Drabikowski’s BATUSHKA – Die Seele einer Band
Zwei Männer und ihr Kampf um das Schicksal von BATUSHKA
Drabikowski’s BATUSHKA – „Панихида“
Veröffentlichungsdatum: 26.05.2019
Länge: ~42 Min.
Label: Selfrelease
Genre: Black Metal
Endlich ist gekommen, worauf wir alle gewartet haben – 2 BATUSHKAs! Was, darauf habt ihr nicht gewartet? Na ja, jetzt ist es jedenfalls soweit:
Vor einigen Tagen veröffentlichte Sänger Bartłomiej Krysiuk’s BATUSHKA eine erste Single zum kommenden Album „Hospodi“, das am 12. Juli erscheinen soll. Dem kam Gitarrist Krzysztof Drabikowski nun zuvor, indem er ein komplettes eigenes Album namens „Панихида“ (zu Deutsch: Panichida, orthodoxe Totenmesse) auf Bandcamp veröffentlicht hat. Die Songs sind übrigens – MGLA würden sich die Finger lecken – übersetzt mit „Song 1“ bis „Song 8“ betitelt. Drabikowski kontrolliert übrigens nach wie vor den Youtube-Channel der Band und veröffentlichte über denselben auch die Songs seiner BATUSHKA-Version.
Hier könnt ihr dagegen in die neueste Single von Bartłomiej Krysiuk’s BATUSHKA anhören, die auch über ihr Label Metal Blade veröffentlicht wurde.
Beide Alben scheinen demselben Konzept zu entspringen, denn beide beschäftigen sich offensichtlich zu einem gewissen Grad mit der orthodoxen Totenmesse (wie Bartłomiej Krysiuk’s BATUSHKA verlauten lies: “Das Albumkonzept beruht auf der der Totenmesse der Orthodoxen, Gebeten, Liedern und Bräuchen in Gedenken an Verstorbene.)
Rein rechtlich gesehen dürfte das vor Gericht ziemlichen Ärger geben. In der Vergangenheit war ein Gerichtsbeschluss aufgetaucht, der Bartłomiej Krysiuk verbot, bis zum Ende des Verfahrens Veröffentlichungen unter dem Namen BATUSHKA zu machen, an den sich Krysiuk allerdings (offensichtlich) nicht halten möchte und selbst rechtliche Schritte eingeleitet habe, da Drabikowski dem Namen und Ansehen von BATUSHKA schade.
Wir halten euch über alle Veränderungen im Prozess auf dem Laufenden. Den Ursprung dieser Schlammschlacht könnt ihr übrigens HIER nachlesen.
Nun zu meiner Meinung:
Mit dem ganzen Gerichtsverfahren haben BATUSHKA (und nicht einer der beiden Hauptstreithähne) sich selbst, ihrer Karriere und ihrem Ruf nachhaltig geschadet. Für eine Band, die sich auf der Bühne so geheimnisvoll, unantastbar und kvltig gibt, ist dieser Prozess nicht nur eine Enthüllung, sondern eine ganz schöne Entzauberung. Was bleibt, ist die Musik, allerdings dürfen wir uns fragen, wie lange noch unter dieser Fahne, wenn die beiden Streithähne sich nicht einig werden.
Mir persönlich gefällt Drabikowski’s Album besser. Es ist nicht so plattgemixt wie Krysiuk’s Version der Band, abwechslungsreicher und zeigt mehr musikalische Seele. Die Chöre und Kehlkopfgesänge sind treffender eingesetzt, bei Krysiuk hat man beinahe das Gefühl, sie seien dort, um „da zu sein“, anstatt die Szenerie bestmöglich zu untermalen. Kurz gesagt: Es macht Spaß (darf man sowas im Black Metal überhaupt sagen?) und macht definitiv Bock auf mehr. Auch im Vergleich zum bisher einzigen BATUSHKA-Langspieler (damals noch in vereinter Weise) „Litourgiya“ zeigt sich Krysiuk’s „Chapter I: The Emptiness – Polunosznica (Полунощница)“ schwach. Die einzelnen Instrumente kommen aus dem Soundbrei heraus kaum zu tragen und alles wirkt irgendwie mutlos dahingeschmettert.
Einzelne Songparts unterscheiden sich kaum, ganz im Gegensatz zu Drabikowski’s „Панихида“. Hier gibt es durchgeklügelte Geschwindigkeitswechsel, Pausen, Zwischenspieler und eine ganze Lastwagenkolonne mehr Atmosphäre. Auch hört man bei Drabikowski irgendwie mehr von „Litourgiya“ als bei Krysiuk – Drabikowski dürfte also einen nicht ganz unerheblichen Teil der musikalischen Schaffenskraft der Band ausgemacht haben.
Die „Songs“ im Einzelvergleich
Die einzelnen Songs grenzen sich durch individuell-starke Charaktere voneinander ab. Während „Песнь 1“ mich von der ersten Sekunde an packt, ergötzt sich „Песнь 2“ nahezu an seiner immensen Überlänge und einem derartigen Cut im Stück, dass man meinen könnte, man sei schon im nächsten Stück – tatsächlich entwickelt der zweite Part das Gefühl des Songs nur weiter. Ein (weiterer) klarer Favorit. „Песнь 3“ wiederum glänzt mit vielen atmosphärischen Anleihen und rockig angehauchten Riffs, die fast von „Smoke On The Water“ inspiriert sein könnten (kein Scherz). „Песнь 4“ ist dann wohl eher das rebellischere Familienmitglied; hier gibt es teils viel Chaos und für meinen Geschmack fast einen Hauch zu krasse Stimmungswechsel. Aber das obliegt dem persönlichen Geschmack.
Was sich durch das ganze Album durchzieht, ist der nahezu „liebevolle“ Einsatz von Intros. Kein Intro vermittelt das Gefühl, nur um seiner Existenz Willen eingesetzt worden zu sein, sondern verfolgt, mal länger, mal kürzer, ein festes Konzept, das sich hervorragend in den dazugehörigen Song einschmiegt. Selbes gilt auch für „Песнь 5“, das trotz heftigstem Blast-Gebläse einen Charakter des Durchatmens vermittelt. Nicht, dass der Song langweilig wäre – er hat einfach eine ganz andere, eher geschlossenere Atmosphäre als sein Vorgänger. Und auch „Песнь 6“ glänzt mit viel Melodik, ohne abzuheben und zu verkünstlichen – dieses Album braucht keine Einsilbigkeit, um Finsternis rüberzubringen.
Die Zukunft von BATUSHKA?
„Песнь 7“ als vorletztes der 8 Stücke glänzt besonders durch den klerischen Kehlkopf- und Cleangesang, der den Screams auf der stimmlichen Ebene des Songs ebenbürtig begegnet. Eine besonders schöne Hinführung erlebt „Песнь 8“, der nochmal eine ordentliche Atmospheric-Schippe mit ins Spiel bringt. Als Abschluss eines starken Albums ist das auf jeden Fall noch ein netter finaler Hingucker. Es bereitet mir insgesamt große Freude, mich in das Album hineinzufühlen und ich hoffe, da kommt noch mehr!
Zu Krysiuk’s Verteidigung: Drabikowski hat nun ein ganzes Album hinter sich stehen, Krysiuk gerade mal einen Song, der aber nicht sonderlich überzeugt. Während dieser einmal durchgehört und dann vergessen ist, hinterlässt Drabikowski’s Album bleibenden Eindruck.
Autorenbewertung
Vorteile
+ erinnert ans letzte Album, trotzdem kein Abklatsch, sondern sinnvolle Weiterentwicklung
+ guter Mix, der allen Instrumenten Raum lässt
+ durchdachter Einsatz von Intros, Motiven, Gesängen und Instrumenten
Nachteile
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1 Kommentar
Also ich persönlich fände das gar nicht so ungewöhnlich, wenn das Ganze nur ein Marketingtrick wäre. Das wäre dann zwar schon sehr radikal, aber wenn es bei beiden Alben um die orthodoxe Totenmesse geht, ist es ja nur logisch, dass es nach der Spaltung innerhalb der orthodoxen Kirche auch zu einer Spaltung der Band kommt.