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Code Orange verabreichen Schmerzen, die nie vergehen. Forever

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CODE ORANGE – Forever
Veröffentlichungsdatum: 13.01.2017
Dauer: 34:55 Min.
Label: Roadrunner Records

Ehrlich gesagt hab ich den Namen CODE ORANGE vor ein paar Wochen zum ersten Mal gehört. Grund dafür war eine Tourankündigung von GOJIRA und CAR BOMB, bei der sie ebenfalls als Support bestätigt waren.
Allein das reichte aus, um meine Neugier zu wecken. Doch der Fakt, dass uns zudem „Forever“ ins Haus geschneit kam, goss natürlich weiterhin Öl in die Flammen.

Also Internet angeschmissen, recherchiert und nachgehört.
Und bereits die ersten paar Sekunden fickten mir förmlich die Fresse weg.

CODE ORANGE sind eine sehr junge Band aus Pittsburgh, Pennsylvania, die sich 2008 im Alter von 15-16 Jahren gegründet haben. Nach ihrem Debüt „Love Is Love/ Return To Dust“ (damals noch unter dem Namen CODE ORANGE KIDS) und dem gefeierten Folgewerk „I am King“, stellt „Forever“ nun das dritte Album dar.

Die drei Jungs und das Mädel spielen ihren Hardcore ohne Rücksicht auf Verluste und dennoch alles andere als uninspiriert.

Zahlreiche Einflüsse finden ihren Weg in den Sound der Ostküstler. Doom, Sludge, Noise, und sogar elektronische Einflüsse. Ist das schon Prog? Nur ungefähr so sehr, wie von einem Panzer überrollt zu werden. Denn CODE ORANGE nehmen keine Gefangenen. Es wird zerstört, was geht.

Dabei grast das Quartett musikalisch so ziemlich alles ab, was sich zwischen CONVERGE, GOJIRA, FUCK THE FACTS und NINE INCH NAILS finden lässt. Geht nicht? Geht sowas von!

Das erste Stück (zeitgleich Titeltrack und erste Single) macht sofort klar, dass die Band nicht vor hat, Kompromisse einzugehen und auch nicht plant, schnell von der Bildfläche zu verschwinden. Ganz bescheiden lauten die Lyrics:

CODE ORANGE Is Forever
CODE ORANGE Forever

Beim dritten Stück „Real“, welches abrupt zwischen gesampleten Riffs, elektronischer Düsternis und Krachkaskaden hin und her wechselt, muss ich mich mehrfach davon überzeugen, dass das Ganze tatsächlich EIN Song ist. Beim nächsten Stück „Bleeding In The Blur“ sogar davon, ob das immer noch die gleiche Platte ist! Denn hier wird die 90er Grungekeule rausgeholt und Sängerin/Gitarristin Reba Meyers übernimmt die Hauptstimme, die mich etwas an SUBROSA erinnert. Unerwartet, ohrwurmverdächtig, schizophren und durchaus packend.

„The Mud“ ist über weite Strecken ein kaltes, steriles Industrialungetüm, welches jedoch erst im letzten Drittel wirklich Zähne zeigt. Konträr dazu, beißt das kürzeste Stück der Platte „The New Reality“ von Anfang an zu.

You’re so weak
A knife to your throat couldn’t get you to speak

…leitet den Song ein, der von Tempowechseln gezeichnet ist und vor sich hinkriecht, bevor das sich verschiebende Rausschmeißerriff nochmal anständig zum Bangen einlädt.

Bei „Ugly“ werden wohl manche Die Hards den Ausverkauf ausrufen, denn das Stück pendelt zwischen New Wave, Grunge und BARONESS-Gesängen, wodurch es sofort ins Ohr geht.

Live like a loser, die like a king
Ugly is the only thing I know how to be.

Das vorletzte Stück „Hurt Goes On“ ist ein fieser Bastard aus Ambient und Electro, der die Affinität zu NINE INCH NAILS unmissverständlich klarmacht, während die Lyrics vor Hass nur so triefen.

The hurt will go on
The End will never come

„dream2“ stellt den letzten Brocken des Albums dar und wird von nichts mehr, als Rebas Stimme und ein paar Synthies getragen. Ich lasse mich fallen, in der Hoffnung, von dem Song aufgefangen zu werden, und lande unsanft, da er völlig abrupt mitten im Satz endet. Zwar wurde das schon beim letzten Song „Bloom/Return To Dust“ des Debüts so gemacht, weniger Fragezeichen hinterlässt dieses Manöver dadurch trotzdem nicht.

CODE ORANGE sind extrem, und zwar in vielerlei Hinsicht. Und ich hab keine Ahnung, wie man sowas macht. Die Pittsburgher haben nicht vor, es der Hörerschaft zu irgendeinem Punkt angenehm und vorhersehbar zu machen. Und sie haben ganz ausdrücklich nicht die Absicht, nicht anzuecken. Im Gegenteil: CODE ORANGE sind auf Krawall aus und geben euch bis ans Ende der Zeit Bordsteine zu fressen. Diese Band ist jung, wütend, ehrlich, authentisch und vor allem INTENSIV.

 

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Autorenbewertung

8
Selten hat es sich so befreiend angefühlt, den Boden unter den Füßen weggezogen zu bekommen, oder noch treffender: den Stuhl unter dem Arsch weggetreten. Denn der Vierer aus Pittsburgh ist in einer Art und Weise unberechenbar, die mich an frühe DILLINGER, CONVERGE oder THE CHARIOT erinnert. CODE ORANGE sind so konsequent kompromisslos, dass es mir ein wahres Freudenfest ist. "Forever" hat das Zeug, zu einem modernen Klassiker zu werden!
ø 0 / 5 bei 0 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ Produktion von Kurt Ballou (wie mittlerweile fast jede Hardcore Platte)
+ unberechenbare, facettenreiche Songs
+ unvorhersehbare Plattendynamik
+ Songs in unterschiedlichen Stilen, die gleichermaßen überzeugen
+ Authentizität!

Nachteile

- etwas platter Bassdrumsound
- noch unschlüssig, ob die Faszination der ersten Durchläufe lange anhalten wird

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1 Kommentar

  1. minuslik
    6. Februar 2017 bei 22:20 — Antworten

    Sehr schönes Album, wenn man sich einfach nur abreagieren will (still sitzen ist eher schwierig 😉 ). Am Anfang, als ich zum »Forever« zum ersten Mal gehört habe, war mir das fast zu hart, aber jetzt gefällt’s mir immer mehr. Es gibt einfach nur auf die Zwölf, Punkt. Und das nicht mal plump, sondern mit ausgefeilten Songs, die auch nach mehrmaligem Hören nicht langweilig werden.

    Vielen Dank @ Robert für den Tipp!

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