BRIQUEVILLE – Kraftfutter für Schnecken
BRIQUEVILLE – II
Veröffentlichungsdatum: 22.09.2017
Länge: 42:13 Min.
Label: Pelagic Records
Stil: Doom / Post / Sludge
Wie düster und fies darf ein Album eigentlich klingen? Diese Frage stellt sich mir im Sludge Metal sonst nur bei THE BODY und ihren perfiden Klangmauern. Daher war unumstritten, wer die erste Reihe dieser Richtung für mich besetzte. Jedoch möchten sich BRIQUEVILLE als die etwas anderen Nachrücker für diese Plätze bewerben. Seit ihrem ersten Streich hat es schlappe sechs Wartesemester gedauert, bis die Post-Metaller ihre Wucht erneut auf uns entladen. Und verdammt hat sich das ausgezahlt! Die maskierte Gruppe lässt jede Note mit herrlichem Genuss ausklingen.
Dabei führt der neue Opus die Namensgebung der Titel weiter. Mit ausgelassener Kontinuität werden aber nicht nur die Songs betitelt. Hinter jeder „Akte“ stecken immer noch komplett maskierte Nazgul. Selbst bei den Proben landet das Gewand nicht in der Ecke, die Vermummung drückt für sie Gleichberechtigung innerhalb der Band aus. Außerdem beugt es einem Personenkult vor, was bei ähnlichen Gruppierungen mehr oder weniger auch funktioniert. Um zur Musik zurück zukommen: bezeichnend ist der Opener „Akte V“ allemal. Dessen Hauptriff dröhnt richtig schön, wird mit Effekten untermalt und mündet in absolutes Chaos. Der folgende Aufbau erinnert von seiner Struktur her fast schon an die ewig gleichen DEVIN TOWNSEND-Chugs, bis ein Doom-Rock-Crescendo der Extra-Klasse einsetzt.
Nicht nur die Songs haben zugenommen
Jedoch haben sie ihre Wurzeln in leichtfüßigen Momenten nicht vergessen. Während des gesamten Tracks und „Akte VI“ drängen sich immer wieder seichte Post Rock-Melodien aus dem Hintergrund ins Licht. Mit einem ebenso immensen Drang schnellt der Gesang des zweiten Teils dieses Triptychons nach vorne. Abgehackt, energisch und fast schon abstrakt preschen die Phrasen auf mich ein. Instrumental wird es noch mal eine Schiene dunkler, aber nicht mehr so extrem „noisy“. Dennoch klingt der abartige Mittelteil wie ein Auswuchs von Bands wie CELESTE. Deren Black Metal-Anleihen werden zum zentralen Thema dieses Liedes. Abgerundet wird diese musikalische Geschichte durch eine ähnliche Vorgehensweise bei dem 19-minütigen Schwergewicht „Akte VII“.
Ohne auf den Text achten zu müssen, entführen die spärlich verteilten Sprachfetzen direkt in eine andere Dimension. Als maßgebliche Unterstützung springt hier wieder einmal der Black Metal ein, bis er von einer exquisiten Rezeptur aus Post Rock und Sludge Metal verfeinert wird. Der folgende Verdauungsschlaf wird vom orientalisch angehauchten Teil des Stücks erleichtert. Bis mich der Duft von rauem, grobkörnigen Sludge Metal aus dem Tiefschlaf reißt, hat mich das hämmernde Riff längst aufgeweckt.
Egal wie weit die Geschmäcker auseinander gehen, die Nase führt sie an dieser Stelle wieder zusammen. Der finale Auftritt versprüht pures Schweiß-Odeur auf allen Ebenen. Wer jetzt noch nicht die Nase rümpft, hat vielleicht seine Benchpress-Begleitung der nächsten Monate gefunden. Denn bei dieser Übung gilt es, neben Schnelligkeit ebenfalls den Druck auf die Muskeln aufrecht zu erhalten. Dieses Zusammenspiel der Geschwindigkeiten haben BRIQUEVILLE bereits gemeistert. Für die Fans lahmarschiger Musik präsentieren sie so etwas wie Kraftfutter für Schnecken. Es fehlt lediglich noch eine weitere Prise von aufreibenden, dissonanten Faktoren, um der Speerspitze abartiger, langsamer Musik anzugehören.
Autorenbewertung
Vorteile
+ sparsam verteilte Höhepunkte
+ genauso langsam wie kompromisslos
+ hochschraubende und dennoch gleichförmige Riffs
Nachteile
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