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Aus den Tiefen #18: Dot Legacy – Interview Edition

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In „Aus den Tiefen“ stelle ich euch regelmäßig mehr oder minder unbekannte Künstler, Projekte und Bands vor, die aus dem einen oder anderen Grund abseits der altbekannten Pfade wandeln. Die Gründe hierfür können zahlreich sein. Das Ergebnis muss nicht immer nach Metal klingen, im Gegenteil! Der Fokus liegt hierbei auf Innovation, auf Experimentierfreude, auf dem Potenzial, etwas anders zu machen, als alle Anderen.

Vor ein paar Wochen berichtete ich bereits vom Konzert der Franzosen DOT LEGACY in Halle. Und da die Jungs einmal in greifbarer Nähe und gerne bereit waren, mir Rede und Antwort zu stehen, ließ ich mir die Chance nicht entgehen. Ich sprach mit Sänger, Bassist und Emmy Preisträger (!) Damien Quintard, sowie mit Gitarrist/Keyboarder Arnaud Merckling über die aktuelle Tour, das kommende Album „To The Others“, Weltraummissionen – und das Bataclan.

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Robert: Hallo Jungs, schön euch zu sehen! Wie läuft die Tour? Was war das beste Erlebnis bislang?

Damien: Die Konzerte waren bislang alle sehr gut. Es war eine besondere Erfahrung für uns zum ersten Mal in Großbritannien spielen zu dürfen. London ist einfach eine außergewöhnliche Stadt, deshalb ist es schon überwältigend, dort ein gutes Konzert zu haben und das hatten wir. Den Leuten hat es offensichtlich gefallen, also würde ich sagen, dass London schon ein schönes Erlebnis war. Und Berlin auch.

Arnaud: Erzähl mal, was mit John in Berlin passiert ist. Der Zusammenprall zweier Welten.

Damien: Oh, ja. Das coole an den Shows und Clubs die wir spielen ist, dass du jede Menge nette Leute triffst. Manchmal lernt man aber auch total verrückte Leute kennen. Unser Gitarrist John ist ein sehr feiner und sauberer Kerl. Er ernährt sich gesund, hält sich fit, all sowas. Eigentlich wie der Rest der Band auch, aber er ist nochmal ein Stück weit strikter. Er ist sogar fast schüchtern, obwohl er im musikalischen Kontext wirklich durchdrehen kann. Als wir nun gestern in Berlin waren, kam diese verrückte Frau in den Backstagebereich. Sie war halbnackt, komplett betrunken und auf was weiß ich noch alles. Jedenfalls rannte sie wild im Backstage rum und fragte alle Leute nach Kokain. „Hast du Koks? Hast DU Koks?“ Schließlich landete sie bei John und fragte auch ihn. Und er meinte: „Ich bin so ungefähr die schlechteste Person, die du nach sowas fragen könntest.“ Für ihn war es wie eine Kollision mit einem anderen Universum. Wir haben sehr gelacht, und zum Glück ging alles gut aus. Sie ist dann einfach weggerannt.
Also, kurz gesagt: wir haben auch abseits der Konzerte witzige Momente und Situationen, an die wir noch länger zurückdenken werden.

Robert: Ihr spielt jetzt schon zum dritten Mal hier in diesem Club. Gibts für euch noch andere Läden, in denen ihr häufiger spielt und wie fühlt sich das für euch an?

Arnaud: Ja, da gibt es schon noch einige und für uns fühlt sich das jedes Mal wie im siebten Himmel an. Warum? Weil du weißt, wo du hinkommst, du weißt, die Zuschauer sind cool und mögen dein Zeug. Sie kaufen dein Merch und du bist dir sicher, dass die Stimmung gut sein wird. Und du kennst die Leute, die dich aufnehmen, an dieser Stelle 1000 Küsse an Christian. (lacht)
Du weißt, du kannst irgendwo pennen, du musst dir über manche Sachen nicht den Kopf zerbrechen, du weißt, es wird sich um dich gekümmert und das ist einfach unglaublich schön.

Damien: Mittlerweile kennen wir die Bühne hier ziemlich gut und wissen, dass wir hier schon wirklich besondere Zeiten hatten. Deshalb ist es immer schön hierher zurückzukehren und bekannte Gesichter zu sehen. Es ist ein Ort, an den wir gerne kommen. Ein zweites Zuhause.

Robert: Euer erstes Album „Dot Legacy“ kam 2014 raus und ich finde es nach wie vor super. Nun wird euer neues Album im November erscheinen. Was ist in der Zwischenzeit bei euch passiert?

Damien: Naja, ich hab mich von meiner Freundin… Nein, Spaß. Wir haben versucht die Entwicklung weiterzuverfolgen, die wir gestartet haben. Wir haben außerdem einen neuen Schlagzeuger. Es gab viel positives Feedback für das erste Album, die Leute mochten es. Aber wir wussten auch, dass es noch ein paar Dinge gab, die wir verbessern und weiterentwickeln könnten. Um es mit einem Wort zu sagen: wir wollten, dass das neue Album effizienter wird. Wir lieben es, haufenweise Melodien und Subgenres in einen Song zu packen, weil das für uns die perfekte Art und Weise war uns auszudrücken. Aber für die Hörerschaft war es oftmals wohl etwas schwer zu verstehen, was wir genau meinten. Wir hatten nicht den Anspruch etwas einfacher zu stricken, sondern es gezielter einzusetzen. Wir beschneiden uns nicht selbst darin, was wir zu sagen haben. Und wir wollten natürlich weiterhin, dass es reinhaut und den Leuten, die es hören, Spaß macht.

Robert: Habt ihr bei dem neuen Album ein bestimmtes Konzept?

Arnaud: Oh, ja. Ich würd schon sagen, dass es ein Konzeptalbum ist.

Damien: Ich auch. Jeder Song hat seine eigene Aussage oder ist eine Homage oder hat sein eigenes …

Arnaud: Design! Beim Digipack hat jeder Song seine eigene Darstellung, die aus verschiedenen Symbolen besteht.

Damien: Das ist etwas, woran wir die letzten Monate über sehr intensiv gearbeitet haben: in der Lage zu sein, jeden Song irgendwie verbildlichen zu können. Also werden die Hörer und Betrachter entscheiden müssen, was welche Darstellung ausdrücken möchte. Viel Spaß beim Decodieren!

Arnaud: Außerdem hat das Album mit den „Golden Record“-Aufzeichnungen zu tun, die an Bord der Voyager waren.

Damien: Davon waren wir total fasziniert. Die Vorstellung, dass eine außerirdische Zivilisation dort draußen Aufzeichnungen von der Menschheit findet. Und im Grunde haben wir versucht, mit dem Album etwas Ähnliches zu schaffen. Das Album soll verdeutlichen wer wir sind, wo wir herkommen, was wir machen. Deswegen heißt das Album auch „To The Others“. Denn wir senden eine Nachricht nach draußen und an die Leute, die uns noch nicht kennen.

Robert: Wie sieht es in Frankreich, genauer in Paris, mit der Szene aus, in der sich DOT LEGACY bewegen? Gibt es einen Untergrund und Clubs, in denen Bands spielen, die Musik wie eure machen?

Damien: Am Anfang war es wirklich schwer für uns, überhaupt ein Publikum zu finden, da wir selbst nicht recht definieren konnten, was das eigentlich ist, was wir machen.

Arnaud: Jeder von uns Vieren hört zum Teil komplett andere Musik.

Damien: Richtig. Jeder in der Band hat seinen eigenen Geschmack, daher gibt es auch vier unterschiedliche Meinungen darüber, wie Musik zu klingen hat und wie sie sein sollte. Also verwenden wir die meiste Zeit darauf, etwas zu schaffen, womit wir alle zufrieden sind. Am Anfang, vor acht Jahren, war das wirklich schwer für uns. Wir mussten uns fragen: Wer ist eigentlich unser Publikum? Also begannen wir in der Stoner Szene zu spielen, denn es war Musik, die wir alle mochten, eine der wenigen Schnittmengen. Und das, obwohl wir niemals wirklich Stoner gespielt haben, aber wir hatten hier und da ein paar Riffs dieser Art und so sind wir in dieser Szene aufgewachsen. Mittlerweile verschwimmt das aber immer mehr. Bei unserem letzten Konzert in Paris waren so viele Leute aus unterschiedlichsten Szenen da, die uns alle irgendwie mochten. Ich glaube es gibt nicht DIE eine Szene, in der wir uns bewegen oder die Paris bestimmt. Sondern es gibt viel verschiedenes Zeug und die Leute können sich auf uns einigen.

Arnaud: Die Menge der Leute, die sich in Frankreich für Rockmusik interessieren, wächst aber immer weiter. Ich hätte mir vor fünf Jahren nicht vorstellen können, dass eine Band wie VALLEY OF THE SUN so viele Leute zieht. Ich glaub, ein großer Teil der Welt denkt, dass das französische Publikum echt beschissen ist, aber ich bekomme gerade mit, wie sich das wandelt und das macht mich stolz. Die Leute werden einfach offener, was das anbelangt.

Damien: Und wir haben Wein und Käse.

Aaron: (VALLEY OF THE SUN Schlagzeuger): …und sehr schöne Frauen.

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Robert: Jungs, die nächste Frage ist vielleicht etwas heikel. Ich wollte von euch wissen, ob ihr mitbekommen habt, dass es in der Konzertszene irgendwelche Änderungen gab, seit dem schrecklichen Anschlag im Bataclan. Gehen die Leute seltener zu Konzerten?

Damien: Ich kann da für uns alle in der Band sprechen. Es hat uns sehr schockiert und mitgenommen, denn es war unsere Szene und wir kannten natürlich auch Leute dort. Wären wir an dem Tag nicht auf Tour in Brasilien gewesen, dann hätte es uns wahrscheinlich auch ins Bataclan verschlagen, besonders Arnaud, der ein großer Fan der EAGLES OF DEATH METAL ist. Wir haben die Meldung erhalten, zehn Minuten bevor wir in Brasilien auf die Bühne gehen sollten. Keiner von uns wusste, was mit unseren Familien los ist. Mein Bruder war auf einem anderen Konzert, wenige hundert Meter entfernt und alles war total hektisch. Ich denke, die Reaktion, die wir als Band hatten, lässt sich auf die ganze Szene, ganz Paris, auf ganz Frankreich übertragen. Ich meine, es hat uns schwer getroffen, aber wir mussten sofort danach auf die Bühne.

Arnaud: Exakt! Und das verrückte ist, dass seit den Anschlägen deutlich mehr Menschen auf Konzerte gehen. Unglaublich, oder? Es ist verrückt, aber es ist auch irgendwie cool, weißt du?

Damien: Ich denke, das ist einfach unsere Art zu sagen: „Fickt euch, ihr Arschlöcher! Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir lassen uns nicht terrorisieren! Wir werden weiter spielen! Das ist unsere Szene, das ist unsere Musik und wir lassen sie uns von niemandem wegnehmen!“

Arnaud: Die Leute gehen immer noch weg und gehen feiern. Und die Konzertbesucher werden immer mehr. Wenn sich die Dinge geändert haben, dann also nur zum Besseren.

Damien: Wenn überhaupt, dann hat es die gesamte Szene in Paris nur weiter zusammengeschweißt. Es ist jetzt mehr als je zuvor an der Zeit rauszugehen, zu feiern, uns zu betrinken und überall hinzukotzen. Und das ist es schließlich, was wir tun. (lacht)

Arnaud: Das war eine gute Frage, es ist gut, darüber zu reden.

Damien: Definitiv. Denn ich finde es ist wichtig, dieses Thema nicht totzuschweigen.

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Robert: Denkt ihr denn es ist so gesehen zu einem Statement geworden, in Paris auf Konzerte zu gehen?

Damien: Nicht unbedingt. Ich denke, man sollte da nicht allzu viel drüber nachdenken. Natürlich darf man das mit den Anschlägen niemals vergessen, aber wenn man zu viel darüber nachdenkt, dann haben die gewonnen, dann bekommt man Angst und das wollen wir nicht. Das heißt, die Leute wissen, dass es eine gewisse Aussagekraft hat, auf Konzerte zu gehen, aber es wird nicht als Aktion inszeniert oder interpretiert. Am Ende wollen wir einfach nur unseren Spaß haben, feiern, tanzen und die Musik am Leben erhalten, denn das ist auch das, was uns am Leben erhält.

Robert: Ihr habt vorhin schon gesagt, dass jeder bei DOT LEGACY andere Musik hört. Ich bin immer auf der Suche nach kleineren Bands, die ich noch nicht kenne. Zeug, das im Untergrund passiert, oder gern auch fernab vom Metal. Gibt es da etwas, das euch in letzter Zeit untergekommen und euch begeistert hat?

Arnaud: Die letzten beiden Tage waren wir mit einer Band aus München unterwegs. Sie heißen SWAN VALLEY HEIGHTS und machen so Stoner Rock im COLOUR HAZE-Stil. Mich haben die echt begeistert und ich kann sie nur empfehlen. Eine sehr gute deutsche Band und sehr nette und coole Typen.

Damien: Bei mir geht das in eine gänzlich andere Richtung. Ich bin sehr an klassischer Musik interessiert. Wenn ich nicht mit DOT LEGACY unterwegs oder im Studio bin, dann nehme ich ein Orchester auf. Es heißt MUSICA AETERNA, der Dirigent heißt Teodor Currentzis und sie kommen aus Russland. Müsste ich irgendwas empfehlen, dann wären sie es. Meiner Meinung nach ist es das beste Orchester der Welt. Sie sind auch irgendwie Rock´n´Roll. Teodor Currentzis ist ein echter Bad Boy der Klassikwelt, er gibt nen Scheiß auf Konventionen und will sich und das Werk des Komponisten ausdrücken bzw. das, was dieser sich zu seiner Zeit dachte. Das find ich sehr cool. Sie bringen bald „Don Giovanni“ von MOZART raus und ihr solltet es euch unbedingt anhören, denn sie haben eine völlig neue Herangehensweise an klassische Musik. Dieser Typ hört sogut wie alles. Rock, extremen Metal, NEUBAUTEN, Industrial, alles! Es ist wirklich interessant zu sehen, wie sich auch klassische Musik noch weiterentwickeln kann. John, hast du noch was?

John: FAR FROM ALASKA.

Arnaud: Oh, ja! FAR FROM ALASKA! Sehr coole Band aus Brasilien! Solltest du dir unbedingt anhören.

Robert: Cool, werd ich tun. Das wärs schon von meiner Seite. Danke für das Interview, Jungs. Habt ne gute Show!

Arnaud: Wir danken dir! Danke Silence! Wir spielen uns jetzt warm.

Damien: Ja, danke dir, wir geben unser Bestes! Wir hoffen, dir gefällt der Gig und natürlich allen das neue Album! Cheers!

 

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Dot Legacy

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2 Kommentare

  1. Florian
    4. November 2016 bei 15:40 — Antworten

    Bitte immer weiter so! Ich finde deine Reihe „AUS DEN TIEFEN“ super!

    • 5. November 2016 bei 16:18 — Antworten

      Danke für deinen Kommentar Florian!
      Wir finden das auch so und wünschen uns auch, dass der gute Robert so schnell nicht die Lust daran verliert… aber auch, dass einige mehr mal reinschnuppern und sich davon inspirieren lassen.
      Dir ein schönes Wochenende,
      yt

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