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Dark Troll 2018 – Familientreffen auf der Burg

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“Irgendwann wird hier jeder Crewmitglied sein.”

 

Diese Feststellung teilt mir ein langjähriger Besucher des Festivals und – gerade deshalb – auch Bekannter über den Rand seines Bieres hinweg mit. Darin schwingen gleich zwei Bedeutungen mit. Zum einen verweist es auf den Grad der Professionalisierung, den man zum Beispiel durch die Scharen der engagierten Helfer sieht, die sich teils darum reißen, auf dem Dark Troll arbeiten zu dürfen. Richtig gelesen: Dürfen. Die Zahl derjenigen, die sich freiwillig melden, ist so groß, dass nicht jeder die Chance dazu bekommen kann.
Und zum anderen ist es ein Ausdruck der tiefen Verbundenheit, den viele bei dem Gedanken an das Dark Troll Festival verspüren. Irgendwie sind sich dort alle ein bisschen näher als das auf einem so kleinen Festival für gewöhnlich der Fall ist. Ja, selbst unter kleinen Undergroundfestivals ist das etwas Besonderes.

„… wir sehen uns auf der Burg!“

Der fantastische Ausblick von der Burg

Wie jedes Jahr findet auch dieses Dark Troll um Himmelfahrt herum statt. Das Gelände ist bereits am Mittwochabend gut belebt, noch ehe die Burg völlig hergerichtet ist. Im Gegensatz zum letzten Jahr gibt es nun insgesamt 3 Campgrounds. Dazu zählen der örtliche Fußballplatz oberhalb der Burg (Camping A), der zweite direkt am Fuß des “Berges” und einen im “Zentrum” des Ortes, wo nun auch die Wohnmobile untergebracht sind (B und C). Während sich alles auf A zu drängen versucht, sieht es aus der Vogelperspektive ein wenig so aussieht wie ein Siedlungsgebiet am Rande von Kuala Lumpur. Auf den Campingplätzen im Ort läuft dagegen alles entspannt und auch das Platzangebot ist sehr großzügig.

Die Camper auf den Plätzen B und C scheinen auch alles in Allem sehr glücklich zu sein. Wäre da nicht ein kleines Problem: Die Treppe, die zwischen ihnen und dem Musikgenuss steht. Aber die meisten, die mir im Verlauf des Festivals schnaufend entgegenkommen, nehmen es gelassen: “Besser, als 15 Minuten über ein Feld zu latschen.”

Außerdem kann man sich ja, auf dem Burghof angekommen, mit einem der ausgewählten Whiskeys, einem Met, einem Bier oder einem Cocktail oder einer anderen leiblichen Wohltat wieder auf Kurs bringen.

Donnerstag: Und es beginnt!

Der erste Festivaltag beginnt für viele bereits mit Schädel. Schließlich war die Nacht davor doch bereits feuchtfröhlich und für viele inoffiziell schon der erste Festivaltag.

Traditionell ist Männertag auf der Schweinsburg immer ein Zusammentreffen der Kulturen. Der Heimatverein brät Würstchen und weniger dunkel Gekleidete schauen sich die ganz dunkel Gekleideten an. Im Vergleich zum letzten Jahr sind von beiden Gruppen an diesem Tag schon deutlich mehr auf der Burg zu sehen. Schon 14 Uhr setzt, mittlerweile traditionell, das Eröffnungsduo WALDTRÄNE zu ihrem traditionellen Liedgut an.

Ein versöhnlicher Einstand für alle, auch die, die mit Metal nicht direkt etwas am Hut haben. Und wie immer passen WALDTRÄNE hervorragend in das historische Ambiente. Ein weiterer Grund, warum das Dark Troll so loyale Fans zu haben scheint: Es hat einen charmanten Charakter. Es geht hier nicht nur um das stumpfe Abhandeln von Musik als solcher. Stattdessen steht der Genuss des Erlebnisses mit vielen Sinnen im Vordergrund. Am Samstag sollten dann sogar noch Nordmänner die Bühne stürmen. Dazu aber später mehr.

Es wirkt fast, als seien die Zuschauer ausgehungert (und halb verdurstet). Vor allem gieren sie nach Musik – und bescheren den ersten Bands des Tages volle Hütte. 

MORNIR hätten an einem anderen Platz im Line Up womöglich nicht so viele Zuschauer bekommen, schließlich sind die Freisinger Pagan Metaller bislang einfach noch ziemlich unbekannt. So ist ihre Bühnenpräsenz auch etwas zaghaft und die Geige das eine oder andere Mal eher im Weg, als dass sie etwas Positives zum Klang beiträgt. Mit fortschreitender Professionalisierung wird sich das aber sicher von alleine geben.

Sommer, Sonne, Schwarzmetall!

Wir alle kennen das größte Problem von aufstrebenden Black-Metal Bands: Sonnenschein und Wärme. APATHIE müssen sich wohl eingestehen, dass es sich zur Kaffeezeit bei blendendem Sonnenschein und schweißtreibenden Temperaturen schlecht von schwarzem Schnee singen lässt. Wobei: Gesungen wird ganz prächtig, auch in voller Montur und mit Corpsepaint. Aber sobald die Klänge aus dem Schatten der Bühne klingen, verpuffen sie oft einfach so im lauen Vorsommerlüftchen. Auf jeden Fall geben sie auf der Bühne alles, um gegen die allseits verbreitete gute Laune anzukämpfen. Und als letzte Band des Abends hätten sie sehr wahrscheinlich größere Resonanz erzielen können.

Vielleicht waren APATHIE einfach zu unentspannt, auch wenn das dem Bandnamen irgendwie etwas widerspricht. ODROERIR machen jedenfalls alles richtig. In Gewandung auf Bänken sitzend,  spielen sie, unterstützt von WALDTRÄNE, vielstimmige Weisen aus alter Zeit über die Sagen der Edda und der Thüringer Landen. Und wenn diese Weisen nicht tatsächlich aus alter Zeit stammen, dann klingen sie zumindest sehr danach. Ziel ist, und das wird erreicht, dem Zuschauer einen authentischen Einblick in historische Musikkultur zu vermitteln. Für die frühen Abendstunden, nach einem Tag voller Sonne und Dingen, die man am Männertag so tut, genau das Richtige, um sich in Gedanken und Vorstellungen über längst vergangene Tage zu verlieren.

Im Nachhinein höre ich von Besuchern, die den Klang der Band mo(r)nieren, allerdings ist mir aus meiner Position nichts aufgefallen. Tendenziell habe ich aber die Entdeckung gemacht, dass der Klang mit etwas Distanz zur Bühne merklich besser wird. Und wenn wir schon davon sprechen; ich schäme mich es zugeben zu müssen: Es war mir tatsächlich ZU LAUT!

Träumen in den Abendstunden

Zum Träumen regt auch die folgende Band an, die für mich eines der Highlights des diesjährigen Billings ist: SOJOURNER.
Jung, international und unglaublich sympathisch, a
uch wenn man das alles nicht direkt aus ihrer Musik ablesen kann. Erst vor zwei Monaten haben sie mit ‘The Shadowed Road’ ein großartiges und erhabenes neues Album veröffentlicht, das man irgendwo zwischen BATTLELORE und SAOR einordnen könnte. Apropos BATTLELORE: Ich weiß, es ist ein schlimmes Neuseeland-Klischee – aber man hört irgendwie den Herr Der Ringe aus der Musik heraus. Dazu muss man sich nur einmal das Intro des Titeltracks des aktuellen Albums anhören.

Man merkt ihnen anfangs an, dass dieser Auftritt erst der zweite in der Bandgeschichte ist, doch nach den ersten beiden Songs entspannt sich die Band merklich und die Magie ihrer Musik beginnt zu wirken. Im Publikum sind bereits viele Fans zu finden. Teilweise mit geschlossenen Augen genießen sie diese Band, von der man gar nicht erwartet hätte, sie überhaupt einmal live sehen zu können. Der Auftritt dürfte noch weitere Zuhörer im Publikum zu Fans gemacht haben.

 

XIV DARK CENTURIES sind hingegen immer wieder auf dem Dark Troll zu Gast. Bei ihnen hat sich allerdings das Personalrad gedreht. Nicht nur ist Schlagzeuger Rüd ausgestiegen und wird durch Neuzugang Manu ersetzt. Später am Abend wird Mitveranstalter Maik seine Gitarre bei GERNOTSHAGEN an Ex-Centuries-Klampfer Roman weitergeben. Zumindest für den Ausstieg von Rüd, so erfahre ich ungefragt, soll es einen Grund geben. Die Band spiele nun auf Click und das wäre weder im Sinne noch im Rahmen der Möglichkeiten des Schlagzeugers gewesen. Als Nicht-Musiker muss ich an dieser Stelle aber passen und verliere mich nicht, wie mein Informant, in langwierigen Ausschweifungen über die Spielweise der Band.

Es wird finster…

Keine Ahnung, ob FIRTAN auf Click spielen, aber was auch immer sie machen: Sie machen es richtig. Ich habe mir über die Qualitäten dieser Band bereits die Finger wund getippt und den Mund fusselig geredet. Deswegen sei an dieser Stelle nur gesagt, dass die Freiburger Jung-Blackmetaller fast alle Besucher auf dem Dark Troll anlocken und mit Eiseskälte Entsetzen und Hass verbreiteten. Man könnte fast meinen, dass der aufkommende kalte Wind, der vom nahenden Unwetter kündigt, von ihnen heraufbeschworen wurde. Auch sie gehören mittlerweile zum gern gesehenen Inventar des Dark Troll Festivals und sind meiner Meinung nach die vielversprechensten Newcomer im Atmospheric Black Metal.

Der Auftritt von GERNOTSHAGEN hat im Anschluss etwas sakrales, wird doch feierlich mitten im Set die Gitarre von Maik an Roman übergeben. Beiden sieht man an, dass es ihnen nicht leicht fällt. Dem einen wegen der Fußstapfen, in die er tritt – dem anderen, weil er sie zurücklassen muss. Falls es Skeptiker im Publikum gegeben haben sollte, dann werden ihre Befürchtungen heute nicht bewahrheitet: Roman legt sich von der ersten Minute an mit allem was er hat ins Zeug und der Auftritt von GERNOTSHAGEN wird zum großen Erfolg.

Jetzt fehlt nur noch eine Band – die geheimnisvollen THE COMMITEE. Nur wenige kennen ihre Gesichter. Eine internationale Supergroup, deren Vermummung Teil ihres politisch inkorrekten Projektes ist, in dessen Zuge die Welt mit ausdrucksstarkem und kompromisslosem Black Metal überzogen wird.

Großartige Performance, ein Bassspiel welches seinesgleichen sucht – aber bald zu viel des guten. Nach 30 Minuten habe ich erst einmal genug. Aber das ist auch nicht so schlimm, denn schließlich kann man sich ja kurz vor Dienstschluss noch einen oder zwei Cocktails am Stand holen. Da verraucht dann auch die tiefste Frustration und der böseste Menschenhass. Außer, die anderen sind besoffener als du und gehen dir auf die Nerven. Der Abend versinkt so langsam im Nebel der alkoholumwölkten Benommenheit – aber der nächste Festivaltag ist gar nicht mehr so fern.

Freitag: Bergfest! (Ihr wisst schon, auf dem Berg und so…)

Kaum treibt einen die Sonne aus dem Zelt, kaum ist das erste Brötchen in den noch etwas flauen Magen gezwängt und mit einem Schwall Bier nachgespült, schon schreit eine hysterische Frau aus vollem Halse nach Satan. Um Gottes Willen, bin ich denn wirklich schon bereit für diese geballte Ladung an Verachtung? Ich verschlucke mich an meinem Diesel.

Der offizielle Text zur Band liest sich wie folgt: “MartYriuMs Performances sind sowohl aggressiv als auch theatralisch, voller dunkler Taten und okkulter Bilder, die ein infernalisches Chaos aus eurer elenden Seele entfesseln werden. Die Liveshows sind besonders durch ihre Rituale, die alles Mögliche beinhalten können. Sei es, indem sie Seiten aus dem Schwarzen Buch von Baalzebub zerreißen und seine Plage der Finsternis in der Welt verbreiten oder Asmodeus rufen, während sie die Bühne mit Blut oder Friedhofsdreck entweihen.” – na danke.

So weit ist das mit dem infernalischen Chaos aber gar nicht hergeholt. Ich bin zwar alles andere als fit, wach, vorbereitet oder uneingeschränkt geistig und seelisch anwesend. Aber MartYriuM schaffen es, mich sofort in Bann zu ziehen und gegen meinen Willen in Wallung zu bringen. Die Energie, die die Malteser ihrem Publikum übergeben, ist beeindruckend. Und Sängerin Sandra hat so außerordentlich viel Druck in der Stimme, dass viele ihrer männlichen Kollegen im Vergleich dazu nur schwach winseln.

 

Endlich stößt Don Promillo zu uns, dem ich die Feder übergebe.

Brückentage? Sowas kenne ich nicht! Deswegen startet für mich das diesjährige Darktroll erst am Freitag mit KRATER. Auf die Nürnberger (eigentlich sind´s ja „Ur-Sachsen“) freue ich mich ganz besonders. Denn obwohl sie erst 3 Alben veröffentlicht haben, ist die Entwicklung der Jungs umso beachtlicher. Nachdem ich die Jungs 2011 das erste Mal gesehen habe, hat sich einiges getan. Ihre Musik ist deutlich melodischer geworden und die Bühnenausstrahlung wirkt ebebnfalls deutlich mitreißender. Mein absolutes Highlight während des 40-minütigen Sets ist mit Abstand „Antivists“ vom aktuellen Longplayer „Urere“, das wie ein Flammenwerfer über die Fans vor der Bühne hinwegrauscht.

Zwischen Bier und Bühne

Alex übernimmt wieder. Auf dem Dark Troll Festival erlebe ich jedes Jahr aufs Neue, dass die wahre Schwierigkeit ist, neben den ganzen Gesprächen mit Freunden und Bekannten – im Endeffekt kennt man ja das halbe Festival bereits seit Jahren – überhaupt dazu zu kommen, Musik zu hören. Erst das verzweifelte Schreien eines von inneren Dämonen geplagten Mannes ruft mich wieder zu den Konzerten zurück. Der hastige Blick auf die Running Order lässt mich nichts gutes erahnen.

Mein persönliches Festivalhighlight Dynfari stehen da gerade auf der Bühne, aber es klingt eher so, als wäre ein Passant zufällig vorbeigekommen, der auch mal ein bisschen schreien wollte. Im Publikum gibt es stellenweise Gelächter – und dabei ist jenes extremem Gesang nun nicht wirklich abgeneigt. Aber dieser Gesang hier ist vor allem eins: Extrem schlecht. Völlig unhörbar. Und vor allem viel zu laut abgemischt. Vielleicht würde das ganze Set nicht so verhagelt, wäre der Gesang im Hintergrund geblieben, wie das eigentlich auch auf den Alben der Fall ist. Ich drehe mich um und verlasse die Burg, um mich wieder Gesprächen zu widmen. Und da ich nun meinen Frust in Troll-Met ertränken muss, übergebe ich die Wahrnehmung musikalischen Pflichtbewusstseins an Don Promillo.

Schwarz wie die Nacht

Als nächstes steht eine wahre Legende des Black Metals auf der Bühne. Es gab schon einige Kontroversen um HORNA, doch eines ist sicher: Die Finnen wissen, wie man Live abzuliefern hat! Gerüchten zufolge sollen die Jungs schon bei der Anreise bestens gelaunt gewesen sein und auf der Fahrt vom Flughafen zur Burg finnische Volkslieder zum Besten gegeben haben. Davon ist auf der Bühne nichts mehr zu sehen. Das ist purer Hass und Aggression, was hier dargeboten wird. Besonders erfreulich ist, dass „Kuoleva Lupaus“ gespielt wird, welches Dennis und ich seit mittlerweile 10 Jahren feiern. Wie kann man bitte so einen geilen Song schreiben? Abgeschlossen wird ihr starkes Set von „Örkkivuorilta“ (da tun die Finger weh).

Tja, was soll ich zu EREB ALTOR sagen? Ich bin hin- und hergerissen, was ich von dieser Show halten soll. Einerseits mag ich ihre eigenen Songs, doch heute soll es eine „BATHORY-Tribute-Show“ geben. Ich war nie der riesengroße BATHORY-Fan und werde es vermutlich auch nicht werden. EREB ALTOR zeigen eine couragierte Show, die die Fans auch zum abgehen animiert, doch mich lässt sie relativ kalt. Das Dargebotene ist ohne Frage technisch einwandfrei und kommt dem Original tatsächlich ziemlich nahe, aber ich bin etwas enttäuscht, dass keine eigenen Songs gespielt werden. Ich lege mich fest und sage: „Midsommarblot“ statt „Blood Fire Death“!

Samstag: Das Ende ist nah

Nach einer wie auf jedem Festival viel zu kurzen, wenn auch nicht unkomfortablen Nacht, startet der Samstag mit den Schweizern SOULLINE. Die Truppe aus Gentilino spielt ziemlich technischen Melodeath und sorgt damit für eine willkommene Abwechslung. Auch wenn das eigentlich gar nichts für mich ist, bin ich positiv überrascht, denn es ist einfach mal etwas völlig anderes hier auf dem Festival. Ich lasse mich also nicht lumpen und schaue mir die Show vor der Bühne an und bin in Sekundenbruchteilen wieder auf Betriebstemperatur. Und weil es so schön ist, gibt auch Alex wieder etwas zum Besten.

Auch ich bin positiv überrascht, etwas derart „Modernes“ auf dem Dark Troll zu erleben. Schließlich ist „technischer Melodeath“ rein akustisch nicht weit von Metalcore entfernt und einige bockige Kommentare diesbezüglich höre ich dann tatsächlich im Vorbeigehen. Das ist sehr schade, denn was SOULLINE auf der Bühne zelebrieren hat wirklich Hand und Fuß.

Party und Perfektion

Was dann aber die Mission der Schweizer TROLLORT sein soll, verstehe ich nicht ganz. Im Grunde klingt das, was mir von der Bühne entgegenschallt, wie FINTROLL – wie eine Persiflage der Persiflage. An sich ganz lustig und rumpelig, aber irgendwie 10 Jahre zu spät, um wirklich noch an der Troll-Folk-Party teilnehmen zu können. Der Drops ist schon gelutscht. 

Anders als TROLLORT, die gerne so klingen würden, als kämen sie aus Finnland, kommen SHADE EMPIRE tatsächlich da her. Sie bringen ähnlich wie SOULLINE auch technischen Melodic-Death mit. Nur haben sie sich weniger für schnelle Bewegung als auf sich langsam entfaltende Soundteppiche spezialisiert. Es scheint mittlerweile zum guten Ton zu gehören, die eigene Musik mit Bombast aufzublasen – streng nach dem Motto: Mehr Bombast ist immer besser als weniger Bombast!

Bei den Kritikern sind sie dafür mit ihrem letzten Album ‚Poetry of the Ill-Minded‘ etwas auf die Nase gefallen – doch wie soll man das monumentale ‚Omega Arcane‘ auch vernünftig überbieten? Ganz zu meiner Überraschung funktionieren auch die neuen Songs auf der Dark Troll-Bühne ganz hervorragend. Vor allem tun sie das in einer direkteren, natürlicheren Version, als man sie von SHADE EMPIRE aus dem Studio kennt. Für mich war es ein großartiges Erlebnis, diese Formation live erleben zu können.

Alle Mann an Bord der Naglfar!

Wer aber denkt, dass man jetzt eine Verschnaufpause einlegen kann, der irrt. Denn OBSCURITY marschieren ein. Die bergischen Löwen sind auf dem Dark Troll natürlich immer ein Highlight. Die Burg ist so voller Menschen, dass man glauben könnte, bereits jetzt sei jeder Besucher aus dem sonst so verlockenden Campingstuhl aufgeschreckt, obwohl die Headliner noch ausstehen.

Aber wie soll man sich denn dem mächtigen Sog dieser Schlachtengesänge auch erwehren? Mehr Energie als OBSCURITY kann man über Lautsprecher überhaupt nicht verbreiten. Zu „Naglfar“ lässt sich das Publikum nieder, um kräftig mitzurudern. Und dann marschieren auch noch sprichwörtlich die Nordmänner ein, um die Streitmacht Bergisch Land auch noch auf der Bühne zu unterstützen. Diese geballte Manneskraft wird auch im bald erscheinenden Video zu „793“ in Aktion zu bewundern sein. Ich übergebe wieder an Don Promillo.

Mit ILLDISPOSED haben Maik und Kelly eine wahre Death-Metal-Granate buchen können. Dass die Musik der „schwulen Dänen“ (eigene Aussage) hier eigentlich nicht so recht hinpasst, interessiert vor der Bühne niemanden, denn es ist brechend voll. Was mir sofort auffällt, ist, dass Sänger Bo Summer heute etwas ruhiger ist als gewohnt. Von anderen Shows hatte ich ihn eher als Partykanone im Gedächtnis, doch heute will er nicht so richtig aus sich herauskommen. Trotzdem grenzt das Gespielte schon nah an Perfektion. Denn was Timing, Zusammenspiel der Gitarristen und Songauswahl angeht, macht den Jungs niemand was vor!

ENDSPURT!

Alex übernimmt wieder, als ARKONA die Bühne betreten.

Im Gegensatz zu OBSCURITY wirken ARKONA etwas lustlos auf der Bühne. Vielleicht sollte man auch besser „routiniert“ sagen. Schließlich tun sie Woche um Woche dasselbe. Trotzdem bin ich, wie auf den WINTERDAYS OF METAL, die ich dieses Jahr besucht habe, völlig eingefangen von der zeitfernen, magischen Wirkung, die die Musik der Russen auf ihr Publikum haben kann. Wo könnten ARKONA besser ihr ganzes Charisma entfalten als auf einer Burg in der Nacht? Noch einmal von einem erhaben Gefühl längst vergangener Zeiten beseelt, verabschieden sich nun viele vom diesjährigen Dark Troll, um die Nacht im Kreise alter und neuer Freunde feuchtfröhlich zu begießen.

Don Promillo verbleibt bis zum letzten Act und weiß Folgendes zu berichten:

Krönender Abschluss des diesjährigen Darktrolls sind WEDERGANGER. Die Band um den Ex-HEIDEVOLK-Sänger Joris van Gelre spielt heute ihr finales Konzert und löst sich danach auf. Scheinbar Grund genug für die Truppe, auf der Bühne noch einmal alles zu geben. Die Performance lässt sich mit 2 Worten am besten beschreiben: mystisch und räudig. Es kommt hier nicht auf die perfekt gespielten Riffs an, sondern auf die übertragene Energie. Und die kommt bei mir definitiv an! Einziger Wermutstropfen (neben der Auflösung der Band natürlich) ist, dass das vorher bei der Autogrammstunde angekündigte Outro nicht läuft. Ich denke, jeder hätte sich über TOTOs „Africa“ zum Abschluss gefreut. Nichtsdestotrotz ein würdiger Festivalabschluss!

AUF DEM HEIMWEG…?

Alex: Wenn ich mich an das Dark Troll zurückbesinne, als es damals noch Black Troll hieß, dann kann ich nicht umhin, wirklich stolz zu sein, was sich in den letzten Jahren so alles getan hat. Von einer Anlage, die in den Ohren schmerzt und während der Auftritte immer wieder ausfiel und etwas verloren dreinblickende Bands auf einer blumenkübelbewehrten Bühne vor spärlichem Publikum – bis zu dem diesjährigen Sound, der bei Bands wie MARTYRIUM oder EREB ALTOR als nichts anderes als perfekt zu bezeichnen ist und einer dicht gefüllten Burg.
Man könnte schon fast sagen: Zu dicht.

Das Dark Troll hat sich in den letzten Jahren prächtig entwickelt. Das liegt unter Anderem an der Art und Weise, wie es geführt wird. Mit kleinen Schritten voran und mit Liebe zum Detail. Das beginnt mit der sorgsamen Bandauswahl. Bekannte und langjährige Szenegrößen ziehen die Leute an, denen dann unbekannte und/oder faszinierende Acts präsentiert werden – viele davon zum ersten Mal in Deutschland oder Europa. So entdeckt man jedes Mal neue faszinierende Künstler, die im Grunde eigentlich auch immer zu überzeugen wissen.

Und nachdem Bornstedts Bürgermeister am letzten Tag seelig auf der Bierbank neben mir einschlief wusste ich: Alle sind sehr glücklich darüber, dass es das Dark Troll gibt.

Bis nächstes Jahr!

Bilder mit freundlicher Genehmigung von , Lady Metal, Lady Metal, F.O.N.K, Lady Metal, Lady Metal, Lady Metal, Lady Metal, F.O.N.K und Lady Metal

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