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Coversongs als Karriere-Sprungbrett?

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Wer viel auf YouTube unterwegs ist um dort Musik zu konsumieren, dem dürfte bekannt sein, dass es fast unmöglich ist nicht über den einen oder anderen Coversong zu stolpern. Oft dauerte es nur wenige Stunden bis Rihanna, Adele oder sonst wer einen Song veröffentlichte und dieser binnen kürzester Zeit A: als Raubkopie dort geleaked und B: dieser Song gecovert wurde. Sehr beliebt sind vor allem Akkustik und a Capella-Nummern. Doch schon seit Jahren sprießen Neuinterpretationen von Metalcore, Post-Hardcore so wie Pop-Punk Bands aus dem digitalen Boden und ver-coren alles was nicht niet- und nagelfest ist.

ALTE HASEN MACHTEN ES VOR

Seitdem A Day to Remember 2007 mit ihrem Cover von Kelly Clarksons „Since you been gone“ einen kleinen Internet-Durchbruch geschafft haben, ist eine wahre Epidemie unter den Musikschaffenden ausgebrochen, welche fasziniert und nervt zugleich. Während bekannte Genre-Größen ihre Verwurstungen von aktuellen und älteren Hits auf Punk goes… Alben (Fearless Records) rausgerotzt hatten, versuchte der Nachwuchs auf diesen Zug mit aufzuspringen und den Erfolg zu kopieren.

Dabei ist es gewiss keine Erfindung der 2000er einen Song zu covern und mit einem Video dem Publikum zu präsentieren. Im Gegenteil, in der Musikindustrie ist dass seit Jahrzehnten Gang und Gebe, da bilden auch Metal-Bands keine Ausnahme, nicht einmal Metallica wie ihr sicher wisst. Der Unterschied zu damals liegt allerdings darin, dass keine topaktuellen Hits verwendet wurden. Meist wurden uralte Songs aufpoliert und konnten in ganz neuem Glanz erstrahlen. Nischen-Evergreens konnten so, dank findiger und begeisterter Musiker, einer breiteren Masse zugänglich gemacht werden. Manche Bands wollten auch schlichtweg ihren Vorbildern Tribut zollen. Naja…oder es mangelte an Ideen und man sah eine Möglichkeit einfach Geld zu verdienen.

Mit dem Internet, der zunehmenden Digitalisierung der Medien und unserer Haushalte wurde jedoch alles einfacher, schneller und irgendwie auch beschissener. Songs kann heute jeder in kompletter Eigenregie zu Hause aufnehmen und Videos sind dank erschwinglicher digitaler Spiegelreflexkameras auch schnell gedreht. Der Underground überschwemmt nun schon seit Jahren auf diese Weise das Netz mit seinem Output. Dass die Qualität oftmals auf der Strecke bleibt, juckt dabei irgendwie niemanden. Aber das Ganze hatte auch was Gutes an sich, denn vor allem konnte man sich diese Songs auch bequem als Einstiegsdroge einverleiben. Denn wer noch keine wirklichen Berührungspunkte mit der Metalcore-Szene hatte, entdeckte hier womöglich viel energiegeladenere Versionen der neuesten Chartstürmer, die dem Rockmusik-Hörer wesentlich sanfter ins Ohr flutschten als die synthetische Beat-dudelei der Big Player…an das Geschrei gewöhnt man sich dann einfach.

DIE FORMEL HINTER DEM ERFOLG

Wie machte man also als popige Metal-Band, die junge Zuhörerschaft, die inzwischen längst die Grätsche zwischen Popkultur und Underground geschafft hat, auf sich aufmerksam? Genau, covere einfach einen der aktuellen Top 10 Hits. Denn: suchte man bei YouTube ein bestimmtes aktuelles Musikvideo, so konnte es passieren, dass man vielleicht mit seiner eigenen Version noch auf der selben Suchseite landete, damit also den interessierten und alternativ angehauchten User gleich für sein Video, sein Cover, seine Band begeistern konnte…Punktlandung. Die Musiker lieferten sich hier einen fast schon nicht ausgerufenen Wettbewerb, denn wer einen brandneuen Song covern wollte, um den Beliebtheitsstatus eben dieses Werks mit einzufangen, musste fix sein bevor das Original keinen mehr interessierte oder nicht schon 3 Bands schneller und besser hochgeladen haben. Jeder hoffte das sein Video in der Szene viral geht und unnatürlich hohe Zahlen erreicht, die Labels vielleicht doch mal hinschauen und einen aus dem Haifischbecken herausholen. Immerhin wurde Justin Bieber entdeckt weil seine Mutter Videos von ihm bei YouTube hochgestellt hat auf denen er Songs coverte, also könnte das doch auch bei jeder Band heute funktionieren oder nicht? Ich denke eher weniger, zum einen war das anno 2008, YouTube also gerade mal 3 Jahre alt und noch nicht entsprechend zugeflutet. Zum anderen war zu der Zeit MySpace noch in Sachen Bandvernetzung das Nonplusultra, bevor es unterging und sich nun alle mit Facebook rumärgern.

Mit Coversongs lassen sich definitiv einige oder gar viele neue Fans aquirieren, denn sind sie gut gemacht schauen sie sich die Band auch mal näher an. Nur sollte hier der Zeitpunkt gut und der Song clever gewählt sein. Aber gibt es denn nun tatsächlich Metal-Bands die dadurch berühmt geworden sind? Ganz ehrlich…mir fällt keine ein. Klar, in den ersten 5 Jahren mag es der einen oder anderen Band einen gewissen Push gegeben und vielleicht zu ihrem ersten Plattenvertrag verholfen haben, aber ich denke die Zeit ist nun schon länger vorbei. Wenn jemand tatsächlich Erfolg damit hatte, dann weil auch talentierte Musiker dahinter steckten, die ihr Handwerk verstehen um den Song entsprechend gut in dieses Genre zu transportieren. Vor allem hoffe ich, dass es nun auch die meisten Bands begriffen haben. Das letzte Punk goes Pop Album erschien Ende 2014 und ein Nachfolger scheint nicht in Sicht. Gefühlt sinken auch die Uploads und Klickzahlen solcher Pop-Mosh-Cover-Musik-Videos zunehmend und kennzeichnen einen starken Abwärtstrend. Also bitte, hört endlich auf und klemmt euch hinter eure eigene Musik, die zählt sowieso mehr…außerdem kann man die wenigstens einfacher verkaufen.


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3 Kommentare

  1. […] gute Feelikes hat vor Kurzem einen Artikel über Coversongs im Metalcore geschrieben. Ich möchte mich jedoch nicht auf ein bestimmtes Genre beziehen. Mir geht es hier viel […]

  2. Tante Hedwig
    24. Mai 2016 bei 21:26 — Antworten

    Mal abgesehen davon, ob es ein Sprungbrett für die Bands sein soll oder nicht, aber die beiden letzten Videobeispiele finde ich persönlich richtig geil und höre sie mir auch regelmäßig an. Bei Betraying the Martyrs war es sogar so, dass ich das gecoverte Lied schon kannte, bevor ich überhaupt wusste, dass es gecovert ist. Dank meiner Tochter kenne ich nun auch das Original, ob das nun ein Vorteil ist… 😉

  3. 20. Mai 2016 bei 13:13 — Antworten

    Tatsächlich finde ich oftmals die Coverversionen noch ein Stück besser als die Originale. Das Beispiel von Betraying The Martyrs ist dabei recht gut gewählt, denn das läuft bei mir momentan doch das eine oder andere Mal durch die Lautsprecher.
    Dass Bands nur wegen ihrer Cover berühmt geworden sind halte ich ebenfalls für Schwachsinn, wobei es auf YouTube Leute gibt, die sich quasi nur damit beschäftigen und damit auch recht gut fahren, wie zum Beispiel Leo Moracchioli von den Frog Leap Studios, oder Anthony Vincent von TenSecondSongs. Aber wie gesagt: Das klappt vielleicht in den Weiten des Internets, aber für einen gescheiten Plattenvertrag muss man doch vermutlich etwas mehr bieten.

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