Deutschland, deine Festivals – #05: Mecklenburg-Vorpommern
Wer die Serie aufmerksam verfolgt hat, dürfte nicht überrascht sein, dass wir uns heute um das letzte verbliebene Ost-Bundesland auf der Landkarte kümmern: Mecklenburg-Vorpommern. Seen, Meer, ländliche Gegenden – klingt idyllisch! Alles, was da zum glücklich sein noch fehlt, sind ein paar schicke Festivals. Doch kann Mecklenburg-Vorpommern diese vorweisen?
Das Flagg…boot? Barther Metal Open Air
In Meckpomm gibt es tatsächlich wieder ein Metalfestival, das die anderen überragt. Dabei ist dieses gar nicht mal so groß… Das Barther Metal Open Air ist mit jährlich gerade einmal 800-1000 Besuchern jedenfalls das größte Metalfestival des Bundeslandes. Hervorzuheben ist hier insbesondere die schöne Barther Freilichtbühne, in deren Front die Zuschauer auf den aus Holzbänken formierten Rängen Platz finden, während sich ringsum Bäume erheben. Bereits seit der ersten Auflage 1999 bedient man sich der Kulisse. Während man damals allerdings an einem Abend mit vier Bands begann und sich fortan stetig steigerte, dauert der Spaß heute drei Tage lang und beinhaltet fast 30 Bands.
Und was für Musik machen diese Bands? Kurzform: Black Metal! Zu kurz? Na gut, ausführlicher. Neben dem dominanten Black Metal gibt es auch immer ein paar Bands aus eng verbandelten Genres, sprich Viking, Pagan oder Folk Metal. AGALLOCH, ENDSTILLE, HORNA, GEHENNA, VALKYRJA, TAAKE, HELHEIM und BAPTISM sind die größten Bands, die Barth in den letzten beiden Jahren einen Besuch abstatteten. Für den 17.-20. August 2017 steht die 19. Runde an, ehe es 2018 – so hoffe ich – mit der 20. Auflage ins Jubiläumsjahr geht.
Mecklenburger, vereinigt euch! – MV-Metal-Meeting
Die Festivaldichte in Mecklenburg-Vorpommern ist nicht allzu hoch. Weil die Anzahl der Festivals hier so überschaubar ist, rief der Verein „Kultur durch Musik e.V.“ 2016 das MV-Metal-Meeting ins Leben. Hauptzweck der Veranstaltung sollte sein, Bands aus MV zusammenzubringen. Dementsprechend stammten bei der ersten Auflage auch alle Bands aus dem eigenen Bundesland – 22 an der Zahl, verteilt über drei Tage. 200 Gäste wohnten der Erstauflage des Festivals in der Köllner Rockscheune bei.
Auch dieses Jahr findet das Festival über drei Tage statt. Den Auftakt wird es erneut an Christi Himmelfahrt geben – oder für alle Schnapsdrosseln unter uns: am Sauf… ich meine natürlich Vatertag! Und man beginnt in größeren Dimensionen zu denken: Nachdem man letztes Jahr lediglich auf die landeseigenen Bands zurückgriff, gibt man dieses Jahr auch Bands aus anderen Bundesländern und sogar einigen Gruppierungen aus dem Ausland eine Chance – u.a. ELKAAR aus Sachsen-Anhalt und HOLIDAYS IN HELL aus Brandenburg sowie PERVERSE, ASHES und INFLUENCE aus Polen und LIPID aus Dänemark. Doch auch Bands aus der Heimat sind wieder dabei, so u.a. PORTA INFERI und DETERMINATION. Das Line-Up gestaltet sich insgesamt ziemlich vielseitig – neben einigen Bands des Thrash und Death Metal treten alle möglichen Genres vereinzelt auf: Progressive, Melodic Death, Glam Metal, Rock, Punk, Metalcore, Alternative sowie einige Rock-Metal-Hybride. Das II. MV-Metal-Meeting dürfte eine bunte Underground-Party werden. Wer dabei helfen möchte, die mecklenburgische Festivalszene auszubauen, sollte hier mal vorbeischauen!
Rostock’sches Quartett: Grindmania Promotions Festivals
Nun werde ich euch vier Festivals mit einem Schlag vorstellen. Unüblich, nicht wahr? Doch das Ganze hat einen guten Grund: Alle vier Festivals – im Übrigen sehr kleine Veranstaltungen – werden von ein und demselben Veranstalter ausgetragen: Grindmania Promotions. Die Veranstaltungen finden zwischen September und November statt und laufen jeweils über einen Abend. Mitunter handelt es sich bei den Festivals aber eher um kurze Konzertabende, bieten doch die beiden kleineren Veranstaltungen – das Grindmania Festival und das Thrash N Burn Fest – nicht mehr als vier Bands. Beide Veranstaltungen finden im JAZ Rostock statt. Bei den beiden größeren Veranstaltungen handelt es sich um das Metal Up Your Ass Fest (sechs Bands) und das Rostock Death Fest (sieben Bands), die in der Alten Zuckerfabrik in Rostock stattfinden.
Alle vier Veranstaltungen werden von durchschnittlich 150-200 Gästen besucht. Ziel der Veranstaltungen ist es, Underground-Bands eine Bühne zu bieten und die Szene in Rostock am Leben zu erhalten. Bedient werden vorwiegend die raueren Genres – Death, Thrash, Grind, Black. Obgleich es sich hier nur um Mini-Festivals handelt, die ich dementsprechend kurz abgehandelt habe, dürften die Veranstaltungen dem einen oder anderen Besucher kurzweiligen Spaß ermöglichen.
ENDE?!
So. Was die „reinen“ Metalfestivals angeht, war es das eigentlich auch schon. Mecklenburg-Vorpommern hat nur zwei mehrtägige Festivals und eine Reihe kleiner Konzertabende in Rostock zu bieten. Soll es das also schon gewesen sein?
Nun ja, nicht ganz. Weil auch ich damit unzufrieden bin, gibt es jetzt nochmal einen Nachschlag mit drei weiteren Festivals, die weniger dem Metal und eher anderen Sparten zugehörig sind. Veranstaltungen, die ich normalerweise wohl nicht berücksichtigen würde – aber wenn es nur so wenige Metalfestivals gibt, müssen eben Alternativen her!
Vom Festivalgänger zum Veranstalter: FestEvil Nopperhof
„Wir sind ein Rock-Festival. Punkt.“ Mit diesem Zitat des Veranstalters möchte ich meinen Bericht über das FestEvil Nopperhof beginnen. Früher noch selbst oft als Open-Air-Besucher unterwegs, organisiert dieser nun sein eigenes Festival am Nopperhof. Die Erstauflage fand 2013 statt. Am letzten Juliwochenende 2017 geht es dann in die fünfte Runde. Vielleicht gelingt diesmal auch der Ausverkauf, an welchem man mit 1500 Besuchern im letzten Jahr allmählich kratzte.
Wie schon auf dem einen oder anderen Festival, sind auch hier die Veranstaltungstage zumindest ansatzweise thematisch angelegt. Freitag ist die Mischung etwas härter, zudem dürfen auch einige Mecklenburger Bands ihre Musik zum Besten geben. Der Samstag fungiert dann mehr als „Tanztag“ und bewegt sich stärker in Richtung Punk.
Insgesamt spielen vor allem Metal- und Hardcore, Hard-, Goth- und Folk-Rock sowie viele Punk-Bands auf. Mit von der Partie waren schon u.a. KNORKATOR, TANZWUT und BLOODPUNCH. Letztere gesellen sich auch 2017 wieder hinzu, um sich mit LETZTE INSTANZ, CRUSHING CASPARS und einigen weiteren die Bühne zu teilen. Insgesamt ist man bemüht, für viele Geschmäcker etwas zu bieten und neben zwei bis drei Headlinern noch einige Bands dabei zu haben, die gerade dabei sind, groß zu werden, sowie einige lokale Acts aus Mecklenburg. Samstags dürfen sich zwischen 14 und 16 Uhr sogar drei Nachwuchsbands präsentieren. Der Metal-Anteil ist gering, doch vielleicht kann der eine oder andere dem Billing ja etwas abgewinnen.
Mal hier, mal dort: Baltic Hell
Wie auch das FestEvil, feierte das Baltic Hell Ostsee-Rock-Festival 2013 seine Premiere. Dieses fand als Festivalwochenende mit zehn auftretenden Bands vor 500 Besuchern in Dassow statt. 2014 knüpfte die zweite Auflage nahtlos an die erste an, ehe die Stadt Dassow einer reibungslosen Fortführung einen Strich durch die Rechnung machte und man sich einen neuen Standort suchen musste. Seitdem hat man noch kein festes Zuhause gefunden. 2015 konnte man das Festival mit wiederum 500 Besuchern und sogar 21 Bands noch recht erfolgreich in Rolofshagen bei Grevesmühlen auf einem ehemaligen Militärgelände stattfinden lassen, ehe man 2016 mangels Location für die Hauptveranstaltung die Warm-Up-Veranstaltung auf dem ehemaligen Handwerkerhof in Grevesmühlen zum Festival umfunktionieren musste, sodass das Baltic Hell Warm Up 2016 als vierte Auflage der Veranstaltung gewertet wird. Die fünfte Auflage soll dieses Jahr in der Kulturwerft Gollan am Rande der Lübecker Altstadt stattfinden – diesmal wieder als richtiges, mehrtägiges Festival. Man hofft, an diesem Standort wachsen zu können und die Marke von 666 Zuschauern zu knacken. Termin der Veranstaltung: 31. August – 3. September 2017.
Wie der Name des Festivals eindeutig klarmacht, wird allen Spielarten des Rock eine Bühne geboten. Neben Rock´n´Roll und Punk findet man aber auch vereinzelt Metal-Bands im Line-Up. So begaben sich auch Vertreter des Power Metal (SEVEN THORNS aus Dänemark) und des Thrash Metal (TRAIL OF BLOOD) nach Mecklenburg. Eine Nuance Metal ist somit auch hier vorhanden – ansonsten würde das Festival nicht in diesem Bericht auftauchen. Das finale Billing für 2017 steht noch nicht, doch auch dieses Jahr werden es wieder Metal-Bands in die baltische Hölle schaffen. Bestätigt sind z.B. schon WICKED PLAN. Weitere werden sicher folgen.
Jeder fängt mal klein an: Megalith Open Air
Zum Abschluss unserer Festival-Führung durch Mecklenburg-Vorpommern möchte ich euch ein neues Festival vorstellen. Am 18. und 19. August findet erstmalig das Megalith Open Air in Grevesmühlen statt – auf eben jenem Gelände, das dem Baltic Hell 2016 als Standort für das improvisierte Festival diente. Das aus insgesamt zehn Bands bestehende Line-Up bietet eine Mischung aus Rock, Metal und Punk. Mit von der Partie sind auch einige Vertreter, die sich auf dem einen oder anderen der obigen Festivals schon einmal haben sehen lassen – DREIVIERTEL NOIN, IRON HORSES und CADILLÄC BLOOD zum Beispiel. Als Headliner sind GROBER KNÜPPEL und OLIVER DAWSON SAXON gesetzt. Ich drücke die Daumen, dass ein möglichst reibungsloser Auftakt gelingt!
Die Frage aller Fragen: Lohnt es sich, in Mecklenburg-Vorpommern Festivalgänger zu sein?
Auch heute stellt sich die entscheidende Frage: Lohnt es sich, in Mecklenburg-Vorpommern Festivalgänger zu sein? Ich habe nicht gedacht, diese Frage einmal so deutlich beantworten zu müssen, doch hier ist dies unvermeidbar: Nein, es lohnt sich nicht. An möglichst „reinrassigen“ Metalfestivals – und genau diese betrachte ich in dieser Kolumne nun einmal – gibt es gerade einmal zwei. Eines davon legt den Schwerpunkt auf Black Metal, das andere steht gerade am Anfang und bietet den Zuschauern vor allem lokale Bands verschiedener Genres. Die Veranstaltungen von Grindmania Promotions mögen an sich nette Konzertabende sein und wesentlich zur Erhaltung der Metalszene in Rostock beitragen, taugen aber eher weniger zum Austoben für diejenigen, die sich nach richtigem Festival-Feeling sehnen – denn kaum, dass es losgeht, ist der Abend auch schon wieder vorbei.
Auch die anderen Veranstaltungen bieten nur eine Nuance Metal. Alles in allem ist das einfach zu wenig, um Festival-Fans aus dem Metalsektor glücklich zu machen. Geschweige denn Fans bestimmter Subgenres – die Schwäche Sachsens, nur relativ einseitig aufgestellt zu sein, kann auch MV für sich verbuchen, allerdings ohne den Vorteil einer hohen Anzahl von Festivals in immerhin diesen Stilrichtungen. Wer nicht gerade auf Black, Death oder Thrash Metal abfährt oder sich mit „einfachem“ Rock oder Punk begnügt, geht hier ziemlich leer aus.
Trotzdem macht das Engagement der kleinen Festivals, die sich in den letzten Jahren erhoben haben, Hoffnung für die Zukunft. Diese arbeiten unerbittlich dafür, die Szene des Landes attraktiver zu gestalten. Ich wünsche viel Erfolg bei diesem Unterfangen, damit Mecklenburg-Vorpommern vielleicht eines Tages die rote Laterne loswerden kann!
Den nächsten Teil gibt es in zwei Wochen, wenn es wieder – so viel kann ich euch versprechen! – bergauf geht. Über mehr als drei (bzw. sechs) Festivals kann ich dort definitiv berichten!
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