Geknüppel und Geschrei im romantischen Vogtland | CMOA 2016
Ich fahre ja nun doch seit einigen Jahren regelmäßig auf Festivals. Ja, zugegeben, besonders weit von der Homebase hat es mich bislang nicht verschlagen – Metalfest Dessau, With Full Force, InFlammen und Rockharz liegen mehr oder weniger um die Ecke. So wirklich viel weiter weg habe ich es auch dieses Jahr nicht geschafft. Nachdem ich in den letzten zwei Jahren auf dem InFlammen war, hatte ich das Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel. Das Chronical Moshers rückte in mein Blickfeld. Überzeugende Argumente: maximal 1000 Gäste, FLESHGOD APOCALYPSE als Samstags-Headliner und eine sehr entspannte Anreise von nicht mal zwei Autofahrstunden.
Freunde angetickert, Tickets besorgt, entgegengefiebert.
Wir quetschen uns also Freitag Mittag zu viert ins rammelvolle Auto und düsen mit bester Laune und ordentlichem Getacker à la KRIMH aus den Boxen gen Vogtland. Dank der einen oder anderen verpassten Abbiegung konnten wir sogar ein bisschen die Umgebung beschauen. Schön da. Hügel, Wäldchen und Kühe zum Umschubsen soweit das Auge reicht. Nach gefühlt fünf Bier lacht uns in Hauptmannsgrün das erste Wegweiserschild zum Chronical Moshers entgegen. Wir suchen uns ein schönes Plätzchen auf dem Parkplatz, der augenscheinlich doch nicht so ganz nah am Zeltplatz liegt. Das nötigste angesackt, hopp, ab auf den Zeltplatz.
Sitzen! Bier! Geil!
Zwei mal müssen wir laufen, um unseren ganzen Krempel vom Auto zum Camp zu bringen. Gott sei dank nicht allzu weit – geschätzte fünf Minuten dauert der Weg einen idyllischen Waldweg entlang auf die große Wiese. Macht einen guten Eindruck. Zwar leicht abschüssig, aber angenehmer Boden, dichter Rasen…und irgendwo ein fest installiertes Häuschen mit Toiletten und Duschen. Ein seltener Luxus auf einem Festival. Wobei ich mich nach wie vor frage, wer sich tatsächlich auf einem Festival die Zeit zum Duschen nimmt, wenn nebenan ein wunderbarer See ist…aber gut.
Quasi zeitgleich als wir unser Lager aufschlagen, spielt der Opener. „Bier geht vor!“, entscheide ich für mich. Knack, gluck, rein damit. Was steht denn überhaupt heute auf’m Plan? Ah, Melo-Death. Fein. Genau das Richtige zum Einstieg. Ich raffe mich auf und rolle den sanft abfallenden Weg zum Stage-Bereich hinunter. Auf dem Weg noch ein Bändchen abfassen und ab geht’s zur Zeltbühne. Ich hatte ja befürchtet, dass selbiges eher Sauna als Schattenspender ist. Dem ist zum Glück nicht so, das Zelt steht nämlich gut im Schatten des Waldrandes. Ich werde also von feinstem Gerumpel der Jungs von PATH OF DESTINY in Empfang genommen. Eine leichte Vorfreude kann ich nicht abstreiten, da ich diese Band schon seit einiger Zeit auf dem Schirm habe, aber noch nicht in natura erleben konnte. An sich eine schöne Einstimmung auf das Festival, getrübt wird meine Laune nur durch den unausgegorenen Sound. Ich hoffe darauf, dass sich das bei höherer Zuschauerdichte anders gestalten wird. Kurze Biertrinkpause. Anschließend geht es zu PARASITE INC., denen ich – genauso wie auch vorher PATH OF DESTINY – entgegenfiebere. Beide Bands sind mir aus dem Projekt „New Wave of German Metal“ und deren Umfeld ein Begriff. Das ist ein Zusammenschluss verschiedener deutscher, junger (vielleicht kann man sogar „Underground“ sagen?) Metalbands, die sich gegenseitig versuchen, mit Gigs zu unterstützen. Leider ist auch bei PARASITE INC. der Sound recht bescheiden, trotz semi gut gefülltem Zelt. Schade. Ich hatte trotzdem meine Freude daran, die Jungs mal live zu sehen.
Quality Time!
Vermutlich mindestens genauso wichtig wie die Acts ist wohl auch das Leben auf dem Campground. Dieser ist zugegebenermaßen bislang doch sehr ruhig. Ich höre weder herumkrakelende Jungspunde, noch Technomucke oder Kotz-Arien. Mir wird es dennoch nicht langweilig, da ich das Glück habe, mit guten Freunden und noch Unbekannten gleichermaßen das Camp teilen zu dürfen. Es wird sich abgetastet, musikalische Präferenzen ausgetauscht – und am Ende mündet alles wieder im Rezitieren von Fragmenten aus „Sinnlos im Weltraum“ oder „Elsterglanz“. Also Phrasen, die auch nach dem zehnten Bier noch locker von den Lippen gehen.
Der restliche Freitag verschwindet in einem Strudel aus Bier, Fress-Attacken und regelmäßigen Ausflügen in Richtung Bühne. PURGATORY, UNLEASHED und KATAKLYSM sind ein würdiger Abschluss des Konzert-Tages. Hier ist der Sound schon deutlich besser. Nur, wer zum Fick hat sich überlegt, Blinder nicht nur akzentuiert, sondern permanent einzusetzen?! Das ist keine geile Idee. Wirklich nicht. Jedes Mal, wenn man das Licht volle Esse abbekommt, ist das ja nicht nur für die Augen unangenehm, sondern zieht auch sämtliche Aufmerksamkeit vom Hören ab. Das war für mich ein fetter Minuspunkt. KATAKLYSM selbst haben vollkommen routiniert ihr, über eine Stunde dauerndes, Set heruntergeknüppelt. Etwas frustriert trolle ich mich wieder ins Camp und verbringe den Rest der Nacht mit hohlem Phrasengedresche, das mich mit Leichtigkeit noch bis in die frühen Morgenstunden aufmuntern kann.
Samstag
ICHORID heißen die Jungs, die am frühen Samstag Nachmittag den Reigen beginnen. Laut Beschreibung: Death Metal mit Technical Anteil. Hin da, zuballern lassen! Und tatsächlich: Mir taugt’s sehr gut. Die Jungs schroten ordentlich durch die Gegend. Ein konsequent vor sich hin tackernder Drummer, ein Basser, der sein Handwerk versteht und ausreizt, und zwei Gitarristen, die die Walze gespickt mit dem einen oder anderen ausgefuchsten Gekniedel so richtig ins Rollen bringen. Der Sänger legt auch eine angenehme Mischung verschiedener Gesangstechniken aufs Parkett. Ich nehme schon mal vorweg: Die Jungs sind damit DER Überraschungsact des Festivals für mich geworden. Auch hier zeigt sich wieder das besonders Schöne an den kleinen Festivals: man kommt mit den Bandleuten ins Gespräch, kann Kontakte knüpfen, verabredet sich eventuell für ein Bier im Laufe des weiteren Tages und findet sich – dank des kleinen Camp-Ground – im Zweifelsfall auch noch lattenstramm wieder.
Die EVIL INVADERS und HACKNEYED überzeugen gewohnt. Nächster wichtiger Eckpfeiler des Abends sind FLESHGOD APOCALYPSE, die ich zum ersten Mal überhaupt live sehe. Sie sind von vornherein mein persönlicher Headliner gewesen. Ich begebe mich also aufgeregt wie ein kleines Mädchen zum Konzertbereich, als es losgeht. Da sich überall direkt vor der Bühne noch Lücken auftun, entschließe ich mich kurzerhand, mich wie zu Teenie-Zeiten in die erste Reihe zu begeben und ab diesem Zeitpunkt die Show der Band konsequent durchzufeiern. Ich bin einfach nur im Freudentaumel. Die Show ist beeindruckend und der Sound tatsächlich um einiges besser als am Vortag. Um das kleine-Mädchen-Feeling zu vervollkommnen, schmeißt mir Francesco Paoli auch noch seinen abgewichsten Drumstick vor die Füße. Im alkoholgetränkten Glücksrausch schwebe ich förmlich zurück zum Camp. Die Nacht verläuft ähnlich wie die vorhergehende: stark bebiert und voller Stumpfsinn. Urlaub für’s Hirn bis in die frühen Morgenstunden.
Fassen wir zusammen:
Das Chronical Moshers Open Air habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal besucht. Ich mag daran sehr, dass es so klein ist und schon fast Familienurlaubsatmosphäre hat. Die Bandauswahl hat mir, vor allem wegen dem großen Anteil an Death Metal, super gefallen. Leider war der Sound zeitweise nicht ganz so toll, aber da muss man vermutlich auf Festivals immer mal Abstriche machen. Alles in allem würde ich auch in den kommenden Jahren, bei ähnlich starkem Line Up, wieder nach Hauptmannsgrün fahren. Der Ticketpreis von rund 40€ ist für dieses Wohlfühlpaket absolut gerechtfertigt und ich habe das Gelände und die entspannte Atmosphäre echt liebgewonnen.
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
3 Kommentare
[…] Festivals gibt es auch ein paar kleine Veranstaltungen in Sachsen. Relativ hart geht es beim Chronical Moshers Open Air zu, welches im Juni am Hauptmannsgrüner Mühlteich stattfindet. Knapp 1000 Leute verschlägt […]
Das Moshers ist seid dem ersten bis auf eine Ausnahme, dem ich aber nicht hinterhertrauere, meine erste Adresse als Festival. Anfangs noch im kleinen Rahmen mit paar hundert Gästen, aber von Anfang an mit illustren Szene (Underground ) Größen wie Heaven Shall Burn, Purgatory oder Disbelief bestückt, wurde es von Jahr zu Jahr größer, aber nicht zu groß. So blieb das famliliäre Umfeld stets erhalten. Selbst im Jahre der großen Flut,als es aufgrund der Wassermassen, die der Wettergott über weite Teile unserer Heimat niedergehen lies abgesagt wurde, haben wir doch im Clubgelände die schon erstandenen Bier- und Fressmengen vertilgt mit sichtlich viel Spaß, auch wenn die eine oder andere Träne floss. Alleine schon weil Destruction in diesem Jahre Headliner gewesen wären. Doch Dank vieler der für dieses Jahr gebuchter Bands wurde es im nächsten Jahr um so besser. Ein fettes THX an all die Bands, die es sich nehmen ließen im darauffolgenden Jahr noch einmal ihre Bereitschaft kund zu tun. Alles in allem kann ich nur sagen das das CMOA all die ganzen Jahre für mich eine Party und ein Familientreffen erster Kajüte ist und auch bleiben wird. Hold the hammer high und hell goes on. In diesem Sinne, auf’s nächste Moshers Weekened. P.S..Dieses Jahr durfte ich nur 2 Wochen später ein ebenso hammergeiles, Familiäres und fanfreundliches Open Air genießen.Das Protzen Open Air wird wohl meine zweite Adresse für Party und gute Mucke werden. P.P.S.: @ Parabelritterlein. Ich habe dich schon vor Jahren beim RiB darauf aufmerksam gemacht. Wird Zeit das du dich dort mal sehen lässt. 😉
Nice, aber unter uns
Lass mal die ganzen Suff Einsträuer weg! Das ist jedem klar was bei Festivals abgeht 😉
Zum Festival, ich war schon oft dort und es ist wirklich zauberhaft schön und gemütlich dort!
Nur waren für mich keine passenden Bands dieses Jahr dabei
Dennoch kann man das Festival uneingeschränkt empfehlen. Hoffe der Sound wird wieder besser!