Alien-Angriff aufs Geisterschloss – Twinesuns
TWINESUNS – The Empire Never Ended
Veröffentlichungsdatum: 27.01.2017
Dauer: 72:16 Min.
Label: Pelagic Records
Genre: Drone Doom
Vorschlag für ein Experiment: Lassen wir doch mal richtig fiesen Drone Doom über eine fette Anlage laufen und warten ab, wie viele Verschwörungstheoretiker danach im Internet wieder etwas von Himmelstrompeten und HAARP-Anlagen faseln werden. „The Empire Never Ended“, mit dem TWINESUNS ihren Einstieg bei Pelagic Records markieren, wäre dafür definitiv geeignet.
Das Musikertrio aus Deutschland und der Schweiz eröffnet die Platte mit „Simon The Magus“. Mein erster Gedanke: „Simon The Sorcerer“, dieses kultige Adventure. Geht aber wohl eher um Simon Magus, den vermeintlich ersten Häretiker der christlichen Kirche. Ist letztlich aber auch egal, denn TWINESUNS singen nicht, ihre Instrumente sprechen für sie. Und diese heulen, dröhnen, kreischen, drücken und rumpeln nach gemächlichem Beginn bereits im ersten Song mächtig umher. Welche Sounds da aus den Synthesizern kriechen, ist schon beachtlich. Schlagzeug gibt es dagegen keins.
GEHÖRT DER FEUERALARM ZUM SONG?
Ein dumpf hämmernder Synthie-Bass verkündet dann: „Die Zeit ist da“. Nach gut zwei Minuten steigen die Gitarren mit einem Riff ein, das die nächsten zehn Minuten nicht mehr von der Bildfläche verschwindet. Monotonie? Ja, als Stilmittel. Langeweile? Kein Stück! Denn die Musiker schrauben stetig an der Spielweise, der Lautstärke und der Härte und bauen zahlreiche elektronische Nebengeräusche und Effekte ein. Am Ende des Songs klingt es gar so, als wäre der Feueralarm im Studio angesprungen – was durchaus hätte sein können, denn das Album wurde live aufgenommen.
Übrigens steht die Scheibe thematisch im Zeichen des Sci-Fi-Autors Philip K. Dick. Und spätestens bei den spacigen Klängen von „System Regained“ bahnen sich düstere Weltraum-Bilder ihren Weg in meinen Kopf: Wie ein monströses Independence-Day-Mutterschiff oder ein Borg-Kubus bedrohlich Richtung Erde schweben. Mit den Synthie-Spielereien übertreiben es TWINESUNS hier ein wenig, das hyperaktive Herumgehüpfe der Töne nervt auf Dauer. Dafür brechen die massiven Gitarrenwände nach fünf Minuten in den Song ein, als würden gigantische Godzilla-Mechs durch die Landschaft pflügen und Wolkenkratzer wie Lego-Häuschen in ihre Einzelteile zerlegen.
Das mit gerade einmal sechs Minuten kürzeste Stück, „Pneuma“, wirkt da im Vergleich wie ein nettes kleines Zwischenspiel. Geht ja laut Titel auch nur um einen mystischen Geisteshauch. Drone Doom von seiner sanften Seite. Doch das ändert sich schnell wieder.
KRIEG DER WELTEN IN DER ALBTRAUM-KATHEDRALE
Denn beim Titelstück „The Empire Never Ended“ ziehen TWINESUNS alle Register. Die Synthies errichten vor meinem inneren Auge das Bild einer verfallenen Kathedrale, deren düstere Katakomben und spinnwebenverhangene Gänge locker Stoff für zehn Albträume liefern könnten. Plötzlich erschüttern Gitarrenakkorde wie Bombeneinschläge die dunkle Klanglandschaft – der Krieg ist in die zersprengten Ruinen zurückgekehrt, die er hinterlassen hat. Doch kämpfen hier keine Menschen, sondern Außerirdische, die die Welt mit ihren gigantischen Zerstörungsmaschinen Marke „Krieg der Welten“ in Schutt und Asche legen. Gruselige Bilder und eine beklemmende Atmosphäre – well done!
Achja, ich hatte gesagt, TWINESUNS singen nicht. Das stimmt nur zum Teil. In „Going Through Life The Eyes Closed“ sind menschliche Stimmen zu hören – bzw. das, was die Synthies von ihnen übrig lassen. Ansonsten präsentiert sich das Stück sehr gitarrenlastig und doomig, und gipfelt in eine ebenso beeindruckende wie bedrückende Klimax.
Das finale „Firebright“ beginnt mit bedächtigem Gitarrengeklimper über sanften Synthies. Irgendwann klingt es so, als würde die Gitarre mehr gestimmt als gespielt. Parallel dazu erhebt sich aus den Tiefen der Synthie-Hölle ein geisterhafter Wind, der die Saiten zum Schwingen zu bringen scheint. Nachdem TWINESUNS noch einmal die volle Klang-Dröhnung auffahren, ist es (leider) vorbei. Was für ein Erlebnis!
TWINESUNS auf Bandcamp und Facebook
Autorenbewertung
Vorteile
+ abwechslungsreiche Songs
+ druckvoller Sound
Nachteile
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