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Black Metal statt Seelenklempner – AJATTARAs Mastermind im Interview

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Ruoja – Sänger, Gitarrist und treibende Kraft hinter dem finnischen Kolloss der Düsternis AJATTARA – erzählt von seinem Ruin. Anlässlich der Review ihres aktuellen Albums „Lupaus“ hatte ich Gelegenheit, diesem kauzigen Künstler ein paar Fragen zum Album, zur Politisierung des Black Metal und seiner Motivation hinter der Musik zu stellen.

Ich wünsche mir, dass ihr alle mit euren eigenen Hirnen denkt, ohne den Einfluss charismatischer Führer oder einer öffentlichen Meinung.

Das ungekürzte Interview im Originalwortlaut findest du am Ende dieses Artikels.


S: Es war eine ganze Weile recht still um euch. Was hast du in der Zwischenzeit gemacht? Hast du an anderen Projekten gearbeitet?

Ruoja: Ja, natürlich! Ich hatte beispielsweise eigene Belange zu managen, musste etwas anderen Dingen [als Bandprojekte] entgegentreten, um zu wachsen. Ich habe drei Jahre lang in Spanien gelebt und dort etwas andere Musik gemacht – aber vor allem hat mich diese Zeit näher zu mir selbst gebracht. Es ist einfach zu viel passiert, über das ich hinwegkommen musste. Glücklicherweise habe ich gute Freunde, die mir geholfen haben und mich vor der Einweisung in die Geschlossene bewahren konnten.

Manche gehen an dieser Stelle zum Seelenklempner, aber ich mache Black Metal.

S: Haben neue Erfahrungen dich dazu motiviert, das Projekt wieder aufzunehmen?

Rouja

Ruoja: Tatsächlich haben wir uns ja nie endgültig aufgelöst. Es gab eine Nacht, in der ich von Allem extrem erschöpft war und gar nicht mehr klar erkennen konnte, was in diesem Moment eigentlich das Wichtigste ist, um in einer Welt wie dieser überhaupt am Leben zu bleiben. Also habe ich mich dazu entschlossen, alles hinter mir zu lassen, um nicht noch mehr Schaden anzurichten. Wenn dein Verstand nämlich nicht mehr bei dir ist, solltest du ihn dringend wiederfinden, bevor du dich anderen zeigst.

Wenn deine Berufung ist, Black Metal zu machen, solltest du bereit dafür sein, ziemlich tief durch die Scheiße zu waten. Andernfalls wird deine Musik einfach nur schlecht werden. Ich schreibe meine Texte über die Realität – da gibt es keine Götter oder Trolle. Hier gibt es nur uns, die Menschen. Manche gehen an dieser Stelle zum Seelenklempner, aber ich mache Black Metal. Das macht mich nicht zu einem besseren Menschen, nur zu einem etwas anderen.

S: Was war der Anlass, gemeinsam an einem neuen Album zu arbeiten?

Ruoja: Ich habe in einem anderen Land gelebt, die anderen aber noch in Finnland […], also ist grundsätzlich das Wichtigste gewesen, dass ich meine Brüder treffen konnte. Vielleicht haben wir in der Zeit ohne einander einfach zu viel verpasst. Das war der Grund, aus dem mich die Jungs anriefen und mir sagten, dass es nun endlich Zeit sei, um weiterzumachen. Und natürlich haben wir uns auch in den Jahren dazwischen gegenseitig unterstützt. Also haben sie mitbekommen, dass ich irgendwann wieder auf eigenen Beinen stand.

S: Wie ich weiß, kostet Songwriting und Produktion viel Zeit und Energie. Wie lange hatte der tatsächliche Schreibprozess für „Lupaus“ gedauert?

Ruoja: Es braucht mehr als nur „viel“. Es braucht alles, wenn du das Beste herausholen willst. Um ehrlich zu sein, hat es ganze 45  Jahre gebraucht, um „Lupaus“ zu erschaffen, falls du meine Andeutung verstehst … meine Seele ist seit meiner Geburt versprochen gewesen.

Satan repräsentiert uns, die Menschen, am Besten und in unserer ursprünglichsten Form des Lebens.

S: Die Songtitel scheinen satanische Themen zu benennen. Seid ihr einem Hauptthema gefolgt, vielleicht einem Grundgefühl, auf das ihr euch in den Songs konzentriert habt oder die den kreativen Prozess geleitet haben?

Ruoja: Zuallererst: ich bin Atheist. Satan repräsentiert uns, die Menschen, am Besten und in unserer ursprünglichsten Form des Lebens. Also ist jeder von uns Satanist. Wie ich schon erwähnte, zuerst ich und dann auch du. Denk an ein abstürzendes Flugzeug. Es gibt sehr klare Anweisungen, dass du dir selbst die Maske zuerst aufsetzen musst, bevor du sie deinem Kind aufsetzen darfst. Denn ohne deine Hilfe wird das Kind sterben. Verstehst du, was ich meine?

S: Wie habt ihr euer Songwriting gestaltet? Hat es sich vom Prozess eurer vorhergehenden Alben unterschieden?

Ruoja: Seitdem wir mit Malakias 4 aka Tonmi Lillman (R.I.P.) zusammengearbeitet haben, haben wir begonnen, unsere Alben anders zu produzieren, als es sonst üblich ist. […] Wenn ich mit komponieren anfange, spiele ich zunächst die Drumtracks selbst ein oder nutze einen Drumcomputer bzw. vorprogrammierte Schlagzeugpatterns. Mit Tomni haben wie die Idee gehabt, ein Album nur mit den blanken Drumspuren zu beginnen und darauf spiele ich dann einfach, was mir so in den Sinn kommt. Ich habe sehr früh rausgefunden, dass dies die beste Basis ist. Damit kann ich mich wunderbar kreativ ausleben […]. Und selbst die bereits geschriebenen Texte – die schreist du direkt heraus und dann kommen auch die Riffs wie aus dem Nichts. Ich verstehe mich selbst als Lärm-Schleuse [orig.: Noisegate], die einfach die Geräusche aus dem Universum filtert. Ich erstelle ein Demo und schicke es den anderen Jungs. Die spielen nach ihrem eigenen Gusto darauf. So funktioniert das bei uns.

Also war es uns mehr als recht, gemeinsam etwas Schönes zu erleben, anstatt uns wie sechs Psychopathen in irgendeinem Keller zu verschanzen.

Cover von „Lupaus“ (2017)

S: Warum habt ihr euch dazu entschlossen, euer Album in der „Casa de la Musica“ in Spanien aufzunehmen, anstatt in Finnland zu bleiben?

Ruoja: Der Hauptgrund war tatsächlich, dass ich dort gelebt habe und die anderen unbedingt aus diesem Drecksloch [orig.: Shithole] namens Finnland rauskommen wollten. Es war eigentlich gar keine Frage, das so zu entscheiden. Es war für uns alle großartig, eine solche neue und andere Art von Erfahrung machen zu können, nachdem wir in den letzten Jahren alle verschiedene Widrigkeiten durchstehen mussten. Also war es uns mehr als recht, gemeinsam etwas Schönes zu erleben, anstatt uns wie sechs Psychopathen in irgendeinem Keller zu verschanzen. Die „Casa da la Musica“ liegt im Hinterland von Andalusien und ein alter Bekannter ist sowohl Eigentümer des Studios als auch Bewohner des Hauses. Also war es ganz schlüssig, dass er, Kari Reini, es aufnahm. Produziert wurde es dann von Mikko Herranen und unserem Schlagzeuger Rainer Tuomikanto […].

S: „Lupaus“ beinhaltet ein paar Anleihen eurer älteren Alben, wie beispielsweise „Itse“, aber es erscheint zugleich deutlich rauer und düsterer.
Hast du bewusst versucht, den Sound schroffer zu gestalten?

Das Cover des Debutalbums „Itse“ (2001).

Ruoja: Ich versuche immer, die Grenzen zu sprengen. Das passiert einfach, indem ich mir mehr Luft schaffe, um im Endeffekt mit mir selbst klar zukommen. Oder anderen zu helfen, wenn sie eine schwere Zeit haben. […] Wir brauchen alle diesen Freiraum, damit wir zusammen auf dieser Welt leben können, die wir selbst so erschaffen haben.

Ja, ich empfand es als viel besser, meine Musik noch rauer und brutaler zu gestalten, als die Welt heutzutage tatsächlich ist. Und wie du dir vorstellen kannst, würde demnach unser nächstes Album noch ein Stück brutaler sein … denn unsere Leben verändern sich in jeder Sekunde so, dass diese Entwicklung erforderlich wäre.

S: Euer Artwork ist wieder einmal sehr künstlerisch, auch wenn es diesmal etwas farbenfroher geworden ist. Wie war der Gestaltungsprozess? 

Ruoja: Für mich persönlich ist es immer extrem wichtig gewesen, ein großartiges Artwork zu haben und diesmal habe ich es auch selbst gestaltet. Ich meine, das Bild auf dem Cover. Ich habe es 2013 gezeichnet und es passt in meine persönliche Konzeption von all dem, was wir tun! Sie ist Ajattara, die Göttin aller Verlorenen. Als wir damit begannen, Musik zu machen, habe ich versprochen, mich vor ihr zu verneigen. 

S: Was ist deine Meinung zum Black Metal in Finnland oder Europa in den letzten Jahren? Denkst du, dass sich das Genre oder die Grundhaltung verändert hat?

Ruoja: Nein, es ist nach wie vor das Beste, was man bekommen kann!

Beide Akteure waren für die Unterbrechung unsere Karriere verantwortlich und brachten zugleich Schande über unsere Leben.

S: In letzter Zeit tendieren viele Leute in Deutschland dazu, Black Metal-Bands und Musiker zu politisieren. Sie sind unter Generalverdacht, rechts zu sein – oftmals rein willkürlich. Bands oder Künstler, die diesen Anschuldigungen nicht prompt widersprechen, wird nachgesagt, zumindest in der politischen Grauzone zu sein. Wie ist die Situation in Finnland?

Ruoja

Ruoja: Zuallererst ist Black Metal eine gottverlassene, brutale und zugleich herzergreifende Musik. Es gibt viele Leute [orig.: Motherfuckers], die daraus einen Vorteil ziehen, so wie der rechte Flügel oder die Antifa. Beide Akteure waren für die Unterbrechung unsere Karriere verantwortlich und brachten zugleich Schande über unsere Leben.

Politische Grauzone? Meiner Meinung nach ist Black Metal als Musik definitiv kein politisches Statement und unglücklicherweise sind die Symptome auch hier in Skandinavien sichtbar. All dieser rechte Bullshit hat nichts mit Black Metal zu tun. Wie du dich vielleicht erinnerst, singen wir davon, man selbst zu sein – ohne jeglichen Einfluss von außen. Beide Dinge, die ich schon nannte, sind miteinander verwoben. Ich wünsche mir, dass ihr alle mit euren eigenen Hirnen denkt, ohne den Einfluss charismatischer Führer oder einer öffentlichen Meinung.

S: Vielen Dank für deine Zeit und das Interview! Ich wünsche euch viel Erfolg mit eurer weiteren Arbeit.


Das ungekürzte Interview im Originalwortlaut:
I) It has been quiet around you for a long time. What did you do in the meantime? Did you work on other projects – except Datura Nemesis?
Yes, ofcourse..like I had my personal issues to managed ingluding other shit you must face to grow up. I lived in Spain for 3 years and did a little different music here and then, but mostly it was to bring me together with myself. There where too mutch shit going on that I needed to get over with. Fortunately I have very good friends who helped me out so I did not need to go to mental hospital.
II) Did new experiences occure that motivated you to start working together again?
Actually we never seriously broke up..it was one night I was supremely exhausted of everything all ready and couldn’t think straight of anything witchs is the most important thing to survive in a world like this, so I decided to put my cloves down to not make anymore damage. If your head is not with you, you better find it before you show it to others..
If your call is to make black metal you better be ready for enormous shit you have to go trough, otherwise your music sucks. I do my lyrics about a reality, there’s no trolls or gods, just us, the people, some might go for a shrinker but I do black metal. It wont make me any better than others, just different.
II) What was the inducement to resume working together on a new record?
Okay, I lived in a another country and still in Finland we all live in a different city’s so as allways the biggest thing of everything else is to meet up with my brothers. Mayby we just missed too mutch without being together so the guys called me that a time has come to continue and of course we kept up for eachother trough all these years so they noticed that I stand on my own feet again.
III) As I know, writing songs and producing a record takes a lot of time and energy. How long did the actual process to write „Lupaus“ take? Are there artists, albums or incidents that influenced you during the making of „Lupaus“?
It takes more than a lot, it takes your everything if you want to make best out of you. To be honest it took 45 years to make the „Lupaus“, if you catch my drift.. My soul was sold since birth.
IV) Is there an actual promise you make your listeners with „Lupaus“?
Only person I can make promises is myself. It is the only way to take care of your loved ones. If your not fit and well, your the one who needs help. You belong to me and I belong to you, it’s simple and you should keep it that way.
V) The song’s names seem to be deal with satanic topics. Unfortunately I don’t know the Finnish language that well so I don’t understand your lyrics in detail. Did you follow a main theme – maybe a sentiment – that you are focused on in the songs or guided the creative process?
First of all I’m an atheist. Satan represent us, a human as it’s best and in it’s most original form of life. Each one of us are satanists, like I just said, me first then you. Like think of a falling aeroplane, there’s very strickt ordes to put the mask on before you put it on your children becouse with out your help the child will die. Get it?
VI) How did your songwriting process work? Did it differ from your previous albums?
Since the Malakias 4 aka Tonmi Lillman(rip), we started to make albums in a little different way as usual, meaning drums first even with out any composed material and then I start to play on it and so on. Like when I start to compose, I play a drum tracks my self or with a drum machine, sequensed drums etc. And with Tonmi we came up with this idea to play the whole album with a drums first and then play on the drum tracks what ever comes in my mind. I found it in very early days that it give’s me a most creative base to have some drums allready to work on with other instruments and even with lyrics allready written you just srceam your shit and a riffs just comes out like from nowhere. I count my self as a noise gate that just filter trough the stuff comes out of universe. I create a demo and send it to others in Ajattara and they play it on a record with their own taste and flavour. That’s how it works with us.
VII) Why did you decide to record your album in Casa de la Musica in Spain instead of staying in Finland? Did you already know the producer? Does the producer have a unique style you preferred this time? Where did you meet first?
the most reason to do it in spain was that I was living there and a rest of the guys defienetly wanted to get out from this shit hole called Finland. For us it was no problem to decide this and after such a break it was great for all of us to get a new different kind of experience as we all have went trough all sort of crab together during these years, so it was more than a wellcome to experience something beatyfull together instead of going into a some cellar with six psychopaths. Casa de la musica is at a countryside of andalucia and my old friend happens to own it who also lives there so it was a natural that he, Kari Reini recorded it and it was produced by Mikko Herranen and our drummer Rainer Tuomikanto aka Malakias 6.8.
VIII) „Lupaus“ contains a few resorts to your older recordings as for example „Itse“, but it also seems to me to be more rugged and grimmer. Did you try to push the boundaries to a more gruff style?
I allways try to push boundaries further as I try and do make more space to live with my self, to get to help others when the shit comes down. But dont get me wrong, we all need some space to live and when we have this space we all can live together in this world we have created by our selves. Yes, I found it more way better to make my music way more rugged and brutal as the world itself is today, as you can imagine the next album it would be way more brutal as our lives changes every second for more to it.
IX) What do ou think about the development of Black Metal in Finland or Europe in the past few years? Do you think the genre or attitude changed?
No, it is still the best that man can get!
X) Recently a lot of people in Germany tend to politicize German Black Metal bands and musicians. They are under general suspicion to be right winged – often purely arbitrary. Bands/Artists who do not contradict this rumors is said to be at least in the political grey area. How is the situation there in Finland? Do you also observe a rising politicization of Black Metal in general or in Finland/Scandinavia?
First of all, black metal is a god forsaken, brutal, heart touching music. There’s a lot mother fuckers who take advantage of it, like as a right wing and antifa as them both being interrupted our career and at a same time disgraced our lives in general. The politically gray area? In my opinion, black metal as it is a music, it’s defienetly not a political statement and unfortunately these symptons are clearly seen and felt also here in scandinavia. All of this right wing bullshit has nothing to do with a black metal. As you might remember we sing about to be yourself with out any external influences, and both of things I just mentioned are organized so I wish that you all can think with your own brains, with out an effect of a charismatic leaders or a public decision.
XI) I was really excited to see you made videos for two of your new songs. Why did you lately decide to use youtube as platform?
heh,where else, should we show it em in movie theatres..we are still a black metal band.
XII) Your artwork is very artistic again, but it differs from your other artworks because of its colourfulness. How was the process like? Did you find the motive somewhere or did you commission the artist to paint it for you? What was the inspiration behind the motive and how does the artwork tie into your musical concept?
personally it’s allways being etremely important to have a great artwork and this time I made it myself. I mean thedrawing on a cover, I draw it in 2013 and it seriously suites all of my personal conception of this all, she is AJATTARA, the goddess of a lost! I maded my promise bow to her since we started.
XIII) Last words: Which artists or albums are this years‘ highlights so far? Do you have any recommendation for our editors and readers?
Ajattara, Lupaus
Bild mit freundlicher Genehmigung von Ajattara

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1 Kommentar

  1. Stefan
    12. August 2017 bei 23:21 — Antworten

    Der gute Pasi, alt geworden. Scheinbar auch nicht mehr ganz so fit im Oberstübchen :/

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