Der dunkle Turm erzittert – CRANIAL
CRANIAL – Dark Towers/Bright Lights
Veröffentlichungsdatum: 10.02.2017
Dauer: 45:37 Min.
Label: Moment Of Collapse Records
Genre: Post Metal
Es war anno 2014 auf dem Summer Breeze, als ich das erste Mal mit CRANIAL in Kontakt kam – gewissermaßen. Denn eigentlich waren OMEGA MASSIF für das Festival gebucht. Jedoch löste sich die Würzburger Post-Metal-Kapelle wenige Monate zuvor auf. Ein trauriger Umstand, den AHAB bei ihrem Auftritt mit einem Cover des OMEGA-MASSIF-Songs „Wölfe“ würdigten. Zuvor hatte ich zu meiner Schande noch nie von besagter Band gehört. Was das alles mit CRANIAL zu tun hat? Nun, Michael Melchers, Ex-Gitarrist von OMEGA MASSIF, schlägt inzwischen bei jener neuen Kombo gegen die Saiten.
WENN CRANIAL DAS ALIEN GEBÄREN
Nachdem CRANIAL ihr Fruchtwasser bereits in Form der EP „Dead Ends“ tonnenschwer aus der musikalischen Gebärmutter ergossen hatten, stürzt nun der Bastard namens „Dark Towers/Bright Lights“ auf diese Welt herab. Der Opener „Dark“ verkündet bereits, dass sich etwas Unheilvolles aus dem Dunkel nähert. Kalte Synthies pinseln ein düster-futuristisches Bild in die Leere des Raumes. HR Giger lässt grüßen! Dann branden die Gitarren auf, es brodelt im Inneren, die Bauchdecke hebt sich – mit einem markerschütternden Urschrei bricht ein blutüberströmter Alien-Sprössling aus seinem Nest. Na, Kopfkino?
Wo OMEGA MASSIF noch schwiegen, brüllen CRANIAL nun in Person von Julian Weidhaus (Bass) und Sebastian Kröckel (Gitarre) in den Post-Metal-Tornado, den sie, angetrieben von Drummer Cornelius Merlin, über mir entfachen. Nach fünf Minuten habe ich das Auge des Sturms erreicht, der Song nimmt sich eine erste Verschnaufpause. Alle Tracks bewegen sich übrigens jenseits der Zehn-Minuten-Marke! Die Zeit vergeht jedoch wie im Flug, Langeweile ist praktisch nicht vorhanden. Und als „Dark“ nach gut 8:30 Minuten eigentlich auch vorbei sein könnte, holen CRANIAL noch einmal tief Luft und blasen mir das Hirn mit Hochdruck aus dem Schädel. Mächtig!
„Towers“ beginnt ebenfalls mit Synthie-Sounds wie aus einem Space-Horror-Film. JUMP SCARE! Aus dem Hinterhalt stürzt sich das Alien mit fast schon Black-Metal-artiger Raserei auf mich und reißt mir das Gesicht ab. Nach dem ersten Schock, kriechen die Gitarren dann in abgehacktem Rhythmus weiter, bis sie ein sirenenhafter Lead überschallt. Ausnahmezustand an Bord der Nostromo! Aus der Tiefe des Alls erschüttern schaurige Schreie das bebende Schiff, das unter dem Druck, den CRANIAL aufbauen, zu zerbersten droht. Nach einer kurzen Feuerpause nimmt die Band den Frachter wieder gnadenlos mit schwerem Geschütz ins Visier – bis er explodiert und seine/meine Einzelteile in die Schwerelosigkeit hinausdriften.
NORWEGISCHE PRÜGEL-ATTACKE
Selbst „Bright“ beginnt entgegen seines Titels mit dunklen, kalten Synthies. Das hält zwar die Atmosphäre aufrecht, aber ein wenig mehr Abwechslung dürfte schon sein. Schrilles Gitarrengekreische kündigt die nächste Druckwelle an, die dann auch mit voller Wucht über mich hereinbricht. Für Auflockerung sorgt hier ein überraschendes Gitarren-Interlude, das so auch LONG DISTANCE CALLING in ihren härteren Momenten hervorzaubern hätten können. Mit der folgenden Prügel-Attacke hingegen, wildern CRANIAL erneut in Black-Metal-Gefilden, bis die norwegischen Tannen unter dem schieren Druck zersplittern. Das ist Musik zum Abrissbirne schwingen! Auch wenn hier gerne mal zwei, drei Minuten früher Schicht im Schacht hätte sein können.
Mit dem finalen „Lights“ wird selbst dem Letzten klar, dass die Songtitel den Namen des Albums formen. Das Schema bleibt auch im vierten Aufguss das gleiche: Nach einem bedrohlichen Synthie-Intro, entfesseln CRANIAL ihre Instrumente. Hier Post-Metal-Gestampfe, dort wieder etwas Black-Metal-Geschruppe, dazwischen ein paar infernale Schreie. Letztere kommen übrigens richtig fies aus der Tiefe daher, weswegen das Quartett seine Stimmbänder ruhig noch öfter einsetzen dürfte. Mächtiges Getrommel läutet nun die letzten fünf Minuten der Reise ein. Hier springen mir CRANIAL noch einmal mit Anlauf und den Stahlkappen voraus ins Gesicht. Und zertrampeln meine Visage, bis ich nur noch Blut und knochige Überreste spucke. Geiler Abgang!
CRANIAL bei Facebook und Bandcamp
Autorenbewertung
Vorteile
+ düstere Atmosphäre
+ flüssige Übergänge
+ überlange Songs
+ gute Stimme
Nachteile
- zu wenig Stimme
- Tracks beginnen immer ähnlich
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