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Core Classics #12 – Zao

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Hier bekommt ihr eure wöchentliche Dosis an Metalcore-Alben mit Legenden-Status. Viele Vorurteile gegenüber dieser Musikrichtung konnten ja bereits schon ausgelöscht werden. Und genau deswegen gibt es jetzt auch diese Kolumne, denn ich kann sie schreiben und mich danach immer noch auf die Straße trauen!

ZAO – The Funeral Of God
Veröffentlichungsdatum: 12.07.2004
Länge: 47:18 Min.
Label: Roadrunner Records

Konzeptalben liebe ich wie kaum etwas anderes auf dieser Welt. Das sollte aus den vorherigen Teilen dieser Reihe bekannt sein. Und um diesen Fetisch zu befriedigen, habe ich für diese Ausgabe ein besonders schönes Exemplar der Art „Religiöse Geschichten-Erzählung“ herausgekramt. Ich kann mir nicht vollständig erklären, warum religiös motivierte Texte so eine gute Grundlage für lyrische Gesamtwerke bilden, aber es wird wahrscheinlich etwas damit zu tun haben, dass sich religiöse Menschen besser Geschichten ausdenken können, zu sehen an Büchern wie der Bibel. Ich hoffe, alle streng religiösen Leser entschuldigen mir den ein oder anderen Scherz in die Richtung, schließlich bin ich selbst froh, dass es Formationen wie ZAO und OH, SLEEPER so weit gebracht haben.

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Da wir es mit einer Band aus den Anfängen des Metalcores zu tun haben, weist „The Funeral Of God“ eine unglaublich düstere und rohe Atmosphäre auf. Die Breakdowns und Songstrukturen erinnern stark an erfolgreiche Bands der zweiten Welle im Metalcore, vor allem weil sich ZAO in diesem Album umorientierten. Mehr Melodie und mehr Metal wurde nun in ihrer Musik verarbeitet. Trotzdem kann man sich schon vorstellen, dass ZAO Einfluss auf spätere Bands hatten. Das betrifft Einfluss-übergreifend die Bands, die sich mehr an die Hardcore-Seite anlehnen und auch die, die mehr Metal-Elemente einfließen lassen. Vom musikalischen Anteil abgesehen, finden wir die bereits angesprochenen verknüpften Texte der Lieder. Sie basieren auf einer fiktiven Geschichte, in welcher Gott die Menschheit verlässt und sich selbst überlässt. Daraufhin verfällt die Welt in Krieg und Zerstörung, nur um letztendlich wieder in einen Zustand zu wechseln, in dem sie auf Gottes Rückkehr wartet. Wurde hier zu dick aufgetragen? Ja. Ist der Ansatz trotzdem verständlich und bringt den Hörer nicht mit Klischees zur Verzweiflung? Nochmal ja, diese Band hat die Balance zwischen Konzept, Klischee und musikalischer Leistung gefunden. Das macht sich auch in den Zahlen bemerkbar, schließlich hatten die Amis mit diesem Album ihren „Durchbruch“, zum Teil auch, weil es nicht so brutal wie die vorherigen sechs Alben ums Eck kommt.

Wenn der Sänger mir so dermaßen in die Ohren schreit, denke ich manchmal auch über die Apokalypse nach. Würde sich so der Weltuntergang anhören? Wahrscheinlich nicht, aber ZAO kommen dem schon sehr nahe. Die Riffs stehen hier im Vordergrund, obwohl der Sound der Gitarren nicht so wuchtig ist, wie man ihn sich erhofft. Die klare Produktion trägt dazu ihren Teil bei. Einerseits kann man dadurch klar heraushören, was gespielt wird, aber auch, was einem nicht gefällt. So zum Beispiel langweilen mich bei diesem Klassiker die Künste des Schlagzeugers, während mich der Bass in „Lesser Lights Of Heaven“ und „Truly, Truly This Is The End“ begeistert. Für die ehrliche und transparente Art sieht man aber gern mal von den negativen Punkten ab. Ich hätte zwar nie gedacht, dass ich eine Meinung des Metal Hammer unterzeichnen könnte, aber der britische Ableger des Magazins bezeichnete ZAO einst als die Meister des extremen Spektrums im Metalcore. Ihnen gegenüber hatte man damals KILLSWITCH ENGAGE als die Könige der melodischen Seite gestellt. An diese Band hat sich ZAO jedoch, mit der Veröffentlichung eben dieses Albums, etwas angenähert.

Denn Clean-Gesang, Riffs und Produktion ähneln stark denen der melodischen Genre-Vetter. Dabei ist der Gesang jedoch nicht vergleichbar mit den Refrain-orientierten Bands, man könnte ihn sogar als lasch bezeichnen. Die Lyrics sind, wie gesagt, nicht so stark von ausschweifenden Rhetorik-Schwülsten geprägt und vergleichsweise dunkel. Hier wird definitiv nicht der allgegenwärtige „Gott hat mich gerettet“-Metalcore gemacht, wie man ihn vielleicht von AUGUST BURNS RED gewohnt ist. Dystopische Weltanschauungen, böse Vorahnungen und blutige Bilder werden hier besungen. Und sowas darf man sich als christliche Band erlauben?

Live from the funeral of God, this is the day you’ve awaited, sponsored and celebrated, he has answered your prayers, corpses have
piled up with your riches, they have spilled over onto the earth, […] Are armies not thirsty for blood? – „Live…From The Funeral Of God“

Wenn so ein gutes Album dabei rauskommt, dann dürfen christliche Bands alles außerhalb der Konventionen der streng Gläubigen. Das gilt auch in anderen Genres meiner Meinung nach, also bitte lasst den Unblack Metal in Ruhe, ihr streng gläubigen Satanisten.

Fazit:


Sehr selten trifft man heute noch solche Bands wie ZAO, die etwas bewegen wollen. Ihre dunklen, religiösen Texte regen vielleicht zum Nachdenken an, aber ihre Musik hat schon immer ein ganzes Genre neu geformt. Dieses Album war ein erneutes Manifest ihrer Stärken und ihrer Fähigkeit, sich zu entwickeln und ich habe es lediglich den vorangegangenen Werken vorgezogen, weil ich 1.) einen Konzeptalbum-Fetisch habe, 2.) durch dieses Album die Band kennenlernen durfte und 3.) es damals den größten kommerziellen Erfolg für die Band seit ihrer Gründung darstellte.
Heute bestehen unsere US-amerikanischen Freunde des metallischen Hardcore aus komplett anderen Mitgliedern, wie auch bei anderen christlichen Wegbereitern der Fall (siehe NORMA JEAN) und identifizieren sich nicht mehr als eine religiöse Band. Trotzdem bin ich nach den neuen Veröffentlichungen gespannt auf das neue Kapitel im Buch ZAO. Die neuen Single-Auskopplungen lassen viel von dem neuen Album erhoffen, welches am 09.12.2016 erscheinen wird.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von und ZAO

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