ISTAPP – Blekinger Space Vikings auf altbewährten Pfaden
ISTAPP - The Insidious Star
ISTAPP – „The Insidious Star“
Veröffentlichungsdatum: 26.04.2019
Länge: 35:20 Min.
Label: Trollzorn Records
Genre: Melodic/Viking Black Metal
Nachdem ich bereits meine Meinung zur neuen THORONDIR-Scheibe kundgetan habe, werde ich euch heute auch zur zweiten April-Veröffentlichung aus dem Hause Trollzorn Records meine Eindrücke schildern. Als begeisterter Fan der Kombo ISTAPP aus der südschwedischen Provinz Blekinge war die Auseinandersetzung mit ihrer neuen und dritten Full-Length-Scheibe quasi vorprogrammiert. Anno 2015 wurde ich auf ihr damals aktuelles Werk „Frostbiten“ aufmerksam. Die Eingängigkeit, die Melodiefokussierung, die lyrische Neigung zu Thematiken um eisige Kälte, aber auch die Songstrukturen der Eiszapfen-Brigade (ISTAPP heißt zu deutsch Eiszapfen) haben mich in ihrer authentischen und trendunbewussten Gestalt von Beginn an beeindruckt.
Wie schon beim neuen THORONDIR-Album möchte ich ausdrücklich das gelungene Cover-Artwork im Voraus loben. Das hätte auch durchaus als Cover für Tech Death-Bands wie ORIGIN, DREAM VOID oder SPAWN OF POSSESSION durchgehen können. Da wundert es mich auch gar nicht, dass Pär Olofsson das neue Coverbild von ISTAPPS neuen Werk kreiert hat. Denn Olofsson hat in der Vergangenheit nicht nur für einige der eben genannten Formationen Cover entworfen, sondern auch für Größen wie IMMORTAL, EXODUS oder MALEVOLENT CREATION.
Betreten wir fremdes Terrain oder verteidigen wir wohlbekannte genre-konforme Klangkonzepte?
Wer ausgehend von meinen in den Raum geworfenen Analogien einer außergewöhnlichen Mixtur aus melodischem, nordischem Black Metal und Tech-Death-Vibe entgegenfiebert, muss ich an diesem Punkt leider enttäuschen. Denen, die sich dafür interessieren könnten, kann ich nur SINGULARITY aus Tempe, Arizona empfehlen.
Vom introlosen Beginn des neuen Albums an fluten die ISTAPP–typische Melodieführung, die brachialen Vocals sowie die eingängigen Lead-Guitar-Samples meine Gehörgänge. Damit bestätigen sie mir kompromisslos, mit welcher Band ich gerade konfrontiert werde. Der Opener-Track „Eternal Winter“ spiegelt nicht nur namentlich optimal die thematische Grundausrichtung der Band auf kälteinfiltrierte, schneegehüllte Eislandschaften wieder. Darüber hinaus steht er auch stellvertretend für ihren bewährt-harschen, aber dennoch überaus melodieambitionierten musikalischen Stil. Beim ersten und zweiten Hören bleibt besonders der Refrain im Gedächtnis. Allerdings bin ich von den ersten beiden Titeln „Apep“ und „Frostbiten“ von ISTAPPs Vorgängeralbum „Frostbiten“ ein höheres Hitcharakterpotenzial gewohnt. Gleiches gilt für Tracks wie „Köldens Union“ und „I Väntan På Den Absoluta Nollpunkten“ vom Debütalbum „Blekinge“.
Ein Tribut an die Urväter
Besonders der traditionelle Clean-Gesang in ursprünglicher Normannenart erweist sich, zumeist in den Refrains, wie schon auf den vorausgegangenen Veröffentlichungen der Band als so ziemlich der mitreißenste Bestandteil der Kompositionen. Hinsichtlich des leicht sphärisch-erhabenen Klargesanges können gut Vergleiche zu Veröffentlichungen ihrer norwegischen Kollegen von GALAR gezogen werden. Der geneigte Hörer wird auch ziemlich schnell auf den Trichter kommen, dass beide Kombos wohl maßgeblich von WINDIR, einem Urgestein des Viking Black-Metals, beeinflusst sein müssen.
Das Konzept der Songs im weiteren Verlauf
Der gutturale Gesang des Frontmannes Tizheruk klingt stark und wurde im Rahmen des Mixings ansprechend auf die instrumentalen Elemente abgestimmt. Auch in den übrigen Tracks dominiert eine kohärente und fesselnde Melodik statt pointierte Folk-Einschübe à la MANEGARM. Die lädt den Hörer zu fantastischen Naturimpressionen oder ausgedehnten mentalen Bootsfahrten durch skandinavische Fjorde ein. Allgemein wird beim zweiten Durchlauf der Scheibe das Mitreißpotenzial der Songs stärker. Durch die moderaten Laufzeiten der einzelnen Nummern von oft weniger als vier Minuten ist „The Insidious Star“ überaus kurzweilig.
Der dritte Titel „Natten då Gud Blundade (1888)“ steigt sogar mit dem traditionellen Klargesang ein, welcher sich im Bridge-Teil wiederholt. Auffallend ertönt die männliche Stimme dabei etwas höher beziehungsweise heller und peripher ist auch eine Frauenstimme heraushörbar.
Das Songkonzept zieht sich durch das gesamte Album und stagniert dabei nicht. Im fünften Track „Muspelheim“ wird eine leichte Veränderung hörbar, indem die refrainfreie Bridge als Atmosphären-Trimmung zum kurzen Verweilen im Moment verleitet. Außerdem liegt mir besonders am Herzen, den leicht hallenden, teils mehrstimmigen und wieder einmal männlichen Cleangesang in seiner besänftigenden, astralen Aura im siebten Track „The Insidious Star“ nochmal ausdrücklich zu preisen.
Trotz überzeugender Leistung ist noch Nachbesserung möglich
Ohne Kritikpunkte kann ich diese Review jedoch nicht abschließen. Neben dem mit steigender Laufzeit zunehmend homogener anmutenden Grundstrukturkonzept der Titel missfällt mir noch eine weitere Sache, die sich schon auf den Vorgängerwerken bemerkbar gemacht hat. Schon wieder hat es sich die Band erspart, ein einladendes Intro sowie ein abschließendes Outro zu komponieren. Man wird im wahrsten Sinne des Wortes ins KALTE Wasser geworfen und abrupt wieder herausgezogen. Das dürfte ein erster Schritt zur potenziellen Perfektionierung des Sounds sein. Gerade im Kontext ihrer lyrischen Versiertheit auf Themen um kalte Witterungsverhältnisse sind lukrative atmosphärische Einsteiger durchaus authentisch umsetzbar.
Autorenbewertung
Vorteile
+ moderne Produktion steht der Authentizität und der Ehrlichkeit des Albums nicht im Weg
+ starke Vocals
+ die Melodieführung der Band ist unverkennbar
+ Spielzeit von ca. 35 Minuten ist auch für Neuinteressierte freundlich
+ Songstrukturen setzen sich im Gehirn fest ohne zu nerven
Nachteile
- weniger Hitpotenzial der Songs als bei den Vorgängeralben…
-….welche meines Erachtens auch insgesamt noch besser waren
- die männlichen Clean-Vocals können auch noch in höherer Frequenz auftrumpfen
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1 Kommentar
Das ist aber nett umschrieben: „Spielzeit von ca. 35 Minuten ist auch für Neuinteressierte freundlich“. Früher nannte man das ein wenig kurz für ein Album. 😉 Aber ich bin gespannt, auf die ersten Hörerlebnisse. Aber irgendwie klingt es, als sei die Luft aus Istapp bereits heraus.