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Back to the Roots – Ein Trip in die Vergangenheit

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Soooo, wieder mal einen Konzertabend erfolgreich verlebt.

Und wieder den musikalischen Horizont erweitert.

Es gibt immer so 1-2 mal im Jahr Konzerte, die ich mit meiner Mutti besuche. Gottseidank hat Mutti auch einen guten Musikgeschmack, der trotz 35 Jahren Altersunterschied auch durchaus noch Rock und einige Metalauswüchse beinhaltet. Als ich also das gestrige Konzert Anfang des Jahres online entdeckte, war nach einem kurzen Anruf alles geklärt und die Karten wurden geordert.

Eine kleine Zeitreise…

Jetzt versetzen wir uns mal zurück, ungefähr zum Zeitpunkt unserer Geburt. Als Mittelwert mal 30 Jahre gerechnet, sind wir im Jahr 1988 – und gehen jetzt nochmal 19 Jahre zurück: 1969. Woodstock war gerade passé, selbst die Eltern von einigen hier dürften nur Quark im Schaufenster gewesen sein. Aber es gab schon Menschen, die mit Ihren Instrumenten die Grenzen harter Musik erweiterten.

Zu langen Gitarren- und Schlagzeug-Soli gesellten sich außerdem ausufernde Keyboardorgien. Und Lieder wie IRON BUTTERFLY´s 13 Minuten-Monster „In-a-gadda-da-vida“ waren das Maß der Dinge.

In eben dieser Zeit erschien das erste Album der heute auftretenden Band URIAH HEEP

Uriah Heep

Also machen wir uns zu zweit auf zum Haus Auensee. Völlig unüblich wartet keine Schlange vor der Tür,  der Einlass verläuft rasend schnell und schon sind wir drin. Das anwesende Publikum steht sehr locker, es sind auch überraschend wenig Besucher. Zumindest im Stehbereich, denn die bestuhlte Empore ist voll. Den Altersschnitt im Publikum möchte ich ganz salopp mit dem Namen der Vorband beschreiben, denn hier geben sich heute THE ZOMBIES die Ehre. Bloß nicht falsch verstehen: Ich meine das nicht respektlos, denn ich will gerne auch mit 70+ noch auf Konzerte gehen. Davor ziehe ich meinen Hut!

Außerdem konnten mit Sicherheit viele zu Zeiten der deutsch-deutschen Teilung ihre Idole zu deren Glanzzeit nie live erleben, und es freut mich immer, wenn so etwas nachgeholt werden kann.

Die Vorband THE ZOMBIES wurde im Vorfeld als englische Rockgröße beworben, sagte mir aber bis dato mal so gar nichts. Pünktlich 20 Uhr geht es los, und das gehörig. Denn die Lautstärke ist scheinbar an Hörgeräte angepasst… Also für diejenigen, die welche benötigen, aber keines mithaben! Davon abgesehen wird eine wirklich schöne Mischung aus Rock und einigen Stücken mit starken Bluesanleihen geboten. Ergänzt wird die Kombi um ein Stück des ALAN PARSONS PROJECTs, bei dem der Sänger mal mitgewirkt hat, und dem Hit der Band ARGENT, bei der der Keyboarder tätig war. Musikalisch auf jeden Fall ein guter Auftakt. Auch wenn ich mir aufgrund der doch recht verhaltenen Stimmung im Saal noch etwas Gedanken um den weiteren Abendverlauf mache…

Fast 50 Jahre auf der Bühne – ist das eine gute Idee?

Mit Bands, die nach so langer Zeit noch touren oder sich irgendwann mal wieder zu einer Reunion zusammenwürfeln, kann man richtig Glück haben. Oder aber ganz tief ins Klo greifen (wie es GUNS´N´ROSES dieses Jahr gezeigt haben). Der Abend hier gehört aber auf jeden Fall in die erste Kategorie! Nach der Umbaupause kommen die alten Herren auf die Bühne: 49 Jahre Bandbestehen, immerhin noch ein Gründungsmitglied dabei und auch der Sänger schon seit 1986. Und so geht es auch direkt gut vorwärts. Mit für mich durchaus überraschender Schnelligkeit und einem kräftigen Einstieg kommen URIAH HEEP ohne große Umschweife gleich zur Sache.

Dass hier noch niemand in der Rockerrente ist, wird auch mit Stücken aus dem 2018 erschienenen 26.(!!) Album „Living the Dream“ bekräftigt. Diese fügen sich sehr gut in die alten Klassiker ein und zeigen trotzdem auch noch frische Ideen.

Der aktuelle Schlagzeuger und ehemalige Roadie hat offensichtlich Spaß und jede Menge Energie. Und wirft nach den ersten 3 Titeln beim Aufspringen zum finalen Hieb auf das Trommelfell (Doppeldeutigkeit erwünscht!) beinahe sein Instrument über den Haufen. Der Keyboarder, bei den neueren Titeln eher zurückhaltend vertreten, bekommt dann bei der Präsentation von großen Hits wie „Gypsy“ oder „Easy Livin´“ seinen großen Auftritt. Hier ist dann für Sänger Bernie Shaw durchaus mal Zeit vorhanden, die Bühne vorübergehend zu verlassen, während sich die übrigen Bandmitglieder in minutenlangen ekstatischen Zwischenspielen verausgaben. Aber dabei finden Sie eben immer genau den richtigen Punkt, um die Stimmung am Kochen zu halten und den Bogen zum eigentlichen Titel zurück zu finden.

Sänger Shaw beeindruckt mit über 60 immer noch mit kräftigem Gesang und zeigt keinerlei Alterserscheinungen und eine starke Bühnenpräsenz. Der Bassist, genau wie der Schlagzeuger ebenfalls jüngeren Semesters und in die Band nachgerückt, offenbart auch gerade bei den langen Zwischenspielen echte Qualitäten und ein beeindruckend rasantes Spiel. Mein Highlight ist auf jeden Fall Gründungsmitglied und Gitarrist Mick Box. Er beherrscht mit Sonnenbrille und einem unablässigem Dauergrinsen absolut virtuos sein Instrument und bringt den Geist der damaligen Zeit musikalisch brillant ins Publikum!

Fazit:

Insgesamt vergehen die 1,5 Stunden plus Zugabe wie im Flug. Und bieten eine abwechslungsreiche Reise durch die verschiedenen Etappen der Bandgeschichte bis hin zu den aktuellen Stücken. Dabei wirkt die Band kein bisschen müde. Die Show erscheint nicht wie ein Pflichtprogramm, ganz im Gegenteil! Es wird Musik gelebt, man merkt den Spaß der Beteiligten daran, ihre Stücke zu präsentieren und zu zelebrieren. Und durch die lange Bühnenerfahrung wird auch eine großartige Bühnenpräsenz geboten!

Auch wenn die Träumereien der Hippiezeit nichts für mich sind: Musikalisch sind damals wirklich große Dinge passiert und vieles unserer heutigen Metal- und Rockmusik wäre ohne die Pioniere von damals nicht möglich oder nicht so entstanden. Solche alten Recken dann noch – mit Spaß an der Sache – auf der Bühne zu sehen, ist echt ein Erlebnis. Und ich kann nur sagen: Wer demnächst in seiner Stadt URIAH HEEP im Programm sieht und sich auch bei einem „leicht erhöhten“ Altersdurchschnitt im Publikum wohlfühlt: Schaut es euch an, es lohnt sich!

Ps.: Natürlich gab es auch die „Lady in Black“ auf die Ohren. In einer abgewandelten Akustikversion, die dem alten Klassiker eine ganz neue Note verliehen hat. Und spätestens hier hat sich wirklich JEDE Stimme im Publikum erhoben!

 

 


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