier wieder einmal wunderbar.
Sebastian: Dass die Camel Stage mal wieder die Bühne ist, auf der man wichtige Bands von morgen (spätestens morgen) sieht, dürften viele längst bemerkt haben. Zu jenen Bands kann man wohl ohne Frage auch die Neuseeländer ALIEN WEAPONRY zählen. Das blutjunge Trio widmet sich in seinen Songs den indigenen Wurzeln der neuseeländischen Bevölkerung und singt dafür gerne mal ganze Songs auf Maori. Ihre tighten, brachialen Songs ziehen dabei eine mehr als beachtliche Masse an Zuschauern an, welche sich während dem Set den gerade niedergegangenen Regen wieder aus den Klamotten moscht. Geiler Scheiß! Wenn die Band bei euch in der Region spielt, geht hin!
Die Macht der Alten
AT THE GATES präsentieren alte Klassiker wie auch neuere Hits. Allerdings wird mir schnell klar, dass gerade den neueren Songs irgendetwas zu fehlen scheint. Irgendwie wirken sie wie Versuche, an den (verdienten) Ruhm vergangener Zeiten anzuknüpfen. Leider mit etwas wenig Abwechslung und Kreativität. Das nur am Rande – headbangen lässt sich dazu trotzdem gut. Und genießbar ist das wuchtgeladene Konzert allemal; vor allem die alten Songs! Mächtig und voll oldschooliger Energie zeigen die MeloDeath-Urväter, dass sie nicht umsonst heute auf dieser Bühne stehen.
Der Regen ght allmählich vorüber und das Infield ist wieder voll geworden. Einer der Headliner steht nun auf dem Plan. TRIVIUM haben für das Konzert eine sehr atmosphärische Lightshow dabei und gehen von Anfang an voll nach vorne. Selbst wer die Band sonst nur eher am Rande hört, kommt hier voll auf seine Kosten.
VREID spielen sich quer durch ihre Bandgeschichte – und damit auch quer durch unterschiedlichste Black-Metal-Auswüchse. Dies sorgt trotz insgesamt gut funktionierender Stimmigkeit für ein sehr abwechslungsreiches Konzert. Für mich ist die Band auch eine neue musikalische Erfahrung (und eine gute!). Die überdachte Bühne bietet außerdem gerade günstigen Schutz vor den letzten paar Regentröpfchen.
Es folgt ARCH ENEMY – ich setze mich kurz hin. Und schlafe zur Abwechslung mal wieder ein. Na gut. Dann hat es nicht sein sollen. So ganz kann ich dem Hype um diese Band eh nicht folgen.
Zeit, wieder wach zu werden: mit SICK OF IT ALL! Oldschool Hardcore mit gehörigem Punk-Anteil – die Erfinder der Wall of Death kennen keine musikalische Gnade. Schnell, aggressiv und voller Hass gegen das System. Scheiß auf modernen, Breakdown-orientierten Hardcore-Sound, das hier ist der real shit! Auch mal eine schöne Erfahrung, eine solche Band live mitzuerleben.
Wer oder was genau SIGN OF CAIN sind, weiß ich zu dem Moment noch nicht so wirklich – irgendwas mit dem Sänger von AT THE GATES oder so. Nicht ganz, denn gerade dieser steht nicht auf der Bühne – dafür aber der Gitarrist und der Schlagzeuger der Brutal TechDeath Band VISCERA TRAIL. Scheint, als wäre diese Band das MeloDeath-Projekt von deren Gitarrist TOMER HASENFRATZ (bester Name übrigens). Und dass der ATG-Fronter THOMAS LINDBERG am Mikrofon steht, ist wohl veraltete Information. Dennoch ein interessantes und vor allem unerwartetes Konzert! Wieder sorgt die CAMEL-Stage für geschlossenes Feeling – und das ist genau, was diese düstere Musik braucht, um richtig zu glänzen.
Ein Post-schwarzer Abend
Spät am Abend dann einer meiner persönlichen Höhepunkte des Festivals: ALCEST. In die erste Reihe gemogelt, lasse ich mich von der hypnotischen Musik einlullen. Eine Mischung aus in Trance versetzenden Melodien und noch härter in Trance versetzenden Post-Black-Metal-Parts, die einen einfach nur in sich hineinsaugen und wie flüssiger Musik-Honig umgeben. Eine wunderschöne Atmosphäre, in den richtigen Momenten durchstochen von markerschütternden Schreien – großartig, einfach nur großartig!
Gleichzeitig muss ich aber gegen TURISAS kämpfen, deren Musik zwischen den ALCEST-Songs von rechts von der Hauptbühne in mein Ohr zu dringen versucht, und mit ihrer eingängigen Art droht, mich aus der magischen Atmosphäre hinauszuziehen. Besonders, weil mir die Entscheidung wirklich nicht leichtfiel – die Finnen waren jetzt einige Jahre von der Bildfläche verschwunden, und jetzt treten sie zweihundert Meter neben mir auf der Premium-Sound-Bühne-Of-Glory auf. Beim nächsten Mal dann. Im Moment löse ich das Dilemma, indem ich mir zwischen Songs das rechte Ohr zuhalte.
Nach dieser meditativen Erfahrung wird es dann Zeit, noch zwei weitere Black-Metal-Acts anzusehen. Der erste davon ist THE SPIRIT. Der Sound wirkt hier etwas schrabbelig, was aber durch die Qualität der Musik schnell wieder wettgemacht wird. Danach geht’s dann weiter zu HARAKIRI FOR THE SKY, welche das Konzept Black Metal noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise auslegen. Stark Post-orientiert, allerdings in weniger seichten Gefilden als ALCEST, blasten sich HARAKIRI mit steriler, aber durchaus positiver Soundkulisse durch ihr Set. Das alles in konstant sehr hohem Tempo – ein interessantes Konzept, das mich zuweilen an meine Erfahrung mit DER WEG EINER FREIHEIT vom RAGNARÖK-Festival diesen Jahres erinnert. Allein der Gesang sagt mir hier nicht so sehr zu.
Geballer und Randale
Ein neuer Tag, eine neue Portion Death Metal! Heute mit ORIGIN. Drei Menschen auf der Bühne, kein Backdrop, aber Hauptsache alles zerficken! Richtig technisches Zeug frickeln Gitarrist und Drummer zusammen, während sich der Sänger die Seele aus dem Leib grunzt und schreit. Das Ganze voll roher Energie und in unermesslichen Tempi. Ein Bassist scheint dabei nicht von Nöten. Leider sind noch nicht sehr viele Leute im Publikum zu sehen. Stört die Band aber nicht, denn diejenigen, die schon da sind, sind nicht ohne Grund dort. Circle Pit ist auch eine Art von Frühsport. Und es muss sich ja bei solcher Musik um die Aufwirbelung des Staubes gekümmert werden.
Auf dem Weg zum Camp zurück bemerke ich etwas Merkwürdiges: Überall Hüpfburgen und Eltern mit Kindern. Es spielen gerade RANDALE, eine Band, die Punk Rock für Kiddies produziert. Und dazu ist gerade Familien-Gratis-Eintritt-Tag (oder so ähnlich). Ich will auch auf die Hüpfburg. Im Publikum sind trotzdem mehr Bierbäuche als Kinder zu sehen – denn die sind ja alle auf den Hüpfburgen. Oh, und natürlich: Das Kinderkonzert findet auf der FICKEN-Stage statt. 100 Punkte an den Organisator!
Sebastian: Die Ankündigung für diese Band dürfte wohl bei vielen für ein wenig Wehmut gesorgt haben. PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS spielen dieses Jahr auf dem BREEZE. Der ehemalige Gitarrist der legendären Band MOTÖRHEAD liefert mit seinem neuen Projekt, in dem auch seine Söhne mitspielen, ein Brett grundehrlichen Rock‘n‘Rolls ab. Wer da nicht hin geht, ist selber schuld. So gesehen ein echtes Highlight auf dem diesjährigen SUMMER BREEZE.
Es folgen KORPIKLAANI, welche ich mir dieses Mal von direkt vor der Bühne ansehe. Die Feierstimmung ist in diesen Bereichen natürlich groß, und so bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als mich der Partylaune hinzugeben. Die Crowdsurfer fangen bei diesem Konzert an, mächtig kreativ zu werden: Man sieht Crowdsurfer auf Crowdsurfern sitzen, Crowdsurfer auf Crowdsurfern surfen (im Stehen!), Crowdsurfer, die mit Videokameras auf Crowdsurfern crowdsurfen und sich beim Crowdsurfen filmen, nackte Crowdsurfer (ih!) – ja sogar ein Versuch wird gestartet, zu zweit auf einem Crowdsurfer zu crowdzusurfen – der endet allerdings eher ungut. Trotz all dem Quatsch darf man aber nicht vergessen, dass KORPIKLAANI längst nicht mehr nur Sauf- und Spaßmusik machen. Ruhigere Songs, langsamere Songs, Songs über die Schönheit der Natur, aber auch Songs mit düstereren Thematiken haben mittlerweile einen festen Platz in der Setlist.
Von Zusammenhalt und hochwertiges Geklatsche
Dann geht es für mich zu ORPHANED LAND. Berührt mich deren Musik auch persönlich nicht so sehr, muss ich sagen, dass das für die Menschen um mich herum definitiv anders ist. So viel Motivation, mitzuklatschen, mitzusingen und generell mitzumachen sehe ich dieses Festival zum ersten Mal. Der gesamte überdachte Bereich der CAMEL-Stage ist voll mit Menschen, die so richtig voll dabei sind. Sogar – und Respekt dafür – unregelmäßige Rhythmen werden scheinbar problemlos von der Masse mitgeklatscht. Im Normalfall schaffen es die Menschen auf Konzerten selten, überhaupt das Tempo zu halten, sobald das Geklatsche beginnt. Ein warmer Empfang für die Band. Der Sänger gibt außerdem seine Freude zum Ausdruck bezüglich der ganzen verschiedenen Nationalitäten, die sich hier versammelt haben, um zusammen Spaß zu haben und zu feiern. Ein besonders emotionaler Moment mit einer Band, die aus dem Konfliktgebiet Israel stammt.
Auf SOLSTAFIR bin ich sehr gespannt, da mir von allen Seiten immer begeistert erzählt wird, wie gut die Band ist. Allerdings macht mich auch deren Musik wieder ordentlich müde, und wirklich viele Erinnerungen bleiben mir leider nicht. Drückende Atmosphäre, lila-blaues Licht, viel Nebel – alles scheint ineinander zu verschwimmen. Bei der nächsten Gelegenheit gibt’s dann eine detailliertere Review.
Der letzte Abend
BLOODBATH höre ich seit geraumer Zeit ab und an mal, konnte sie aber leider nicht mehr mit ÅKERFELD oder TÄGTGREN live sehen. Und, da muss ich mich leider der generellen Meinung anschließen: NICK HOLMES am Gesang wirkt einfach ein bisschen schwach im Vergleich. Aber! Diese Live-Show weiß mich eines Besseren zu belehren. Zwar ist wirklich hörbar weniger Power in der Stimme vorhanden als bei den Vorgängern, aber schlimm ist das eigentlich nicht. Es sorgt nur für eine andere Art von Atmosphäre: weniger Zerstörung und Gewalt, mehr Düsternis und Verwesung. Mir gefällt die Friedhof-Gammelfleisch-Stimmung live wirklich ganz gut. Hätte ich so nicht erwartet.
Den Abschluss des Festivals macht für mich dann tatsächlich nicht mal eine Metal-Band, sonden CARPENTER BRUT! Darkwave-lastiger 80er-Actionfilm-Sound mitsamt zugeschneiderter Licht- und Videoshow zu jedem einzelnen Song. Es ist ein audiovisuelles Spektakel sondergleichen. Die große Bühne gibt ein letztes Mal alles und überzeugt noch einmal mit perfektem, drückendem Sound. Ein solches Konzert habe ich noch nie erlebt, und es ist glorreich. Dazu muss ich noch sagen, dass trotz eher elektronisch angelehnter Musiksparte alles von Musikern live auf der Bühne gespielt wird – Mit Schlagzeug, Gitarre und Synthesizer. Ein würdiger Abschluss? Definitiv.
Ende!
Puh! Was ein Festival. So viele neue Bands live gesehen, und das trotz mittlerweile zehn Jahren Festivalbesuchen. Wie auch schon letztes Jahr hat es das SUMMER BREEZE wieder geschafft, fast bei jedem Konzert richtig guten Sound zu bieten. Besonders die Anlage (oder sind es die magischen Soundtechniker?) der neuen Hauptbühne (aktiv seit 2017) sei an dieser Stelle noch einmal zu loben. Auf keinem anderen Festival habe ich so positive Erfahrungen mit der Soundqualität gemacht. Und das Ersetzen der alten CAMEL-Stage durch eine tatsächlich funktionierende Bühne hat auch definitiv zum Wohle aller beigetragen.
Eine kleine Kritik hätte ich dennoch abzugeben: Dass der Platz beim Campen nicht pro Person, sondern pro Auto zugeordnet wird (so schien es mir zumindest zu funktionieren), ist im Bezug auf das überall so hochgepriesene Bilden von Fahrgemeinschaften dann doch eher kontraproduktiv! Es bedeutet im Endeffekt: Je mehr Leute im Auto, desto weniger Campspace hat jeder einzelne davon.
Alles in Allem habe ich nicht wirklich viel auszusetzen. Sogar das Schleusenproblem zum Infield war heuer bei Weitem galanter gelöst als letztes Jahr. Und: Der Sauberste-Dixi-Klos-ever-Award geht definitiv auch an das SUMMER BREEZE 2018. Selten so viele saubere Dixis gesehen. Wahrhaft ein neues Lebensgefühl. Und das Wichtigste Lob zuletzt: Großartige Stilabwechslung, was die Bandauswahl angeht! Es war von allem was dabei, und das Line-Up bot dieses Jahr wirklich die Möglichkeit für unterschiedlichste musikalische Erfahrungen. Um die ursprüngliche Frage zu beantworten: Ja, das Festival konnte seine Standarts dieses Jahr aufrechterhalten! Ich würde sogar von einer weiteren Steigerung sprechen. Weiter so!
Nur die FICKEN-Stage bräuchte wirklich nicht unbedingt zu existieren.
Cheers!
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
Keine Kommentare