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Wenn der Herbstmond scheint – Autumn Moon Festival 2016
„Die Idee ist einfach: Menschen zusammen bringen, tolle Aktionen bieten, gute Musik und begnadete Musiker präsentieren, Kunst Wahrnehmen und das alles in einer gemütlichen Atmosphäre. Neue Bands entdecken, neue Freunde finden – oder alte wiedersehen, gemütlich schlendern, wild tanzen, gepflegt entspannen oder hart feiern: alles ist möglich.“
Eine unglaublich treffende Aussage aus dem Programmheft über das diesjährige Autumn Moon Festival in Hameln. In vier Locations unweit voneinander entfernt traten an zwei Tagen 44 Bands aus der Folk-, Gothic-, Elektro- und Metal-Szene auf.
Die Rattenfänger-Halle, Hamelns Stadthalle, war hierbei die zentrale Anlaufstelle. Im Park an der Halle wurden, neben einer kleinen Freilichtbühne viele verschiedene Stände aufgebaut, wo Felle, gutes Essen und allerlei anderes Mittelalterliches angeboten wurde. Nur ein kleines Stück weiter am Kai entlang kam man zur „Hameln“, einem für das Festival etwas umgebauten Boot. Im engen Unterdeck befand sich eine kleine Bühne mit minimalistischer Tanzfläche davor. Nach kurzem Fußmarsch gelangte man so auch zur Sumpfblume, einem seit bereits 30 Jahren bestehenden Kulturverein mit angrenzendem Café. Der neue Spielort dieses Jahr ist das Papa Hemmingways, mit kleiner Bühne und sehr wenig Platz und zu wenig Licht.
Das Zeitmanagement ließ es für mich dieses Jahr leider nicht zu, mich viel in anderen Locations außer der Rattenfänger-Halle aufzuhalten, zumal dort die meisten für mich interessanten Acts auftraten.
Freitag
Nachdem ich meinen Begleiter für dieses Wochenende am Bahnhof in Hameln abgeholt hatte, fanden wir einen kostenlosen Parkplatz in einer Seitenstraße. An der Rattenfänger-Halle angekommen, standen wir etwas ratlos in einer Schlange zu den Bändchen, bis wir die Presse-Bändchen Ausgabe gefunden hatten. Die Bändchen-Vergabe war insgesamt leider eher schlecht geplant, da alle Besucher durch einen engen Eingang in die Halle mussten, sodass sich zu den Stoßzeiten ziemlich lange Schlangen bildeten. Das wäre ein kleiner Kritikpunkt, an dem sonst so reibungslosen Ablauf.
Den Start in das Festival lieferte die Symphonic Metal-Band XANDRIA, die mit der niederländischen Sopran-Sängerin Dianne van Giersbergen einen wunderbaren ersten Eindruck auf die große Bühne und den angenehm abgemischten Sound in der Halle geben konnten.
Die Zeit, bis die Barden von VOGELFREY die Bühne betraten, wurde zum Kennenlernen und Erzählen genutzt, auf Festivals geht das alles sehr viel besser. Zwischendurch lud der Mittelaltermarkt mit seinen liebevoll gestalteten Ständen zum Schlendern ein. Leider etwas zu lange, sodass wir von EISFABRIK keine Fotos mehr aus dem Graben machen durften. Aber auch vom Publikum aus genossen wir die Songs aus Dark Elektro oder Future Pop, wie die Band ihren Musikstil beschreibt. Vor der Bühne hatte sich auch schon eine beachtliche Menge an Zuschauern gesammelt, was ich nach meiner persönlichen Neuentdeckung voll und ganz verstehen konnte. Das Trio von EISFABRIK werde ich definitiv auf dem Schirm behalten und mir das eine oder andere Konzert gönnen!
Das Tageshighlight OST+FRONT lieferte eine Show aus Neue Deutsche Härte mit viel Blut und fantastischen Masken und schafften es, die Menge in eine Stimmung zu versetzen, wie es in der großen Halle an diesem Wochenende nur eine andere Band hinbekam. Nach der Show konnte man am Merch-Stand dann noch Fotos mit den Jungs machen und sich einen blutigen Handabdruck von Frontmann Hermann Ostfront auf ein Poster geben lassen.
Den Abschluss dieses Abends bildeten für mich DAS ICH, eine Dreierkombo, die es an Wahnsinn kaum zu übertreffen gilt. Stefan Ackermann untermalt die elektronischen Klänge seiner Kollegen mit wunderbar kratziger Stimme und teils grotesken Gesichtsausdrücken. Ein gelungener Abschluss eines ereignisreichen Tages.
Samstag
Der Samstag begann für mich und meinen Begleiter etwas später, das kalte Wetter hatten wir wohl etwas unterschätzt und hatten mit Erkältung zu kämpfen. Wick eingeschmissen, noch ne Stunde länger geschlafen und pünktlich zu THE MOON & THE NIGHTSPIRIT in die Sumpfblume. Leider war das ätherische Gejammer der Sängerin im Zusammenspiel mit der Patchouli-geschwängerten Luft nicht besonders zuträglich für die eh schon angekratzte Gesundheit. Auf Gras stelle ich mir die Musik aber ziemlich angenehm vor…
Nach einem kurzen Spaziergang über den Mittelaltermarkt blieb man schließlich bei einem Stand hängen, an dem Fudge verkauft wurde. Nebst einem Hinweis, dass man möglichst die Zunge von den Verkäuferinnen lassen soll und einigen gekauften Leckereien, hörte man von der kleinen Bühne auf dem Markt allseits bekannte Irish-Folk-Lieder, die uns zum Verweilen einluden, bis LACRIMAS PROFUNDERE mein Erscheinen im Graben veranlassten. Nicht besonders angetan von den schwarzen Klängen der deutschen Dark Rock-Band, verabschiedeten wir uns von der Rattenfänger-Halle, um im Café der Sumpfblume unglaublich leckere Burger zu fairen Preisen zu genießen. Leider war an dem Tag das Café so voll, dass unsere Burger tatsächlich erst kamen, als wir schon wieder in der Halle unterwegs waren. L’ÂME IMMORTELLE, das Gesangsduo aus Österreich, ließen mich in alten Gefühlen schwelgen, doch als die Nostalgie verschwunden war, überwog dann doch der Hunger. Und ich kann jedem, der in die kleine Stadt an der Weser kommt, empfehlen, das Café in der Sumpfblume zu besuchen.
Pünktlich um 21:30 Uhr kam Lady Lila in ihrem weißen Engelsgewand auf die Bühne und die Radiosendung WELLE:ERDBALL konnte beginnen. Als eigentlicher Headliner des Abschlussabends schafften es Honey und Co wie keine andere Band des Festivals, die große Menge in der Rattenfänger-Halle in Stimmung zu versetzen. Mit einem umfangreichen Aufgebot an alten und neuen WELLE:ERDBALL-Klassikern wie „VW Käfer“ oder „23“, bringen die fünf (Ja, der Commodore 64 ist ein Bandmitglied) die Zuschauer zum Tanzen und auch mir fiel es im Graben schwer, nicht im Takt mitzuwippen.
Was danach als WORLD PREMIERE angekündigt wurde, war wohl das desaströseste, was ich jemals gesehen habe. Das kanadische Tattoo-Model Rick Genest hat nebst ein paar Auftritten in Musikvideos und kleinen Auftritten in ein paar Filmen nun auch vor, die Musikwelt im Sturm zu erobern. Den Preis für die schnellste Saalräumung hat ZOMBIE BOY am Samstag definitiv eingesackt! Nach vier Liedern, die ich gezwungen war auszuhalten, bemerkte nicht nur ich, dass Herr Genest seine äußerst raffinierten, aus lediglich zwei Wörtern (‚Yeah‘ und ‚Baby‘) bestehenden Texte zuerst vom Telepromter ablas, sonder ab Lied zwei, welches man kaum vom ersten unterscheiden konnte, nicht mehr gesungen hat, sondern sich Playback aushelfen ließ. Die anfangs volle Halle leerte sich innerhalb von vier nicht sonderlich langen Liedern bis auf ein paar letzte Fans. Mir tat nur die Security leid, die sich das Grauen bis zum Ende antun musste. Einzig und allein der Schlagzeuger von ZOMBIE BOY hat echt einen Orden verdient, so motiviert und glücklich wie er auf sein Instrument eingedroschen hat, um wenigstens ein bisschen Stimmung zu schaffen.
Fazit
Die Idee und die Umsetzung des Autumn Moon Festivals ist toll, einige kleine Verbesserungsvorschläge gibt es sicher von meiner Seite aus, aber es war nichts, was mir die super Grundstimmung die Tage verdorben hat. Wer kleine beschauliche Festivals mag, die in alle Richtungen offen sind, keine ganz strikten Genre-Einschränkungen und nicht nur eine Bühne sondern auch ein Rahmenprogramm haben, dem kann ich wärmstens empfehlen, sich eine Karte für das Autumn Moon 2017 zu organisieren und in die schöne Rattenfänger-Stadt Hameln zu kommen, wenn der Herbstmond wieder scheint.
Galerie der Bands und beiden Tage:
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