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Aus den Tiefen #43: THE VISIT

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In „Aus den Tiefen“ stelle ich euch regelmäßig mehr oder minder unbekannte Künstler, Projekte und Bands vor, die aus dem einen oder anderen Grund abseits der altbekannten Pfade wandeln. Die Gründe hierfür können zahlreich sein. Das Ergebnis muss nicht immer nach Metal klingen, im Gegenteil! Der Fokus liegt hierbei auf Innovation, auf Experimentierfreude, auf dem Potenzial, etwas anders zu machen, als alle anderen.

Was zur Hölle ist eigentlich im kanadischen Wasser drin? Irgendwas muss in diesem Land nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn man bedenkt, welch großartige Bands, vor allem im Prog- und Tech-Sektor, von dort kommen. Mancher mag dabei zunächst an Devin Townsend denken, mein Blick schweift dagegen eher in Richtung GORGUTS, ARCHSPIRE oder der überaus aktiven Szene um Bands wie BEYOND CREATION und AUGURY.

Doch auch in ganz anderen Nischen, Sphären und Ausformungen tut sich gefühlt permanent etwas im Land von Eishockey und Ahornsirup.

Die Rede ist von:

AVRIL LAVIGNE

THE VISIT

THE VISIT

 

Wann genau sich THE VISIT gründeten, lässt sich nicht genau sagen, doch konnte man das erste Lebenszeichen des unkonventionellen Duos in Form des Songs „Between Worlds“ im Jahre 2014 vernehmen, ein Jahr, bevor ihr gefeiertes Debüt Album „Through Darkness Into Light“ erscheinen sollte.

Doch fangen wir von vorn an. THE VISIT besteht aus nur zwei Mitgliedern: einerseits der ausgezeichneten Sängerin Heather Sita Black, andererseits dem Cellisten Raphael Weinroth-Browne.

Da für viele jetzt vermutlich erstmal die Gedanken in Richtung APOCALYPTICA schweifen, möchte ich diese Assoziation kurz entkräften. Obwohl die Finnen schon seit Jahren vollständig von meinem Radar verschwunden sind, muss man ihnen lassen, dass sie damals, ganz am Anfang ihrer Karriere, etwas mehr oder weniger Neues probiert haben. Dass man selbst nicht solche Songs schreiben konnte, wie das große Vorbild METALLICA, hat erstmal nichts daran geändert, dass APOCALYPTICA lange Zeit die wohl einzige Band waren, die die Messlatte in dieser Richtung überhaupt jemals bewegt hätten.

Was ist nun so neu und ungesehen an THE VISIT?

Zugegeben, es ist heutzutage nichts Neues mehr, Metal-Songs auf genrefremden Instrumenten zu spielen, ob es CAR BOMB auf dem Cello, oder NECROPHAGIST auf der Klarinette sind, irgendwie wurde alles schon mal irgendwann, irgendwie auf irgendwas gecovert. Und wenn es letztlich „Enter Sandman“ auf Kinderinstrumenten bei Jimmy Fallon war.

Was THE VISIT heraushebt, ist sowohl die stilistische, als auch die emotionale Bandbreite, die hier durch nur zwei Bandmitglieder entwickelt wird. Dabei bewegen sich die Songs, trotz der klassischen Ausbildung, die beide erfahren haben müssen, weit weg von klischeebehaftetem neoklassischen Gothic-Flair, das manch andere Kapelle zu verkaufen versucht. Besonders die musikalisch-metallenen Wurzeln von Weinroth-Browne blitzen im Verlauf des 55-minütigen Albums immer wieder in den einzelnen Songs durch und kreieren nicht nur Dynamik und Härte, sondern auch Tiefgang. Stellt euch manche dieser Cellolinien einfach mal auf ner E-Gitarre vor und ihr seid nicht weit weg, von manchen der eingangs erwähnten (Tech)-Death-Bands!

Der oftmals in Vokalisen vorgetragene Gesang von Heather Sita Black setzt natürlich Kontraste zu dem teils brutal und schwer wirkenden Cellospiel ihres Gegenübers, dennoch umschifft das Duo etwaige die Symphonic Metal spezifische Dualitäten à la „Die Schöne und das Biest“ gekonnt. Hier wird nicht zwanghaft gut gegen böse, schön gegen hässlich gestellt. Im Gegenteil kooperieren die beiden Bandmitglieder in einer organischen und songdienlichen Form miteinander, die Kompositionen schafft, welche manche Band mit sechs oder mehr Mitgliedern nicht in dieser Form bieten könnte. Weinroth-Browne und Black arbeiten zusammen, bauen Atmosphäre auf, entfernen sich dann im Song voneinander und nähern sich Stück für Stück wieder aneinander an, wobei die weibliche Stimme von zerbrechlich bis kraftvoll, von melancholisch bis erhaben reicht und so ein episches Gesamtwerk bietet, das ich in dieser Form mit nichts vergleichen kann.


In den vielen positiven Rezensionen, die das Duo für sein Debüt bekommen hat, wurde unter anderem geschrieben, dass THE VISIT wohl dass Bindeglied zwischen Metal- und Klassikfans sein, und für Anhänger beider Lager interessant sein könnten.
Ich bezweifle das. Denn auch die Kanadier werden einem BACH-Fanatiker CANNIBAL CORPSE nicht näher bringen können, andersrum werden TANKARD-Fans vielleicht nicht ganz den „intellektuellen Zugang“ finden und sich wie bei Hape Kerkelings „Hurz“ fühlen.

All jenen, die die Scheuklappen gerne ablegen und in allen Richtungen nach neuer, durchdachter und anspruchsvoller Musik suchen, seien THE VISIT ausdrücklich ans Herz gelegt.

Das Album „Through Darkness Into Light“ ist über ihre Bandcampseite erhältlich.

 

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Shankari River

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