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BROILERS – Balsam für die Seele – ein Interview für die Ewigkeit!

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Die Pandemiezeiten machen es möglich, manchmal zwischen dem immer gleichen Alltag und dem ganz gewöhnlichen Chaos den Blick über den Tellerrand zu erheben. Und so geriet ich auf Youtube, was mir sonst eher selten passiert. Und dort wollte ich mir ein Interview anschauen – und das will etwas heißen!

Grundsätzlich bin ich nur sehr, sehr selten wirklich Fanboy und schaue mir Interviews an, eher noch lese ich diese. Als Video ist oft dieser „Kennst du eines, dann kennst du alle“-Effekt da, und ich skippe mehrfach, ehe ich dann nach 5 Minuten einfach ausschalte. Dazu kommen auch die unzähligen Interviews in Nachrichten, Fernsehshows, und natürlich zählen auch Talk- bzw. Diskussionsrunden mit dazu.

Die selbe Sache und das alte Leid

Und es fällt vor allem das immer wiederkehrende Muster dabei auf:  die gegenseitige Agitation, Geltungsbedürfnis, „höher-schneller-weiter“ in jeglicher Hinsicht und die Jagd nach der Sensation. Und spätestens wenn in einer Runde mehr als ein Politiker vertreten ist, dann kommen noch permanentes Unterbrechen und gegenseitiges Ins-Wort-Fallen dazu. Das Ganze wird dann medial am Folgetag als „hitzige Debatte“ oder „leidenschaftliche Diskussion“ verklärt, anstatt klipp und klar zu schreiben, das die Betreffenden einfach keine Diskussionskultur haben.

Und dann stolpere ich über dieses Format. Ein Interview mit dem Sänger der BROILERS, Sammy Amara, geführt durch die vom ZDF bekannte Moderatorin Dunja Hayali. Ein ganz simples Format, keine Vorstellung der beiden Personen, einfach 2 Menschen – und ein Hund – die sich 59 Minuten lang unterhalten. Und sie tun eben genau das, sie unterhalten sich! Hier gibt es keine festgelegten Rollen, keinen Moderator und Gast, keine strahlende gute Fernsehdame gegenüber dem bösen Rockmusiker. Es gibt 2 Menschen, die sich auf Augenhöhe begegnen und wertschätzen.

Hier ist keine Aggressivität, keine heimtückisch gestellten Fragen, die etwas entlocken sollen, keine Suche nach einem Skandal. Es ist eine Unterhaltung zwischen zwei Menschen, die sich vorher nicht kannten, und sich während dieser Stunde kennenlernen, die zueinander finden und sich füreinander interessieren. Ein Dialog findet statt, es wird persönlich, ja fast schon intim, aber nur weil beide Seiten sich vertrauen, das möchten und auch zulassen. Es wird über Trauer und Verluste, Musik und den Pathos in den Liedern der BROILERS gesprochen, aber auch über die Lieblingsküche des anderen oder über Hundegeschichten.

Hier ist der Link zum Interview:

Aber warum schreibe ich darüber? Eigentlich ist es doch langweilig und für jemanden, der keinen Bezug zu beiden Personen hat, klingt es wahrscheinlich absolut öde. Aber das ist es nicht, denn es ist Balsam für die Seele! Ich habe noch nie ein Interview gesehen, das eine solche Menschlichkeit ausstrahlt. Eine Unterhaltung, bei der beide Seiten sich auf Augenhöhe begegnen, sich respektieren und anerkennen und das schätzen, was der andere sagt. Ein Austausch, bei dem man einfach das Gefühl hat, wirklich nahe bei 2 Menschen zu sein, die sich authentisch verhalten, und die sich auch ohne Kamera genauso verhalten hätten, und bei denen es keine Hackordnung oder ein irgendwie geartetes Herabschauen gibt. Kurz gesagt: etwas, das in unserer Medienlandschaft einfach vollkommen fehlt.

„Ich spreche mit jedem gleich, egal ob es sich um den Müllmann oder den Präsident der Universität handelt.“ (Albert Einstein)

Ich hatte mir das Video anfänglich nur neben der Hausarbeit angeschaut. Aber das konnte ich nach kurzer Zeit nicht mehr, denn es hatte mich gefesselt. Die ruhige Art, der würdevolle Umgang miteinander: Da ist kein Moderator der Beifall heischend ins Publikum schaut, nachdem er doch noch eine kleine Spitze nebenbei rausgehauen hat. Das hier war anders, und zwar wunderschön anders! Ich habe mir das Interview tatsächlich noch ein zweites Mal angeschaut, einfach um zu schauen, ob sich der Eindruck wiederholt. Es ist ein wenig wie Peter Pan´s Nimmerland. Und das inmitten eines medialen Umfelds, in dem man möglichst heftig mit möglichst dicken Schlagzeilen und Schicksalsschlägen bombardiert wird.

Zusätzlich zu der großartigen Atmosphäre, in die man eintauchen kann, werden auch noch in sachlich-ruhiger Art die kontroversesten Themen angesprochen, von der irakischen Herkunft beider Interviewpartner über Sexismus und Gendern im Alltag bis hin zur großen Liebe. Ich habe hier auch das erste Mal erlebt, dass es jemand glaubhaft schafft, seine Demut auszudrücken, hier wohlbehalten und sicher in Deutschland aufzuwachsen und im gleichen Atemzug sein Unverständniss für jeglichen Nationalismus ausdrückt. Und alles in einer Art und Weise, die nicht aufgesetzt wirkt, die keinen belehrenden Zeigefinger erhebt, sondern die einfach ehrlich ist.

Fazit

Dieses Interview ist eine Perle, ein aus vielen Zufällen heraus entstandenes Kleinod, das aus meiner Sicht ein Standard werden sollte. Es sollte in der medialen Welt mehr Formate von solcher Authentizität, mit so viel Tiefgang und gleichzeitig soviel Empathie für den Gegenüber, und vor allem mit so viel Respekt geben. Es muss einen Weg weg von der schrillen, lauten, sensationsgierigen Yellow Press geben. Einen Weg, der dazu führt, mehr solche Momente mitanschauen zu können.

Wer wirklich mal eine Stunde Zeit hat, und sich dabei entspannen kann, zwei intelligenten und redegewandten Menschen zuzuhören, dem sei dieses Interview wärmestens empfohlen, und vielleicht bewegt es auch andere so wie mich? Aber noch mehr würde ich mir wünschen, das sich andere Journalisten dieses Video anschauen. Vielleicht wird dann das Gegenüber wieder zum Interviewpartner und nicht mehr zum Opfer. Und vielleicht wird diese Art des Umgangs miteinander irgendwann selbstverständlich. Und vielleicht ist der Titel des neuen Albums genau das, was ich zu diesem Intreview sagen möchte: Puro Amor!


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1 Kommentar

  1. Lochness
    2. Mai 2021 bei 14:28 — Antworten

    Danke für den Tipp. Das ist wirklich ein sehr, sehr schönes, harmonisches und empathisches Interview!

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