Core Classics #14 – Parkway Drive

Hier bekommt ihr eure wöchentliche Dosis an Metalcore-Alben mit Legenden-Status. Viele Vorurteile gegenüber dieser Musikrichtung konnten ja bereits schon ausgelöscht werden. Und genau deswegen gibt es jetzt auch diese Kolumne, denn ich kann sie schreiben und mich danach immer noch auf die Straße trauen!

PARKWAY DRIVE – Horizons
Veröffentlichungsdatum: 06.10.2007
Länge: 38:35 Min.
Label: Epitaph Records

Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr durch eine Band in eine Musikrichtung hineinfindet und euch erst später mit deren früheren Alben beschäftigt? Erst macht sich ein Gefühl der Hilflosigkeit und der Überforderung breit, da man ja zuvor nur mit maximal den neuesten zwei Veröffentlichungen vertraut war. Sobald man sich in das ältere Material einarbeitet und aktiv zuhört, können Wunder geschehen. Auch wenn vieles, was Bands damals gemacht haben, sich weder produktionstechnisch noch musikalisch auf ihrem heutigen Niveau abspielt, kann man langsam zum Verfechter der guten alten Zeiten werden. Bei der Truppe, um die es sich heute dreht, kann man sagen, bin ich fast genau diesen Weg gegangen. PARKWAY DRIVE erreichten für mich den Höhepunkt ihres Schaffens mit dem Album „Horizons“, dabei sagen die Verkaufszahlen seit diesem Album genau das Gegenteil aus. Ich liebe immer noch alles, was sie veranstalten, versteht mich nicht falsch, aber es wird nie wieder so gut wie früher werden. Die Breakdown-Kapelle aus Byron Bay, Australien konnte mit ihren eingängigen Riffs und den wuchtigen Gitarren bereits viele Fans gewinnen, bevor man melodisch und textlich ausbaute.

Dazu gehören vor allem reifere Lyrics, schließlich konnte man auf dem Vorgänger nur mit dem Satz „So cry me a fucking river, bitch!“, gefolgt von einem ihrer heftigsten Breakdowns, auf sich aufmerksam machen. Dadurch, dass die Beschreibungen etwas vager werden, kann man auch mehr Leute erreichen. Jeder interpretiert gern seine eigene Meinung in alles hinein und das funktioniert selten so gut wie bei Metalcore-Bands. Trotzdem bleibt es nicht immer allumfassend, Tracks wie „Carrion“ haben eindeutige Botschaften und die werden auch so vermittelt. Schwach ist man auf der Textebene nicht, aber wie sieht das mit den Instrumenten und dem Gesang aus?

Bereits damals wussten die Australier, wie man stadientaugliche Riffs und Melodien schreibt, was nicht zuletzt auf „Idols And Anchors“ und „Five Months“ zu spüren ist. Paart man das mit dem unverkennbaren Geschrei der Frontsau Winston Mccall darf es auch sehr melancholisch und episch anmuten, wie auf „Horizons“ und „Carrion“ beeindruckend umgesetzt. Verantwortlich für die erstaunliche Inszenierung der Gitarren sind Luke Kilpatrik und Jeff Ling. Um keinen Bassismus zu betreiben, sei auch Jia O’Connor erwähnt, der den nötigen Druck mit seiner Bassgitarre bringt. Die Breakdowns kommen daher so intensiv beim Zuhörer an, dass man meint die Wände stürzen ein. Generisches, aber keinesfalls schlechtes Getrommel kann man dank der flinken Finger von Ben Gordon bestaunen. Es wirkt nicht sonderlich technisch anspruchsvoll, aber für eine Metalcore-Band reicht es allemal. Wenn man dann noch Adam Dutkewicz (KILLSWITCH ENGAGE) die fertige Pampe abmischen lässt, hat man den perfekten Babybrei für angehende Metal-Fans.

Ikonische Wortfetzen und Sätze vor Breakdowns setzen, damit allein die Antizipation dieser Momente Vorfreude in der gesamten Konzerthalle aufkommen lässt. Das ist ein Geschäft, in dem sich viele Neueinsteiger im Cors-Bereich versuchen. Diese Leute werden trotz aller Mühe wahrscheinlich nie den Status eines Giganten wie PARKWAY DRIVE erlangen. Man bekommt das Grinsen einfach nicht mehr aus dem Gesicht, sobald sich die ersten Anzeichen des Breakdowns in „Boneyards“ zeigen. Man kommt sich vor, wie der in Stein gemeißelte Verrat an Urvölkern, der – in Form einer Statue der Eroberer und Entdecker – den Besuchern eines spärlich ausgestatteten Museums in Mecklenburg Vorpommern vormacht, wie man zu lächeln hat. Damit man sich aus dieser starren Haltung befreien kann, setzen dann die Zusammenbrüche ein. Sofort findet man sich headbangend am Boden eines Hot Topic Stores wieder, bevor einer der freundlichen Mitarbeiter einem wieder aufhilft. Das dabei seine Skinny-Jeans reißen und die eigene, perfekt gestylte Haarspray-Frise kaputt geht, ist dabei egal.

Egal wie offensichtlich die Breakdowns angekündigt sind, sie machen jedem das Kopfnicken leicht. Die ordentliche Prise Gitarrenarbeit und die komplett Klar-Gesang-freie Darbietung des Schreihalses unter den Surfer-Jungs öffnen dann die Box der Pandora endgültig. So viel Härte und Spielfreude wird schließlich bei einigen jüngeren Bands aus der Szene bestimmt als Unheil angesehen. Wer mag schon qualifizierte Konkurrenz?

Fazit:


Auch wenn auf diesem Album viele Songs große Hallen mit ihrer schieren Soundgewalt füllen können, gibt es genügend Punkte, die es vom Mainstream in Rock und Metal abgrenzen. Der fehlende „normale“ Gesang hat PARKWAY DRIVE nicht davon abgehalten, heutzutage noch mehr live-orientierte Lieder zu schreiben. Was einst eine Album- und Live-Genuss-Band war, entwickelt sich immer mehr zu einem exklusiven Jochen-Schweitzer-Event, über das man sich im Voraus nicht informiert und gerade mal einen ganzen Monat lang sprechen will. Auf „Horizons“ beweist man, wie einfach Metal und Hardcore Hand in Hand gehen können um Fans beider Spektren zu begeistern.

There’s blood in the water! – „Boneyards“


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