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Auf dem Barther entjungfert – XVIII. Barther Metal Open Air
Mittwoch
7:00 Uhr – der Wecker klingelt. Wie immer denke ich mir als erstes: „Halt die Fresse, du Arsch!“, doch als ich dann so langsam meine Augen aufbekomme und meinen Kopf aus der zu einer perfekten Einheit verschmolzenen Gesicht-Kissen-Symbiose herauslöse, fällt mir wieder ein, dass wir ja heute nach Barth fahren. Hey! Eins, zwei, drei – gute Laune! Fix geduscht, ’nen starken Kaffee geschlürft und noch ’nen Happen gefuttert, steht auch schon der Felix (auch bekannt unter „Gewaltmaschine“) vor der Tür. Eingeladen, ab gehts – der Norden ruft!
Die Fahrt ist lang, aber irgendwann wirds auf dem Navi dann endlich immer blauer – die Küste ist nicht mehr weit! In Barth angekommen, gehen wir erstmal einkaufen, denn niemand will auf einem Festival auf dem Trockenen sitzen. Nun aber ab in den Stadtpark, der den Zeltplatz des Barther Metal Open Airs darstellt. Sofort kommt uns Arne vom Orga-Team entgegengeflitzt, der uns zu Heiko, dem Veranstalter führt. Wir bekommen eine kurze Einweisung und dann wirds auch schon spannend, …
…denn wir bereiten uns auf die Entjungferung vor…
…die Entjungferung unseres SILENCE-Magazin-Standes (tat ihm auch gar nicht weh, hoffen wir). Denn wir hatten die Ehre, uns auf dem diesjährigen BMOA das allererste Mal als Magazin mit einem eigenen Zelt zu präsentieren und den Stand dort das allererste Mal aufzubauen. Unser Ziel ist es, hier Autogrammstunden der Bands zu veranstalten und ein paar Liköre mittels einer Lotterie zu verlosen. Da es auch für uns der erste Aufbau ist, dauert alles seine Zeit, doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nun ab ins Camp, das Zelt muss noch hingezimmert werden, bevor es endlich ein Feierabendsgetränk gibt, oder vielleicht auch zwei.
Donnerstag
Nachdem es in der Nacht etwas geregnet hatte, hält sich das Wetter nun wieder. Klasse! Dann kann’s ja heute losgehen mit Bands und Fans und allem drum und dran. Schnell frühstücken und dann ab zum SILENCE-Stand, da dort noch ein paar Kleinigkeiten vorbereitet werden müssen, wie z.B. die Lose für unsere kleine Likör-Lotterie – für Basteltalente wie mich war das am Morgen genau das Richtige … nicht. Aber was muss, das muss. Mittlerweile ist es 14:30 Uhr und die Tore des Festivalgeländes öffnen sich. Getreu dem Motto „Erstmal Bändchen holen!“ stehen unzählige Menschen in einer Schlange und warten auf … nein, nicht auf Bananen, sondern darauf, mal übers Gelände zu schnuppern.
An dieser Stelle merken wir: das Fingerverknoten beim Basteln hat sich gelohnt! Die Festivalbesucher halten an unserem Stand an und fragen sich, was dieser Papierschnipsel soll, der ihnen da in die Hand gedrückt wurde, sind dann aber doch ziemlich glücklich, einen Schluck Schmunzelwasser gewonnen zu haben. Geil! So macht mir das Spaß hier! Ratzifatzi ist die erste Stunde nach der Eröffnung vorbei und die erste Band spielt auf: IMMANE. Ich kannte die Lübecker Black-/Death-Metaller vor diesem Festival nicht, sie schaffen es aber, das mittlerweile 18. BMOA gebührend zu eröffnen. Leider sind noch nicht viele Leute vor der Bühne und auf den Rängen, um der Truppe zu lauschen, trotzdem wird von Seiten der Stagecrew schon die Nebelmaschine in Betrieb genommen, und auch mit etwas Feuer wird schon gespielt. Merke: Auf dem Barther steigt also die Party schon von der ersten Minute an.
Nun aber heißt es: Zeit, sich zu besinnen, denn WALDTRAENE stehen auf dem Plan. Nach dem Anfangsgeschepper folgen nun Geschichten aus dem Harz, die mithilfe einer akustischen Gitarre, einer Flöte und 2 Gesängen dargeboten werden. Das Duo tritt wie immer sehr sympathisch auf und animiert das Publikum trotz der tiefgründigen Texte auf sehr spaßige Art und Weise zum Mitmachen. Sprüche wie: „Odin oder Wotan – prinzipiell das gleiche. Hammer wieder was gelernt.“, lockern unheimlich auf. Beim Lied „Einherjer“ bekomme ich Gäsehaut, weil man einfach in der Musik versinkt und Bilder im Kopf hat. Klasse Auftritt!
Direkt nach dem Gig haben wir am SILENCE-Stand das Vergnügen, Knoepfchen und Horda (WALDTRAENE) bei uns am Stand zur Autogrammstunde begrüßen zu dürfen. Einige Leute kommen vorbei und decken sich mit WALDTRAENE-Merchandise ein, während Felix und ich WALDTRAENE mit Pfeffi eindecken. Läuft!
BEATEN VICTORIOUSES machen sich bereit und stehen als nächstes auf dem Plan. Die Band ist mir leider bis dato gar kein Begriff, fesselt mich aber von Beginn an. Die Stimme der kleinen Frontfrau Çaruk Revan wirkt umso größer. Ihre Vocals sind einfach nur krank, die Musik kalt und alles in allem habe ich erneut Gänsehaut, diesmal aber nicht aufgrund von Rührung, sondern wegen dem kalten Schauer, der mir über den Rücken läuft. Richtig guter Black Metal! Zur Show der Band gehört eine nackte, weiß angemalte Frau, die an einem Kreuz gefesselt ist und zappelt, als würde ihr was fehlen – krank. Das wirkt alles ziemlich echt und kalt!
Auch BEATEN VICTORIOUSES dürfen wir nach dem Gig bei uns am SILENCE-Zelt begrüßen. Zugunsten dieser Signing Session, lasse ich mir THORNAFIRE entgehen, die nun ebenfalls aufspielen. Aus netten Gesprächen mit BEATEN VICTORIOUSES ergibt sich, dass die Musiker zum Teil persische und bulgarische Wurzeln haben, mittlerweile aber alle in Berlin wohnen.
…Abwechslung zwischen akustischen Passagen und druckvollem melodiösem Geballer…
Nach THORNAFIRE betreten die Coburger MUNARHEIM die Freilichtbühne in Barth. Mittlerweile ist es 20:30 Uhr und es dämmert. Zum ersten Mal kann man die Ausmaße der diesjährigen Beleuchtungsmöglichkeiten auf der Bühne erkennen. Gerade von hinten wird viel beleuchtet, oft sieht man dadurch von vielen Musikern, die sich gerade auf der Bühne abzappeln, nur die Silhouette. Das wirkt! Vor der Kapelle stehen viele Leute und lassen sich die Songs der Coburger servieren. Frontman Pascal ist wahnsinnig präsent und gleichzeitig sympathisch auf der Bühne, er versteht es, mit seinen Ansagen die Leute einzufangen. Sogar die Ränge machen mit, als er ruft: „Ich will eure Hände sehen!“ Die Abwechslung zwischen akustischen Passagen und druckvollem melodiösem Geballer bringt saumäßig viel Spaß! Ein wahnsinnig guter Auftritt!
Energiegeladen von der guten Musik geht’s zurück zum SILENCE-Zelt, wo wir auch in Kürze die Jungs und Mädels von MUNARHEIM erwarten. Und pünktlich wie die Maurer sind sie da. Erstmal ist Gruppenkuscheln angesagt (ja, sowas machen wir) und dann stehen auch schon wahnsinnig viele Leute vor unserem roten Zelt. Es ist verdammt viel Andrang, die Nachfrage nach Platten, Shirts und Autogrammen ist groß, Gespräche mit den Fans und uns werden geführt (dabei habe ich erfahren, dass es in der Band ein Pärchen gibt, das sich direkt nach dem Barther in die Flitterwochen begeben hat – an dieser Stelle nochmal: Herzlichen Glückwunsch!), weshalb ich auch DARKMOON WARRIOR nur von unserem Zelt aus wahrgenommen habe.
The last song is about raping ladies!
Aber das war ja zum Glück noch nicht alles für heute, nein! Denn die Portugiesen von CORPUS CHRISTII, die mittlerweile schon fast 20 Jahre aktiv sind, stehen noch auf dem Plan. Immer noch super gelaunt wegen MUNARHEIM, mache ich mich vor die Bühne. Auf den Rängen sitzen immer noch einige Leute, vor der Bühne stehen die Leute auch dicht an dicht, doch ohne große Ansagen wird das Set runtergerotzt, das, wie zu erwarten, geilen stumpfen Black Metal ohne Wenn und Aber für die Fans bereit hält. Leider haben die Portugiesen ein paar Minuten eher begonnen und etliche Minuten früher aufgehört. Warum, verstehe ich nicht so recht. Doch eine Zugabe konnten die Fans der Band noch abgewinnen. Mit den Worten: „The last song is about raping ladies!“, verabschieden sich CORPUS CHRISTII und uns in die Nacht.
Also ab zum Felix, so langsam den Stand aufräumen und schließen, damit wir noch die eine oder andere Soße verköstigen können. Denn auch das gehört dazu!
Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich:
Freitag
Morgens, um ca. 9:00 Uhr stellt man fest, dass man lebt, nachdem man schon ungefähr eine halbe Stunde mit offenen Augen regungslos im Zelt liegt. Gut, jetzt, wo die Augen schon mal offen sind, schälen wir uns doch mal aus der Zeltplane. Stehen funktioniert noch nicht ganz so gut, also setzen wir uns erstmal hin. Das Beste wird es wohl sein, mal kurz in die kalte Ostsee zu hüpfen, um wieder wach zu sein. Gesagt – getan. Ab ans Meer! Nach ca. 15 Minuten Autofahrt erreichen wir Prerow und schmeißen unsere prachtvollen Adoniskörper (haha) in die Fluten. Es ist kalt, sehr kalt. Aber es tut so gut und vor allem sind wir jetzt wach! Na, dann wollen wir mal schauen, ob unser SILENCE-Stand noch steht!
Mal mit Polka-Einlagen, mal mit etwas derberem Geschrabbel…
Los geht’s heute gegen 12:45 Uhr mit FFFF Metal (nein, ich bin nicht mit auf der F-Taste hängen geblieben), oder auch Finnish Fur Folk Fantasy Metal der Berliner Band KULTASIIPI. Mal mit Polka-Einlagen, mal mit etwas derberem Geschrabbel überzeugen die Jungs und Mädels auch schon zu früher Stunde. Die Freilichtbühne ist schon erstaunlich gut besucht und auch die ersten Haare fliegen in der ersten Reihe schon. Weil ein Großteil der Originalbesetzung der der Berliner für diesen Auftritt leider verhindert ist, mussten für etliche Ersatzmusiker einspringen, doch trotzdem funktioniert alles super. Lediglich am Mitmachen des Publikums hapert es noch etwas, doch nachdem die Flötistin Kirsikka Kukka uns allen einen verbalen Arschtritt verpasst hat, tanzen doch alle mit und Barth hat Spaß.
Schon kurz vor dem Auftritt haben sich KULTASIIPI häuslich bei uns eingerichtet und waren sehr willkommen. Beim Merchandise-Verkauf im SILENCE-Zelt bekamen sie Unterstützung von den Kindern der Bandmitglieder. Es war schön anzusehen, wie harmonisch das alles funktioniert. Nach dem Gig wurde dann auch etliches an Merch verkauft.
Der Zeitplan sagt: GEBRECHLICHKEIT stehen auf der Tagesordnung. Diese Truppe war mir vorher nur vom Namen her ein Begriff. Weder hab ich die Jungs und das Mädel schon mal live irgendwo gesehen, noch eine Platte von ihnen gehört. Und wäre ich am Morgen nicht in die Ostsee gesprungen, um wach zu werden – spätestens jetzt wäre ich wach gewesen. Der gespielte Black Metal klingt rotzig, trocken, böse – irgendwie nach „Leckt mich alle, ihr Arschlöcher!“, es gibt viele Tempiwechsel, aber kaum Pausen oder Unterbrechungen zwischen den Songs. Die gelieferte Show setzt dem ganzen Gig allerdings noch die Krone auf! Zu sehen gab es eine Vergewaltigungsszene, ein Kruzifix, der anal eingeführt wurde und eine schwangere Frau, aus der das Kind herausgeschnitten wird, welches kein Kind, sondern ein Schweinekopf war. Ich weiß gar nicht, wohin mit mir! Mein Mund steht offen, ich kann nicht sagen, ob vor Entsetzen oder sogar vor Verachtung. Ekelhaft! Abartig! Anders! Einprägsam! Jeder wird von der Show etwas anderes gehalten haben. Fest steht aber eins: Der Gig bleibt im Kopf!
Ach, du Scheiße! Was wird das denn!?
Ziemlich entsetzt kehre ich zum SILENCE-Stand zurück, erzähle Felix, was ich da gerade gesehen habe und hatte fast verdrängt, dass wir uns mit den Leuten gleich bei uns am Stand verabredet hatten. Meine Gedanken zu der Zeit: „Ach, du Scheiße! Was wird das denn!?“ Tja, was soll ich sagen, sie kamen und es war entspannt, gemütlich und es gab ’nen netten Plausch. Manchmal kommt es eben anders, als man denkt – zum Glück! Fotos von und mit Fans wurden geschossen, die eine oder andere CD signiert und verkauft, und ab ging’s für mich wieder vor die Bühne…
…nämlich diesmal zu JÖRMUNGAND. Ich muss ja sagen, dass mir die Truppe aus Köln schon länger bekannt sind, aber ich gestehe, ich hab doch tatsächlich zu lange nicht mehr ihre Musik verfolgt, wie ich beim Auftritt gemerkt habe. Mann, ey! Was haben die sich gemausert! Entweder geht’s richtig nach vorn, es hat eine epische Breite, oder beides zusammen. Die Sonne scheint, und getreu dem Motto Uri Gellers „The stage is yours!“, nutzt Frontschwein Stefan die gesamte Bühne. Viel Bewegung, viel Action und auch viel Interaktion mit dem Publikum der ersten Reihen. Fett! Ich hab mir sagen lassen, es gibt da bald ein neues Scheibchen. Da bin ich ja mal gespannt drauf!
Nicht lange nach dem Gig klopfen auch die JÖRMUNGANDer und die eine JÖRMUNGANDerin bei uns am Stand an für ein Date mit den Fans und allen, die es werden wollen. Der CD-Verkauf geht schön nach vorn. Als Werbegeschenk gibt’s dazu: ein JÖRMUNGAND-Kondom – herrlicher Gag! Dann ist die Midgardschlange nämlich für jeden Spaß zu haben, ohne, dass ihr etwas zustößt… 😉
Weiter geht es dann für mich mit NECRONOMICON. Eine deutsche Thrash Metal-Legende, die ich bisher leider nur vom Namen kannte, weil ich privat sehr selten Thrash Metal höre. Aber, Alter! Die haben ja alles abgemäht! Das geht nach vorn wie Schmidts Katze! Die alten Hasen wissen, wies läuft! Junge, Junge, das hat selbst mir, als jemand, der gar keinen Thrash Metal hört, Spaß gemacht! Da gab es ’nen richtigen Energieschub durch meinen Kadaver! Das sieht das Publikum scheinbar ähnlich, da sind aber die Haare geflogen. Auch NECRONOMICON haben uns spontan am Stand besucht, waren aber nur kurz zu Gast, weil sie zwischen Gig und Signing Session schon so viele Fotos und Autogramme machen mussten, dass die Arbeit eigentlich schon getan war.
Schauen wir nun also nach vorn zu CENTINEX. Brutal Death Metal from Sweden – ja, ist es tatsächlich (haha). Die Massen lassen sich gehen zu ultratiefen, basslastigen und kratzigen Gitarren. Es macht Spaß, zuzuschauen, allerdings bluten jetzt meine Ohren…
Aber ich weiß ja, dass sie sich schnell wieder erholen werden, denn als nächstes dürfen EWIGHEIM die Bühne in Beschlag nehmen – für mich definitiv ein riesiges Highlight und ich bin mir sicher, nicht nur für mich. Die Ränge bieten kaum noch Platz, als es losgeht. Vor der Bühne stehen ebenfalls überall Besucher des BMOA, um die Gothic Metal-Größen zu erleben. Ich bin mir nicht sicher, ob es an diesem Wochenende schon mal so voll vor der Bühne war, wie jetzt. Sie spielen Klassiker wie „Tanz der Motten“, aber spätestens bei „Schneemann“ sind so gut wie alle am Mitgröhlen und Mitfeiern. Geil! Es ist ein wahnsinnig gutes Gefühl, mittendrin zu stehen! Und gerade fällt mir auf, wie gut der Sound dieses Jahr wieder ist (wer vor ein paar Jahren schon mal in Barth war, merkt, dass sich da einiges getan hat). Es passt einfach alles.
Auch EWIGHEIM waren danach kurz bei uns am Stand zu Gast. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an denjenigen, der das möglich gemacht und eingerichtet hat – wir lassen den mysteriösen Unbekannten unbekannt, er weiß schon Bescheid.
Und zack, ist die Headliner-Zeit schon dran für heute. Und wen haben wir da zu bieten? Niemand geringeren als TAAKE aus dem Capitol of Black Metal: Norwegen. Jeder kennt die Urgesteine – ich bin gespannt, was sie dieses Mal live abliefern. TAAKE spielen ein geiles Set an überwiegend neueren Klassikern, deren Namen ich hier nicht auflisten möchte – kann ja eh kaum jemand aussprechen. 😀 Wie gewohnt, wissen TAAKE zu überzeugen. Die norwegische Kälte macht sich auf der Bühne und im Publikum breit. Die Scheinwerfer leuchten überwiegend blau, das verstärkt die Atmosphäre zusätzlich. Auf dem BMOA 2013 waren TAAKE schon einmal zu Gast, damals hat Mastermind und Frontman der Truppe „Hoest“ einen Mikrofon-Ständer in die Menge geschmissen, wobei jemand verletzt wurde. Daher gab es dieses Mal vom Veranstalter Heiko eine Vorwarnung. Dieses Mal waren die Jungs allerdings lieb zu den ersten Reihen. Lediglich Hoests Ansagen zwischen den Liedern waren für den einen vielleicht grenzwertig, für den anderen doch lustig. Aber so ist der Kerl eben. Mein Highlight war das GG Allin-Cover „Die when you die“. Da konnte man mal mitgröhlen, ohne einen Knoten in die Zunge zu bekommen (da Englisch statt wie sonst Norwegisch). Und das gesamte Publikum der Freilichtbühne tat es mir gleich. Alles in allem war es ein geiler Headliner-Gig.
Für alle, die immer noch nicht genug haben, steht noch eine weitere Kapelle in den Startlöchern. SARKRISTA machen sich bereit und starten ihre Show um 1:30 Uhr. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten am Schlagzeugmonitor bebt die Bühne, was das Zeug hält. Black Metal in seiner derbsten Form. Ein Blast jagt den nächsten. Eine Pyro-Show mit Fackeln und Feuerspucken gab’s trotz der späten Stunde auch noch dazu. Apropos späte Stunde: Leider merkt man den Fans vor der Bühne und auf den Rängen die Müdigkeit etwas an. Die Leute bewegen sich wenig und jubeln allmählich schwächer, trotz des guten Gigs. Ich selbst bin auch im Arsch und lausche sitzend dem hammerharten Kettensägen-Geschnorpse. Um diese Uhrzeit halte ich das aber nicht mehr komplett durch und gehe nach ca. 30 Minuten Spielzeit zum Stand zurück. Aufräumen, dicht machen, Feierabend!
Samstag
Guten Morgen, Welt! Ich bin durch! Da hilft nur Haare waschen und ein vitaminreiches, gesundes Frühstück zu sich nehmen: Apfel – aber nicht in fester Form und auch nicht als Saft. Hmm, lecker. An apple a day keeps the doctor away. Man kennt das ja. Nach dem Frühstück erfahren wir, dass MOR DAGOR krankheitsbedingt absagen mussten, weshalb sich die Spielzeit von DELIRIUM nach hinten auf 14:00 Uhr verschiebt. Also gehts heute erst 14:00 Uhr ab vor die Bühne.
DELIRIUM wecken nun auch die letzten Besucher ihres Konzerts. Fränkischer Pagan Metal bricht los und man merkt den Jungs den Spaß an ihrer Sache definitiv an. Frontfranke Manuel ist, ähnlich wie bei MUNARHEIM, sehr präsent und nutzt seinen Platz auf der Bühne. Ebenfalls spielt er gern mit dem Publikum, macht nette Komplimente und lässt die Fans auch mal was machen. Die erste Reihe beim Gig bilden übrigens die Musiker von JÖRMUNGAND und WALDTRAENE. Es ist schön zu sehen, wie sich auch die Musiker als Fans outen und sich gehen lassen, spätestens aber beim Gassenhauer „Perchta“ fliegen auch bei den anderen Leuten vor der Bühne die Haare.
…auch dahingehend ist unser SILENCE-Zelt jetzt entjungfert…
Direkt im Anschluss ans Konzert, vorbildlich wie sie sind, stehen die fränkischen Burschen bei uns im Pavillon. WALDTRAENE und JÖRMUNGAND sind nun auch wieder mit von der Partie, es gibt also nun gerade live bei uns im Zelt zu sehen: einen Band-Dreier – auch dahingehend ist unser SILENCE-Zelt jetzt entjungfert. Und alle drei Bands haben Durst auf Pfeffi. Ihr Wille geschehe, schenket ein! Und so vergeht die Zeit wie im Flug, man unterhält sich über Bandgeschichten, die Zukunft und anderes, Festivalbesucher kommen mit vorbei und schnacken, stellen Fragen oder kaufen Merchandise. Zwischendurch fällt auch mal der eine oder andere Regentropfen vom Himmel. Nur gut, dass unterm Pavillon Platz für uns alle ist und wir trocken bleiben.
Als WOLFCHANT anfangen, traue ich mich dann doch wieder unter freien Himmel und verdrücke mich vor die Bühne. Der Regen hat aufgehört und die Wölfe machen Stimmung, was das Zeug hält. Jedes Lied ist ein Nackenbrecher und der Mix aus älteren Songs, wie „Pagan Storm“ und auch neueren Ohrwürmern, wie „Never too drunk“ lässt die Nacken der Zuhörer ihr Übriges tun. Die zwei Sänger überzeugen beide und spielen mit dem Publikum. Während einer der beiden die Klargesangspassagen sehr gut meistert, brüllt der andere sich die Seele aus dem Wanst. Ich habe bei dieser Truppe das allererste Mal dieses Wochenende das Empfinden, dass der Sound etwas überladen ist und „matscht“, wie man so schön sagt. Das ist aber alles in allem halb so wild, denn WOLFCHANT geben alles und die Leute danken es ihnen.
Next one, please: MINAS MORGUL richten sich häuslich ein auf der Freilichtbühne. Kurz darauf wackeln die Wände. Als ich sehe, dass da ein Keyboard aufgestellt wird, bin ich auf den Gig noch gespannter. Ich habe Minas, glaube ich, mit Keyboard noch nie live gesehen. Als sie loslegen, merke ich schnell, die Mucke hat zu ihren Eiern noch etwas mehr Epik bekommen. Sauber! Gefällt mir! Das Set ist abwechslungsreich. Fans der ersten Stunde dürften auf ihre Kosten kommen, da beispielsweise „Paganlord“ im Set vorhanden war. Auch neuere Songs wie „Im Krieg“ blasen die Soundanlage frei. Und für alle RIGER-Fans, für die nun keine Möglichkeit mehr besteht, letztere live zu erleben: MINAS MORGUL haben die RIGER-Songs ganz gut raus. Zumindest spielen sie „Germania“. Der etwas matschige Sound wie vorher bei WOLFCHANT ist auch wieder Geschichte. Also alles einwandfrei! Als die Kapelle aus Frankfurt (Oder) ihren Gig hinter sich hat, besuchen auch sie uns in unserem SILENCE-Zelt, geben Autogramme und plauschen mit den Festivalbesuchern.
Die Nacht hat auch heute ein weiteres Mal dafür gesorgt, dass es dunkel wird (Überraschung). In ihre Bühnenoutfits schmeißen sich nun BLACK MESSIAH. Wer mit seinen Ohren im Folk/Pagan/Viking-Bereich unterwegs ist, kommt an dieser Band unmöglich vorbei. Die Urgesteine sind nunmehr ein viertel Jahrhundert am Musizieren und machen immer noch gigantischen Spaß. Die Party steigt vor der Bühne, es ist rammelvoll auf den Zuschauerrängen und der Großteil der Leute zappelt irgendwie oder bewegt sich anderweitig. Sogar in der letzten Reihe wird im Sitzen geheadbangt. Vor der Bühne, hinter den ersten Reihen gibt es sogar ein paar Leute, die Pogo tanzen.
Zum 25jährigen nur das Beste für euch!
Die Gelsenkirchener sind nun schon 25 Jahre im Geschäft – Zeit für einen Glückwunsch muss sein: Zum 25jährigen nur das Beste für euch! Auf die nächsten 25! – und machen noch immer so einen Gaudi! Mit einem Mal, während dem Auftritts, regnet es wie aus Eimern. Mir kommen insgesamt zwei Leute aus dem Publikum entgegen, denen es hier wohl zu nass wird. Der Rest bleibt, um die Show weiter zu genießen. Allein das spricht für sich. Den endgültigen Publikumsausraster bietet meiner Meinung nach kurz vor Schluss „Der Ring mit dem Kreuz“, im Anschluss daran folgt das Ende des Gigs mit dem „Sauflied“. Die gesamte Freilichtbühne singt mit – was für ein Anblick, was für ein Feeling!
Noch geiler wird’s aber jetzt im Anschluss: BLACK MESSIAH flattern nun ebenfalls zum SILENCE-Stand und statten uns einen Besuch ab. Viele Fans warten bei uns schon sehnsüchtig auf die Gelsenkirchener Stadtmusikanten und als sie ankommen ist der Andrang der Fans groß, doch BLACK MESSIAH nehmen sich die Zeit. Einige möchten ein Foto, andere ein Autogramm, wieder andere geben ihr Feedback zum Gig. Als es etwas ruhiger wird, kommen auch wir mit der Band ins Gespräch. Meine Fresse! Was sind das für hammergemütliche Dudes! Da will man gar nicht, dass sie wieder gehen. Zum Glück sehen nicht nur wir das so, sondern auch die Band selbst. Also verharren sie recht lange bei uns und wir kommen von einem Gesprächsthema zum anderen. Plötzlich taucht ein Bierkasten bei uns im Zelt auf, sponsored by GEBRECHLICHKEIT (Danke, Jungs!), die uns ebenfalls nochmal besuchen gerade. Partyzelt-Modus: On! Was für ein geiler Abend!
Doch ich muss mich losreißen und HELHEIM gucken, die für mich auf diesem Festival musiktechnisch ebenso ein Highlight darstellen wie EWIGHEIM, auch wenn es sich musikalisch um zwei verschiedene Paar Schuhe handelt. Die Show hat schon begonnen, als ich dazu komme. Für mich ist das Wahnsinns-Viking/Black Metal, der uns hier geboten wird. Sound stimmt, Atmosphäre stimmt (dunkles Licht, reichlich künstlich erzeugter Nebel), alles stimmt. Ich habe so das Gefühl, dass HELHEIM so ein wenig der geheime Headliner des gesamten Festivals sind. Von so vielen Leuten, mit denen ich nach dem Auftritt gesprochen habe, habe ich Sätze gehört, wie: „HELHEIM sind so geil!“, „Die waren so Hammer!“, „Die haben mich gepackt und lassen mich einfach nicht mehr los!“. Das sehe ich ganz genau so, dem ist nichts hinzuzufügen.
Das wars dann fast schon wieder mit dem diesjährigen BMOA – leider! Zwei Truppen stehen noch auf der „To-Watch-Liste“. Die erste davon: THE VISION BLEAK. Die Köpfe der Band konnte man gestern schon bei EWIGHEIM auf der Bühne sehen. Auch THE VISION BLEAK verzaubern das Publikum mit Gothic Metal, allerdings mit mehr Schauergeschichten und Horror. Man bekommt Melodien um die Ohren gefeuert, die sozusagen die typische Halloween-Atmosphäre schaffen. Irgendwie kann ich nicht anders und vergleiche den Gig mit der EWIGHEIM-Show, die mir viel besser gefallen hat. Das kann unter anderem daran liegen, dass das eine oft genutzte Crash-Becken am Schlagzeug ungefähr so klingt wie wenn ich mit einem Löffel auf den guten WMF-Topf meiner Freundin einschlage. Das ist natürlich ’ne Kleinigkeit – für mich aber teilweise so penetrant, dass ich nicht mehr weiter hören mag. Ich weiß nicht, ob das Absicht ist, oder ein Ersatzbecken benötigt würde und gerade kein anderes greifbar war. Wie auch immer: Im Gesamtbild betrachtet, liefern aber auch THE VISION BLEAK einen soliden Auftritt ab.
Zum Abschluss des Barther Metal Ferienlagers mit Zelten und lange Aufbleiben, eröffnen ISTAPP um ca. 1:30 Uhr ihre Show. Die Schweden ballern ein Brett nach dem anderen raus! Ich gestehe, ich bin müde, aber die fegen ja mal alles ab! Ich hab selten so interessanten Melodic Black Metal gehört, der dazu so kalt bleibt, anstatt verspielt zu werden. Zugegebenermaßen habe ich mich bisher kaum mit der Band beschäftigt. Das wird jetzt, da ich ihre Show gesehen habe, geändert. Allein das Ende der Show ist eine „Ohrenweide“: Das Outro wird quasi in den letzten Song eingebaut. Es gibt einen nahtlosen Übergang von einer Walze hin zu etwas ruhigerem mit Klargesang, bis schließlich irgendwann komplett Ruhe ist. Da der Gang der Band von der Bühne gleichzeitig das Ende dieses wunderbaren Festivals darstellt, ist die Art dieses Ourtos einfach gelungen und angemessen. Der pure Wahnsinn!
So, also Feierabend für heute, Feierabend für dieses Barther Metal Open Air. Zähne putzen, ab ins Bett! … vorher vielleicht noch ein kleines Klatgetränk mit ein paar Umdrehungen.
Sonntag
Der Sonntag Morgen ist ein Arschloch, denn er verheißt nichts Gutes, im Gegenteil: Der Abbau des SILENCE-Zeltes steht an. Der zieht sich tatsächlich derb in die Länge, da Felix und mir das Wochenende in den Knochen steckt. Nun gut, dann geht halt alles nur halb so schnell. Irgendwann haben wir’s dann auch geschafft und unser ganzes Gepäck ist auch beisammen. Abfahrt gen Heimat! Doch zuvor schmeißen wir noch ein letztes Mal unsere stinkenden Leiber in die Ostsee, wenn wir schon einmal an der Küste sind. Doch so schön, wie es ist, in die baltische See zu springen, freuen wir uns doch auf eine Dusche und ein Bett, als wir nach einer langen Fahrt endlich zu Hause ankommen.
Wir danken Heiko, Arne und dem Rest der BMOA-Crew für dieses unfassbar tolle, spaßige, gut organisierte Wochenende. Wir beiden vom SILENCE Magazin haben uns bei euch sehr, sehr wohlgefühlt und danken für eure stetige und sofortige Hilfe, wenn man Not am Mann war, oder es etwas zu klären gab. Außerdem danken wir den zahlreichen, die Freilichtbühne zerberstenden Bands, die für erstklassige musikalische Unterhaltung gesorgt haben. Ganz besonders danken wir den Bands, die sich zu uns an den Stand getraut haben, um dort einige Zeit zu verharren und mit Fans in Kontakt zu treten.
Vor allem aber danken wir all den Festivalbesuchern, Bekannten und Freunden für den Besuch des SILENCE Magazin-Zeltes! Das war ein super Auftakt (oder eine super Entjungferung) für unseren Pavillon! Wir hoffen, der Pfeffi oder der Kirsch hat gemundet (manchen ja sogar mehrfach – nein, wir schauen niemanden auffällig an, sondern grüßen ganz unabhänging von der Thematik die Leute vom Einheit-Produktionen-Stand). 😛
Hoffentlich bis zum nächsten Jahr! Wir kommen sehr gern wieder!
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über