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Alles auf Anfang – MALLEVS MALEFICARVM im Club From Hell Erfurt

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„Die Leute sollen sich das angucken und sehen, dass dieses Nuclear-Blast-Kommerzschwein Robse auch weiterhin ein ostdeutscher Untergrundasi ist, ganz gemütlich.“

Zitat: Robert-Martin Dahn, seines Zeichens leidenschaftlicher Hopfenblütenteetrinker, Tierschützer und u.a. Sänger bei EQUILIBRIUM und natürlich MALLEVS MALEFICARVM, dem neuesten Melodic Black Metal – Projekt auf der Liste. Eine Band, die sich aus der Idee eines einzelnen heraus entwickelt, kürzlich ihr Albumdebut gefeiert und nun auch ihren zweiten Liveauftritt überhaupt hinter sich gebracht hat. Stattfinden sollte diese Headlinershow am 16.06.17 im Club From Hell in Erfurt zusammen mit CHAOS AND CONFUSION, DYING EMPIRE und schlussendlich DELIVER THE GALAXY.

ÜBER DIE LOCATION …

Der Club From Hell, oder liebevoll „Hell“ genannt, existiert in jetziger Form seit 2007 und ist der wohl aktivste Club für Alternativmusik in Thüringen mit gut 100 Konzerten im Jahr. Für alle aus der Gegend, die sich in der Szene umhertreiben (so wie mich zum Beispiel), eine feste Größe für alle Stilrichtungen und Bekanntheitsgrade mit Kapazitäten um die 150 Besucher. Ein „Familienbetrieb“, geleitet von Frank Klein und am Leben gehalten vom zugehörigen Verein, dessen Mitglieder sich verlässlich und ehrenamtlich um alle anfallenden Aufgaben im Club kümmern.

… UND DIE BAND

Ursprünglich als Soloprojekt gedacht, entstand das Album „Homo Homini Lupus“ aus der Feder von Marius Berendsen (Drums), der auch sämtliche Instrumente einspielte.

Marius Berendsen live im Club From Hell

Allein für die Gesangsparts wurden für die Platte gleich mehrere Gastsänger an Land gezogen; einer davon auch Robse, der als festes Bandmitglied live als Einziger für den Gesang verantwortlich ist.
Mit von der Partie (live) sind außerdem Dennis Baron (FINAL DEPRAVITY, CADAVER DISPOSAL) an der Leadgitarre, Alexander Rueting am Bass und zum damaligen Zeitpunkt Nico Neth (THYRGRIM), der mittlerweile aus zeitlichen Gründen durch den Klampfer Felix Lykanthrop (Ex-MOR DAGOR, Ex-NARGAROTH) ersetzt wurde.

DIE ANKUNFT

Große Freude! Schon von vornherein war klar, dass ich auf eine Menge altbekannter Gesichter stoßen würde. So sind neben Robse eben auch „Tonlotte“ Frank (u.a. EQUILIBRIUM-Tontechniker) oder Roman (u.a. XIV DARK CENTURIES) vor Ort, sodass der Abend ein witziger zu werden verspricht. Nach herzlicher Begrüßung, den ersten paar Bier und dem phasenweisen Lauschen der Vorbands stellt man sich auf den Höhepunkt des Abends ein: den 2. Livegig von MALLEVS MALEFICARVM. Vorher komme ich noch mit Robse selbst ins Gespräch; Teile des Interviews werden im Text immer mal wieder auftauchen.

BEIM 2. MAL TUTS NICHT MEHR SO WEH …

Nachdem die Jungs sich gesammelt haben, wird der Zauberkoffer ausgepackt und sich gegenseitig geschminkt (völlig trve in kreativen Schwarz-Weiß-Nuancen mit Kunstbluttopping) und noch eben vor dem Auftritt mit kurzfristig „ausgeliehenem“ Mikroständer für die Presse gepost.

MALLEVS MALLEFICARVM: Alexander Rueting, Nico Neth, Marius Berendsen, Robse und Dennis Baron (v.l.)

34 zahlende Gäste sind vor Ort; für ein kleineres Clubkonzert mittlerweile leider ein häufiges, für die Equi-Rampensau Robse allerdings sicherlich ein ungewohntes Bild.

S: Wie fühlt sich das an?

Robse: Komplett anders. Erstmal hat man diesen ganzen „Zauberbonus“ nicht, man hat nicht die tollsten Hotels, keine 10000 Verträge, man muss nicht auf dies und jenes achten, sondern kann einfach auf die Bühne gehen und sein Bier trinken. Da hat man wirklich noch Oldschool-Publikum vor sich und Oldschool-Clubs und zieht da richtig die Scheiße ab.

S: … was dir gefällt?

Robse: Ja, gefällt mir sehr gut. Ich mag beides, das Professionelle als Arbeit und natürlich hier und jetzt mein Hobby. Es ist nur irgendwie schön, ich weiß nicht, sind 20 Leute hier? (Lacht.) Finde ich auf jeden Fall geil. Ist richtig wie damals als ich angefangen habe, schon sehr, sehr lange her.

Dagegen scheinen die mehreren 100 Zuschauer auf dem Ragnarök Festival im April zum Entjungferungsgig ja schon gigantisch, was leider auch der Stimmung anzumerken ist.

… ODER?

Als sich die Jungs dann endlich auf der Bühne einfinden, merkt man ihnen schnell an, wie viel Bock sie darauf haben, endlich loszulegen. Das Publikum wirkt dagegen zu Beginn noch skeptisch, andererseits verständlich, da die Band für die meisten Besucher bis vor kurzem noch ein Fremdwort war (und dennoch den Headlinerslot übernimmt). Der namensgebende Auftakt des Albums, „Homo Homini Lupus“, stellt dann schon von vornherein klar: Hier sind Leute am Werk, die Erfahrung und Spaß an der Musik mitbringen. Gerade Frontmann Robse gibt hierbei ein gutes Bild ab, abgesehen vom Corpsepaint (an dem man ja noch feilen kann – die Erfahrung machts) gibt es an seiner Performance als Black Metal-Sänger wider böser Zungen nichts auszusetzen.

Nach dem 2. und 3. Song schließen sich dann auch langsam die vordersten Reihen. Viele der Besucher, die sich zuvor im hintersten Eck des Klubraums versteckt haben, treten nun vor ins Scheinwerferlicht, wo die Band einen wirklich professionellen Auftritt abliefert. Ihre Erfahrung macht aus ihnen eben keine Standard-Starterband wie jede andere. Was auf dem Ragnarök noch etwas steif wirkte, hat nun doch Hand und Fuß und motiviert die Leute in den vordersten Reihen abzugehen und ihr Haar zu schütteln. Tatsächlich kennen sich die Bandmitglieder untereinander nicht gerade intensiv:

Robse: Schön ist, dass wir uns alle verstehen. Wir haben ja erst den 2. Auftritt, wir haben uns alle im Grunde genommen erst viermal gesehen, einmal beim Fotoshooting, einmal bei der Probe, beim Ragnarökauftritt und heute hier.

Mit glühenden Riffs zeigt Nico Neth (THYRGRIM), dass er keine halben Sachen macht – und glänzt von vornherein mit einer ausgefeilten Performance.

Mit dem 3. Song „Der Widerchrist“ beweisen die Jungs an den Gitarren besonders gekonntes Riffing, die Mucke ballert ordentlich und es tut mir etwas Leid für die Band, dass so wenig Leute gekommen sind, hatten sich doch allein über Facebook die doppelte Menge angekündigt. Schade für die, die diesen Abend verpasst haben, denn das Quintett um den Herrn Berendsen liefert doch ganz ordentlich und mit Schmackes ab, relativ ungeachtet der Besucherzahl. Robses Ansage dazu: „Erinnert mich an Wacken. Na gut, vielleicht ein bisschen größer.“

Mit „Under The Red Skies“ bringen die Jungs die kleine Menge dann doch zum Beben; zum langsameren Rhythmus gepaart mit bösen, fetten Riffs lässt sich doch ganz gut abgehen. Robse geht in selbigem Stück sehr gut auf, diese Energie überträgt sich natürlich auch auf das Publikum.

Das ist bloß mit dem nächsten Stück schon fast wieder passé; mit „A Blaze At Dawn“  bringt die Band dann doch einen gänzlich anderen Song aus dem Repertoire. Progressiv, langsam und ruhig. Das sind keine Eigenschaften, die aus der Kalten wirklich Stimmung erzeugen, auch wenn der Song an sich ziemlich gelungen ist. Entsprechend unbeeindruckt fällt da eben auch die Publikumsreaktion aus.

Ist die Stimmung noch zu retten? Generell gibt es Genres, die auch (oder gerade) im kleinen Kreis sehr gut funktionieren können. Melodic Black zählt da an sich leider weniger dazu, gerade dann, wenn sich hinter den ersten 3 spärlichen Menschenreihen bis zum Mischpult nahezu gähnende Leere erstreckt. Dennoch geben sich die Jungs größte Mühe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und schaffen es mit einer unverändert motivierten und brachialen Darstellung von „He Shall Bring No Light“ doch noch das Ruder erfolgreich rumzureißen, sodass im Anschluss auch eine Zugabe gefordert und freilich auch geliefert wird.

Beide Songs glänzen mit erfrischenden Blastbeats, gutem Saitenspiel seitens Nico, Dennis und Alexander und eigentlich eher aus dem Deathbereich bekannten, ständigen Rhythmuswechseln. Dem schließt sich dann passend die Zugabe „Sieben Sonnen“ an, tatsächlich ein deutschsprachiger Song, der mit seinen groovigen Rhythmen und doch sehr melodischen Parts eher an Melodic Deathmetal erinnert, womit sich der Abschluss allerdings keinen Zacken aus der Krone brechen lässt.

Gemischte Gefühle

Als Zuschauer hat man zweifelsohne eine geile Show erleben dürfen, gerade dann, wenn man wie ich den Prozess vom 1. zum 2. Gig nachvollziehen kann. Band und Songs wirkten auf dieser kleinen Bühne doch deutlich eingespielter, aufeinander abgestimmter und zusammengewachsener als auf der großen Bühne vor mehreren hundert Zuschauern. Umso trauriger, dass dieser Abend von so wenig Menschen erlebt werden konnte. Während auf dem Ragnarök aufgrund der begrenzten Songpalette merkbar nicht einmal die ganze Spielzeit ausgenutzt werden konnte, bot die Band dieses Mal ein ausgesprochen stimmiges Gesamtpaket (auch die Vorbands lieferten musikalisch sehr gut ab, die Zusammensetzung war insgesamt sehr gut getroffen).

Für die Band ist ein solcher Abend natürlich mehr oder weniger enttäuschend. Die getrübte Stimmung ist allerdings nach den vielen persönlichen positiven Feedbacks aus dem Publikum recht schnell verflogen und man kann zusammen den Abend ausklingen lassen.

Hell-Chef Frank äußerte sich diesbezüglich nur folgendermaßen:

„Echt schade, aber das ist der Lauf der Dinge. Das Problem wird nicht kleiner, es wird größer. Das haben andere kleine Festivals oder Klubs auch, dass man eigentlich das Schönste auf die Beine stellen kann, aber am Ende müssen die Leute kommen und damit steht und fällt die ganze Szene.“

Alles in allem war es am Ende doch ein sehr erfolgreiches Konzert. Die Jungs haben gezeigt, was schon nach so kurzer Bandgeschichte gerade live alles möglich ist und dass sie motiviert sind, sich immer weiter zu steigern, vor allem eben aus Liebe und Spaß an der Musik und der Live-Performance. Da erwartet uns in Zukunft noch Großes, dessen bin ich mir sicher!

 

WIE GEHT ES JETZT WEITER?

S: Welches Ziel habt ihr bei diesem Projekt vor Augen? Strebt ihr nach dem großen Erfolg oder arbeitet ihr eher nach dem Motto: „MAL GUCKEN, WAS NOCH SO PASSIERT?“

Robse: Das machen wir dann alles ganz locker. Wir haben zwar eine relativ große Plattenfirma, NoiseArt-Records, aber die schauen uns da nicht so drauf. Das ist Untergrund und wir machen da nicht so eine Welle. Jeder hat seinen Job. Mein Job ist EQUILIBRIUM und die anderen haben eine richtige Arbeit …

S: … EINE RICHTIGE ARBEIT …

Robse: Ja… (Lacht.) Wir lassen es auf uns zukommen. Die Band wird ab jetzt lange, lange weiterbestehen; wir schreiben gerade schon am 2. Album. Dieses Mal werde ich das meiste einsingen, aber wir wollen weiter mit dieser Idee arbeiten, die ich sehr, sehr gut finde: mit Gastsängern von irgendwelchen anderen Combos, irgendwelchen tollen Leute zu arbeiten. Ich bin da kein Egoschwein. Ich performe das live alles, aber ich finde es sehr interessant, dass du auf der Platte („Homo Homini Lupus“, A.d.R.) so viele verschiedene Sänger hörst, die sich stimmlich so den Songs angepasst haben.

Der gemütliche Hopfensafttrinker Robse mal anders – als Frontmann von MALLEVS MALLEFICARVM

Marius: Das meiste Songwriting wird wieder von mir kommen. Selbstverständlich habe ich dieses Mal nicht 5 Jahre Zeit für die Platte, deshalb können die anderen Bandmitglieder jederzeit und gerne was dazu beitragen. Es ist jetzt schon eine Menge Material vorhanden und startklar!

An vielen Stellen wird gewitzelt, dass ein Black Metal-Projekt mit der EQUILIBRIUM-Rampensau Robse wohl kaum funktionieren kann. Der Abend zeigte etwas ganz Gegenteiliges, und auch Herr Dahn hat dazu nur Folgendes zu sagen:

Robse: Das ist natürlich ganz schön engstirnig. (Lacht.) Ich bin ja Musiker durch und durch und komme aus dem Black- und Death Metal-Bereich. Weil ich damals vor 7 Jahren die Möglichkeit hatte, bei EQUILIBRIUM zu singen, werde ich natürlich meine Wurzeln nicht verleugnen. Das ist natürlich geil: Du hast EQUILIBRIUM als Hauptberuf, muss man sagen, und jetzt kann ich wirklich wieder meinen Hobbys fröhnen. So kann ich diese professionelle Sache mal kurz stecken lassen und wirklich wieder richtig Untergrund machen, in kleinen Clubs spielen, finde ich absolut geil!

… und zu guter Letzt

Robert-Martin Dahn als Person des öffentlichen Lebens hat sich während seiner Karriere ganz sicher nicht nur Freunde gemacht. Das sollte allerdings der objektiven Meinung über die Band nicht im Wege stehen, egal, ob Fan oder Kritiker – und MALLEVS MALEFICARVM hat doch einiges Potential, das noch interessante musikalische Beiträge für die Zukunft erhoffen lässt.

Nachdem nun also die meisten Besucher verschwunden sind, setzt man sich mit dem Rest gemütlich in den Klubraum, genießt einen oder mehrere Gin Tonics und lässt die alten Herren gefühlt noch ältere Kamellen austauschen, bevor dann alle in die Heia verschwinden. War schön! Gute Nacht.

Club From Hell

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Bilder mit freundlicher Genehmigung von Frank Jacobi (www.metalistlaut.de), alle Rechte vorbehalten.


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1 Kommentar

  1. Pappa Dieter
    14. August 2017 bei 22:43 — Antworten

    Hast Du wieder schön geschrieben, Steffi! War wirklich schade, dass so wenig Leute da waren. Ich hatte full house erwartet. Aber zum Glück zähle ich ja nicht zu den Hinterbänklern, gell?

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