HEAVEN SHALL BURN – Zum Opfer der Wahrheit?
HEAVEN SHALL BURN – „Of Truth And Sacrifice“
Veröffentlichungsdatum: 20.03.2020
Länge: 97! Minuten
Label: Century Media
Genre: Metal
In all dem Chaos, das momentan herrscht und mich auch selbst umgibt, gibt es dennoch Lichtblicke und Ablenkung von all dem. Musik ist meiner Meinung nach sowieso das beste Ventil um runterzukommen. Wie schön, dass ich nun endlich das neue Album von HEAVEN SHALL BURN in meinen Händen halte. „Of Truth And Sacrifice“ wurde in 2 Jahren Live-Abstinenz der Band erschaffen und ist rein vom Umfang schon ein Monster. Als Vorbote dazu konnte ich vergangenen Monat den bandeigenen Film „Mein Grünes Herz In Dunklen Zeiten“ im Kino konsumieren und bin nun voller Vorfreude auf die passende Musik. Wie die Produktion ablief, und wofür sich besonders viel Zeit genommen wurde kann man im Film gut nachvollziehen. Dieser liegt auch der Deluxe Box des Albums bei.
ERWARTUNGSHALTUNG
Vorab muss ich direkt gestehen, dass ich mit nichts anderem, als einem starken Werk rechne. HSB veröffentlichen nicht einfach nur ein Album. In all ihrem Schaffen legt die Band stets die eigene Messlatte an Anspruch sehr hoch. Optik und Musik gehen zum Beispiel immer Hand in Hand. So wurden auch die Artworks wieder eindrucksvoll umgesetzt. Die Doppelsingle „Protector“ und „Weakniss Leaving My Heart“ hat das bereits bewiesen. Mal vom Artwork abgesehen haben diese beiden Songs schon gezeigt, wie vielschichtig der Sound werden wird. Klar, bei einem Doppelalbum geh ich auch davon aus, dass ich nicht die ganze Zeit vom Stuhl in den Pit gepustet werde.
Apropos Pit… Wer sich gern darin aufhält, wird auf dem Album genug Futter finden. „Protector“ ist schon gut geeignet, aber wer zum Beispiel bei einem „Truther“ noch ruhig stehen oder sitzen bleibt, hat sich vermutlich im Konzert geirrt. Auch „Terminate The Unconcern“ (bei dem ich als erstes „Unicorn“ gelesen hab), welches Gastvocals von Andy von CALIBAN bietet, schlägt in diese Kerbe. Ich freu mich seine Stimme mal wieder in einem HSB Song zu hören, da beide Bands auch gut befreundet sind und schon in der Vergangenheit zusammgearbeitet haben („The Split Program“). Dies ist aber auch keineswegs das einzige Feature, das „Of Truth And Sacrifice“ beherbergt. Die Liste ist lang und reicht von Gastsängern, über Gastmusiker, bis hin zu einem ganzen Orchester, für das die Band nach Russland gereist ist und welches auch schon für RAMMSTEIN diverse Streicher eingespielt hat.
ZUFRIEDENHEITSGARANTIE
Wo wir grad von Streichern reden (meine Überleitungen sind heute echt on Point!), was ich an HSB so sehr liebe, sind nicht etwa die einzigartige Stimme von Goldkehlchen Molle, die fetten Riffs, der druckvolle Sound, oder einfach der Charme der Band selbst. Nein, es sind diese unfassbar mitreissenden Momente, welche aus bewegenden Melodien und den eben genannten Punkten einen perfekten Stil ergeben, den nur diese Band basteln kann. HEAVEN SHALL BURN haben es geschafft, sich ihren eigenen Kosmos zu bauen. Man hört einen ihrer Songs, und weiss sofort, wer da grad die Membranen massiert. Dabei spielt es auch keine Rolle, in welchem Tempo sich das bewegt. Längst kann man hier nicht mehr von Metalcore sprechen, es ist soviel mehr daraus gewachsen. Das bestätigen mir auch Freunde, die absolut keinen Core hören, HSB aber sehr gern haben. Eben genau diesen besagten Stil produzieren die (hauptsächlich) Thüringer wieder in Perfektion. Als Beispiel muss ich hier das geradezu epische „Expatriate“ nennen. Dieses beinhaltet auch noch eine in deutsch erzählte Geschichte, möchte ich es mal nennen. Definitiv ein absolutes Highlight des Albums! Dass HSB sowieso thematisch auf sehr viel Inhalt und Botschaft setzen, sollte euch sicher klar sein.
Aber auch Experimentierfreude ist reichlich vorhanden, es gibt unter anderem diverse elektronische Happen, natürlich nur als Unterstützung. Beispiel gefällig? „La Résistance“. Um diesen Song am Ehesten zu beschreiben, würde ich auf ein gewisses KILLING JOKE Cover verweisen. Das kommt dem Sound glaub ich recht nahe und macht verdammt viel Spaß! Auf CD 2 „Sacrifice“ habe ich den Eindruck, wurden die meisten Experimente gewagt. „Critical Mass“ ist dafür auch noch so ein Beispiel. Punk? Hardcore? Irgendwie beides! Sicherlich war die Tracklist eine thematisch/klangliche Entscheidung. Bei CD 1 „Truth“ gibt es dafür mehr Härte. Zumindest ist das mein Eindruck, nachdem das Album nun 2 Tage in Dauerschleife dudelt.
Bevor ich noch zu etwas „negativem“ komme, hier noch das Video zu „Eradicate“, welches ich einfach mal auf euch wirken lassen will. Die Geschichte zur Entstehung ist ebenfalls im Film zu finden.
ETWAS KRITIK AM SCHLUSS
Ich muss sagen, dass ich auf dem Vorgänger „Wanderer“ mehr Melodien hatte, die mich komplett umgehauen haben, auf der anderen Seite gibt es auf „Of Truth And Sacrifice“ die geballtere Ladung HEAVEN SHALL BURN, mit viel Mut zu Experimenten, natürlich einer stattlichen Spielzeit und dem gewohnt qualitativ sehr hohen Niveau. Die ganzen Gastparts runden dieses gewaltige Werk stimmig ab. Zumindest meistens. Denn mit „The Sorrows Of Victory“ werd ich nicht richtig warm, auch wenn der Song an sich großartig ist. Mein Problem ist der Gastpart von Chris Harms von LORD OF THE LOST. Das liegt aber wirklich nur an persönlichem Befinden. Ich komm mit seiner Stimme in rockigem Gewand einfach nicht klar. Denn ich trauere noch immer seiner elektronischen Formation UNTERART nach, welche ich nach wie vor allem vorziehe, was er seither produziert hat. Aber ihr seht schon, das kann ich dem Album wirklich nicht als Punkt abziehen. Alles in allem wurde meine große Erwartungshaltung nicht ruiniert, im Gegenteil, ich bin begeistert! Schade nur, dass die kommenden Clubshows Corona-bedingt nicht stattfinden. Hoffen wir einfach auf ein FULL FORCE.
Autorenbewertung
Vorteile
+ Experimentierfreude
+ Gesamtkunstwerk
Nachteile
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