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Ragnarök Festival 2024 – Der Bericht!

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RAGNARÖK FESTIVAL 2024! Wir sind wieder da – und wir haben Bock! Die Zeichen stehen auf Sturm und es schüttet in Strömen, als wäre der Himmel selbst im Angesicht der Götterdämmerung entzweigebrochen, während die ersten Gäste das Camp betreten, die ersten Heringe in matschigen Boden gehämmert werden und sich die Gischt frisch geknackter Bierdosen mit dem gnadenlosen Regen vermischt. Es ist also alles genau, wie es soll – und wir sind bereit, die ersten Klänge sägender Gitarren und fröhlicher Flöten zu empfangen.

Oimels erstes Mal

Oimel: Als einziges Mitglied unseres schreibenden Dreiergespanns war ich noch nicht auf dem RAGNARÖK und hatte dann direkt die Ehre die ersten beiden Bands zu sehen.

Zuerst möchte ich aber noch ein paar Worte zum Drumherum verlieren, welches durchaus zu gefallen weiß! Kurze Wege, sehr gelungener Aufbau mit den zwei nebeneinander liegenden Bühnen, sodass eigentlich keine Umbaupausen entstehen. Dazu ein gut erreichbares Außengelände für die Verpflegung, faire Bierpreise und ein sympathisches Publikum (soweit ich das bisher beurteilen kann) machen den Aufenthalt bisher sehr angenehm! Lediglich der Caravan-Platz ist „dezent“ überfüllt, da sollten ggf. 10% weniger Tickets verkauft werden.

Aller Anfang ist finster

Als Opener spielen BOÖTES VOID auf, die den zum Festival gehörenden Wettbewerb gewonnen haben. Und die fünf Jungs aus dem nicht weit entfernten Würzburg legen auch gleich richtig los! Hier gibt es keinen sanften Einstieg, hier gibt es direkt das volle Programm!

Die Band spielt astreinen Black Metal und beherrscht ihr Handwerkszeug meiner Meinung nach sehr gut – vom ersten Ton an wird die ganze Halle vereinnahmt und es geht treibend, dystopisch und düster durch die Tracks.

Tatsächlich vergisst man nach wenigen Minuten, dass es draußen eigentlich noch hell ist, denn hier ist es sehr finster – aber dabei auch voller Energie. Die Lieder bauen sich mitunter sehr gut auf, wobei die Gesangsparts und die Melodie im Vordergrund stehen, bis die Instrumente dann zusehends mit mehr Wucht einsetzen und schlussendlich alles brachial zusammenwirkt. Das alles ohne dass der Eindruck von Chaos entsteht. Dazu zeigt die Band – für mich in diesem Genre recht ungewohnt – viel Interaktion mit dem Publikum, welches auch sehr bereitwillig mitmacht. Man merkt einfach, dass alle Bock auf das Festival und die Musik haben.

Zweite Band, zweites Highlight!

Nach diesem echt guten Start geht es fast nahtlos mit der zweiten Band GASBRAND (nicht bei Google nach Bildern suchen) weiter. Hier bin ich die ersten Minuten nicht ganz so begeistert, die Stimme scheint mir zu dominant, zu sehr im Vordergrund, zu roh. Nachdem ich meinen Standort verändere, stelle ich allerdings fest, dass die Band tatsächlich nur zu zweit ist – und das fasziniert mich sehr, denn hier wird ebenfalls ordentlich was auf die Ohren geboten. Im Gesamteindruck ergeben die dominanten Vocals dann auch einen stimmigen Eindruck, da diese dafür eben nicht permanent präsent sind, sondern auch viel Raum für die instrumentalen Stellen geboten ist – und hier ist für mich insbesondere das hämmernde Schlagzeug ein Highlight!

Insgesamt beeindruckt mich der Auftritt, da ich nicht gedacht hätte, dass so viel Musik von nur zwei Leuten präsentiert werden kann. Allerdings fehlen mir dann doch an einigen Stellen noch ein paar melodische Parts – aber das ist vermutlich eher mein Befinden. Das Publikum würdigt den Auftritt ebenfalls sehr, und der Abend beginnt vielversprechend!

Vielfältige Soloarbeit

Merlin: Die Finnin Julia Mattila rief 2017 ihr Soloprojekt VERMILIA ins Leben. Seitdem hat sie zwei Full-length-Alben, sowie eine EP veröffentlicht und sich die Unterstützung von Live-Musikern geholt, um mit VERMILIA auch Konzerte absolvieren zu können. Heute ist sie also in Lichtenfels zu Gast, und ich freue mich sehr auf den Auftritt!

Es war mir in der Vergangenheit schon einmal vergönnt, VERMILIA live zu sehen und Julias wunderbare Stimme und gesangliche Vielfältigkeit zu erlauben. Und auch heute finde ich das, was sie dort auf der Bühne von sich gibt, wieder mehr als beeindruckend. Ob Growls, krächzende Schwarzmetall-Screams oder voller Klargesang – Julia gelingt einfach alles. Die Musik währenddessen bewegt sich zwischen eindringlichen Folk- und Pagan-Passagen und atmosphärischen Black-Metal-Klängen.

Auch optisch vermittelt VERMILIA eine Mischung aus Naturbezug und Düsternis. Julia hat eine große Trommel zur Hand, mit der sie immer wieder den Rhythmus vorgibt. Aber das ist noch nicht alles: Auch ihre Querflöte kommt hier und da zum Einsatz! Die Live-Musiker steuern dann noch Gitarre und Bass bei und fertig ist das Konzept von VERMILIA! Für mich persönlich ist dieser Auftritt definitiv das Highlight des heutigen Donnerstags. Ein großartiger Auftakt für das diesjährige RAGNARÖK!

Eine Debütshow mit Bärten                                                                      

Mich: Mein Festivalstart ist gleichzeitig der Karrierestart einer neuen Band: Robse – ehemaliger Sänger von EQUILIBRIUM, MINAS MORGUL und mehr, darf nun endlich sein eigenes Projekt auf der Bühne präsentieren. Vor ziemlich genau einem Tag kam die erste Single öffentlich gemacht, doch ich trete spoilerfrei ins Geschehen ein und gebe mich der Überraschung hin.

„Das ist kein Test, macht euch bereit!“, erschallt eine Stimme am Ende des epischen Intros, als vor dem riesigen Banner fünf stämmige, bärtige Männer an die Instrumente treten. Die Musik wird von einer gewissen Epik getragen, die sich hauptsächlich aus Synthesizer-Backing-Spuren ergibt. Gelegentlich begleitet auch vom Band eine Frauenstimme die Refrains, die der Bandkopf ins Mikrofon brüllt.

Spezifisch bleibt mir ein Lied im Kopf, bei dem das Publikum zum Mitmachen animiert wird: Dem „Hu!“ des Sängers ist jeweils ein „Ha!“ folgen zu lassen. Irgendwann wandelt Robse es in „Schniedel!“ und „Wutz!“ um. Hach. Ich bin froh, dass der Mann endlich machen kann, worauf er Bock hat, ohne, dass ihm jemand auf den Sack geht. Freut mich sehr, dass ich beim ersten Konzert dabei sein durfte.

 

Alt und neu

VARG werden herzlich begrüßt, von einer Horde aus neuen wie alten Fans. Recht viele sind heute sogar zum allerersten Mal dabei, wie eine kleine „hebt die Hand“-Umfrage ergibt. Die Setlist ist, beginnend mit einem sehr alten Lied und dann erstmal zu neuerem Material übergehend, gut an diese Situation angepasst. Fylgja, ihres Zeichens seit einigen Jahren Sängerin bei VARG, leiht der Mucke in den neueren Tracks ihre Stimme, welche sich mittlerweile sehr gut ins Gesamtkonzept einfügt. Die älteren Songs bauen rein auf den guten alten Männerschweiß auf.

Spätestens nach zwei Liedern sitzt auch der Sound ordentlich, Bewegung herrscht im Publikum bereits nach dem ersten. Aus dem Nichts heraus erwischt mich „Zeichen“, einer meiner Lieblingssongs, und im Anschluss geben die Wölfe „Donareiche“ zum Besten, eines ihrer ältesten Stücke, welches sie eigener Aussage nach seit Ewigkeiten nicht gespielt haben.

Wieder mal eine absolute Powershow von VARG – keep it up!

Piraten und unsichtbare Ananasse

Oimel: Auch am zweiten Tag habe ich mir die erste Band ausgesucht – der frühe Vogel und so! Und das soll sich gelohnt haben, denn obwohl es erst 14 Uhr ist, finden doch schon zahlreiche Leute den Weg vor die Bühne. Eine Mischung aus Restrausch vom Vorabend und ersten Einflüssen des Frühschoppens ist noch zu spüren – aber nur kurz, denn CALAROOK sorgen direkt für mächtig Wirbel und pusten die Köpfe ordentlich durch. Die vier Herrschaften plus Geigerin spielen Pirate Metal und machen das absolut souverän! Auf mich wirken sie wie die großen, bösen Brüder von Bands wie ALESTORM oder LAGERSTEIN, und der Sänger vermittelt mir glaubhaft den Eindruck, dass er Jack Sparrow zum Frühstück essen würde.

Geige, Gitarre, wuchtiges Schlagzeug und Sechssaitenbass (!) gehen zu tiefsten Growls durch die Weltmeere. Dabei wird auch das Bandlogo mit „invisible pineapples“ und „pineapples revenge“ besungen.

Das Publikum würdigt den Auftritt der Band standesgemäß – zum Genre passend gibt es einige Rudereinlagen etlicher begeisterter Metalheads.

Ein gelungener Auftritt, der ordentlich Pepp in den Nachmittag bringt!

Der Satan aus dem Sumpf

Merlin: Bei SUOTANA handelt es sich um eine von zwei Bands, die unfassbar kurzfristig eingesprungen sind, um jene Lücken im RAGNARÖK-Line-Up zu füllen, die anstanden waren, nachdem GRIMA und ULTAR ihre Auftritte für dieses Jahr leider absagen mussten. Glücklicherweise sind die Finnen von SUOTANA gerade sowieso auf Tour, mit ihrem 2023 erschienen, dritten Album „Ounas I“. Da kommt der Zwischenstopp in Lichtenfels doch wie gerufen!

Die sechs Männer auf der Bühne haben jedenfalls eine ganze Menge Energie mitgebracht. Die Spielfreude steht ihnen in die Gesichter geschrieben, auch wenn sie es sich nicht erlauben, gar zu freundlich dreinzublicken. Schließlich wohnt ihrer Musik eine gewisse Epik und Gewaltigkeit inne! Der melodische Death-/Power-Metal, den sie zum Besten geben, beschäftigt sich unter anderem mit den Themen Winter und Natur, aber auch mit Geschichte. Die beiden Sänger Tuomo und Ville, der auch eine der beiden Gitarre spielt, schmettern hierbei nur so um die Wette.

Übrigens: „suo“ bedeutet auf Finnisch „Sumpf“ und „Saatana“ ist der Satan. Also zusammengesetzt der „Sumpfsatan“. Kreativ auf jeden Fall! Und zu ernst nehmen sich die Musiker von SUOTANA sowieso nicht. Musikalisch durchaus versiert und professionell, steckt doch eine gewisse Portion Humor in ihrem Auftritt. Ich kannte die Band vorher nicht, aber nach diesem Konzert habe ich sie definitiv auf dem Zettel!

Es wird episch

Mich: Wenn es bei diesem Festival eine Band gibt, die mein Blut zum Wallen bringt, sind das definitiv (wieder mal) VANAHEIM. Diese epische, energiegeladene Musik kombiniert mit einer Spielfreude, wie sie kaum eine Band an den Tag legt! Das Publikum kann gar nicht anders, als sich davon anstecken zu lassen, und schon ab dem ersten Song gibt es einen großen Mosh- und Circlepit.

Man spielt sich durch das neueste Album, in etwas anderer Reihenfolge zwar als auf Platte, aber funktionieren tut es ebenso gut. Auch Geigenspielerin Rikke, die erst seit 2022 dabei ist und viele der melodischen Parts übernimmt, die sonst vom Band abgespielt wurden, passt perfekt ins Bild und punktet sogar mit dem ein oder anderen Solo.

Es gibt ein paar Soundproblemchen, anfangs übersteuert der Bass-Drum-Trigger etwas und später fällt gelegentlich mal die Gitarre aus. Das schadet dem Erlebnis aber wenig, denn das Spaßlevel ist hoch und geht auch durch diese kleinen Unannehmlichkeiten nicht verloren.

Wer hätte es gedacht: VANAHEIM haben es wieder hinbekommen, noch etwas besser zu sein als in meiner Erinnerung – und das ist alles andere als einfach.

Das Gift der Götter

Merlin: Wann immer ich den Bandnamen THEOTOXIN auf einem Line-Up entdecke, fangen meine Augen an, zu leuchten. Den kompromisslosen Black-Death der Österreicher lasse ich mir immer wieder gerne um die Ohren zimmern. Dementsprechend mische ich mich auch heute unter die Menschen, die bereits erwartungsvoll vor der Bühne ausharren.

Und wir werden nicht enttäuscht! THEOTOXIN liefern eine brutale Show ab und die schmetternden Riffs dringen mir durch Mark und Bein. Rechts und links von mir lassen die Metaller ihre Haare fliegen, und selbst die blanken Köpfe in der Menge können sich des Rhythmus nicht erwehren und werden zur Musik geschüttelt. Sänger Ragnar macht das Ganze komplett, indem er uns gnadenlos zusammenschreit.

Viel musikalische Abwechslung oder Bühnenshow darf man bei THEOTOXIN nicht erwarten, das gehört nicht zum Konzept. Vielmehr lautet die Devise: 40 Minuten durchballern. Und ich liebe es!

Deprimierendes Geflüster

Mich: Nach dem spritzigen Konzert von VANAHEIM folgt für mich nun so ziemlich das Gegenteil: Düster und melancholisch wird es mit WALDGEFLÜSTER. Mal präsentieren sich die Stücke ruhig und langsam, mal aufgeregt und verzweifelt. Ähnlich verhält es sich mit den Vocals: Sie wechseln zwischen traurig klingenden Cleans und ebenso verzweifelten Screams.

Band, Musik und Sound funktionieren auf bemerkenswerte Weise als Einheit, und das Ergebnis ist hypnotisierend. Aber auch herunterziehend. So sehr sogar, dass ich mir das letzte Drittel nicht mehr mit anhöre, weil es mir buchstäblich einfach nur anfängt, scheiße zu gehen, und ich direkt im Anschluss noch IMPERIUM DEKADENZ vor mir habe, deren Musik mich wahrscheinlich ebenso wenig aufmuntern wird.

Atmosphäre und Energie

Ich sehe IMPERIUM DEKADENZ zum ersten Mal live. Es hat lange gedauert, bis sich mir die Möglichkeit nun endlich mal bietet – und das gleich zweimal, denn eine weitere Show gibt es beim SUMMER BREEZE dieses Jahres.

Wie antizipiert verbreitet das Konzert eine ähnlich deprimierende Stimmung wie das vorige, mit ebenso viel Atmosphäre und Düsternis. Das allerdings mit einem weitaus moderneren, klinischeren Sound. Da ist außerdem mehr Punch, mehr Wut, mehr Durchschlag dahinter. Und das alles im Rahmen einer tight gespielten, sauber abgelieferten Show. Das hohe Energielevel macht echt Bock – ich allerdings brauche wirklich wirklich bald mal wieder etwas, das mich ein bisschen fröhlicher stimmt, und begebe mich zum Camp, um eine Runde Flunkyball zu spielen.

Die Modelleisenbahn-Vatis von nebenan

Oimel: WINTERFYLLETH sind nun schon eine der Bands, auf die ich mich sehr gefreut habe! Beim DARK TROLL FESTIVAL 2019 zuerst gesehen, hinterließ dieser Auftritt einen bleibenden Eindruck und sorgte für viel Vorfreude bei mir.

Die haben die fünf Männers aus Manchester scheinbar auch, denn die haben richtig Bock auf der Bühne und animieren auch das Publikum sehr gut! Erneut witzig finde ich, dass vier der Jungs mal so gar nicht nach dem Genre aussehen, das sie spielen,  sondern eher nach dem Modelleisenbahn-Vati von nebenan, der mit seiner Garagenband auftritt.

Das tut ihrem musikalischen Können und ihrem Auftritt aber keinen Abbruch! Wuchtig, atmosphärisch, getragen und mit anpeitschendem Schlagzeug geht es durch die Titel.

Auffällig finde ich hier, dass der Gesang ganz anders genutzt wird – der ist kein vordergründiges Element, sondern untermalt die gewaltige Musik als allgegenwärtigen Hintergrund und umgibt diese verzerrt, gespenstisch und genial!

Ein großartiger Auftritt, der mir sehr gefällt – und dem umstehenden Publikum ebenfalls.

Eine würdige Vertretung

Merlin: Kommen wir nun zum zweiten „Ersatz“ für GRIMA und ULTAR: Die Folk-Metaller von METSATÖLL geben sich in der Stadthalle die Ehre! Und während ich beim vorherigen Reinhören noch die Befürchtung hegte, ihre Musik könnte mir auf Dauer zu dudelig werden, belehren sie mich live eines Besseren.

Der Schlagzeuger geht richtig ab und drischt auf die Becken ein, dass es eine Freude ist. Sänger Markus begrüßt sein Publikum auf Deutsch: „Wir sind METSATÖLL aus Estland!“ Und er verkündet, dass sie in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bandjubiläum feiern. Glückwunsch! Dann geht es auch nahtlos weiter mit der Party: Zu Flöten- und Dudelsackklängen findet sich ein kleiner Moshpit vor der Bühne zusammen und tanzt und hüpft sich die Seele aus dem Leib. 

Nach circa 40 Minuten wilden Folksongs schlagen METSATÖLL zum Abschluss nochmal ruhige Töne an und spielen für uns auf eine Weise, die mich etwas an die Band HEILUNG erinnert. Ehrfürchtig lausche ich den beinahe spirituellen Gesängen und Trommelschlägen. Als sie verklingen, erhebt sich allgemeiner Applaus, dem ich mich gerne anschließe. METSATÖLL haben sich wie auch schon SUOTANA nicht angehört wie ein bloßer „Ersatz“. Vielmehr haben beide Bands dem RAGNARÖK-Publikum gezeigt, wie sehr sie ihre Slots verdient haben!

Mehr Gefühl!

Dass sich das RAGNARÖK-Festival nicht nur aus Black- und Pagan-/Folk-Metal zusammensetzt, beweist nicht zuletzt der heutige Auftritt von THE VISION BLEAK. Ob man ihre Musik nun als Gothic- oder Horror-Metal bezeichnen mag, sie ist in jedem Fall düster und melancholisch angehaucht.

Auch wenn ich privat nicht zu ihrer Hörerschaft zähle, so kann ich THE VISION BLEAK in keinem Fall ihr Talent absprechen. Markus Stock alias Schwadorf hat mit seiner Band EMPYRIUM Maßstäbe im naturverbundenen Metal gesetzt und ist des weiteren mit seinem Black-Metal-Projekt SUN OF THE SLEEPLESS aktiv. Zusammen mit Tobias Schönemann alias Konstanz rief Schwadorf um die Jahrtausendwende THE VISION BLEAK ins Leben.

Seitdem konnte das Duo eine große Zahl an Fans für sich gewinnen. Der Zeitslot (20:25-21:25 Uhr) und das sich zahlreich vor der Stage und auf der Tribüne tummelnde Publikum sprechen für sich. Einige der Metaller wirken bei den Songs zudem erstaunlich textsicher. Vermutlich funktioniert das Konzert umso besser für diejenigen, die mit der Musik von THE VISION BLEAK persönliche Erinnerungen oder Gefühle verbinden. Mir selbst fehlt leider ein bisschen der Zugang. Nichtsdestotrotz reut es mich am Ende nicht, diesem technisch absolut einwandfreien Auftritt in der Lichtenfelser Stadthalle beigewohnt zu haben.

Das Fieber des Krieges

Oimel: Tja, und dann kommen KANONENFIEBER – und was soll ich groß schreiben? Die Band um Mastermind Noise ist im Moment ein absolutes Phänomen. Mit bisher nur einem Album und einigen Singles wird unentwegt kräftig getourt, und dabei geht weder Feuer noch Elan verloren.

Die Stimmung, die zu den authentischen, bedrückenden Antikriegstexten erzeugt wird, zusammen mit der geballten Wucht der Instrumente und dem teils anklagenden, teils wütenden (aber immer passenden!) Gesang, sorgen für echte Gänsehaut und Beklemmung, während einen die Musik gleichzeitig mitreißt.

Eine faszinierende Mischung, die hier entsteht, und die die Stunde Spielzeit wie im Flug vergehen lässt. Brachial, brutal, aber immer die Verzweiflung und das Leid, des den Texten zugrunde liegenden Themas darstellend, wird das Publikum durch die Titel getrieben, und zu „Dicke Bertha“, „Füsilier I + II“, „Grabenlieder“, „Yankee Division“, und mehr erheben sich auch im sehr vollen Zuschauerraum viele Fäuste und kräftige Stimmen! Man darf auf jeden Fall gespannt sein, was für ein Album dieses Jahr noch folgt!

Aufgefallen ist mir im Vergleich zum letzten Auftritt, den ich gesehen habe, dass mit noch mehr Gestik gearbeitet wird, und die bedrückende Stimmung durch die passende Körpersprache des Sängers noch mehr unterstützt wird. Dazu kommen auch reichlich Feuer und Pyro-Effekte, die natürlich perfekt zu Songs wie „Dicke Bertha“ passen.

Ein toller Auftritt und eine tosende Menge vor der Bühne!

Gutes Set, mieser Sound

Mich: Hier muss ich erstmal kurz in einen Rant verfallen. Denn dieses Konzert ist ein Bilderbuchbeispiel von „Warum zum FICK ist das Schlagzeug so laut, dass man kein Keyboard mehr hört und der Rest nur noch nach Matsch klingt?!“ Recht lange ist es mittlerweile her, dass diese Art von Soundproblemen (vor allem auf Festivals) Gang und Gebe waren. Was aber den heutigen Einzelfall nicht besser macht. Ich meine, was soll das denn? Ich weiß doch, dass der Drummer ein verdammtes Monster am Kit ist. In Sachen Präzision, Ausdauer und Geschwindigkeit bewegt der sich auf höchst professionellem Niveau. Aber! Ich erkenne teilweise die Lieder nicht mal wieder, weil von den Synths nicht mehr als ein feuchter Furz durch die Lautstärke der Double Bass dringt. Haben größere Bands nicht im Normalfall ihren eigenen Soundmischer am Start, eben um genau solche Probleme zu vermeiden? Argh! Rant over.

Versteht mich nicht falsch. Von scheiße ist das Konzert meilenweit entfernt. FINNTROLL – also die Bandmember selbst – legen einen absolut einwandfreien Auftritt vor. Als dann auf dem Counter von 70 Minuten noch 37 übrig sind, habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass man die Keyboardmelodien tatsächlich heraushört. Dann kommt „Nattfödd“, und das Konzert ist für mich gerettet. Ich liebe diesen finsteren, unter die Haut gehenden Song, wie er sich inmitten der humppatastischen, tanzbeinjuckenden Setlist manifestiert. Großartig. Eigentlich macht die gesamte zweite Hälfte des Sets total Spaß, auch wenn der Sound immer noch weit von perfekt ist.

Mal ganz was anderes

PERCHTA sind eine der einzigen Folk-Metal-Bands, die ein Hackbrett in ihrem Instrumentarium hat. Ein was? Was erstmal ziemlich brutal klingt, ist eigentlich ein kleines Seiteninstrument, das man sanft mit weichköpfigen Stöcken beklimpert. Besonders in ruhigeren Momenten kommt das richtig mysteriös und atmosphärisch herüber. Ein weiteres Kuriosum ist die Sängerin, beziehungsweise ihre Aufmachung und Performance. In aufwändigem, hexenartigem Outfit mitsamt detailreichem Corpsepaint tanzt sie in tranceartigen Zuckungen. Ihre Vocals reichen von markerschütternden Screams über beschwörenden Cleangesang bis hin zu gesprochenen Parts und Geflüster. Das Ganze ausschließlich in Tiroler Dialekt, was einerseits familiär und andererseits doch fremd klingt, und so der Show einen wundervollen Uncanny-Valley-Effekt verleiht.

Die Musik weist viele Black-Metal-Elemente auf, lehnt sich darüber hinaus aber stark in schamanistisch-ritualistische Atmospheric-Gefilde. Oft kommt sie ganz ohne Metal aus und zehrt ihre Kräfte rein aus akustischen Instrumenten und der Stimme der unheimlichen Dame. Weirde und ungewohnte Akkorde und Tonleitern auf den Instrumenten machen diese Musik zu etwas ganz Besonderem. Ein tolles – und großartig ausgeführtes – Gesamtkonzept.

Irgendwie bricht der (ansonsten makellose) Sound in den letzten 15 Minuten aber auf einmal komplett ein, fast als hätte jemand einen Bauchplatscher auf das Mischpult gemacht (?), wird dann aber wieder hochgefahren. Keine Ahnung, was da tatsächlich passiert ist, so gut wie davor erklingt es für den Rest des Konzertes allerdings nicht mehr.

Von diesem technischen Problem abgesehen kann ich nur sagen: Das war toll. Tolle Atmosphäre, tolle Performance, tolle Musik. Und der in so späte und düstere Stunde verschobene Timeslot hat dem Ganzen in Sachen Ambiente wirklich gutgetan.

Das ist VAAAANSIND!

Merlin: Beim Opener des heutigen Tages handelt es sich um eine junge Band aus Dänemark. VANSIND haben 2021 eine erste EP veröffentlicht und vergangenes Jahr dann ihr erstes Full-length-Album, „Mørket“, auf den Markt gebracht. Die Folk-Metaller sind nun nach Lichtenfels gereist, um uns mit ihren melodiestarken Klängen am letzten Festivaltag nochmal richtig in Schwung zu bringen!

Ganze sieben Musiker bilden die Formation VANSIND. Und es ist gleich doppelte Frauenpower am Start! Sängerin Line Burglin verzaubert mich regelrecht mit ihrer Stimme. Ich bin wirklich wählerisch, wenn es um weiblichen Gesang geht, aber diese Vocals sind so kraftvoll, klar und durchdringend, dass sie mich gänzlich für sich einnehmen. Rikke Klint Johansen sorgt währenddessen abwechselnd am Keyboard und mit dem Dudelsack für eingängige Melodien, zu denen ich nicht anders kann, als zu tanzen.

Und das fühlen die anderen Frühaufsteher, die es an diesem Samstagmittag vor die Bühne gezogen hat, ganz genauso. Es wird gewippt, gewogt, getanzt und geheadbangt. Still stehen? Nichts da! VANSIND sind wahrlich eine gute-Laune-Band, mit so viel Energie im Gepäck, dass die Stadthalle Lichtenfels vor lauter lautem Folk nur so erbebt. Die Dänen haben auch die letzte Schlaftrunkenheit aus mir herausmusiziert und nach ihrem Auftritt sprühe ich nun nur so vor Freude auf den Rest des Tages!

Sie träumt – aber wovon bloß?

Auf fröhlichen Folk folgt nun das Kontrastprogramm: ELLEREVE. Hinter diesem Namen versteckt sich die deutsche Künstlerin Elisa Guilia Teschner. Ihre Musik hat weder mit Black- noch mit Pagan-Metal viel zu tun. Mit ELLEREVE bekommen wir beim diesjährigen RAGNARÖK eine Mischung aus elektronischem Dark-Rock, Folk und Shoegaze zu hören.

Das muss nicht jedem gefallen. Ich versuche heute, mich darauf einzulassen. Elisa hat eine wunderbare Stimme, in die sie jede Menge Ausdruck und Emotionen legt. Auch strahlt die junge Frau eine beeindruckende Bühnenpräsenz aus. Der Musikstil aber packt mich leider einfach nicht. Die elektronischen Einflüsse sind nicht meins und die ruhigen Takte ziehen sich für mich in die Länge, sodass ich beinahe doch wieder müde werde.

Auch die Zahl der Menschen vor der Bühne ist überschaubar. Und das ist super schade, aber aus meiner Sicht verständlich: ELLEREVE hat es mit ihrer Musik schwer auf einem Festival, das eigentlich ein ganz anderes Genre bedient. Ich halte Elisa für eine sehr talentierte Musikerin. Leider erreicht mich aber ihre Musik hier und heute nicht, weshalb ich nach dem Auftritt erst einmal die Sonne draußen suche, um wieder etwas Energie zu regenerieren.

Bringer der guten Laune

Oimel: Der dritte Tag beginnt für mich dann passenderweise mit der dritten Band – SAGENBRINGER. Hier gehe ich mit den wenigsten Vorkenntnissen rein, bin aber recht schnell gefangen!

Die Truppe aus Sylt hat gerade ihr zweites Album rausgebracht und legt eine einwandfreie Show auf die Bühne. Besungen werden Wikingerthemen, und das schön episch mit leichten Power-Metal-Anleihen, vielen Mittelalterelementen und vieeeel guter Stimmung! Das Publikum ist dem ganzen auch sehr zugetan und geht zu der sehr partytauglichen Musik gut mit – die Musiker treiben das von der Bühne voran, und das gekonnt!

Hier bin ich mir absolut sicher, dass die Band mit ihrer Art und ihrem Auftritt bald auf größeren Bühnen zu sehen sein wird – da steckt genügend gute Laune und Partypotential in den Wikingern, um auch bei großen Festivals richtig Stimmung zu machen!

Dazu gibt es noch eine sehr stabile Ansage vor dem Song „Blutmarsch“, in der sinngemäß gesagt wird, dass jeder zur Party gehört und die Horden bunt sind – das trifft bei mir natürlich genau den richtigen Nerv und gibt viel Liebe von mir zurück!

Sonne verboten

Mich: Während draußen plötzlich der Hochsommer ausgebrochen ist und die Sonnenstrahlen mir die Kopfhaut zwischen den Strähnen wegbrutzeln, ist in der Konzerthalle ab jetzt die Sonne A B S O L U T  V E R B O T E N – ISTAPP importieren, mit grauen Kapuzen und graueren Gesichtern, tiefgefrorenen Black Metal aus den schwedischen Tannenwäldern nach Deutschland.

„Frostbitten“ heißt passenderweise der erste Track, dessen Namen ich erhaschen kann, und auch darüber hinaus scheinen die meisten Lieder von Winter, Schnee und kalten Elementen ähnlicher Kategorien zu handeln. Zum Song „Maifrost“ gibt es dann einen Gastauftritt: der Sänger der Band EïS – passender hätte man es thematisch nicht treffen können. An Blast Beats wird nicht gespart –  grimm, wie es sich gehört, erklingt das skandinavische Schwarzmetall. Dennoch fließt hier und da auch mal eine Pagan-Melodie ein, zeigt sich hier und da mal eine kleine Folk-Influenz.

ISTAPP beweisen sich tapfer gegen die steigenden Temperaturen, und der ein oder andere Schweißtropfen, der mir von der Stirn perlt, wird zum Eiszapfen.

Drei Spaten

Oimel: Danach habe ich das Vergnügen, HORN zu sehen – und hier bin ich gespannt, denn das was ich vorher gehört habe, ließ mich neugierig zurück! Bei HORN handelt es sich um ein weiteres Ein-Mann-Projekt an diesem Wochenende.

Es geht direkt mit „Drei Spaten“ los, was durchaus ein Anspieltipp wäre. Auffällig finde ich, dass der Sänger gleichzeitig Bassist ist – bewusst kannte ich das nur von Lemmy 😉

Ansonsten habe ich mich vorher insofern belesen, dass die Band sowohl in sehr vielen Sprachen unterwegs ist, als auch in vielfältigen Themenbereichen. Und das kann man auch musikalisch feststellen, wenn beispielsweise Lieder mit Soldatenbezug die typischen Marschtrommeln aufweisen, oder sich Ähnliches ergibt. Das weiß mir durchaus zu gefallen, denn dadurch kommt es zu einer großen Vielfalt und Abwechslung, und auch ohne die Lieder im Vorfeld zu kennen, wird man in die Themenkomplexe mitgenommen.

Der Auftritt ist insgesamt rund und gefällt mir. Dennoch würde ich sagen, dass das Publikum zwar interagiert, aber hier der Funke nicht ganz so überspringt wie bei anderen Bands.

Härter als gedacht

Mich: Irgendwie sind von FEN die falschen Songs auf Youtube oben in den Videovorschlägen, denn ich habe mich ob meiner Voranhörung der Band auf ein ruhiges, atmosphärebetontes Konzert eingestellt. Mit Geschrei und Blast Beats habe ich gar nicht gerechnet. Nun könnte man schon behaupten, die Engländer bewegten sich auf einer eher atmosphärischen Schiene (und es dominieren auch mal die Clean Vocals), ruhig ist jedoch etwas anderes.

Das Wetter draußen bleibt dabei absolut anti-Black-Metal, was ironischerweise dem perfekten Festivalwetter entspricht. Das wiederum schadet den Besucherzahlen in der Halle, da viele wohl lieber draußen den ersten warmen Tag des Jahres genießen, als hier drinnen in finstere musikalische Gefilde einzutauchen.

 

Es gibt keinen Gott

Oimel: Wer KANONENFIEBER sagt, muss auch NON EST DEUS sagen – denn beides sind Ein-Mann-Projekte von Mastermind Noise.

Und bis 2024 gab es NON EST DEUS auch nicht live. Das RAGNARÖK ist einer der ersten Liveauftritte der Kombo. Natürlich vergleicht man mit KANONENFIEBER, auch wenn beide Bands unterschiedlicher kaum sein könnten – denn bei NON EST DEUS gibt es schon mehrere Alben, und die Thematik dreht sich ausschließlich um die Ablehnung von Religion.

Und Halleluja, diese Ablehnung merkt man ihnen an – die Musik ist schneller, düsterer und irgendwie roher und rauer, als die von KANONENFIEBER. Und im fiesen Krächzgesang kommt die Abneigung aus jeder Silbe herausgequollen, die dem Publikum entgegengespuckt wird. Dazu kommt auch hier eine passende Kostümierung und die fast noch ausuferndere Gestik von Noise, sodass das ganze ein absolut runder Auftritt ist!

Allerdings muss ich sagen, dass die Songs sich untereinander mehr gleichen als bei KANONENFIEBER, weswegen ich die weiterhin bevorzuge – mich aber dennoch ungeheuer freue, beide gesehen zu haben!

Wir saufen!

Mich: In dieser Band spielt definitiv der Mann mit der epischsten Kombination aus langen grauen Haaren und einem Bart, der diesen in nichts nachsteht. Das wollte ich nur gesagt haben. Kann weitergehen.

Die gesamten Folk-Melodien entstammen der Geige, und mehr noch: Oft ist sie es, die den Takt angibt, die leitende Spur übernimmt, während die Metalinstrumente eine eher begleitende Rolle einnehmen. Der Sound glänzt vor allem in Momenten der reinen Folk-Klänge, während in metallischen Parts leider nicht immer alle Instrumente bis zu meinen Ohren durchdringen.

Die Sängerin, welche sich im Laufe des Sets zur Band hinzugesellt, kann offenbar ein bisschen Deutsch: „Wir saufen!“, lautet ihre Ansage, und dafür wird sie gefeiert. Der Sänger hingegen ernährt sich auf der Bühne nur von Wasser. Eigenen Angaben nach deswegen, weil er es schonmal hinbekommen hat, zu besoffen zu sein, um einen ordentlichen Gig abzuliefern. Ein äußerst verantwortungsbewusster Mann also.

Ähnlich lustig verhält sich auch das Publikum, und lässt prompt eine Polonäse entstehen. Auf mich will die Energie aber leider nicht so richtig überspringen. Der Sound wummert irgendwie zu sehr, es ist zu warm in der Halle – obschon dies mein erstes CRUACHAN-Konzert ist, und ich mich sehr drauf gefreut habe, will es mich nicht so ganz abholen.

Es wird geballert

Merlin: Endlich wieder Schwarzmetall! Meine persönliche Portion Auf-die-Fresse gibt es heute von NORDJEVEL. Die Norweger präsentieren sich im klassischen Black-Metal-Look: Schwarze Klamotte, Nieten und Corpse-Paint. 45 Minuten haben die Norweger nun Zeit, ihrem Publikum in der Stadthalle ordentlich auf die Ohren zu dreschen.

Rohe Blast Beats, schneidende Gitarrenriffs und finstere Schreie sind das schwarze Rezept von NORDJEVEL. Nach eitel Sonnenschein brauche ich hier nicht zu suchen. Stattdessen können die Metaller hier wieder wunderbar die Haare kreisen lassen und zu den unzumutbaren Tempi des Schlagzeugs die Köpfe schütteln. 

NORDJEVEL brauchen keine bunte Bühnenshow und keine Ansagen. Das wäre nicht im Sinne des Erfinders. Der DOEDSADMIRAL am Mikrofon schreit einfach bloß gnadenlos die Meute vor der Bühne zusammen. Genau diese „Kopf aus und Hau drauf“-Musik habe ich jetzt gebraucht. Großartig!

Ein mitreißendes Post-Black-Metal-Erlebnis

Aber nun kommen wir wieder zu versöhnlicheren Klängen. Zumindest ein bisschen. Denn HERETOIR spielen Post-Black-Metal, melodisch, melancholisch, düster zwar, aber nicht roh und brutal. Seit 2006 ist die Band um Sänger Eklatanz aktiv und hat bis heute neben den drei Full-Length-Alben diverse Singles in verschiedenster Form veröffentlicht. Mir ist es jedes Mal eine Freude, sie live erleben zu dürfen, und so freue ich mich auch jetzt sehr auf ihren Auftritt.

Und ich bin nicht die Einzige: Die Stadthalle ist gerappelt voll, und dabei sind wir noch nicht einmal bei den Headlinern angelangt. Aber HERETOIR ziehen die Menschen an, um sie sogleich mit ihrem nostalgischen, atmosphärischen Black-Metal zu berauschen. Die schweren Melodien bahnen sich unaufhaltsam den Weg in meine Gehörgänge. Schwelgen kann ich in dieser Musik, aber ich werde dabei nicht müde, weit gefehlt! Die Gitarren und die Stimme von Eklatanz reißen mich immer aufs Neue mit, im Wechsel jedoch mit ruhigen Instrumentals, die anmuten wie aus einem Traum.

Ich finde HERETOIR auch heute wieder genial in dem, was sie tun. Sie verstehen es, die Menschen mit ihrer Musik für sich einzunehmen. Ihr Auftritt wird vom Publikum bejubelt, und ich schließe mich dem an. Nebenbei mag ich auch die Artworks sehr gerne, die den Merchandise der Band zieren, und so habe ich mir bereits vor dem Konzert bei ihrer Autogrammstunde ein signiertes Poster gesichert. HERETOIR sind definitiv eins der zugegebenermaßen zahlreichen Highlights auf dem diesjährigen RAGNARÖK-Festival!

Aus den Tiefen von Mutter Erde

Oimel: Jetzt folgt auch für mich eines meiner absoluten Highlights – nachdem ich bei uns am Stand schon Fotos und Autogramme gesammelt hatte, treten nun SAOR auf.

Und eigentlich habe ich dafür so viele Worte, dass mir die Worte fehlen! Die Musik nimmt mich völlig mit, trifft zu 100% meinen Nerv und entführt mich in absolute Träumereien. Dazu kommen die kraftvollen urtümlichen Growls des Sängers, die förmlich aus den Tiefen von Mutter Erde selbst zu kommen scheinen. Die Musik ist so melodisch, kraftvoll, urtümlich,  gewaltig und mitreißend, dass ich ungelogen beim darüber schreiben wieder Gänsehaut bekomme.  Ja, ich bin hier auch Fanboy, aber das völlig zurecht!

Was ich heute erst realisiert habe, ist, dass die Band ebenfalls ein Ein-Mann-Projekt ist und vom Sänger/Frontmann alles kreiert und eingespielt wird. Das steigert meinen Respekt für diese Musik noch weiter. Auffällig im Vergleich zu vorhergehenden Bands ist durchaus noch die perfekte Abmischung, da es nicht zu laut ist und alle Nuancen zur Geltung kommen.

Es wird eine Special-Show zum ersten Album „Aura“ geboten und es ist einfach mystisch, magisch, wunderschön!

Oldschool muss es sein

Für meinen persönlichen Geschmack haben es KAMPFAR nun nach SAOR natürlich schwer – allerdings habe ich sie live vom DARK TROLL 2019 noch in guter Erinnerung!

Und was soll ich sagen – diesmal sind sie noch besser! Ich glaube, von allen Bands hier sind sie am nächsten am ursprünglichen, norwegischen Black Metal dran – sind aber trotzdem anders, eigenständig. Da fehlt dieser satanische „ich zünde deine Kirche an“-Spirit, und stattdessen fühlt es sich urtümlich, folkloristisch an – obwohl es trotzdem die raue Fiesheit hat.

Ich habe die Platten länger nicht gehört, aber live holt es mich wieder sehr ab und die Band hat meinem Empfinden nach auch richtig Lust auf die Show! Für mich eine absolute Live-Band, die die Studiosongs live auf ein ganz anderes Level bringt – wer die Gelegenheit bekommt, sollte sich das unbedingt auch mal anschauen!

Musikalischer Hochleistungssport

Mich: Nach einem Platztausch im Line-Up mit den noch nicht angekommenen Iren PRIMORDIAL folgt nun eine Band, die man hier wohl kaum erwarten würde: ORIGIN. Und ich muss sagen, ich war darauf vorbereitet, dass es krass wird. Dass es schnell und technisch wird. Aber – holy shit – was sich dann tatsächlich da vor meinen Augen und Ohren entfaltet, sprengt meine Erwartungen um ein Vielfaches. Den Jargon, den ich benutzt habe, um die anderen Acts zu beschreiben, kann ich hier eigentlich gar nicht anwenden.

„We are not wearing corpse paint. We don’t have any pretty ladies on stage. Also, we don’t even have flutes!“ ORIGIN sind sich ihres musikalischen Außenseiterstatus‘ auf dem RAGNARÖK 2024 bewusst.

Nun muss ich sagen, dass ich selbst auch in der Death-Metal-Szene unterwegs bin oder früher zumindest mal war, und schon einige Erfahrung in dem Bereich gesammelt habe. Sowohl als Zuhörer wie auch als Musiker. Aber das hier, dieses Konzert, ist eines der übertriebensten, die ich je erlebt habe. Konstant unmenschlich schnell, technisch auf höchstem Level komplex, und das eine Stunde lang, mit wenig bis kaum Verschnaufpausen für die Musiker. Das ist die absolute dedication, extremer kann Extreme Metal kaum werden. Um so etwas überhaupt spielen zu können, geschweige denn mit einer solchen Präzision, wie sie ORIGIN an den Tag legen, muss man wohl jahrelang täglich Stunden über Stunden proben. Technischer Death Metal ist der absolute Hochleistungssport der Musikwelt.

Und das Lustige daran: Wenn man nicht versteht, was da passiert, wirkt es gar nicht mal unbedingt so. Der laute Schlagzeugsound frisst so manche technischen Finessen von Bass und Gitarre, und für den, der nicht genau hinhört, lässt sich das Ganze nur allzuleicht mit richtig dummem Urmenschensound verwechseln. Nicht, dass es keine Leute gäbe, die genau darauf Bock hätten. Aber: Meine Damen und Herren, die anspruchsvollste Musik der Welt. Getarnt als die stumpfeste Musik der Welt.

Blasphemie, Krieg und Tod

Merlin: Jeder kennt sie, aber längst nicht jeder liebt sie. Trotzdem treten MARDUK regelmäßig als Headliner bei Festivals auf. So auch heute beim RAGNARÖK. Die Schweden waren in der Vergangenheit bereits schon mehrfach zu Gast in Lichtenfels und ziehen auch heute wieder ein großes Publikum an. Ob sie denn auch ihre Spielzeit komplett ausreizen und nicht einfach 20 Minuten eher von der Bühne verschwinden werden? So geschehen beim WAY OF DARKNESS vor einigen Jahren!

MARDUK ist die Band, über die eine Freundin von mir mal sagte, sie klänge so unentspannt, die Musiker sollten mal Yoga machen. Und ich finde, diese Bemerkung trifft es gut. Denn der Black-Death der Schweden ist wirklich alles andere als entspannt. MARDUK fegen nur so über die Stadthalle hinweg. Laut und unbarmherzig spielen sie uns von Satanismus, Blasphemie, Krieg und Tod. Diese Themen bedient die Band seit ihrer Gründung im Jahre 1990. Mehrere Besetzungswechsel über die Jahrzehnte konnte die Formation immer wieder abfangen und ist bis heute aktiv – letztes Jahr erst erschien mit „Memento Mori“ ein neues Album.

Es lässt sich nicht leugnen, MARDUK sind eine Instanz im Schwarzmetall. Gleichzeitig habe ich die alten Hasen aber mittlerweile schon so oft live gesehen, dass es mich nicht für ihr gesamtes Konzert in der Stadthalle hält. Ich verschwinde zwischendrin nach draußen an die frische Luft, stehts aber mit einem Blick auf die Uhr und einem Ohr an den geöffneten Türen der Halle. Schließlich will ich wissen, ob MARDUK sich wenigstens hier bis zum Ende ihrer Spielzeit die Ehre geben. Und tatsächlich! Eine volle Stunde lang schreien und schmettern die Schweden den Saal nieder (auch wenn diesmal alle ihre Instrumente heile bleiben).

Als die Musiker von der Bühne verschwunden und die letzten Töne längst verklungen sind, hallt es doch immer noch in meinen Ohren. Für mich war es das letzte Konzert heute Abend, jetzt geht’s ab ins Bett – beziehungsweise in den Schlafsack. Und ich weiß: Wenn ich aufwache, ist Abreise. Hach ja… ganz ohne Wehmut kommt eben auch das beste Festival nicht aus.

Ein langersehntes Fest

Oimel: Nun hatte ich das persönliche Unglück, dass PRIMORDIAL leider erst verspätet ankamen und daher ihren Slot tauschen mussten. Somit musste ich mit ORIGIN und MARDUK noch zwei Konzerte überstehen, auf die ich auch hätte verzichten können! Aber ich konnte mir PRIMORDIAL nicht entgehen lassen.

Die Band war für mich eine Initialzündung, ohne die ich gar nicht auf diesem Festival, ja nicht mal in diesem Genre gelandet wäre! Das Album „To The Nameless Dead“ ist für mich ein so unfassbar großartiges Werk, das ich tatsächlich jahrelang nichts anderes von der Band gehört habe, weil ich Angst davor hatte, das es schlechter sein wird.

Die gleiche Befürchtung hatte ich natürlich auch bei live-Auftritten, und ich war oft gleichzeitig traurig und erleichtert zusammen, wenn ich ein Konzert aus diversen Gründen dann doch nicht besuchen konnte. Heute soll es aber soweit sein, und ich kann mir auch einen sehr angenehmen Platz unweit der Bühne sichern.

Pünktlich geht es los, die Band wirkt absolut motiviert und legt begeistert los! Allerdings verschwindet die Stimme ein wenig im Gesamtsound. Das bessert sich zwar nach zwei Liedern ein ganzes Stück, aber wahrscheinlich sind meine Ohren noch müder als ich, und für mich persönlich ist leider ausgerechnet bei diesem Konzert der Sound weit weg von dem, was ich mir gewünscht hätte. (Einer unseren anderen Schreiberlinge sagte mir aber, dass der Sound durchaus sehr gut sei – vielleicht lag es also wirklich an mir.)

Trotz des suboptimalen Sounds schafft es die Band, diese unglaubliche Energie und Kraft zu transportieren, und die Songs walzen über das begeisterte Publikum hinweg. Hier sind viele eisern, um diese Band zu sehen, und egal wo in der Halle ich mich postiere, kann ich begeisterte Gesichter, inbrünstiges Mitsingen und große Hingabe bewundern.

Zum Schluss gibt es dann auch noch meinen absoluten Lieblingssong, und dann ist das Konzert vorbei – und der große Wunsch bleibt der Gleiche wie vorher: Ich möchte PRIMORDIAL gerne mal live sehen!

Heute ist nicht alle Tage!

Und damit war’s das leider auch schon wieder für ein Jahr. Mit einem fröhlichen „bis zum nächsten Mal“ verabschieden wir uns an dieser Stelle, und hoffen, ihr hattet am RAGNARÖK 2024 genau so viel Spaß wie wir!

Cheerio,

Oimel / Merlin / Steffi / Mich


Danke an Zwarg für die Hilfe bei allem!

Danke an Matthias von Dark-Art für die Fotos der letzten drei Bands, als Steffi schon wegmusste!

Bilder mit freundlicher Genehmigung von frank hollasch, hollasch96@gmail.com und Matthias Funcke

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