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Aus den Tiefen #22: ÅND – Interview Edition

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In „Aus den Tiefen“ stelle ich euch regelmäßig mehr oder minder unbekannte Künstler, Projekte und Bands vor, die aus dem einen oder anderen Grund abseits der altbekannten Pfade wandeln. Die Gründe hierfür können zahlreich sein. Das Ergebnis muss nicht immer nach Metal klingen, im Gegenteil! Der Fokus liegt hierbei auf Innovation, auf Experimentierfreude, auf dem Potenzial, etwas anders zu machen, als alle Anderen.

Wieder einmal neigt sich ein Jahr unbeirrbar dem Ende entgegen und rückblickend betrachtet kann ich soweit sagen, dass es mal wieder nicht an interessanten und überraschenden Veröffentlichungen gemangelt hat. Danke, Musikindustrie!
Neben Bands, von denen man bereits eine hohe Qualität gewohnt ist, gab es auch Debüts und Neuerscheinungen von Bands, die man vorab gar nicht auf dem Schirm hatte. Eine der bemerkenswertesten Veröffentlichungen des Jahres stammt aus der Feder der Berliner Black Metal-Band ÅND, die mit ihrem ersten Album „Aeternus“ nicht nur bei mir einiges an positivem Eindruck hinterlassen konnten. Grund genug, um den Jungs aus der Hauptstadt einige Fragen zukommen zu lassen und sie bezüglich der Band, dem Album und dem aktuellen Stand des Black Metals zu löchern.

Viel Spaß!

ÅND

 

Robert: ÅND gibt es noch nicht allzu lange, ihr habt euch 2015 gegründet, richtig? Bitte erzähl uns kurz, wie und warum ihr als Band zusammengefunden habt.

Benjamin: Ich war damals noch in meiner alten Band und suchte schon lange nach Leuten, die Bock auf härtere Musik hatten. Am liebsten Death oder Black Metal. Über einen Freund kam ich damals zu unserem Gitarristen Sebastian, der ebenfalls auf der Suche war. Es wurden Riffs und Demosongs ausgetauscht und nach einem Treffen war klar, wir gehören zusammen. Nach einiger Zeit fand dann Basti (Drums) seinen Weg in die Band, sowie Jan (Gitarre) und zu guter Letzt Patrick (Bass). Auch bei diesen drei Herren war es eigentlich jedes Mal sofort klar: das passt einfach!

Robert: Wie seid ihr zu eurem Bandnamen gekommen und was drückt er aus?

Benjamin: ÅND kommt aus dem Norwegischen und heißt übersetzt Geist. Wir wollten einen simplen Namen, der im Gedächtnis bleibt und gleichzeitig die Stimmung der Musik widerspiegelt. Nach einigem Hin und Her blieben wir dann auf ÅND hängen. 

Robert: Wie sehr fühlt ihr euch der Berliner Black Metal-Szene verbunden, in der ja einiges passiert? Ist euch die Zugehörigkeit zu irgendeiner Szene überhaupt wichtig und spielt das für euch irgendeine Rolle?

Benjamin: Das ist wohl bei jedem unterschiedlich. Ich, zum Beispiel, würde mich am ehesten der allgemeinen Metal-Szene zuordnen. Wir haben aber alle irgendwie kein gutes Gefühl mit dem labeln unserer Person. Wir wollen auch ungern unserer Musik diesen Stempel aufdrücken. In erster Linie geht es uns darum, schwere, düstere und atmosphärische Musik zu machen. Da Metal unser aller Background ist, war der Weg zum Black Metal an sich nur logisch. 

 

ÅND

Robert: Jan, du bist auch als Gitarrist für CASPER unterwegs, den ich als Künstler wahrnehme, der auf Genrekonventionen zum Glück recht wenig gibt. Wie wichtig ist es für euch als Künstler, wie wichtig ist es als Musiker heute überhaupt, Scheuklappen abzulegen? Und kann man innerhalb von feststehenden Grenzen heute noch Musik machen, die überrascht, extrem ist bzw. überzeugt?

Jan: Das stimmt. Genrekonventionen bedeuten ihm (CASPER), wie auch mir relativ wenig. Allerdings ist das auch eine Sache des Alters, bzw der Reife. Als Jugendlicher sieht man das mit Sicherheit anders. Viel wichtiger finde ich den Grund, warum man überhaupt Musik macht. Meiner Meinung nach sollte man eine Vision haben und aus Überzeugung Musik machen, Bock auf das haben, was man tut und dahinterstehen. Nicht aus rein kommerziellen Gründen, oder um kurz im Rampenlicht zu stehen. Ich glaube, das merken die Leute aber auch relativ schnell. Ich denke, es bleibt einem als Musiker ab einem gewissen Punkt nichts anderes übrig, als sich durch andere Genres inspirieren zu lassen. Ich selbst bin vor allem auf Doom und Country hängen geblieben. Es gibt doch nichts Besseres, als neue Musik für sich zu entdecken. Genauso glaube ich, dass es immer noch extreme Musik gibt, die überrascht und überzeugt. Wie feststehend die Grenzen innerhalb der verschiedenen Genres aktuell überhaupt noch sind, sei mal eh dahingestellt.

Robert: Verfolgt ihr privat, was in der deutschen Musik-/Metalszene so passiert? Sicherlich ist nicht nur Jan stilistisch breit gefächert, was sind also Bands und Künstler, die euch beeinflussen und an die man vielleicht nicht sofort denkt, wenn man eure Musik hört?

Benjamin: Wir sind schon interessiert, was um uns herum so passiert, da wir ja auch mit der ein oder anderen Band befreundet sind. Da guckt man ganz klar was da so los ist. Außerdem hören wir ja auch viel Metal. Da informiert man sich quasi von selbst. Musikalisch sind wir aber durchaus unterschiedlich gepolt. Von Pop und Hip Hop, über Folk, Doom und Punkrock ist da alles drin. Ich denke, wer sich musikalisch verschließt, bleibt irgendwann stehen. Was auch immer das für den Einzelnen bedeutet.

Robert: Wo wir grad bei Einflüssen sind: wenn man Reviews und Promoschreiben über/von euch liest, fallen oft Namen wie TERRA TENEBROSA, DEATHSPELL OMEGA, und ALTAR OF PLAGUES, allesamt visionäre Black Metal-Bands, wie ich finde. Wo muss Metal, egal in welcher Form, eurer Meinung nach hin? Und wie ist es momentan darum bestellt?

Benjamin: Die Metal-Szene ist unglaublich groß mittlerweile. Das ist schön und der Output ist riesig. Es wird quasi am laufenden Band gute Musik, in den verschiedensten Stilrichtungen released. Das einzige, was mich am Metal und insbesondere am Black Metal stört, ist die teilweise immer noch sehr elitäre Haltung einiger. Es gibt großartige Bands da draußen, die verschiedene Richtungen wie Doom oder Shoe Gaze mit Black Metal verbinden (siehe ALCEST). Ich denke wenn (Black) Metal noch irgendwo hin sollte, dann hin zu einer offeneren Haltung gegenüber solchen Strömungen. Trveness kommt nicht nur von umgedrehten Kreuzen und literweise Schweineblut. 

ÅND

Robert: Habt ihr „The Synarchy Of Molten Bones“ schon gehört?

Benjamin: Allerdings. Gehört und für gut befunden. Wobei ich da jetzt nicht für alle sprechen will.

Robert: Scrollt man auf eurer Facebookseite umher, dann sieht man, dass die Rezensionen, die ihr bislang für „Aeternus“ bekommen habt durchweg positiv sind. Gabs bislang auch Gegenwind und wie geht ihr mit den Rückmeldungen um?

Benjamin: Tatsächlich haben wir bisher viele positive Rückmeldungen bekommen, was uns tatsächlich überwältigt. Niemand hätte vor einem Jahr gedacht, dass uns so viel Positives entgegenschlägt. Mit Kritik haben wir keine Probleme. Im Gegenteil, ich verlange sogar (gerade von meinem Umfeld), dass mir gesagt wird, wenn jemand die Platte schlecht findet. Nur so kann ich, bzw. können wir, an uns arbeiten. Wenn wir von allen Seiten nur Zucker in den Arsch geblasen kriegen, ist niemandem geholfen. 

Robert: Wie lange habt ihr insgesamt für die Arbeit am Album gebraucht? Die Spielzeit ist mit unter einer halben Stunde ja doch recht gering, wobei der Facettenreichtum eurer Kompositionen dabei umso höher ist.

Benjamin: Das Recording an sich hat ingesamt nur drei Tage gedauert. Danach haben wir, zusammen mit Jan von Hidden Planet Studio, immer wieder am Sound der Platte gearbeitet. Solange, bis alle zufrieden waren. Die Songs an sich standen zu dem Zeitpunkt, als Sebastian und ich uns kennenlernten, schon grob. Sebastian hatte bereits das grobe Gerüst für vier Songs stehen. Der restliche Feinschliff nahm dann ca. noch ein halbes Jahr in Anspruch. 

Robert: Der einzige Song, aus dem ich nicht so richtig schlau geworden bin, war „Dämmerung“. Für mich hat der Track auf dem Album vor allem den Effekt, „Schatten“ weiter hinauszuzögern, auf den ich mich bis heute bei jedem Durchlauf freue. Was hat es mit „Dämmerung“ auf sich und mach ich mir da zu viele Gedanken?

Benjamin: „Dämmerung“ ist vor allem ein Quasi-Intro zu „Schatten“. Er soll zum Song hinführen. Thematisch wie atmosphärisch. Von dem her wäre es jetzt gemein, „Dämmerung“ als Lückenfüller zu bezeichnen, da er, für mich als Textschreiber, in meiner Geschichte total Sinn ergibt. 

Robert: Ich hab euch im Januar 2016 in einem Club in Leipzig gesehen, der sich von der Größe her angefühlt hat, wie mein Kinderzimmer. Wenn ich nicht irre, war das auch euer allererstes Konzert, richtig? Wo wollt ihr zukünftig sowohl live, als auch generell hin? Was sind eure Pläne für 2017?

Benjamin: Genau, das war damals unser allererster Auftritt. Wir denken nach wie vor gerne an diesen unfassbar guten Abend zurück. Vor allem wollen wir mehr spielen. Geplant sind ein paar Weekender und eine Tour. Dazu möchte ich aber aktuell noch nicht zu viel sagen, bevor nicht alles in trockenen Tüchern ist. Wir werden aber, denke ich, in Kürze mehr darüber verlieren.

Robert: Das Jahr neigt sich dem Ende, was ist eure Platte des Jahres? Was sollte ich mir unbedingt mal anhören, das ich vielleicht noch nicht kenne?

Benjamin: Mein persönliches Highlight war „Rheia“ von OATHBREAKER. Sebastian feiert die neue MESHUGGAH ziemlich ab. Die neue EARTHSHIP kann auch einiges, genauso wie die neue AMON AMARTH. „Opa war in Ordnung“ von HAMMERHEAD hat mich auch bestens unterhalten. „You Will Never Be One Of Us“ von NAILS war auch ein übles Brett. Um mal einige vorzügliche Platten zu nennen.

 

Ich danke Benjamin und Jan für ihre Zeit und ihre Antworten!

„Aeternus“ ist am 04.11.2016 über This Charming Man Records erschienen und HIER erhältlich.

 

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Bilder mit freundlicher Genehmigung von Ånd, Henriette Brune und Henriette Brune

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