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ANNISOKAY und WALKING DEAD ON BROADWAY in Tokio Teil 2 – … und mehr als „okay“

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Nachdem es am Freitag im Club Garret Udagawa schon einen starken Auftakt gab, ging es für ANNISOKAY und WALKING DEAD ON BROADWAY erstmal weiter nach Osaka, während ich meinen Tag mit meinem lieben Freund Lightroom verbracht habe. Fotos sortieren und bearbeiten sich ja nicht von alleine. Zwei Tage später hat es die Herren aus Deutschland für ihre letzte Japan-Show zurück nach Tokio verschlagen – schließlich gibt es hier noch mehr Clubs, die unsicher gemacht werden wollen.

Endhaltestelle: Zirco Tokyo

Mit meiner üblichen Konzertausrüstung im Gepäck mache ich mich gegen 16:00 Uhr auf nach Shinjuku. Mein Plan überpünktlich an der Venue zu erscheinen wurde – erneut – von den verwirrenden Tokioter Bahnhöfen zunichte gemacht. Wer einmal hier war weiß vermutlich, worüber ich spreche. Nach einer geschlagenen Viertelstunde habe ich endlich den richtigen Ausgang gefunden und erscheine schon jetzt halb zerstört im Club. Bin ich den ganzen Weg vom Bahnhof gerannt, um nichts zu verpassen? Vielleicht. Letztendlich habe ich auch nichts verpasst, denn irgendetwas in der Organisation hat sich verschoben und das Konzert beginnt später. Macht aber nichts! Ich begrüße in Ruhe Marina, die natürlich auch den heutigen Abend organisiert hat. Danach ist noch genug Zeit um beim Soundcheck von NORTHERN CROSSROADS zuzuschauen und die reizenden Herren von HER NAME IN BLOOD kennenzulernen. Aber genug um den heißen Brei geredet! Langsam füllt sich der vom Merch- und Bar-Area getrennte Konzertsaal: Mein Stichwort, sich an vorderste Fotofront zu begeben!

NORTHERN CROSSROADS

Auch am heutigen Abend eröffnet wieder eine recht junge Band: Die Post-Hardcore Kapelle NORTHERN CROSSROADS aus Tokio. Einen kleinen Teaser zum anstehenden Auftritt habe ich bereits eher gesehen und gehört, umso gespannter bin ich auf die komplette Performance der Band.  Ähnlich wie am Freitag ist der Club zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr überschaubar gefüllt. Kein Wunder, trotz Verspätung beginnt das Konzert wie immer sehr zeitig. Das hält die Band aber keineswegs davon ab, wirklich alles zu geben. NORTHERN CROSSROADS spielen vor allem Songs von ihrer EP „Dimensions“. Vor allem der gleichnamige Song hat außerordentliches Ohrwurmpotenzial. Mittlerweile sollte ja bekannt sein, dass ich eine absolute Post-Hardcore Anhängerin bin, demnach trifft die musikalische Mischung die NORTHERN CROSSROADS darbieten genau meinen Geschmack. Instrumental habe ich an dem Spiel zwischen härteren und eher „soften“ Melodien absolut nichts auszusetzen. Hier sollte ich auch anmerken, dass japanische Bands technisch oft auf wirklich hohem Niveau spielen. Auch diese junge Band ist da keine Ausnahme. Bis ich mit dem cleanen Gesang warm geworden bin dauert es ein, zwei Songs. Die Screams überzeugen mich dafür direkt. Kaum mache ich mich für den nächsten Song bereit, ist der Auftritt schon vorbei. In der Kürze liegt die Würze ist hier wohl eine treffende Beschreibung. Das bisher anwesende Publikum sollte jetzt zumindest gut aufgewärmt für die nächste Band sein, denn es geht weiter mit … 

GIVEN BY THE FLAMES

… der Gothic-Metalcore Band GIVEN BY THE FLAMES. Klingt nach einem interessanten Konzept? Ist es auch! Die Band betritt in einheitlich schwarzer Kleidung, teilweise mit schwarzer Körperbemalung, die Bühne. Es wird auch nicht lange gefackelt und das mittlerweile deutlich gewachsene Publikum weiter angeheizt. Musikalisch wird es jetzt deutlich härter und düsterer – das kommt an. Vor allem in den ersten Reihen werden die Fäuste erhoben, geheadbangt und teilweise auch gemosht. Auf der Setlist steht heute unter anderem die neuste Single „Abaddon“ sowie „Ronove“. Letzterer Song beinhaltet eine kleine Überraschung:  WALKING DEAD ON BROADWAY Frontman Nils unterstützt GBTF-Sänger Willian hier auf der Bühne.  Zum Abschluss des Songs gibt es noch eine innige Umarmung – was für eine Performance! Das Publikum rastet aus und auf der Bühne geht es vom ersten Moment an ohnehin voller Energie zur Sache. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst fotografieren soll. Umherwirbelnde Gitarristen und Bassisten? Check. Den Frontman und die konstante Publikumsinteraktion? Check. Oder doch Willians emotional-erschöpftes Knien in der Mitte der Bühne? Check. Bei meinem permanenten hin und her rennen merke ich gar nicht, wie schnell der Auftritt vorbei ist. Sowohl die Bühnenpräsenz als auch die Musik von GIVEN BY THE FLAMES hinterlassen bei mir einen bleibenden Eindruck. Dass ich nach einer Performance für einen Moment sprachlos vor der Bühne stehe kommt äußerst selten vor und spricht wirklich für die Band. Gespannt auf die nächste Band ziehe ich mich kurz in den Merchbereich zurück. HER NAME IN BLOOD ist der nächste Name auf der heutigen Running Order – und angesichts der zahlreichen, in HNIB-Merch gekleideten Fans die vor der Bühne warte, entscheide ich meine Pause zu beenden. Zeit, sich einen guten Platz zu sichern. Der nächste Auftritt wird heiß!

HER NAME IN BLOOD

Habe ich HER NAME IN BLOOD tatsächlich schon vor einigen Tagen als Support von FEAR, AND LOATHING IN LAS VEGAS gesehen und weiß, was mich jetzt erwartet? Vielleicht. Freue ich mich wie ein kleines Kind, die Jungs jetzt selbst vor der Linse zu haben? Aber sowas von. Angesichts der oben genannten Fans bin ich nicht die Einzige, die sich auf die Band freut. Genau wie am Freitag füllt sich der Club auch erst jetzt ordentlich. Allerdings sind HER NAME IN BLOOD sehr bekannt in Japan und ziehen zahlreiche Fans an. Nach wenigen Augenblicken verdunkelt sich der Club auch wieder und meine Ohren werden von freudigen Jubelrufen des Publikums erfüllt. Zum bekannten Song „Eye of the Tiger“ stürmen die Jungs aus Tokio die Bühne. Und schon jetzt bebt der Club. Müsste ich den Anfang dieses Sets mit einem HNIB Song beschreiben, trifft „Power“ wohl am ehesten zu. Selbstredend steht der Titel auch auf der Setlist. Auf der Bühne passiert so viel, dass ich froh bin, einige Momente festhalten zu können. Frontman Ikepy lässt – passend zum Konzept des neuen Albums – die Muskeln spielen. Drummer Maki, von dem ich leider kein Bild erhaschen konnte, ist ein wahres Biest am Schlagzeug. Und die beiden Gitarristen TJ und Daiki sowie Bassist Makoto fegen über die Bühne. Leider bekomme ich nicht mit, ob Ikepy, wie des Öfteren während ihrer Auftritte, Daiki buchstäblich auf den Arm nimmt. Wie ihr lesen könnt, auch HER NAME IN BLOOD sind live definitiv etwas für Augen und Ohren. Den Reaktionen des Publikums zufolge bin ich wieder nicht alleine mit dieser Meinung. Die Setlist ist bunt gemischt mit Songs des neuen Albums „Power“, sowie altbekannten Liedern wie „Bakemono“.  Der Auftritt kommt mir recht kurz vor, was aber daran liegen kann, dass ich wie immer nur durch die moshende Menge schleiche. Bei so viel Action auf und vor der Bühne vergisst man schnell die Zeit. Abschließend versammeln sich in alter HNIB-Manier Daiki, Makoto und TJ und halten die Rückseiten ihrer Instrumente, auf die mit gutem, alten Gaffer Tape die Katakanasilben „A“, „NI“, und „SU“ für ANNISOKAY geklebt wurden. Danach heißt es runter von der Bühne, die übliche Umbaupause und Vorhang auf für: WALKING DEAD ON BROADWAY. 

WALKING DEAD ON BROADWAY

Ein letztes Mal WALKING DEAD ON BROADWAY in Tokio. Ein kleiner Wermutstropfen, ganz ähnlich wie auch am Freitag verlassen bereits jetzt einige Leute das Konzert. Nun gut, Reisende soll man nicht aufhalten. Trotz kleinerer Crowd ist die heutige Show größer als das letzte Konzert, aber dennoch eine intime Clubshow. Während das Intro „Dead Era“ ertönt, wird die Band vom jubelnden Pubklikum empfangen. Ohne viele Worte geht es direkt mit Vollgas und „Red Alert“ los. Trotz minimal geschrumpfter Crowd ist die Stimmung nach wie vor sehr gut – auch heute enttäuscht das Tokioter Publikum nicht. Frontman Nils revanchiert sich direkt und demonstriert seine verbesserten Japanischkenntnisse. Weiter geht es mit „The Fire Never Lies“ und „Dead End Utopia“ und einem ordentlichen Moshpit. Obwohl die heutige Venue es schwierig macht, sich nach einer Wall of Death von der Bühne ins Publikum zu begeben, kommt Crowdinteraktion trotzdem nicht zu kurz. Wofür gibt es denn auch zahlreiche Stangen über der Bühne, an der Frontman sich festhalten und irgendwie Richtung Menge klettern kann? Bevor es nach „Gospel of the Kingdom“ und „Song of Courage“ mit dem finalen Song weitergeht, lässt es sich die Band nicht nehmen, nochmal allen Beteiligten „Danke“ zu sagen. Sowohl den zahlreichen Support-Bands als auch wieder Marina vom MHz Fest, die sich in den letzten Tagen um die Gäste aus Deutschland gekümmert hat. Von mir als auch vom Publikum einen großen Daumen nach oben für die Dankbarkeit der Band. Noch lange nicht müde geben sowohl Band als auch Publikum während „Benevolent Warfare“ weiter alles – von Erschöpfung keine Spur. Trotz der energiegeladenen Stimmung ist es Zeit für eine Zwangspause vor dem großen Finale mit ANNISOKAY. Die Zeit lässt sich natürlich trotzdem gut nutzen: Am Merchverkauf bildet sich schon eine Schlange. 

ANNISOKAY

Pünktlich zum letzten Act des Abends finden sich die Meisten wieder vor der Bühne ein. Die letzte Japan-Show des deutschen Exportschlagers will natürlich in Gänze genossen werden. Noch einmal drängt sich die geballte Crowd nach vorn, ich – mein Objektiv schützend – irgendwo mittendrin. Kaum betritt die Band die Bühne,  fliegen fiebernd Fäuste nach oben. Was die Songauswahl ausgeht, fällt diese ganz ähnlich zum Konzert am Freitag aus – also eine gute Mischung aus altem und neuem Material. Auch Sänger Dave lässt es sich nicht nehmen, dem Publikum wieder ganz nahe zu kommen und taucht halb ins Publikum, welches noch einmal voll aufdreht. Moshpit inklusive. Zum großen Japan-Finale geben ANNISOKAY alles – das Bassist Peter nicht zur Stammbesetzung gehört merke ich kaum. Dass die heutige Show zu den größeren der Tour gehört, merke ich schnell am eigenen Leib. Hier herrscht deutlich mehr Bewegung. So übrigens auch auf der Bühne – etwas mehr Platz muss schließlich ausgenutzt werden. Die Energie färbt aufs Publikum ab. Während ich versuche hier und da noch ein paar gute Bilder zu machen, fällt mir auf, dass trotz der englischen Texte Leute vereinzelt mitsingen. Von wegen Sprachblockade, Musik überwindet wahrlich Grenzen. Eine Tatsache, die mir übrigens schon am Freitag aufgefallen ist: wie viele kaukasische Gesichter ich im Publikum sehe. Neben den japanischen Fans sind auch einige Fans aus Europa und Nordamerika anwesend. Einerseits Touristen, andererseits auch Austauschstudenten. Neben guter Musik werden also gleich noch ein paar Kontakte geknüpft. Stichwort Kontakte: Selbstverständlich vergessen ANNISOKAY die harte Arbeit hinter den Kulissen, die Marina über diesen kurzen Zeitraum geleistet hat nicht und bedanken sich herzlichst. Für mich geht es für die letzten Songs und die Zugabe auch einmal hinter die Kulissen, oder eher die Seite der Bühne. Schließlich soll es auch mal Fotos von Drummer Nico geben, Der abschließende Blick, der sich mir dort bietet, verdeutlicht noch einmal, das Musik alle Grenzen überwindet. Egal woher man kommt, egal welche Sprache man spricht – manchmal findet man sich in einem Club, egal an welchem Ort und feiert einfach die Musik, die uns alle verbindet und zusammenbringt. So beendet man ein gelungenes Tourfinale!

FAZIT

Puh. Die Bands sind erschöpft, die Fotografin ist erschöpft – erst mal ein Bier Wasser, zumindest für mich. Nach einer kurzen Pause für alle nehmen sich sowohl WALKING DEAD ON BROADWAY als auch ANNISOKAY wie jeden Abend wieder geduldig Zeit für ihre Fans. Autogramme, Fotos, ein bisschen Quatschen – was das Herz begehrt. So verfliegt auch der Rest des Abends wie die vorangegangenen Shows und es ist Zeit, die Sachen zu packen – schließlich will ich nicht den letzten Zug verpassen und Nachts durch Shinjuku irren. Mit einer vollen SD-Karte, neuen Bekanntschaften und zahlreichen Eindrücken geht es für mich nach Hause. Zum Glück habe ich wie immer viel Zeit beim Sortieren und Editieren, um das Erlebte Revue passieren zu lassen. Kurz und knapp: Es hat sich absolut gelohnt. 

 

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