MEAD & GREED 2023 – Der Bericht!
Es ist wieder MEAD & GREED! Das bedeutet: Auf nach Oberhausen, wo eine der größten Folk- und Pagan-Metal-Fete des Jahres steigt!
TAG 1: FREITAG
Wie leider immer erlaubt es mir die Arbeit nicht, vor 17:30 da zu sein. Wie gottseidank immer habe ich aber meine Informanten vor Ort, die das Notizennehmen bei der ersten Band für mich bewerkstelligen!
EICHHÖRNCHEN IM MOSHPIT
Und zwar handelt es sich bei besagter Band um niemand anderen als die hauseigenen TALES OF RATATÖSK! Während die Musiker in aufwändigen Bühnenoutfits die ersten Töne des Abends anklingen lassen, strömen auch die Besucher und -innen von außen nach innen und treten dem Eichhornkult mit Applaus, Jubel und Kopfgeschraube bei. Gleich nach dem ersten Lied erschallen bereits „Ausziehen!“-Rufe – man fragt sich warum, das riesige Plüscheichhorn ist doch bereits unbekleidet. Lange dauert es jedenfalls nicht, bis dieses im Circle Pit heftigst am Mitmoshen ist – genau wie Dudelsackspieler Tim samt Dudelsack – mit Kleidern aber.
Für viele Zuhörer ein erstes Mal: Bis vor lockdowninduzierter Bühnenpause vor drei Jahren hatten TALES OF RATATÖSK noch ein auffällig anderes Lineup – es sticht vor allem hervor, dass nun statt männlichen Growls und weiblichen Clean Vocals konsequent der Gesang von einer neuen schreienden Dame übernommen wurde. Und das ebenso gekonnt wie überzeugend! Hätten sie sich dem Festival eigentlich im letzten Jahr schon in dieser Form präsentieren sollen, so kam es damals dank vom Basser ausgehender Corona-Infektion der (fast) gesamten Band leider zum Ausfall. Auch schön: In der zweiten Reihe vor der Bühne steht die alte Besatzung und macht ordentlich Party.
Als ich im Resonanzwerk ankomme, schaffe ich es gerade noch, die beiden letzten Songs zu erhaschen, bevor Konzert Nummer eins schon sein Ende findet.
WHISKEY, GEIGEN UND AKKORDEON
Konzert Nummer zwei lässt jedoch nicht lange auf sich warten! Hinter dem Namen PYROLYSIS könnte man üblen norwegischen Black Metal vermuten – doch läge man damit weit daneben. Stattdessen handelt es sich bei dieser musikalischen Darbietung um irisch-keltisch anmutenden Folk aus den Niederlanden. Während der Trupp vor vielen Jahren tatsächlich als Metalband das Licht der Welt erblickte, wurde PYROLYSIS schnell klar, dass sie gar nicht so wütend sind, wie sie anfangs dachten. Prompt wurden die E-Gitarren ausgestöpselt und die Blastbeats durch seichtes Getrommel ersetzt.
Und seicht sind generell die Klänge, die der Stage entspringen – wenngleich auch oft schnell und energiegeladen: PYROLYSIS covern mal altertümliches Musikgut, mal spielen sie eigene Kompositionen, tanzen und klatschen selbst auf der Bühne mit, soweit es ihre Instrumentenführung erlaubt, so lange, bis auch das Publikum die Bewegungswut gepackt hat. Während anfangs nur jene mitmachen, die weder Bier noch Handy in der Hand halten, geht das Ganze recht zügig in einen lustigen Tanzpit über. Seinen Höhepunkt findet das Konzert am Ende, als die Holländer einen Song „about drinking LARGE amounts of Whiskey“ ankündigen. Im Song selbst geht’s dann aber die ganze Zeit um … Met? Egal, Hauptsache Alkohol. Den Song über Whiskey können sie ja dann beim nächsten WHYSKEY & GREED spielen (höhö).
BLACK METAL ZUM TRÄUMEN
Nun ist es an BELORE, den Anschluss zu übernehmen. Und das bedeutet: Die Party ist vorerst mal vorbei. Stattdessen entführt die französische Atmospheric-Black-Metal-Gruppe mit episch-hypnotischen Weisen das Publikum in ferne Fantasiewelten. Narratiert wird die Erfahrung von einer finsteren Erzählerstimme, schwarzmetallischen Growls und mehrstimmigen Gesängen. Man könnte fast von einer Art Real-Life-SUMMONING reden.
BELOREs Lieder sind allesamt ausgedehnte Werke, die mit Repetition und Eingängigkeit spielen – quasi eine Art Black-Metal-Balladen mit schönen flötigen Zwischenspielen und Akustikgeklimper, Synth-Parts und Naturgeräuschen. Die Menschen auf und vor der Bühne lassen sich von der Atmosphäre in eine Trance hineinziehen und zergehen headbangend in der Flut der Klänge. Um meinen Kumpel Konrad zu zitieren: „Voll entspannt, Alter!“. Hundert Ausdauerpunkte gehen übrigens an die Füße des Schlagzeugers, der nicht selten unter fünfminütigen Parts ohne Pause für tragendes Bassdrumgeknüppel sorgt.
Und: Der letzte Song (meine Internetrecherchen sagen: „Moonstone“) ist absolut Liebe pur.
POWER AUS PORTUGAL
Ein paar Tage zuvor nur erblickte ich bei besagtem Kumpel Konrad zuhause im Bücherregal eine Fantasy-Reihe mit dem Namen GWYDION – welcher interessanterweise auch der Name der nun folgenden Musikkapelle ist. Was mich allerdings hier erwartet, darauf hätte mich auch ein Durchlesen der gesamten Quadrologie nicht vorbereiten können.
Aus Portugal angereist ist der energische Trupp scheinbar zu einem einzigen Zweck hier: Um absolut abzureißen. Das Waffenarsenal der Wahl: Barbarischer Pagan Metal mit gelegentlicher finntrolliger Folk-Note – alles trieft vor Männerschweiß und ist in ständiger Bewegung. Da passiert so viel gleichzeitig in der Musik und auf der Bühne – anders kann man es gar nicht ausdrücken: Es ist ein Fest! Neben der rohen musikalischen Power und dem konstanten Gewusel on Stage bringen immer wieder Rhythmus- und Feelingwechsel noch mehr Action ins agitierte Geschehen. Und von erster Sekunde an steigt das Publikum in diesen musikalischen Kraftakt mit ein.
Während der Gitarrist optisch eine 1:1 Wiedergabe des schreienden, fellbehangenen Barbaren des Albumcovers ist und der Keyboarder keine Melodie dem Tonband überlässt, ist es aber der Sänger, der für mich das Highlight dieses Konzertes darstellt. Nahtlos gehen seine Vocals von tiefen Growls, die den Boden unter mir erzittern lassen, in ohrenzerfetzende Fry Screams und dann wieder in stimmhaftes Brüllen über – selten habe ich jemanden so fließend und so sauber drei unterschiedliche Techniken der ungebändigten Rumschreierei nutzen gehört. Auch in der Kunst der Crowdmobilisierung sind GWYDION (und hier wieder vor allem der Sänger) mehr als gewandt – so ungefähr jede andere Band der Welt könnte sich hier noch eine Scheibe abschneiden!
Eine erste Verschnaufpause ist dem Publikum erst nach über einer halben Stunde gegönnt, als die portugiesische Horde zur Abwechslung einen gemütlicheren Song anspielt.
Am meisten in Erinnerung bleibt mir aber der Moment, in dem sich plötzlich alle Zuhörer hinhocken sollen (und dies – bis auf zwei, drei grantige, mittelalte Herren, denen das offensichtlich zu blöd ist – auch tun). Auf einmal taucht der Sänger mitten im Publikum auf und lässt auf sein Kommando zum passenden musikalischen Wechsel alle Anwesenden aufspringen, was zu einem Moshpit mittlerer Größe führt – dem der Frontmann mitsamt Mikrofon prompt beiwohnt, während der Gitarrist sich daneben platziert und ein Solo zum Besten gibt.
Und dergleichen ziehen die über eine Stunde lang durch. Ich kann nur sagen: Richtig geile Show, richtig geile Mucke, richtig geile Vocals – GWYDION sind eine tolle Neuentdeckung. Und eine absolute Live-Band!
DIE REVANCHE
Nachdem FEJD, die Headliner aus Schweden, letztes Jahr nicht spielen konnten, weil die Instrumente scheinbar an einem anderen Flughafen angekommen waren als die Musikanten, sind sie (sowohl Instrumente als auch Musikanten) heute nach Oberhausen zurückgekehrt, um nachzuholen, was ihnen durch die Umstände verwehrt geblieben war. Gleich wird mir auch klar, warum die Band nicht einfach auf den Instrumenten von jemand anderem ihr Konzert hätte spielen können: Moraharpa, Bouzouki und Knochenflöten dürfte sogar auf einem Folk-Metal-Festival nicht einfach mal jeder Zweite im Gepäck haben.
FEJD ist einer der doch recht großen Namen, die man schon des Öfteren gehört hat, aber selten irgendwo zu Gesicht bekommt. So freue ich mich auch auf diese neue Erfahrung. Und ich muss sagen, dass mir, selbst nach fünfzehn Jahren Festivalgängen, ein wenig die Worte fehlen, um den musikalischen Ausdruck der Schweden gebührend beschreiben zu können. Ich bezweifle stark, dass es noch eine Band in diesem Universum gibt, die das Konzept Folk auf diese Art und Weise interpretiert. Während oben genannte Moraharpa und Bouzouki im melodischen und rhythmischen Hauptfokus liegen, sorgt lediglich ein Keyboard für eine Akkord-Untermalung der Szenerie und ein Bass für, ja, den Bass eben. Und obwohl keinerlei verzerrte Gitarren oder wütendes Geschrei in der Musik enthalten sind, tut der Schlagzeuger so, als spielte er in einer Metalband, und ballert munter Double Bass und Uptempo-Beats vor sich her. Der Gesang bleibt dabei immer schön clean – und schwedisch.
Trotz dieser durch und durch folkigen Herangehensweise an das Thema Musik rutscht man nie in fröhliche oder gar lustige Gefilde ab – es ist stets ernst, wenn auch selten wirklich düster. Der Raum ist für dieses Spektakel gefüllt bis zum Eingang, und das mit Recht. Ein ebenso interessanter wie qualitativer Abschluss für diesen ersten Abend des MEAD & GREED 2023.
SAMSTAG
So, 16:00 Uhr, genug geschlafen, weiter geht’s!
ALLER ANFANG IST AKUSTISCH
BAUMBART – der nächste hauseigene Musikantentrupp – eröffnen das Fest am Samstag. Auch hier gab es in letzter Zeit den ein oder anderen Lineup-Wechsel. Erspähe ich da den früheren RATATÖSK-Sänger an der Percussion?
Auch in dieser Besatzung geleiten uns die Akustik-Abenteurer heute nach altbekannter Manier in ihre eigens erschaffene Fantasy-Welt, singen inbrünstig über die Seefahrt und Piraten, über Tavernen und Helden. An vorderster musikalischer Front stehen drei akustische Gitarren, die im Einklang spielen mit gelegentlichen Flöten, Kastagnetten (Flamenco!) und einem, eh, Miniklavier zum Hineinblasen (der Fachbegriff lautet anscheinend „Melodica“). Aber wo ist die Geige? Haben wir noch Geigen? Keine mehr? Schade, das fehlt dem Ganzen ein bisschen.
Gesungen wird aus so ziemlich aller Musiker Kehlen – ich zähle zwischen fünf und sechs Mikrofonen, davon zwei weiblich besetzt und der Rest von Männerkehlen befeuchtet. Ich werde im Verlauf des Nachmittags übrigens zum dritten oder vierten Mal in meiner langhaarigen Existenz gefragt, ob ich nicht der Leadsänger von BAUMBART sei – dabei würde ich mir niemals anmaßen, meine bescheidene Gesichtsbehaarung auch nur ansatzweise mit MARCs prachtvollem Voll(baum)bart zu vergleichen.
NUR DIE HARTEN
Mit MORGARTEN aus der Schweiz steht schon wieder eine Band an, die mir zuvor noch nicht bekannt war. Zuerst aber gibt es einen ungewöhnlichen Soundcheck: Das Schlagzeug spielt – der Rest kommt erstmal vom Tonband. Hat bestimmt seinen Sinn und Zweck.
Auch während des Konzerts ist der Drummer ordentlich gefordert – der epische Old School Viking Metal wird von seiner Double Bass getragen wie ein drachenköpfiges Schiff vom Wellengang einer stürmischen See. Vikingerchöre und pagane Keyboardmelodien sorgen für Farbe und Atmosphäre in der recht ernsten und durchweg eher düsteren Performance. Hinzu gibt es auch in MORGARTENs Klangwelten die ein oder andere epische Spoken-Word-Einlage, was den Gänsehautfaktor um einiges erhöht.
Der Sound hat ordentlich Wumms, was ich einerseits begrüße, mir andererseits aber ordentlich auf den Magen schlägt – seit heute Morgen kämpfe ich mit einer Verstimmung desgleichen, die sich dieser musikalischen Gewalt leider nicht so sehr erfreut wie meine Ohren. Ich verziehe mich erstmal in die geheimen, oberen Gefilde der Halle und setze mich hin.
Besonders der zweitletzte Song („Oath Of Allegiance“ eventuell?) kennt wenig bis keine Gnade und lässt noch einmal alle Mähnen im Hallenwind wehen und viele Oberschenkelmuskeln gemeinsam einen Circle Pit lostreten. Von hier oben sieht das alles schon ziemlich cool aus.
FREUDE AM FOLK
Es folgen AEXYLIUM, die mir (ihr habt es erraten) auch bisher gänzlich unbekannt waren. Während es bei vielen der Acts dieses Festivals eher ernst zuging, fahren die Italiener ihren Folk-Metal-Ferrari auf der exakten Schiene zwischen episch und spaßig – treffen also genau einen, meiner musikalischen Nerven.
Die von weit hergereiste Mann- und Frauschaft liefert einen äußerst energiegeladenen Auftritt und wird bis zum Ende der Spielfreude weder müde noch überdrüssig. Mein Bauch allerdings schon, und so hole ich mir am Essensstand eine kleine Schale weißen Reises, in der Hoffnung, es damit besser – und nicht schlimmer – werden zu lassen. Insgesamt brauche ich nur 40 Minuten, um alles aufzuessen, und bin sehr stolz darauf. Leider kostet mich das alles, wie man sich vielleicht vorstellen kann, recht viel Konzentration, und so fällt mein AEXYLIUM-Bericht trotz Begeisterung für die Sache recht kurz aus.
Zwei Dinge gibt es noch zu erwähnen: Erstens: Der Drummer trägt ein Oberteil, das ich auch besitze! Wie soll ich das finden? Ein Wechselbad der Gefühle. Zweitens: Mein Verdacht, die Gitarristin sei womöglich THALIA, die mit allseits bekanntem GLORYHAMMER-Exilant Angus Mcsix zusammen eine neue Band (Name: ANGUS MCSIX) ins Leben gerufen hat und kurz vor Albumrelease steht, bestätigt sich nach kurzer Internetrecherche.
EIN LEGENDÄRER AUFTRITT
Dass ich trotz sich verschlechterndem gesundheitlichen Zustand nicht einfach ins Hotel abhauen kann, liegt nicht nur an meiner akkreditierungsgebundenen Berichtpflicht, sondern auch daran, dass ich mir das nun anstehende Konzert auf keinsten aller Fälle entgehen lassen konnte.
Denn es spielen KROMLEK – eine Band, die in meinen und den Augen sehr vieler anderer längst zur Legende alter und vergangener Tage geworden war. In den frühen 2000er hatten die Schweinfurter ihren Anfang gefunden und die damalige Folk- und Pagan-Metal-Welle mit einer EP und zwei darauffolgenden Full-Length-Releases geritten, bevor sie im Jahre 2012 ihre Auflösung bekanntgegeben hatten. Mir war es in diesen Jahren leider nie möglich gewesen, einem Live-Auftritt beizuwohnen. Zur Feier des zwanzigjährigen Jubiläums entschieden KROMLEK nun aber, sage und schreibe *zwei* Konzerte zu spielen, bevor man wieder getrennte Wege gehen wird. Und das Erste von beiden ist heute. Jetzt.
Finstere Gesellen, zutiefst behangen mit schwarzen Kapuzen (Ausnahme: Drummer – der muss ja sehen, wo er hinhaut) betreten die Bühne. Und schon geht’s los! Bereits beim ersten grellen Schrei des Sängers wird klar, dass KROMLEK vorhaben, sich an diesem Abend absolut zu verausgaben. Zwei Handsicheln hält er gekreuzt über sich, die im Laufe des Konzerts noch von der Stachelkeule aus dem Bandlogo abgelöst werden, und passend dazu wird durch Songs von allen drei Veröffentlichungen gebrettert. Ich habe mich zugegebenermaßen lange Zeit nicht mehr mit KROMLEK befasst, aber selbst mir kommt die eine oder andere Melodie wieder, als sie mir seitens ihrer Erschaffer entgegendröhnt. Und das erfreut mich.
So ziemlich jeder hier in dem Raum scheint sich zu freuen. Selbst, wer die Gruppe vorher nicht kannte, dürfte der Wichtigkeit des Moments mittlerweile gewahr sein. Vor allem aber jene, die wegen dieses Auftritts hier sind, sieht man inmitten der Masse euphorisch mitmachen und -singen. Der Moshpit wirbelt ordentlich, die Musiker sind in Topform, die Vocals krächzen wie nie zuvor. Lange und standhaft halten KROMLEK die Energielatte hoch, und bis zum Ende werden sie dafür gefeiert.
DIE KLASSIKER
Nach diesem legendären Konzert ist es an BLACK MESSIAH, besagte Latte weiterhin oben zu halten – und niemand könnte sich auf einem Festival wie diesem besser dafür eignen.
Ich jedoch muss der Party, die sich vor der Bühne abspielt, leider schon wieder entsagen weil aua. So langsam geht mir jegliche Kraft flöten, die mein Körper aus einer Schüssel Reis gewinnen konnte. Die Krämpfe werden heftiger und auch der Kamillentee, den mir an der Bar ein unbekannter Metalbruder aus Güte und Mitleid spendiert (wo immer du bist: Du bist der Tollste <3), füllt gerade mal genug KP wieder auf, die Show im sitzenden und abkratzenden Zustand vom oberen Bereich aus wahrnehmen zu können.
Wem es allerdings im Gegensatz dazu so richtig gut geht, ist der Bühnensound: So perfekt klar klang auf diesem Festival noch keine andere Band. Jedes der Instrumente ist gut zu hören, jedes Wort des Sängers deutlich zu verstehen, der Druck ist präsent und dennoch wummert nichts. Laut ja – unangenehm in keinster Hinsicht.
Die Setlist variiert nicht großartig von den meisten BLACK-MESSIAH-Shows, aber ich denke mal, das würde auch niemand hier wollen. Es werden alle tanz- und trinkbaren Klassiker rausgehauen und gebührend betanzt und betrunken, es wird viel seitens der Besucher mitgesungen, -geklatscht und -gegrölt.
Erstes Highlight ist das „Söldnerschwein“ – bei diesem Evergreen eines Musikstücks ziehen sich die Gelsenkirchener alles an Publikumsanimation aus den Ärmeln, was dort vorzufinden ist. Mal lässt man die Besucher den Refrain singen, mal sich die Handinnenflächen wundklatschen. Als Stargast (Söldner?) steht dann im selben Song plötzlich ein Herr namens BIEST (BEAST? Groß und böse jedenfalls), seines Zeichens Sänger von HELGRINDUR und SKELFIR, mit auf den Brettern und wohnt der Feierei bei. An der Gitarre dürfen wir außerdem des Sängers Sohn bestaunen, der bereits beim WOLFSZEIT 2022 mit der Horde seines Vaters die Festivalbühne unsicher machen durfte.
Highlight Nummer zwei ist dann die Zugabe: Das „Trinklied“. Es scheint, als wären mindestens zwei Drittel der Festivalbesucher textsicher. Die ganze Halle verwandelt sich in eine schunkelnde, mitgrölende Methalle (na endlich!), für mich jedoch ist es nun endgültig vorbei.
Während ich mich noch für’s BLACK-MESSIAH-Spektakel gerade so über Wasser halten konnte, gibt mir mein Zustand alle Signale, dass ich das bitte jetzt nicht noch ein weiteres Mal machen sollte. Am Ende finde ich mich damit ab, MÅNEGARM MÅNEGARM sein lassen zu müssen und im Gegenzug noch halbwegs lebendig im Hotelzimmer ankommen zu dürfen.
Doch wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her: Erblicke ich doch dort am Horizont einen Mann, der sowohl des Schreibens mächtig ist, als auch dem MEAD & GREED theoretisch noch eine halbe Review schuldet: Dem großen (bestimmt 1.90m) Micha-El Goehre ist es vor einem Jahr ähnlich ergangen wie mir heute – nur leider schon am ersten Festivaltag, und er musste krankheitsbedingt vorzeitig abreisen. Wenn also jemand Verständnis für meine Situation haben dürfte, dann er. Aus einem kurzen Gespräch ergibt sich, dass ich richtig lag und der freundliche Herr tatsächlich bereit ist, einen MÅNEGARM-Bericht an meiner statt zu schreiben.
Somit übergebe ich die Feder an Micha-El Goehre – und mich selbst hoffentlich erst, wenn ich im Hotel angekommen bin.
EIN WÜRDIGER ABSCHLUSS
MG: MÅNEGARM sind im engen Rahmen der Themenmöglichkeiten der größtmögliche Kontrast zu BLACK MESSIAH. Streng uniformiert bitten die Schweden zum Festivalabschluss und machen schnell klar, warum sie der Mainact sind. Diese Verbindung aus Professionalität und Huldigung der Black-Metal-Roots einerseits, und Rock’n’Roll und paganer Party andererseits kriegen nicht viele hin. So ist der Zuschauerschwund zur Zugabe auch nur mit dem ÖPNV zu erklären, der nur stündlich fährt. Letzten Endes entlässt die Band alle mit einem seligen Grinsen in die regnerische Nacht.
Und somit sind wir auch schon am Ende angelangt. Wie alle Jahre zuvor schon kann ich das MEAD & GREED in allen Hinsichten loben!
Ich feiere die bunte Mischung aus neuen Entdeckungen und altbekannten Größen der Pagan- und Folk-Metal-Szene! Auch die mittlerweile nicht unbeachtliche, internationale Komponente macht viel her: Vertreten waren in diesem Jahr Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Italien, Portugal, die Schweiz und Schweden! Gerade für von fern angereiste Bands bietet ein solches Festival die Möglichkeit, neue Fans dazuzugewinnen, die ansonsten wahrscheinlich nie von ihrer Existenz erfahren hätten.
Es war mir wie immer ein Fest, wenn auch diesmal leider eines mit kleinen gesundheitlichen Hindernissen.
Bis zum nächsten Jahr – ich freu mich jetzt schon!
-Mich
Vielen lieben tollen Dank an Matthias von Dark-Art für die Bilder! —> <<Hier klicken für fulminante Fotos und fantastische Festivalberichte>>
Vielen lieben tollen Dank an Micha-El Goehre für das Einspringen in letzter Sekunde! —> <<Hier klicken für brutale Blogs und lustige Lesungen>>
Vielen lieben tollen Dank an den random Dude an der Theke für den Kamillentee. —> <<???>>
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