Black Metal Malle – Teil 2

Was verbindet Malle und Metal? Wie hängen Komasaufen, Sangria und Sakralbautenbeschmutzung zusammen? Diese Fragen, und noch viele mehr, könnt ihr euch durch den Genuss des ersten Beitrages dieser Serie beantworten lassen. Wer also Sinn und Zweck dieses Reiseberichts nachvollziehen möchte, darf sich gern mit Teil 1 befassen. Den Link dazu findet ihr hier.

Nach dieser formellen Begrüßung möchte ich alle Leser wieder herzlich dazu einladen, meine Urlaubserinnerungen weiterzulesen.

Tag 5:

Dank dem körperlich ziemlich anstrengenden gestrigen Tag bremse ich mich erst einmal aus. Heute gilt es, einen Tag komplett zu fläzen und sich gehen zu lassen. Ich zappe durch sinnlose bis belustigende Programme in den unterschiedlichsten Sprachen. Danach schreibe ich Postkarten und lese Bücher.
Jetzt fehlt nur noch eine gute Band, zu der man auch einfach nur entspannen und in einer guten Geschichte versinken kann. Das, und die Temperaturen im Zimmer, bringen mich auch schon direkt auf die nächste Band. Wenn es nämlich so warm ist, hat man dann überhaupt noch Lust auf eingängige Musik für mehr Bewegung und Schweiß? Atmosphärischen Black Metal kann man doch bestimmt auch in wärmeren Gebieten produzieren und nicht nur hören, oder? Eben genau das beweist DOWNFALL OF NUR.

Auf dem  Album „Umbras de Barbagia“ werden ordentliche Melodien – falls man das so im Black Metal nennen darf – komplettiert durch einige folk-ähnliche Instrumentalpassagen. Und das ist noch nicht genug! Der Mann hinter diesem Projekt ist auch noch ursprünglich Italiener und zog als Kind erst nach Argentinien. Dieser nette Herr hört auf den wunderschönen Namen Antonio Sanna. Diesen Namen würde ich eher auf dem Cover einer alten Schallplatte erwarten, deren Musik sich der gewöhnliche Metalhead eher nicht antun würde.
Sein Solo-Projekt macht ihn innerhalb der Szene, seit dem Debüt-Album aus dem vergangenen Jahr, zu einem gefragten Mann. Und das mit gerade einmal 19 Jahren. Wem Klänge á la WOLVES IN THE THRONE ROOM und AGALLOCH nicht fremd sind, der sollte definitiv diesem überzeugenden Erstlingswerk eine oder zwei Chancen geben.

Tag 6:

Nach dem gestrigen Energiesparmodus muss ich heute wieder ein paar Gänge hochschalten. Das geht am besten auf einer ewig langen Inselrundfahrt mit Bus und Bahn. Bei einer Fahrt im historischen Zug durch Berg und Tal sieht man ab und zu schöne Landschaften, wenn man sich denn nicht gerade in einem gefühlt 100 km langen Tunnel befindet. Auch die touristisch sehr beliebte Straßenbahn wird natürlich genutzt. Die Abfahrt vom Berg in die Bucht von Sa Calobra macht mir leichte Sorgen, da der Fahrstil eines hitzigen Spaniers vielleicht nicht so gut auf extreme Serpentinen angepasst ist.

Zu meinem Glück scheint der Busfahrer seinen Führerschein doch nicht mit dem Bobbycar gemacht zu haben und kann seinen Wendekreis gut einschätzen.

Der Grand Canyon von Mallorca gefällt mir ziemlich gut. Das heißt, wenn es nicht so viel Abfall zwischen den Felsen geben würde, wäre es wahrscheinlich noch viel schöner. Typisch Menschheit.

Um wieder zurück zum eigentlichen Thema zu kommen, gibt es eine weitere deutsche Band, die ich euch ans Herz legen möchte. ULTHA machen ehrlichen Black-Metal und haben mit ihrem Album „Pain Cleanses Every Doubt“ den Vogel abgeschossen. Die Songs schmettern ähnlich hart gegen meinen Gehörgang wie die Brandung auf die Felsen hier. Auch der Bootstrip, Seekrankheit für die Hälfte der Passagiere inklusive, lässt sich mit den Black-Metal-Wogen gut aushalten. Ich selbst werde natürlich kein bisschen seekrank, da Busfahrer im Osten besonders bemüht sind, einen auf alle möglichen Turbulenzen vorzubereiten.

Wer in Brandenburg einem Schulbus entsteigt, fühlt sich eh schon für die Astronautenausbildung in der Humanzentrifuge vorbereitet. Die Musik schleudert mich auch hin und her, die Band weiß einfach was den Hörer bewegt. Es ist zwar bei weitem nichts innovatives, aber Fans von Oldschool- und Modern-Black-Metal dürften sich hier bedient fühlen. Die volle Dröhnung ULTHA gibt es in abgeänderter Form auf einer neuen EP, die dieses Jahr erschienen ist. Denn leider verließ ein Mitglied die Band, was das Songwriting stark veränderte. Wem das neue Zeug nicht gefällt, der findet seinen Trost hoffentlich im ersten Album der kleinen Truppe.

 

Tag 7 & 8:

Diese beiden Tage verschwimmen in meinem Urlaubsgedächtnis immer zu einem größeren Ganzen. Und das nicht, weil ich zu viel Hopfentee oder ähnliches in meinen Körper gelassen habe. Einfach aus dem simplen Grund, weil diese Tage die wahrscheinlich entspanntesten der gesamten Woche waren und die Abreise bevorstand. Einfach nur rumliegen, sonnen, diese Kolumne vorbereiten und ab und zu in die Fluten stürzen. Fürs aufnahmefähige Hirn höre ich also LYCHGATE, eine Mischung aus „Klassik“ und Black Metal.

Diese klassischen Elemente und theatralischen Konzepte sollten dem ein oder anderen DIMMU BORGIR– Fan ja bereits bekannt sein. Auch wenn es für viele vielleicht eine Abwertung der Briten in LYCHGATE ist, mit dieser Band verglichen zu werden, ist es durchaus angebracht. Es ist klar, dass ein viel avantgardistischerer Anspruch an die gesamte Sache gestellt wird, aber Brutalität wird hier keinesfalls vernachlässigt.
Brachiale Gitarrensounds gehen Hand in Hand mit Synthesizer-Strukturen, die einige Songs sogar vollständig tragen. Das neueste Werk heißt „An Antidote for the Glass Pill“ und trumpft mit Instrumenten wie Orgel, Cembalo und Pauke auf. Bizarre und kreative Anordnungen also, die man in Ruhe genießen sollte und nicht zwischen Tür und Angel.“VED BUENS ENDE gemischt mit klassischer Musik“, fällt mir zum Schluss noch einmal als passender Vergleich ein.

Am letzten Abend sehe ich sogar TRIPTYKON live bei Wacken. Mensch war das langweilig mit anzusehen, und das obwohl ich die Band auf Platte echt ziemlich gern hab. Nichtsdestotrotz geht es weiter im Programm:

Bevor nämlich einige von euch noch tot umfallen aufgrund von Trveness-Entzug, gibt es für die Abreise von mir einen Tipp, der keiner ist. Denn jeder hier wird sie wahrscheinlich kennen und entweder lieben oder wenigstens respektieren. Die Rede ist natürlich ganz klar von MGLA, dem Durchbruchs-Phänomenon des letzten Jahres im Black-Metal-Bereich.

Bevor nun die Sitze in eine aufrechte Position gebracht werden und Start-Erlaubnis in Richtung Heimat erteilt wird, möchte ich die Lieferengpässe an echtem kultigen Black-Metal beenden.

„Exercises In Futility“ war das Black-Metal-Album des letzten Jahres schlechthin, egal ob nun Grau-Zone oder nicht. Man muss jedoch anmerken, dass die Polen das Rad nicht neu erfinden sondern schlichtweg optimieren. Obwohl ich schwer bezweifle, dass man einen Kreis als Grundlage noch irgendwie verbessern kann. Also lehnt euch zurück, haltet die Kotztüte bereit und stülpt euch isolierende Kopfhörer über die Ohren: Denn mit MGLA fliegen wir zurück in die Steinzeit des Black Metal und der Kreis wird komplettiert. Viel mehr muss zu diesem Album auch nicht mehr gesagt werden.


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