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WOLFSZEIT 2022 – ZURÜCK IN DEN WALD

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Mich: Der August neigt sich langsam seinem Ende zu, und mit ihm der Hochsommer des Jahres 2022. Und dennoch freuen wir uns – denn das bedeutet, dass das WOLFSZEIT-Festival bevorsteht! Und diesmal endlich wieder ganz ohne coronabedingte Einschränkungen, ganz ohne Ortswechsel und Maskenpflicht und Abstandsregeln. Ein ganz normales WOLFSZEIT im Crispendorfer Nadelwald, wie wir es zuletzt 2019 erleben durften! Wie? Es ist so trocken, aufgrund von extremer Brandgefahr sind jegliche Grills, Gaskocher und Konsorten am Campground verboten? Ach, verdammt. Na, was soll’s. Irgendwas ist immer. Los geht’s!

Die traditionelle Einweihung

Was hier wohl vor sich geht? ©Crow

Nach der Frühanreise am Mittwoch und einem Tag durchgehender Feierei auf Camp und Infield (kann ich nur empfehlen) beginnen dann die offiziellen Festlichkeiten mit der Tradition gewordenen schamanischen Einweihung des Geländes. Diese wird auch wieder durch den Schamanen VOENIX vollzogen, in diesem Jahr sogar in Zusammenarbeit mit einer Dame namens RUNENHEX. Ein Feueropfer gibt es für die anwesenden Naturgeister den Umständen entsprechend natürlich nicht, dafür aber ein Trankopfer. Es haben sich diesmal so viele Menschen um das Spektakel versammelt, dass es schwer ist, einen ordentlichen Platz zu kriegen, an dem man auch etwas sieht. Ich schmuggel mich also an den Schaulustigen vorbei und hocke mich in die allererste Reihe. Immerhin muss ich ja Bericht erstatten. Hihi.

Was allerdings diesmal anders ist…

FYLGJA in Aktion ©Crow

…und generell eine Weltneuheit: Zusätzlich zum Schamanenritual stehen auf einer kleinen Bühne VARG (in reduzierter Formation) und halten Trommeln und Akustikgitarren in den Händen. Denn es gibt zum Ritual gleich eine kleine Akustik-Live-Show der Wölfe dazu! Dafür wurden drei Songs ausgewählt – „Fara Til Ránar“, „Auf Die Götter“ und „Zeichen“ – die kurzerhand zu Akustikliedern umgeformt wurden und nun zum ersten Mal als solche vor Publikum präsentiert werden. Die Hauptstimme übernimmt dabei FYLGJA (die seit dem letzten Album Teil der Band ist), während Sänger FREKI sie in einigen Parts mit düsteren Vocals unterstützt. Währenddessen und noch weit über das Konzert hinaus ist es auch diesmal wieder den Zuschauern möglich, das Horn zu heben und vor den Anwesenden laut eine Ansprache an die Götter (oder einfach nur einen epischen Trinkspruch) zu Besten zu geben.

Nach der Einweihung wird dann der Dancefloor eröffnet, und DJ CROW (der außerdem fast alle Fotos in diesem Bericht geschossen hat, bester Mann!) beehrt uns wie jedes Jahr mit einer Pagan-Metal-Party, die keine Kehle trocken und kein Bein lange im Ruhezustand verharren lässt. So darf ein Festival gerne beginnen!

ALLER ANFANG IST SCHWÜL

Da schien die Sonne noch: GROZA ©Crow

Am Freitag eröffnen die bayrischen Black-Metaller GROZA das Feld. Mit schwarz verhängten Gesichtern und Yggdrasil-Scheiben an den Mikrofonständern stehen sie auf der Bühne und erzählen musikalische Geschichten von Nihilismus und Misanthropie. Während der Anfang des Konzerts noch vergleichsweise langsamer und atmosphärischer ausfällt, so legt man doch im Laufe des Sets einen ordentlichen Zahn zu. Im letzten Viertel finde ich mich in einem Gewitter aus Blast Beats wieder, das einfach nicht aufzuhören wollen scheint. Ein gutes Konzert, welches mich aber bestimmt noch mehr hätte abholen können, wenn es bei weniger schwülem Wetter stattgefunden hätte und vom Mond statt von der Sonne beschienen worden wäre. Aber dieses Statement wäre bestimmt für 80% der Gruppen auf einem solchen Festival gültig – und man kann nun mal nicht alle bei Nacht spielen lassen.

Eine neue Ä(E)RA ©Crow

Merlin: Die zweite Band des Tages geben heute die Schwarzmetaller von ÄERA. Das „Schwarz“metaller ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen – stehen Gitarrist, Bassist und Sänger doch in schlichten schwarzen Tank Tops auf der Bühne. Nur der Schlagzeuger hebt sich davon ab mit seinem schicken weißen Hemd. ÄERA existieren erst seit 2019, haben aber in den vergangenen drei Jahren bereits ein full-length-Album, eine EP sowie eine einzelne Single veröffentlicht. Ihre Musik lässt sich dem Genre Atmospheric-Black-Metal unterordnen, wobei man sagen muss, dass sie in weiten Teilen sehr ruhig und unaufgeregt daher kommt. Selbst die schnelleren Passagen wirken auf mich mehr schöngeistig als rotzig, wobei der Gesang schon recht böse klingt. Nur sieht der ungeschminkte Sänger einfach kein bisschen böse aus.

Obgleich er auf Deutsch singt, verstehe ich kaum etwas vom Text. Aber das ist gar nicht der Punkt. Weder rein musikalisch noch von der Bühnenpräsenz her können mich ÄERA so recht überzeugen. Die Songs klingen technisch absolut sauber, Sänger und Musiker treffen jeweils die Töne, aber mir hat das Ganze einfach zu wenig Kanten. Es fehlen die aufrüttelnden Momente, der Fluss der Töne ist gleichförmig statt mitreißend und so fließen die Melodien einfach an mir vorbei, statt mich zu bewegen. Meine Begleiter versuchen sich an einer Problemanalyse: „Die können ihre Instrumente einfach zu gut spielen!“ „Das ist Black Metal, der sich nicht traut.“ Und ich muss sagen: Das klingt erstaunlich glaubwürdig.

Ragnarök und Wolfszeit

FINSTERFORST oder auch: das gute alte Karohemd ©Crow

Mich: FINSTERFORST begrüßen mich nach altbekannter Manier kompromisslos mit einer gewaltigen Soundmauer. Massive Töne dröhnen durch das schöne Nadelgeäst und lassen Borken wie Kronen erzittern – der mächtige Schwarzwald ist in Crispendorf angekommen. Zu Beginn gibt’s gleich mal den Song, der den damaligen Übergang der Band von lustigem, fröhlichen Folk Metal zu der Naturgewalt einer Musikkapelle markiert, die FINSTERFORST in heutigen Zeiten darstellen: „Nichts Als Asche“ holt mich zurück in’s Jahr 2012. Zu dem Moment, in dem ich die „Rastlos“-CD zum ersten Mal vor Augen hatte, und mich schon das Coverbild in ferne Welten entführte, noch bevor die ersten Takte erklangen. Sänger OLI scheut sich heute absolut nicht davor, von der Bühne zu steigen und das Fußvolk nach allen Regeln der Kunst zu animieren. Und das mit Erfolg! Abgesehen davon, dass er dabei zweimal über eine Monitorbox stolpert (nüchtern?), klappt soweit alles ganz gut.

Zwischen den Songs gibt’s dann noch eine Entschuldigung dafür, dass beim Konzert vor drei Jahren besagter Sänger das Festival gleich ein paar Mal mit „RAGNARÖK!“ angesprochen hat – er sei damals nicht betrunken gewesen, sondern einfach nur etwas neben der Spur. Er habe damals gerade zwei Wochen seine Abschlussarbeit fertig gehabt und zudem zuhause ein Kind von gerade mal einem halben Jahr.

Die heutige Liedauswahl beinhaltet genau vier Songs, die im Durchschnitt jeweils über zehn Minuten lang sind. Etwas anderes hätte ich auch gar nicht erwartet. Am Ende des Dritten dann die Ansage: „RAGNARÖK! Ach verdammt… WOLFSZEIT mein ich!“ Ich freu mich.

Das neueste Fieber

Ein unbekannter Soldat von KANONENFIEBER ©Crow

Ich habe das Gefühl, so ziemlich jeder Mensch hier möchte KANONENFIEBER sehen. Überall auf dem Campground wimmelt es von orangefarbenen T-Shirts. Ich selber bin gespannt, was der neueste Schrei der deutschsprachigen Death-/Black-Metal-Szene so hergeben wird. Mein erster Eindruck, gemischt mit dem Regen, der langsam anfängt sich unters gute Wetter zu rühren, ist jedoch eher negativer Natur. Die Kriegsuniformen und schwarzen Ganzgesichtsmasken, der Gleichschritt zum Takt, der Stacheldraht und die Maschinengewehrposen auf der Bühne wirken auf mich doch recht albern. Auch der Moment, in dem der Sänger plötzlich vorm Mikrofon in eine Pfeife bläst, erzeugt irgendwie nur Fremdscham in mir. Mit Kriegsästhetik im Metal konnte ich noch nie besonders viel anfangen, und so ist es kein Wunder, dass mir gerade diese übertriebene Aufmachung zuwider ist.

Ist das touch? ©Crow

Aber ich bin doch wegen der Musik hier! Während ich finde, dass die Studioaufnahmen teilweise an Bands wie AGRYPNIE erinnern, habe ich das Gefühl live überhaupt nicht. Der Sound scheint auch etwas sanfter abgemischt als auf Platte. Das schont die Ohren zwar etwas, möchte dafür aber nicht so wirklich Mark und Bein durchdringen. Gut klingen tut’s aber auf jeden Fall, und diese Live-Besatzung hat auch definitiv etwas drauf. Auffällig: Der Drummer ist Linkshänder und der eine Gitarrist hat eine Klampfe in mattem Chrom-Lila, die irgendwie so gar nicht ins Bühnenbild passen will. Fazit: Musik gut. Aufmachung doof.

Calling The Rain

Da lächelt er: MATTHIAS von HARAKIRI FOR THE SKY ©Crow

Merlin: Wie hätte es anders sein können: Es regnet. Großartig. Das WOLFSZEIT-FESTIVAL hat das schlechte Wetter irgendwie echt gepachtet. Aber noch nieselt es nur und so wage ich mich in meiner Regenjacke mittig vor die Bühne, um nicht nur den vollen Sound um die Ohren gedröhnt zu bekommen, sondern auch einen möglichst guten Blick auf HARAKIRI FOR THE SKY zu haben. Denn die Österreicher haben in Sachen Bühnendeko ordentlich aufgerüstet (nur haben wir es natürlich verpennt, ein Foto davon zu machen).

Darüber hinaus fängt das Konzert auch gleich richtig stark an mit „Sing for the Damage we’ve done“, dem zweiten Track ihres neusten Albums „Mære“. Kein Geringerer als NEIGE, der Sänger von ALCEST, ist mit Guest Vocals in diesem Song vertreten! …leider kommt sein Gesang hier und heute aber nur vom Band. Als zweites Lied geben HARAKIRI „Stillborn“ vom Album „Arson“ zum Besten. Und während ich beim dritten Song (dessen Titel mir partout nicht einfällt!) ob des schlechten Wetters bereits das Zittern anfange, hastet Sänger J.J. mal wieder rastlos über die Bühne. Der hat einfach keine Ruhe.

Gleich dropt er das Mic: Sänger J.J. ©Crow

MATTHIAS dagegen steht wie immer ganz cool hinter seiner Gitarre und lässt hin und wieder die langen Haare fliegen. HARAKIRI FOR THE SKY bieten zwar keine ausgefallene Bühnenshow, aber mangelnde Energie kann man ihnen jedenfalls nicht vorwerfen. Des weiteren bin ich ein großer Fan der Songauswahl: „Us Against December Skies“ als viertes Lied und dann endlich mein geliebtes „Fire, Walk With Me“.

Den darauf folgenden Track „Calling The Rain“ hätte es allerdings nicht unbedingt gebraucht – regnet es doch die ganze Zeit schon. Das zu Beginn des Songs eingespielte Prasseln wirkt auf mich wie ein Hohn angesichts des realen Prasselns der Wassertropfen, die gerade beständig und in großer Zahl auf die WOLFSZEIT-Besucher niedergehen. Langsam merke ich, dass meine Regenjacke an Dichtigkeit nachlässt. Höchste Zeit, sich irgendwo unterzustellen! Aber den letzten Song packe ich jetzt auch noch. Es handelt sich dabei um ein PLACEBO-Cover: „Song To Say Goodbye“. Mit welchem Lied hätten HARAKIRI FOR THE SKY sich würdiger und zugleich würdigender verabschieden können!

At Satan’s service since 1989

ROTTING CHRIST saugen die Seelen der Zuschauer förmlich in sich auf ©Crow

Es ist echt verflucht mit dem Wetter: Gerade erst hatte der Regen aufgehört, da fängt er auch schon wieder an. Wenigstens habe ich mich nach dem Auftritt von HARAKIRI mit warmen Klamotten und einem Regenschirm eindecken können. Inzwischen ist es dunkel geworden über der Lichtung und es schlägt die Stunde von ROTTING CHRIST. Wer die Band nicht kennt, für den zitiere ich an dieser Stelle ihren Bandcamp-Eintrag: „At Satan’s service since 1989.“ Damit ist quasi alles gesagt.

Oder doch nicht? Festzuhalten bleibt, ROTTING CHRIST spielen melodischen, düsteren Metal. Die Themen: Okkultismus, Mythen und natürlich Satanismus. Der Platz vor der Bühne ist gut gefüllt, es herrscht beinahe Partystimmung. Gitarrist und Bassist der Band aus Athen lassen die Haare kreisen. Sänger SAKIS motiviert derweil die Menge: „Hey! Hey!“ Die Interaktion mit den Zuschauern stimmt auf jeden Fall. ROTTING CHRIST verbreiten trotz der düsteren Songs einfach richtig gute Laune. Sie spielen und schreien gegen den anhaltenden Regen an, als wollten sie die Sintflut stoppen. Die Band hat aber nicht nur mächtig Spaß an ihrem Auftritt, sondern liefert auch rein musikalisch ab – routiniert und ordentlich, aber zugleich rau und räudig. Ich glaube, genau dieser Spagat hebt das Konzert für mich so hervor.

SAKIS von ROTTING CHRIST in seinem Element ©Crow

Auch die Lautstärke soll nicht unerwähnt bleiben! Der Tonmann scheint nochmal ordentlich aufgedreht zu haben und so fährt einem der Sound durch Mark und Bein. Das war bei den ersten Bands des Tages noch ganz anders. Aber zurück zu ROTTING CHRIST. Es ist das erste Mal, dass ich die Griechen live erlebe, und wie alle guten Auftritte geht auch dieser viel zu schnell zu Ende. SAKIS ruft noch ein paar Abschiedsworte ins Publikum („Dankeschön Deutschland, auf Wiedersehen!“) und dann ist die Party auch schon vorbei. Selbiges kann man vom Regen leider nicht behaupten. Ein Glück, dass die WOLFSZEIT-Crew bereits heute damit angefangen hat, Stroh auf das Infield zu kippen!

„Der Teufel! Fuck! Deutschland!“

Live aus dem Dungeon: BELPHEGOR ©Crow

Es ist Zeit für die fürchterlichsten Fürsten der Finsternis, die dieser Abend sehen wird. Es ist Zeit für BELPHEGOR! Unfassbare 30 Jahre lang ist die Band mittlerweile aktiv und auch auf dem WOLFSZEIT sind sie nicht das erste Mal zu Gast. Corona hin oder her, waren die Österreicher doch nie von der Bühne wegzudenken – so gaben sie sich beispielsweise 2020 in Torgau die Ehre. Auch damals war das Wetter beschissen (und das ist noch nett ausgedrückt!), aber BELPHEGOR haben schon gezeigt, dass sie sich weder von Kälte noch von Nässe sonderlich beindrucken lassen. Also auf geht’s!

Das Bühnenbild ist mit Abstand das aufwändigste des heutigen Tages: Ein überdimensionales Bandbanner, Feuerschalen, Knochen und Totenköpfe sowie zwei übermannshohe umgedrehte Kreuze zieren das Podium und matchen damit perfekt die Gruselvisagen der Musiker. Das blutverschmierte, leichenblasse Antlitz vom Sänger wird ergänzt durch weiße Kontaktlinsen. Da machst du Auge! Durch die Schminke und die Bühnengestaltung im Kombination mit dem gnadenlosen musikalischen Geschmetter kommt schon eine gewisse Horroratmosphäre auf. BELPHEGOR geben unter anderem „Totentanz – Dance Macabre“ zum Besten, während die Menschen vor der Bühne mit nassen Haaren und Plastikplanen die bitterböse Show genießen.

Warum denn so ernst? ©Crow

Eine Sache blicke ich bei BELPHEGOR aber nach wie vor nicht, und das sind die Ansagen des Sängers. Das „Wolfszeit! Wolfszeeeiiit!“ verstehe ich ja noch. Aber warum zur Hölle muss er ständig „Deutschland!“ brüllen? Würde die Band vom anderen Ende der Erdkugel kommen und verdammt selten, oder gar zum ersten Mal hier auftreten, würde ich es ja verstehen. Aber BELPHEGOR kommen aus Österreich… naja, egal. Die Ansagen sind sowieso recht zusammenhangslos. So stößt der Sänger unvermittelt folgende Wörter direkt hintereinander aus, ich zitiere: „Der Teufel! Fuck! Deutschland!“ Keine weiteren Fragen, Euer Ehren. Insgesamt liefern die Salzburger aber eine verdammt geile Show mit brachial-böser Musik.

Die Trolle sind zurück

Das mMn beste Foto des ganzen Festivals zeigt einen FINNTROLL ©Crow

Mich: Als erster Headliner stehen FINNTROLL an. Das Urgestein der Folk-Metal-Szene beehrt uns heute mit einer bunt gemischten Setlist aus verschiedensten Stadien ihres Schaffens. Interessant ist dabei, wie sehr sich die Songs der neuesten Platte „Vredesvävd“ musikalisch mit den ersten paar Alben in eine Schublade stecken lassen. Eine Tatsache, die auch vom Sänger erwähnt wird, als er einen älteren Song des Albums „Jaktens Tid“ ansagt – bevor ihn seine Kollegen darauf aufmerksam machen, dass dieser von der Setlist gestrichen wurde. Stattdessen spielen die Trolle einen neueren Song an, der aber – so die Worte des Fronters – sehr „Jaktens Tid“-like sei.

Der Bühnensound sitzt ordentlich, der Regen ist mittlerweile weg, mein Gehirn aber leider auch. Die Müdigkeit zerrt so hart an mir, dass ich ganze dreimal in Sekundenschlaf verfalle, und nur dadurch aufwache, dass mein Körper mich reflexartig daran hindert, einfach nach hinten umzukippen. Nichts für ungut, FINNTROLL. Ich liebe euch. Aber ich glaube, ich muss jetzt schlafen gehen.

Merlin: Und während die Party in vielen Camps jetzt erst so richtig beginnt, schleiche ich mich über die zappendustere Teer-Allee hin zu Campingplatz B. Hätte man die wenigen Straßenlaternen entlang des Weges nicht noch ein bisschen leuchten lassen können? Im Stockfinstern läuft man leider nicht selten Gefahr, mit dem genauso sichtblinden, teilweise torkelnden Gegenverkehr zu kollidieren…

WOLKEN ÜBER CRISPENDORF

MÆRER Loide! ©Crow

Frisches Blut eröffnet den Samstag des diesjährigen WOLFSZEIT-FESTIVALS. Die Mitglieder von MÆRER sind aus Halle und Leipzig angereist, um den schaulustigen Schwarzmetallern auf dem Infield die Müdigkeit aus den zerknautschten Visagen zu pusten. Wenigstens nehme ich das an, bevor das Konzert losgeht. Aber im Verlaufe des Gigs muss ich feststellen, dass MÆRER selbst eher so von der gemütlichen Sorte sind – oder zumindest ihre Musik. Schon das Bühnenbild ist sehr minimalistisch gehalten: Jeweils ein Aufsteller mit Logobanner links und rechts, dazu ein mittelgroßes Banner mit Schriftzug im Hintergrund. Auch outfittechnisch sind die fünf Musiker eher unaufgeregt unterwegs, tragen sehr schlichte, schwarze Klamotten und keine Schminke. Allein das strahlend weiße Instrument des Bassisten sticht heraus. Hab ich eigentlich erwähnt, dass es schon wieder regnet?

Obgleich MÆRER bereits seit 2019 musikalisch aktiv sind, kam in diesem Jahr ihre erste EP auf den Markt. Damit erübrigt sich auch die Frage, was sie wohl live spielen werden. „Am Anfang“ heißt das Album, das sich in vier Tracks untergliedert: „I/IV – Vom Ende“, „II/IV – Jener Zeiten“, „III/IV – Verfasstes Leiden“ und schließlich „IV/IV – Im Buche die letzten Zeilen“. Auf mich wirken die Songs trotz einiger schneller Passagen überwiegend sehr ruhig. Zu den düsteren Klängen der Instrumente gesellt sich stark hallender Gesang. Das baut, vor allem in Kombination mit dem Regen, schon eine gewisse Atmosphäre auf. Mir persönlich passiert aber einfach zu wenig – musikalisch wie showtechnisch. Alles klingt wunderbar solide, aber es fesselt mich nicht, es bewegt mich nicht. Meinem Begleiter geht es da allerdings ganz anders – er nimmt sich vor, sobald er nach dem Festival wieder zuhause ankommt sogleich einen Tonträger von „Am Anfang“ zu bestellen.

Auch wenn MÆRER mich nicht für sich begeistern konnten, so haben also andere Zuhörer durchaus Gefallen an ihnen gefunden. Der Sänger bedankt sich denn auch bei den im Regen stehenden Zuschauern und bei der WOLFSZEIT-Crew. Eine schöne Geste zum Ende des Auftakts.

Uffta-Uffta

Wingardium Leviosa! ©Crow

Am 6. April diesen Jahres war meine Vorfreude auf das WOLFSZEIT 2022 nochmal signifikant gestiegen. An diesem Tag wurden nämlich TOTENWACHE für die diesjährige Ausgabe des Crispendorfer Black- und Pagan-Festivals bestätigt! Die Hamburger stellen definitiv eines meiner absoluten Highlights im Line-Up dar. Einzig der beständige Nieselregen trübt die Stimmung ein wenig. Auch wenn er natürlich besser zum rauen Black-Metal passt, als es eitel Sonnenschein getan hätte – ich hatte diesbezüglich schon Befürchtungen, als TOTENWACHE für 14:10 Uhr angekündigt wurden. Aber beim WOLFSZEIT konnte man sich die letzten Jahre auf das regnerische Wetter verlassen wie auf keinem anderen Festival, und so bekommen die Zuschauer selbst zur mittäglichen Spielzeit eine passende Atmosphäre serviert.

ANIMATRUM von TOTENWACHE ©Crow

Wüsste ich nicht um ihre norddeutsche Herkunft, ich würde denken, man hätte TOTENWACHE direkt aus dem Finnland der 90er Jahre importiert. Kalter, unwirscher Black-Metal, geprägt von Bands der zweiten Welle. Heißt: Heiserer, krächzender Gesang gepaart mit eingängigen Riffs und quasi durchgängigen Blast Beats, dazu Corpsepaint und schwarze Klamotte. Klassisch eben. „Es ist Zeit für eine Säuberung“, bellt Sänger Animatrum ins Mikrophon und kündigt damit den gleichnamigen Track an (befindlich auf der Split „Verbrannte Erde“). Ich werde langsam aber sicher unruhig unter meinem Regenschirm. Still und starr der Musik zu lauschen ist ja schön und gut, aber eigentlich will ich verdammt nochmal meine Haare schütteln… zum Beispiel zu „Gloria Antichristi“. TOTENWACHE ziehen trotz (oder wegen?) des grauen Himmels Zuhörer um Zuhörer vor die Bühne. Viele in Regenjacken und -ponchos, wenige wie ich mit Schirm. Und ganz ehrlich, mir wird das jetzt auch zu blöd. Also: Schirm zu, Regenjacke aus und Haare auf! Sollen sie doch nass werden. Wann, wenn nicht zu klirrend kaltem Schwarzmetall aus der Hauptstadt des Nieselregens.

Wer sich jetzt übrigens fragt, ob nicht doch noch irgendetwas Unvorhergesehenes passiert ist, den muss ich enttäuschen. TOTENWACHE spielen souverän und unaufgeregt ihr Set. Keine Eskapaden (weder auf noch vor der Bühne), kein Stromausfall (Spoiler: der trifft heute noch eine andere Band…), kein Blut, kein Tod, kein gar nix. Aber mir fehlt auch nichts. Die Band hat abgeliefert und als sich Animatrum mit dem gewohnten „Macht’s gut, ihr Idioten“ von den Zuschauern verabschiedet, kann und will ich wieder einmal nicht glauben, dass die Spielzeit schon vorbei sein soll.

FIMBUL 2020, DARK TROLL 2022 und WOLFSZEIT 2022 – dort habe ich TOTENWACHE nun erlebt. Also aller guten Dinge drei sein lassen? Ich denke gar nicht daran. Hey @RAGNARÖK FESTIVAL, ihr habt nicht zufällig für nächstes Jahr noch einen Slot frei?

Ein Auftritt mit Hindernissen

Wallemähne: DAIMONICON von GERNOTSHAGEN ©Crow

Mich: GERNOTSHAGEN spielen genau ein Lied, verabschieden sich, und das Konzert ist vorbei. Naja, nicht ganz. Irgendwas in der Elektronik oder Technik scheint sich verabschiedet zu haben –
Merlin: Also ich habe mir sagen lassen, der Transporter von WATAIN sei übers Kabel gefahren…
Mich: …und so ist erstmal für ganze zehn Minuten der Sound komplett weg. Zuerst will der Sänger ein paar Fotos zur Zeitüberbrückung schießen. Dank der ganzen Farbe in seinem Gesicht funktioniert die Face ID allerdings nicht mehr, so dass er sein Handy manuell entsperren muss. Dann fängt er irgendwann an, die Crowd mit Mitsingparts (ich glaube, es ist der Refrain von „Dem Skirnir Zu Ehren“) bei der Stange zu halten, was auch einigermaßen funktioniert. Zumindest mit denen, die den Text kennen. Im Anschluss gibt der Drummer noch ein Solo zum Besten, bis irgendwann die ganze Bühnenmaschinerie wieder läuft und GERNOTSHAGEN endlich ihre geballte Pagan-Power auf uns loslassen können. Dies teils atmosphäriger, teils aggressiver, und am Ende darf dann natürlich auch einen Vollversion des Trinklieds „Dem Skirnir Zu Ehren“ nicht fehlen. Pünktlich zum allerletzten, verhallenden Ton bricht der Himmel entzwei und es überkommt die flüchtende Meute ein gewaltiger Regenschauer.

Rock’n’Roll und Regenschauer

Ein Mann, EinHORN ©Crow

Ein Regenschauer, der auch vor HORN keinen Halt macht. Gottseidank habe ich mit ein paar Freunden noch rechtzeitig reagiert und mir am Ende des GERNOTSHAGEN-Sets einen sicheren Platz auf einer trockenen Bank unter einem Regenschirm gesichert. Von hier aus sehen wir zwar nichts, hören aber alles. Und sind trocken. Im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden. Neben Blast Beats und gelegentlichen ruhigen Momenten kristallisiert sich aus HORNs Musik besonders viel düsteres Rock’n’Roll-Feeling heraus. Und dann fällt mir ein, dass ich diese Band bereits vor drei Jahren an genau diesem Ort live erleben durfte. Da war das Wetter etwas besser.

Was allerdings heute gut ist, ist der Sound. Wieder mal ist er nicht zu aggressiv, so dass es für die Ohren ein noch ganz angenehmes Erlebnis ist (auch ohne Ohrenstöpsel). Was leider kaum bis zu unseren billigen Plätzen durchdringt, ist der Folk-Metal-Anteil der neueren Musikstücke. Aber das Ganze funktioniert auch erstaunlich gut ohne. Der Sänger glänzt mit unterschiedlichen Vocaltechniken, und auffällig sind auch die ungewöhnlichen Songtitel. Liednamen wie „Pein Muss (Gerieben Als Korn)“ oder „Alpenrekorder“ versetzen mich in einen Zustand akuter Verwirrung. Davon abgesehen trägt die Show eine gute Portion ordentlicher und ehrlicher Energie, die nur leider etwas von dem Scheißwetter gebremst wird.

Zurück zu schwarzen Wurzeln

Ein Könner an der Geige: ZAGAN von BLACK MESSIAH ©Crow

Nach 30 Jahren Bandgeschichte haben BLACK MESSIAH für den heutigen Anlass sowohl ein Backdrop mit ihrem gaaaanz frühen Logo als auch ein paar Black-Metal-Songs gaaaanz früher Stunde ausgepackt. Das Material ist so underground, dass es nicht mal auf gängigen Streaming-Plattformen zu finden ist, und deshalb habe ich auch keine Ahnung, wie die ersten zwei Songs heißen. Erst nach einiger Zeit werden dann so langsam die modernen Klassiker ausgepackt. Tanzbare, geigenlastige Folk-Metal-Werke wie „Der Ring Mit Dem Kreuz“, „Sauflied“ und natürlich „Söldnerschwein“ erwecken die Tanzfläche wieder zum Leben. Von meiner Perspektive aus sieht das ziemlich lustig aus. Lauter Ganzkörper-Kapuzengestalten, die auf einem Haufen hin- und herwippen, sieht man nicht alle Tage. Kurioserweise hört der Regen genau bei „Windloni“ – einem Lied über das Wetter – urplötzlich auf. Und verpisst sich ein für alle Mal. Danke, ihr Wettergötter!

Respekt geht raus an Sänger und Geigenspieler Zagan, der es nicht ein-, sondern zweimal schafft, während des Singens eine gerissene Geigenseite wieder neu aufzuziehen. Ein schwieriger Prozess, wie es mir als Laie scheint. Währenddessen übernimmt gekonnt der Keyboarder die wichtigsten Geigenparts. Eine weitere Portion Respekt geht außerdem raus an Erik, den Sohn des eben genannten Sängers. Er ersetzt heute den Bassisten, und steht zum allerersten Mal mit BLACK MESSIAH auf der Bühne. Weiter so!

Das mörderische Schwert

Beast in Black: JENS RYDÉN von THYRFING ©Crow

Merlin: Als THYRFING anfangen zu spielen, geht hinter den Regenwolken gerade die Sonne unter und der graue Nebel über den Baumwipfeln ringsum hüllt die Lichtung in eine beinahe unwirkliche Atmosphäre. Genau die richtige Stimmung für die Viking-Metaller. THYRFING, das sind fünf Männer in schmuckloser Kleidung, die bis auf das Logobanner im Hintergrund keine Bühnendeko mitgebracht haben – es sei denn, man zählt die Bierflaschen mit. Aber die Schweden brauchen auch keinen Schnickschnack drumherum. Die Musik, die sie spielen, steht für sich. Vom Tonmann wurde außerdem der Sound im Vergleich zu den vorherigen Bands nochmal ordentlich hochgedreht. In Sachen Lautstärke wird den Zuhörern jetzt einiges mehr geboten als noch am Nachmittag.

Ein moderner Wikinger ©Crow

In Sachen Wetter sind die Bands beim WOLFSZEIT aber weitestgehend gleichberechtigt. Konnten sich THYRFING in der ersten Hälfte ihres Konzerts noch über eine kurze Regenpause freuen, so fängt es dann doch wieder an, erst zaghaft, dann immer stärker. Die Musik mischt sich mit dem Prasseln der Tropfen und so verschwimmt der Sound für mich mehr und mehr zu einem Brei. Die eh schon locker stehende Menge vor der Bühne dünnt sich ob des Regens immer weiter aus. Sänger Jens Rydén will das aber nicht kampflos hinnehmen und motiviert die Verbliebenen: „HEY! HEY!“ Dann hebt er sein Bier, es quillt schon aus der Flasche, und prostet dem Publikum zu. Die braunen langen Haare hängen ihm über die Schultern, strähnig vom Regen. Ich muss sagen, diese Optik unterstreicht die Thematik der Band – Jens Rydén könnte auch gut und gerne auf einem Drachenboot zur Fahrt ins Ungewisse blasen.

Die kampferprobten Nordmänner von THYRFING machen übrigens schon seit fast 30 Jahren Musik. In wechselnder Besetzung zwar, aber trotz einer längeren Schaffenspause zwischen 2013 und 2021 waren die Viking-Metaller bis jetzt nicht tot zu kriegen. Ihr letztes Album „Vanagandr“ (aka Fenrir oder Fenris) hat im Gegenteil eine ausdrücklich positive Resonanz erfahren. Aber hier und heute auf dem WOLFSZEIT geben die Schweden nicht nur die neuen Songs, sondern auch altgediente Klassiker zum Besten. So zum Beispiel das 1999 erschienene „Storms of Asgard“, das durchaus episch daherkommt. Generell wohnt dem ganzen Auftritt von THYRFING eine nicht wegzudiskutierende Epik und Genialität bei. Durch und durch versiert an ihren Instrumenten, beeindrucken sie zudem mit einer Bühnenpräsenz, die ihresgleichen sucht. Und auch, wenn das Konzert mit nasskalter Witterung zu Ende geht: Die strahlende Begeisterung in den Gesichtern um mich herum vermag kein Regen abzuwaschen.

Kerzen und Kutten

Es ist eine Sisyphusarbeit ©Crow

Kommen wir nun zu einer Band, die in der Vergangenheit eine wesentliche Umgestaltung erfahren hat: БАТЮШКА. 2015 gegründet und mit dem Album „Litourgiya“ durch die Decke gegangen, hatte sich die Band nach einem Streit der beiden Gründerväter 2018 getrennt, um nunmehr einerseits als BATUSHKA und anderseits als БАТЮШКА aktiv zu sein. Ich muss zugeben: So ganz steige ich da nicht durch. Aber Fakt ist, im WOLFSZEIT-Line-Up steht БАТЮШКА und es sieht alles danach aus, dass die Zuschauer die gewohnte Black-Metal-Liturgie nach orthodoxem Vorbild zu erwarten haben – mit allem, was dazugehört.

БАТЮШКА: die Segnung ©Crow

Auftritte von БАТЮШКА beginnen nämlich, so hat es Tradition, erstmal mit ca. einer halben Stunde Wartezeit. Das erklärt sich zum einen durch den Aufbau des in der Tat recht aufwändigen Bühnenbildes, aber vor allem damit, dass ein gutes Dutzend Kerzen auf dem Podest entzündet werden wollen. Bei dem Wetter momentan kann das ja heiter(!) werden. Aber schließlich hat der Mann in Mönchskutte seine Aufgabe erfolgreich abgeschlossen und БАТЮШКА können mit ihrem Konzert beginnen.

Dieses läuft wie immer streng nach Zeremoniell ab. Nichts wird hier dem Zufall überlassen. Die Liturgie wird ohne nennenswerte Pausen in einem Stück durchexerziert, auch rein musikalisch sind keine Ausreißer zu verzeichnen. Kein Transporter von WATAIN, der über’s Stromkabel fährt. Auf dem Infield ist es im Vergleich zu THYRFING noch einmal deutlich voller geworden. Die allermeisten WOLFSZEIT-Besucher wollen die Metal-Messe von БАТЮШКА offensichtlich nicht verpassen. Oder campiert der ein oder andere hier vielleicht auch deshalb, um gleich bei WATAIN einen möglichst guten Platz zu erhaschen? Je näher man der Bühne kommt, desto mehr stauen sich die Menschen jedenfalls. Gruppenkuscheln hilft ja auch ganz gut gegen die unsäglichen Temperaturen.

Feuer und kein Blut

Der blanke Wahnsinn: WATAIN ©Crow

Mich: Was mich genau bei WATAIN erwartet, weiß ich nicht. Alles, was ich weiß, ist, dass sie vor drei Jahren hier ’ne ordentliche Sauerei (buchstäblich) sowohl im Backstage als auch auf der Bühne und in den vorderen Reihen des Publikums hinterlassen haben. Nämlich benutzen die Schweden für ihre Shows gerne mal den ein oder anderen Liter Schweineblut, der während ihrer Touren auch gerne mal die ein oder andere Woche in einem Fass gammeln gelassen wird. Zudem munkelt man, der Sänger lagere in jenem Fass über Nacht seine Bühnenkleidung. Ekelhaft. Diesmal bleibt die Stage aber gottseidank trocken. Dafür dauert es jedoch (nachdem die Band 45 Minuten Verspätung hat) keine zehn Sekunden, bis der Sänger eine brennende Fackel einfach mal so von der Bühne blindlings ins Publikum wirft. Ein „glücklicher“ Besucher hebt sie auf und schwingt sie kurz über seinem Kopf, bis die Security eingreifen und der Gefahr ein Ende setzen.

Lass Haare wehen! ©Crow

Eigentlich steht so ungefähr die ganze Bühne in Flammen. Neben Skulpturen aus (richtigen) Knochen ist sie geziert von Feuerschalen und anderen brennenden Ornamenten. Sänger und Basser halten auch gelegentlich mal zwischen und während den Songs ihre Hände schön ins Feuer rein. Ich hab’s ja verstanden, ihr nehmt es so richtig ernst mit dem Black Metal. Nebst all dem Getue aber zeigen WATAIN musikalisch, dass sie nicht umsonst die Position in der Szene belegen, die sie belegen. Ihre Performance ist schnell, aggressiv und dreckig, und man sieht den Musikern an, dass sie ordentlich Bock haben.

Auch ist der Sänger, so wird mir gesagt, heute ein gutes Stück gesprächiger als sonst und kommuniziert recht viel mit dem Publikum. Bevor er dann zum zweiten Mal schwungvoll eine brennende Fackel in der Menschenmasse versenkt. Es wird auch noch rituell mit einem langen Messer herumgefuchtelt und in den Feuern gestochert, bis die Band irgendwann einfach von der Bühne verschwindet und ein mehrminütiger Ambient-Track vom Tonband die Zuschauer im Ungewissen zurücklässt, ob WATAIN nochmal auftauchen oder eher nicht so. Es stellt sich heraus, dass letzteres der Fall ist, und damit endet das diesjährige WOLFSZEIT auf eine … interessante Note?

DAS ENDE

Leider endet es hier wirklich schon – die von vielen Anwesenden sehnlichst erwartete Aftershow-Party fällt einfach aus. Während man in den letzten zwei Jahren davon ausgehen konnte, dass dies COVID-bedingte Gründe hatte, so scheint dieser letzte Moment der Festival-Euphorie in diesem Jahr einfach kommentarlos unter dem Teppich verschwunden zu sein. Schade! Ich hatte mich sehr darauf gefreut, und mit mir ein Haufen Anderer, die nun sporadisch vom Infield ins Außen tropfen, als sie merken, dass da wohl tatsächlich nichts mehr kommt.

Fazit?

Merlin: Zwei Wermutstropfen habe auch ich auf diesem ansonsten wirklich großartigen Festival zu verzeichnen. Da wäre vor allem die schon erwähnte Beleuchtungssituation nachts vom Infield rüber zu Campingplatz B. Auf einem mehrtägigen Festival hat nicht jeder Besucher immer und überall eine (Handy)Taschenlampe zur Verfügung. Und abgesehen von der durchaus realen Gefahr des Zusammenstoßens mit anderen Menschen ist die Straße außerdem gesäumt mit nicht wenigen Schlaglöchern, von denen Sturzgefahr ausgeht – für Nüchterne wie für Betrunkene. Darum bitte bitte bitte, beleuchtet in Zukunft diesen scheiß Weg! Danke <3

Der zweite Punkt, verschmerzbar, aber schade, sind die billigen Einmal-Plastikbecher, in denen die Getränke ausgeschänkt wurden. Wo sind die schönen stabilen WOLFSZEIT-Becher hin, die es vor Corona mal gab? Vielleicht feiern sie ja nächstes Jahr ihr Comeback – ich würde mich riesig freuen.

Mich: … außerdem wäre es – so denke ich – ganz cool, wenn die Autogrammstunden etwas größer aufgezogen wären, oder man zumindest die Informationen dazu (Zeitplan etc.) etwas offensichtlicher irgendwo einsehen könnte. Viele der Bands hatten bei ihrem Meet & Greet quasi keine Besucher, während ich nicht nur einmal in eine überraschte Visage starrte, als ich jemanden danach fragte, ob er denn gerade bei seiner Lieblingsband am Autogrammstand gewesen sei. 

Ansonsten – was soll ich sagen? Es war wie immer ein großartiges Fest! Nichts geht über Black und Pagan Metal im tiefsten Thüringer Wald! Großartige Location, großartige Bandauswahl, tolle Konzerte und ein unvergleichliches ~Ambiente~. Wie jedes Jahr kann ich nur den Blick nach vorne richten und mich darauf freuen, dieses einzigartige Event in der kommenden Sonnenumrundung ein weiteres Mal miterleben zu dürfen.

Merlin: Ich kann mich Mich da nur anschließen. Es ist mir jedes Jahr wieder ein Fest, dem WOLFSZEIT-FESTIVAL beiwohnen zu dürfen. Danke an all die wunderbaren Menschen vor und hinter den Kulissen, danke MARVIN, und ein ganz besonderes Danke an dieser Stelle nochmal an den DJ und Fotografen CROW, der die Konzerte in faszinierenden Bildern für die Nachwelt festgehalten hat. Apropos faszinierende Bilder… war da nicht was mit einer Bimmelbahn? Eh, ja. Von unserer Fahrt mit CRISPI haben wir in diesem Jahr leider kein Foto gemacht.

Dafür gibt’s ein Selfie von uns mit dem Met-Wolf.

Mich & Merlin: Cheers! Man sieht sich zur nächsten WOLFSZEIT!


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