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DARK TROLL FESTIVAL 2022 – DER BERICHT
Es ist Zeit! Zeit, den Bornstedter Berg zur Ruine der Schweinsburg zu erklimmen!
Zeit für Black Metal, Folk Metal, und alles, was dazwischen und drum herum wächst!
Es ist Zeit. Zeit für das DARK TROLL FESTIVAL 2022!
Tag 1
Flöten und Trommeln
Merlin: Es ist eine heiß geliebte und gut gepflegte Tradition auf dem DARK TROLL, dass BARBAROSSA PIPES & DRUMS mit ihren Dudelsäcken das Festival eröffnen. Und so ist es auch heute. Gemeinsam marschieren die 18 Männer und Frauen auf dem Burghof ein und geben einen ersten Appetithappen zum Besten. Es folgt ein interaktives Stück zum Mitklatschen: „We will Rock you“, solo vorgetragen. Das nächste Lied ist ebenfalls ein Klassiker, wenn auch aus einer ganz anderen Sparte: „Flower of Scotland“ – ein Stück über die Jugend. Und ein Stück, welches ALESTORM auf ihrem ersten Album „Captain Morgan’s Revenge“ gecovert haben. Aber das nur am Rande. Den Auftritt von BARBAROSSA PIPES & DRUMS zeichnet auch aus, dass sie komplett auswendig und ohne Noten spielen. Respekt!
Und auch die Ansagerin der Truppe tritt souverän auf. So erklärt sie den Schaulustigen, warum sie und ihre MitstreiterInnen keine Autogrammstunde geben: 18 Leute seien schlichtweg zu viel für die kleine Bude, in der die Autogrammstunden abgehalten werden. Auch animiert die dunkelhaarige Dame die Festivalbesucher zum Besuch weiterer live-Veranstaltungen: „Geht zu Konzerten, ein guter Psychologe ist wesentlich teurer als ne Konzertkarte!“ Wo sie Recht hat… Nachdem BARBAROSSA PIPES & DRUMS, es durfte nicht fehlen, „Amazing Grace“ spielen, beschließen sie ihren Auftritt mit etwas zum Mitsingen: „Was sollen wir trinken, 7 Tage lang“ – ihr ergänzt den Rest. Und während die Zuschauer klatschen und singen, verlassen die MusikerInnen in einem gemeinsamen Auszug unter den Klängen ihrer Dudelsäcke das Infield. Das war doch mal ein gelungener Start! So fröhlich darf es gerne weitergehen.
Die erste Metalband des Tages
Der Aufstieg
Ein dickes Ausrufezeichen
Eine solche Band braucht zudem als Fundament einen richtig ausdauernden und stabilen Drummer, und der ist hier definitiv am Start. Nicht nur zeugt er von durchgehender Präzision und Beständigkeit, er ist zudem der glücklichste Musiker, den ich je gesehen habe. Sein Trommelspiel ist stets von einem freudestrahlenden Lächeln begleitet, das sich nur noch verbreitert, je anspruchsvoller der Song wird. Voilà. Erste Band, erste Neuentdeckung. Hoffentlich geht das so weiter.
Punk und Rotz
KHORS treten nicht auf.
Mich: Der Grund: Die Jungs kommen aus der Ukraine und werden dank verlängertem Kriegsrechtsbeschluss nicht aus dem Land gelassen. Selbst der beidseitige Kontakt zum Kulturministerium hat am Ende des Tages nicht geholfen. Dennoch wird seitens Festivalorga zumindest dafür gesorgt, dass den Musikern ihre versprochene Gage zukommt. Ein schwacher Trost, aber Panzer und Raketen sind wohl immer stärker als Kultur und Musik. Krieg ist das Dümmste auf der Welt, und wer ihn ikonisiert und verherrlicht, hat etwas falsch verstanden. So. Jetzt habe ich es gesagt. Auf einem Black-Metal-Festival.
WOLFCHANT mal anders
Die ersten Headliner
HELHEIM liefern im Anschluss ein sauberes Konzert ab – ich muss aber gleich loswerden, dass ich meinen Weg heute Abend absolut nicht in ihre Musik hineinfinde. Vielleicht bin ich zu müde, vielleicht ist die Band nicht aufregend genug. Am makellosen Sound liegt’s nicht, und an der Atmosphäre schon gar nicht: Die Dunkelheit hat sich nämlich endlich mal herbequemt, und die Burgmauern lassen es sich nicht nehmen, in tiefrotem Scheinwerferlicht zu erstrahlen – während über der Bühne zwischen antikem Gemäuer episch das DARK-TROLL-Banner prangt. Ein majestätischer Anblick, und viele Menschen sind anwesend um das alles (inklusive HELHEIM) zu genießen. Aber dieser Abend und ich sind einfach nicht füreinander gemacht. Irgendwann stehe ich vor der Entscheidung, schmerzenden Beines im Stehen einzuschlafen oder mich zurück zum Camp zu bewegen. Tut mir leid HELHEIM, beim nächsten Mal dann.
Die Macht der schlechten Laune
Merlin: Jippie jai jeh, Schweinebacke! …ach ne. TOTENWACHE. Kinners, wie ich mich auf diesen Auftritt gefreut habe! Seit ich TOTENWACHE auf dem FIMBUL FESTIVAL 2020 das erste Mal live sehen durfte, sehne ich mich nach einer Wiederholung. Und ich werde nicht enttäuscht! TOTENWACHE sind einfach großartig in dem, was sie machen: Kalten und unbarmherzigen Black-Metal. Die drei wie immer mit Corpsepaint ausgestatteten Finstergestalten crashen die Dunkelheit mit ihrer klassischen und doch so eigenen Interpretation des Schwarzmetalls. Bis auf ein kurzes, sehr unangenehmes Quietschen zwischendrin ist der Sound dabei auch noch verdammt gut. Von den massiven Technikproblemen bei WOLFCHANT ist glücklicherweise nichts mehr zu hören, und so können TOTENWACHE aus dem Vollen schöpfen.
Die Hamburger ballern ihren Zuhörern eine gute Stunde lang die Ohren dicht und erzeugen zeitweise sogar einen kleinen (und leider recht rücksichtslosen) Moshpit. Die meisten Zuhörer aber haben keine Lust auf Rumgeschubse – es wird entweder geheadbangt oder in aufrechter Haltung gelauscht, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Letzteren stehen die Bandmitglieder übrigens in nichts nach. Mag es an dem gewählten Genre oder ihrer norddeutschen Herkunft liegen – TOTENWACHE bieten weder eine ausgefallene Show dar, noch sind sie sonderlich gesprächig. Die einzigen Worte, die der Sänger für sein Publikum übrig hat, sind die Abschiedsworte: „Machts gut, ihr Idioten!“. Alles klar, machen wir. Der Auftritt war jedenfalls großartig. Ich freue mich jetzt schon wie bolle, die missgelaunten Black-Metal-Gurus im August auf dem WOLFSZEIT FESTIVAL wiederzusehen.
Tag 2
Ein starker Ersatz
Okkult wie fick
Mich: Nun ist es an der Zeit für BÖOTES VOID. Äußerst okkult treten sie mit Tierschädeln, kryptischen bis satanischen Symbolen und komplett vermummten Gesichtern auf die Bühne. Musikalisch liefern sie meines Erachtens eher unspektakulären Black Metal. Das machen sie dafür aber sehr gut! Die Mucke ballert, und die Köpfe der Zuhörer befinden sich in einem Dauerzustand des Mitnickens um ca. 20 Grad. Aber auch die Gezeiten geben einen zum Besten: Während rechts über der Bühne bis zum fernen Horizont nur gelbe Sonnenstrahlen zu sehen sind, sieht das, was von links heranzieht, nach massivem Unwetter of Doom aus. Der stärker werdende Wind kündigt zu den unheilvollen Klängen von BÖOTES VOID auch nahendes meteorologisches Unheil an…
Runen im Gesicht
Und das Publikum? Ich finde, der Platz vor der Bühne könnte gerne noch voller sein. Ein engagierter Zuschauer in den vordersten Reihen hat immerhin eine tschechische Flagge mitgebracht, die er nun stolz der Band entgegenreckt. Ihn wie mich konnten DARK SEAL jedenfalls vollumfänglich begeistern. Auch hier komme ich nicht umhin, nach dem Konzert am Merchstand eine CD zu erwerben. Die lasse ich mir bei der anschließenden Autogrammstunde auch gleich signieren und nutze außerdem die Gelegenheit, einige Worte mit Bassist DIMI zu wechseln sowie gemeinsam mit ihm den DARK TROLL eigenen Met zu verkosten. Dabei gewinne ich den Eindruck, dass die Tschechen auch abseits der Bühne sehr bodenständige und sympathische Kerle sind. Mein abschließendes Fazit zum Auftritt von DARK SEAL? Ihr könnt, nein, ihr MÜSST unbedingt wieder kommen!
Der melancholische Nerv
Frauenpower
VERMILIA hat neben idyllischen, beinahe romantischen Klängen ja aber auch noch etwas Schwarzmetall im Gepäck, und so bildet sich während eines schnellen Songs ein zierlicher Moshpit, der sich im Verlauf des Konzerts in einen Circle Pit verwandelt. Jedoch ist es der kleinere Teil der Zuschauer, der sich in wilder Rennerei ergeht. Die Meisten lauschen dann doch lieber andächtig der fesselnden Stimme VERMILIAs. Übrigens hat die Musikerin erst vor kurzem eine neue Single veröffentlicht, „Hautavajo“. Das dazugehörige Album folgt dann im September. Ich bin der Meinung, Freunde des Folk sollten VERMILIA unbedingt auf dem Zettel haben!
Der Schotten erstes Mal
Da bleibt nur zu hoffen, dass RUADH ganz bald wieder den Weg zu uns nach Deutschland finden werden.
Ein großartiger Auftritt
Mich: Ich sehe THE SPIRIT gerne mal als die musikalischen Erben von DISSECTION und Konsorten an. Die Mischung aus Black Metal und Melodeath zerläuft ineinander wie flüssiger Honig und lässt von erster Sekunde an die Bühne in einem Schwall massiver Energie erbeben. Der Sound ist klar und sauber, und dennoch schafft er es, mir in jedem basslastigen Moment die Innereien meines Bauches zu massieren. Spielerische Rhythmuswechsel und progressive Einwürfe geben dem Ganzen noch mal eine besondere Würze. Es ist ein Schauspiel an Energie und Fertigkeit, das so schnell niemand nachmacht – und es wird auch gleich vom Publikum belohnt! Von allen Konzerten dieses Festivals fliegen hier bisher die Mähnen am zahlreichsten und am energischsten. Die Urkraft kosmischen Terrors strömt intensiv durch das Zusammenspiel aus Musiker, Verstärker und Besucher.
Fazit: Trotz aller Krassheit sind THE SPIRIT eine musikalisch wahrhaft interessante Band. Und das ist bei Weitem nicht der Standard. Macht weiter so, und erkämpft euch bitte den Weg an die Spitze!
Der Grundbaustein
Man wird es auf einem Festival wie diesem kaum glauben, aber: Es gibt tatsächlich eine Band, deren Musik noch mehr pagane Energie ausstrahlt als die anderen. Und das sind MÅNEGARM. Der Stil dieser Gruppe stellt den Nährboden für so manch eine andere Kapelle der heutigen Zeit. Mir war es jahrzehntelang verwehrt geblieben, diesen Grundbaustein jener Musik, die ich verehre, live mitzuerleben. Und doch stehe ich nun hier. Und lasse die Musik durch mich fließen.
Der Hit des Gigs ist mit „Odin Owns Ye All“ allerdings ein etwas neuerer Song. Hier wirkt es plötzlich, als hörte ich von allen Seiten schallende Stimmen mitgrölen – es scheint der Moment zu sein, auf den alle hier gewartet haben. Er ist aber auch ziemlich cool, soviel muss ich zugeben. Und ein schöner Abschluss für diesen meinen zweiten Festivalabend.
Elend und Ellenbogen
Merlin: Kommen wir last but not least zu der Band, auf die unsere Campnachbarn am meisten hingefiebert haben und gar nicht mehr aufhörten, von ihnen zu reden: ELLENDE. Die Österreicher stellen heute die letzte Band des Abends. Dementsprechend ist die Burg gänzlich in Dunkelheit gehüllt und die optimale Atmosphäre für melancholischen Post-Black-Metal geschaffen. Und ELLENDE sind wahre Meister ihres Faches. Der gesamte Burginnenhof ist gerappelt voll, die ganz überwiegende Mehrheit der Festivalbesucher ist gekommen, um sich von der Musik ergreifen zu lassen.
Und diese überwältigende Resonanz scheint Sänger und Mastermind L.G. ehrlich zu rühren. Zigmal bedankt er sich bei seinem Publikum. Das ist auch eine Sache, die ELLENDE für mich ausmachen: Kaum eine andere Band wirkt auf mich so offen, ja beinahe verletzlich. Und diese Wirkung überträgt sich in direkter Weise auf die Zuhörer. Die melodischen Düsterklänge umhüllen das DARK TROLL wie ein wabernder Zauber. Aber ehe ich mich gänzlich in Schwermut ergehen kann, ist das Konzert schon wieder vorbei und ELLENDE überlassen uns der kühlen Frühsommernacht. Ich muss mich erstmal kneifen, ob ich nicht doch noch träume…
Übrigens: ELLENDE haben für Ende September ihr neues Album „Ellenbogengesellschaft“ angekündigt. Das Cover hat mich als solches jetzt schon überzeugt. In erwartungsvoller Spannung harre ich der Musik, die da kommen wird!
TAG 3
Guten Morgen!
Mich: Der Tag beginnt ruhig. Mit vergleichsweise seichten Tönen lockt die freundliche Musikertruppe von BAUMBART die ersten Menschen aufs Infield. Genau nachgezählt habe ich nicht, aber es stehen und sitzen ziemlich viele Menschen auf der Bühne. Die meisten von ihnen sind mit akustischen Instrumenten ausgestattet, manche auch nur mit einem Mikrofon. Metal gibt’s hier – wie zu erwarten – nicht, dafür eben akustische Reisen in eine eigens erfundene Fantasy-Welt. Mit J.R.R. TOLKIENs Figur Baumbart hat das Ganze, soweit ich weiß, nichts zu tun.
Der Sound spielt mit, und so einige Besucher finden sich auch schon vor der Bühne zusammen. Die generelle Freude am frühen Spektakel ist da! Auch wenn aus anderen Windrichtungen Meinungen erklingen, die von deutlichem Desinteresse zeugen. Aber auch damit war zu rechnen, da die meisten Besucher sich wohl eher wegen härterer Klänge in den Burgruinen tummeln. Aber auch über BAUMBART steht heute wohl ein schlechter Stern: Den gefühlten Rest des Tages sehe ich die Bandmitglieder immer nur besorgt um ihren Wagen herumzustehen, der scheinbar nicht mehr anspringen möchte.
Rumänische Wölfe
Hinter dem unüblichen Namen SYN ZE SASE TRI versteckt sich eine rumänische Black-Metal-Band mit auffällig präsentem Keyboard. So zumindest eine erste, unbefleckte Live-Interpretation. Das Gehirn versucht bei solcher Musik natürlich immer gleich, den Brückenschlag zu DIMMU BORGIR zu machen – trotzdem gibt es aber hier einige markante Unterschiede. Zum einen liegt bei SYN ZE SASE TRI der Fokus doch etwas mehr auf der folkigen Seite, zum anderen sind auch Clean Vocals ein weitaus wichtigerer und häufiger auftretender Aspekt. Dann findet sich auch der ein oder andere langsamere Track inmitten des heutigen Soundbuffets. Dies sind Songs, die eher in Doom- und Gothic-Metal-Gefilde abtreiben, als stur am Black Metal festzuhalten.
Viel Abwechslung wird also geboten, während die Keyboarderin inmitten all dessen auch mal zur Geige greift. Was man auch selten auf Metal-Bühnen sieht: Sie spielt mit Notenblättern! Kurios. Der Sänger lässt irgendwann das Publikum wie die transsilvanischen Wölfe heulen, und kurz darauf platzt der vor zwei Tagen angekündigte Regen dann endlich aus allen Wolken.
Wahnsinn und Wetter
Merlin: MARTIN FALKENSTEIN alias VALKENSTIJN hat uns in diesem Jahr mit seinem Black-Metal-Projekt MOSAIC wieder ein neues Album kredenzt. Und so wundert es mich nicht, dass der Thüringer auf dem DARK TROLL zu Gast ist. „Heimatspuk“ will schließlich präsentiert werden! Zu Beginn des Auftritts weht bereits ein starker Wind durch die Ruinen der Burg Bornstedt. Der Atmosphäre kommt das natürlich zugute, dem Sound dagegen weniger. Nach einem raschen Blick zum Himmel ahne ich außerdem Böses für die nächste Stunde.
Aber noch regnet es nicht und MOSAIC beginnen ungetrost, den locker über den Innenhof verteilten Zuhörern eine Kostprobe feinsten heimat- und naturverbundenen Black Metal zu reichen. VALKENSTIJN hat sich dafür extra in ein kariertes Holzfällerhemd geschmissen und weiße Schminke aufgelegt, die bis in seinen Bart reicht. Dazu verdreht er regelmäßig die Augen und schafft so ein wildes, fast wahnsinniges Bild. Die anderen Bandmitglieder auf der Bühne treten dagegen in den Hintergrund. Es wird recht deutlich, wer hinter MOSAIC steht.
Und während die vier Musiker sich klangreich verausgaben, tritt plötzlich ein, was eintreten musste: Es beginnt zu regnen. Wobei, das ist nicht ganz korrekt: Es beginnt vielmehr zu schütten! Von jetzt auf gleich entscheidet sich die graue Wolkenfront, auf die Zuschauer niederzugehen, und zwar in einer Intensität, dass es jedem trveen Schwarzmetaller innerhalb von Sekunden das geliebte Corpsepaint vom Gesicht gewaschen hätte. Zack, ist der Platz vor der Bühne wie leergefegt und MOSAIC müssen die letzten Songs vor den ganz wenigen Unerschütterlichen performen, die aus Trotz oder Trunkenheit auf dem Innenhof verblieben. Das ist ziemlich schade für die Band, die nach wie vor überzeugend abliefert. Aber die Regenwolken kann selbst das Geschrei eines VALKENSTIJN nicht vertreiben, und so beschließen MOSAIC ihren Auftritt unter dem umbarmherzigen Prasseln und Rauschen des (gar nicht so unerwarteten) Wetterumschwungs. Schade!
Zwei Seiten einer Münze
Eine neumodische Vikingerparty
Merlin: Es wird höchste Zeit für die Folk- und Pagan-Metaller von GRIMNER! Seit 2008 aktiv, haben die Schweden neben drei EPs bisher drei full-lenght-Alben veröffentlicht und spielen nun zu meiner Freude auf dem diesjährigen DARK TROLL FESTIVAL. GRIMNER sind für mich einfach ein Paradebeispiel für eine Gute-Laune-Band. Mit Flöte, Mandola und Dudelsack bringen sie Leben in den inzwischen regentrockenen Burghof und sorgen so nebenbei für den ersten (und einzigen?) Crowdsurfer des Tages. Die Flöte ist dabei durch das an ihr befestigte Mikrophon ungewöhnlich gut zu hören – fast übertönt sie die anderen Intrumente. Denn GRIMNER haben natürlich auch Gitarre, Bass und Schlagzeug am Start. Und natürlich ihre beiden Sänger, TED und MARTIN. Und die grölen sich selbstverständlich die Seele aus dem Leib.
Im Publikum startet erst ein Moshpit, dann ein Circle Pit. Die allgemeine Stimmung ist großartig, der Platz vor der Bühne mit Zuschauern gut gefüllt. Sänger TED verkündet allen seine Freude darüber, in Deutschland zu spielen. Und was soll ich sagen – GRIMNER verleihen dieser Freude mit ihrem gesamten Auftritt Ausdruck. Die Schweden feiern einfach eine (neumodische) Vikingerparty mit Schlagzeug und Gitarre, die ihresgleichen sucht. Die Zeit vergeht bei diesem Konzert wie im Flug. Zum letzten Song mit mitreißenden Flötentönen hüpft nochmal das ganze Publikum auf und ab. Mir brummt der Schädel von der vielen action, und so taumel ich mehr vom Innenhof, als dass ich laufe. GRIMNER sind einfach immer wieder ein dickes Highlight. Nur die Flöte darf beim nächsten Mal ein bisschen leiser sein…
Hypnose und Geballer
Gelegentlich kommt es sogar zum dreifachen Gitarreneinsatz, wenn Sänger TORSTEN auch zur Klampfe greift (er ist anscheinend Linkshänder). Das Ergebnis ist eine ebenso hypnotische wie gnadenlose Show, die mich so richtig in ihren Bann zu ziehen weiß. Dazu bei tragen nicht zuletzt „Schlaf“ und „Der Tote Trakt“, meine beiden All-Time-Favourites der Gruppe. Mächtiger Auftritt!
Mehr Vikingerparty
Wer OBSCURITY nicht kennt: Die Velberter spielen harten Pagan-Black-Death mit ordentlich Wumms. Es wird also wie wild geheadbangt – auf und vor der Bühne. Sänger MARK alias AGALAZ verkündet, dass sie auch auf dem ROCKHARZ spielen werden. Hey, jetzt kümmer dich doch erstmal um den Auftritt hier und jetzt! OBSCURITY stimmen alsdann „Glod En Isa“ von ihrem aktuellen Album „Skogarmaors“ an. Da geht’s schon wieder rund im Publikum.
Sänger AGALAZ wiederum versucht sich nun an humoristischen Ansagen: „Jetzt kommt nochmal was langsames, eine Ballade!“ Fun fact: Es kommt wieder ein schnelles und ballerndes Stück („Naglfar“). Ich finde allerdings, dass OBSCURITY ihre Songs manchmal etwas abrupt enden lassen. Das gehört wahrscheinlich zum Konzept, taugt meinen Ohren aber nicht so richtig.
Zum Schluss bedankt sich AGALAZ dann nochmal ausdrücklich: Das DARK TROLL FESTIVAL sei für ihn Familie, er komme gerne noch 24(!) Mal wieder. Die Menge jubelt. Der letzte Song wird angestimmt: „Was uns bleibt.“ Und was uns in jedem Fall bleibt und sich OBSCURITY auch nicht nehmen lassen, ist die Zeit für eine Zugabe. Dafür kommt AGALAZ sogar extra von der Bühne runter zum Publikum geklettert. Zum abschließenden Applaus schrammeln dann nochmal alle Instrumente zusammen. OBSCURITY gehen mit einem Knall und ich fresse einen Besen, wenn sie nicht schon bald auf ein Neues das DARK TROLL FESTIVAL rocken werden.
Mal was neues
Mich: Was nun folgt, ist sogar für mich als frequenten Festivalgänger eine komplett neue Erfahrung: EMPYRIUM. Ich kannte im Voraus das ein oder andere Lied, doch wusste ich nie genau, was das Gesamtkonzept dieser Band eigentlich ist. Und tatsächlich werde ich in vielerlei Hinsicht überrascht: Auf der Bühne gibt’s eine Geige, akustische sowie elektrische Gitarren, Keyboard, Schlagzeug und ein – Hackbrett? Ich habe vor einigen Wochen zuerst ein solches Instrument gesehen (bei der Band PERCHTA), und nun gleich zum zweiten Mal. Außerdem befindet sich EVIGA, seines Zeichens Sänger von DORNENREICH, mit auf der Bühne – hier aber eher als Randfigur – und spielt Gitarre. Verwundern tut mich das vor allem, weil doch gerade die DORNENREICH-Tournee in vollem Gange sein müsste.
Aber was ist denn jetzt dieses mysteriöse Gesamtkonzept? Nun, einer ersten Analyse nach handelt es sich um ein Zusammenspiel aus sehr ruhigen Neofolk-Liedern (mit tiefen melancholischen Vocals) und zum Teil schon relativ schwerem Doom Metal. Insgesamt lehnt sich die heutige Musikerfahrung dabei sehr auf die ruhigere Seite, wird aber auch in härteren Momenten niemals von seinem melancholischen Unterton verlassen. Ich habe tatsächlich solche Klänge noch nie live gehört, und bin von erster Sekunde an gefesselt. Die funkelnden Augen der stummen Zuhörerschar um mich herum zeugen von einem ähnlichen Bann. Ein sehr schönes, wenngleich auch müde machendes Erlebnis. Nach dem Konzert gehe ich ins Bett und überlasse den Rest des Berichtes Merlin.
Ein (atmosphärisches?) Ende
Merlin: 2018 ist eine Band in der Atmospheric-Black-Metal-Szene eingeschlagen wie ein Meteorit: SPECTRAL WOUND mit ihrem zweiten Album „Infernal Decadence“. Die Kanadier haben ihre ganz eigene Ausdrucksweise. Dazu gehört auch, dass Sänger JONAH ähnlich J.J. von HARAKIRI FOR THE SKY bei Konzerten stets rastlos auf der Bühne hin und her rennt. Während er ins Mikrophon schreit, krümmt er sich zusammen, nur um gleich darauf mit wildem Blick den Kopf nach oben zu reißen. Diese beinahe wahnsinnig anmutende Ekstase wirkt gleichermaßen einschüchternd und mitreißend auf mich.
Mich: Mir hingegen kommt die mir bisher unbekannte Band alles andere als atmosphärisch vor. Bis auf vereinzelte Parts wirkt das Ganze doch sehr true und roh auf mich – ich bin allerdings von uns beiden nicht der Experte in dem Genre. Es geht ein solcher Druck von der Bühne aus, dass es mir durch all meine müden Glieder dringt, und ich muss sagen, dass ich das auch kurzzeitig wirklich genieße. SPECTRAL WOUND wurden von einigen meiner Mitcamper im Voraus schon in den Himmel gehyped, und jetzt kann ich auch verstehen, wieso. Diese Band ist übrigens so dermaßen trve und vndergrovnd, dass sie von ihrer EP genau EIN einziges Exemplar zum Verkauf mit aufs Festival gebracht haben.
Irgendwann löse ich mich aber (wie an jedem Abend bisher – ich werde alt) aus der Masse, und lasse Black Metal Black Metal sein. Sobald ich in meinem Zelt bin, bereue ich das allerdings schon wieder, denn als letzten Song des Festivals covern die Kanadier EMPERORs „I Am The Black Wizards“. Dafür hätte ich schon gerne vor der Bühne gestanden, aber nun muss ich mich wohl damit zufriedengeben, mir das von meiner bequemen Luftmatratze aus anzuhören. So ein Pech. Gute Nacht.
Und damit war’s das auch schon.
Ich hoffe, ihr hattet genau so viel Freude an diesem Festival wie wir, konntet die Atmosphäre der beleuchteten Burgruine und euren Black-Metal-Genuss genau so gut ineinander übergehen lassen wie wir, und habt genau so viel Bier vernichtet wie wir (oder zumindest ich).
Auf’s nächste DARK TROLL FESTIVAL! Wir werden da sein – und auf euch warten.
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Matthias Mayer (Dark Art) und St.Un.Photography.
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