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Die bebende Burg – Dark Troll Festival 8

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Manches Festival besticht durch den günstigen Kartenpreis, manch anderes durch räumliche Nähe zum Wohnort, wieder andere durch ein überzeugendes Billing. Als ich 2015 zum ersten Mal das Dark Troll Festival besuchte, war es von Allem ein bisschen. Das Festival bietet seit jeher mit drei Tagen für unter 50 € eine wirklich stolze Kombination aus Pagan, Folk und Black Metal aus aller Welt. Mittlerweile hat sich das Festival, das traditionell an Vatertag startet, als persönlicher Auftakt der Open-Air-Saison fest in meinem Festivalkalender etabliert. Und während ich in den letzten beiden Jahren lediglich als Gast unterwegs war, darf ich dieses Jahr als Teil der SILENCE-Crew mit dabei sein.

 

Donnerstag, 25.05.2017

Während Sascha, Hannes und Alex schon am Mittwoch angereist sind um den Stand aufzubauen, ziehe ich am Donnerstag nach. Um 14 Uhr treffe ich ein, also gut zwei Stunden vor dem ersten Auftritt. Glücklicherweise läuft während dieser „Wartezeit“ schon Musik im Hintergrund, sodass ich zu Hits von MODERN TALKING, ABBA & Genossen schon richtig in Fahrt komme.

Das mag jetzt erstmal völlig unpassend wirken, jedoch muss man sich vergegenwärtigen, dass im Zuge der allgemeinen Männertagserheiterung die Tore der Burg bis zum Beginn des ersten Konzerts jedem offen stehen. Und seit Jahren ist es Tradition, dass ein standhafter Alleinunterhalter mit brüchiger Stimme, aber flotter Mundharmonika, die Besucher der Burg beschallt. Mit fortschreitender Stunde wird die Partymusik immer schunkel-wütiger, sodass man sich nach und nach auf die Metal-Familienstimmung einstellen kann. *Ironie aus*

Um 16 Uhr wird die musikalische Mischung aus längst vergangenen Jahrzehnten durch Livemusik aus diesem Jahrzehnt abgelöst. Seit 2015 obliegt es dem Akustik-Folk-Duo WALDTRAENE aus dem Harz das Festival in Bornstedt zu eröffnen. Während man noch viele Gespräche mit Bekannten führt, die man auf der Burg trifft, dient der ruhigste Auftritt des ganzen Festivals als angenehme musikalische Einstimmung im Hintergrund. Hellhörig werde ich, als Sänger HORDA berichtet, dass er bei seiner Arbeit in einem evangelischen Kindergarten seine Kündigung erhielt. Grund dafür sei das, was er hier tut – heidnische Musik spielen. Diese Praktiken sind bei Leibe nicht neu, aber zeigen wieder einmal deutlich, wie eingeschränkt und rückschrittlich die Kirche auch heute noch agiert. Der Leidtragende lässt sich jedoch nicht von seiner Musik abhalten. Eine Entscheidung, über welche die Fans sich freuen können. Selbst ich, der prinzipiell wenig mit rein akustischer Musik anfangen kann, werde letztendlich von „Heidenblut“ mitgerissen. Leute, macht weiter – ihr seid auf jeden Fall eine Bereicherung für die Szene!

Erstmalig härter zu geht es, als die Atmospheric-Black-Metal-Formation RAVENTALE die Bühne betritt. Aufgrund der exzellenten Lage unseres SILENCE-Standes war es uns trotz der anstehenden Autogrammstunde mit COUNTLESS SKIES möglich, die Musik um den Ukrainer Astaroth Merc zu genießen. Trotz der nicht mehr als durchschnittlichen Kritiken, die die Musik scheinbar im Netz erhalten hat, sprüht ein ähnlicher Charme wie der von DRUDKH oder KHORS  zu uns herüber.

Ich führe auch ein aufschlussreiches Gespräch mit Felix Kramer, dem Veranstalter der Frostfeuernächte, welcher ebenfalls vor Ort ist. Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben – die Frostfeuernächte werden 2018 doch noch einmal stattfinden. Wir drücken die Daumen, dass die Veranstaltung die Kurve kriegt und im nächsten Jahr erfolgreich sein wird!

Doch zurück zum Dark Troll Festival 8. Eben noch bei bester Laune an unserem Stand vertreten, betritt nun COUNTLESS SKIES die Bühne. Da sich schon der vorhergehende Auftritt verzögerte, beginnt auch die britische Band mit einer Verzögerung von 22 Minuten ihren Auftritt. Hätte ich mich darüber geärgert, wäre der Zorn schnell weggeblasen gewesen – der aufgebotene Melodic Death Metal erinnert ungemein an INSOMNIUM. Die Musik wirkt beruhigend und packend zugleich, und es gelingt mir kaum, mich daran satt zu hören. Es ist immer wieder ein schönes Bild, wenn die drei Künstler an den Saiten Seite an Seite stehen und man ihnen ansieht, dass sie mit vollem Einsatz dabei sind. Dafür, dass die Band erst seit 2014 richtig aktiv ist, machen COUNTLESS SKIES einen wirklich fantastischen Job.

Im Anschluss entern die Australier von LAGERSTEIN die Bühne, um den wohl unterhaltsamsten Auftritt des ganzen Festivals hinzulegen. Die haben sich in Ungarn ein Haus gemietet um für das nächste halbe Jahr Europa unsicher zu machen. Die Band interagiert stark mit dem Publikum – beginnend mit dem „Ruderboot“, stürmt der Sänger während des Auftritts hinab in die Crowd, um auf eigene Faust den Circlepit anzuführen. Das Publikum lässt sich mitreißen und feiert mit der Band den humorvollen „Drinking Pirate Metal“. Auch auf der Bühne selbst ist die Stimmung auf dem Höchstpunkt. Schon mal jemanden seine Rum-Cola aus einem seiner Schuhe trinken sehen? Der Gitarrist tut genau das und zelebriert damit australische Eigenarten – bisher kannte ich ein solches Treiben nur vom australischen F1-Fahrer Daniel Ricciardo, der den Champagner nach einem Rennsieg aus seinen stundenlang getragenen Tretern genoss. Skål! Leider fielen die Burschen abseits der Bühne dann nicht mehr so positiv auf, da sie das Treiben auf der Bühne für zwei Tage ohne Pause fortsetzten und einer der Freibeuter sogar mit einem Cut über dem rechten Auge verarztet werden musste. [Ein gewisser Robse erklärte den Aussies noch, wie man korrekt auf Deutsch sein Getränk bestellt: „Bier her, du Fotze!“ dürfte für weitere Cuts sorgen. :-)]

Es wird nicht mehr leerer vor der Bühne, sodass sich auch die deutsche Black-Metal-Band EIS bei langsam einsetzender Dunkelheit eines großen Publikums erfreuen kann. Selbiges gilt für WOLFHEART die als erster Zuschauer-Hype mit viel Oberwasser in die Show starten können. Aber fehlendes Selbstbewusstsein ist vermutlich keine Schwäche von Tuomas Saukkonen, Leader der Band. Stets in vielen Bandprojekten involviert, darunter BEFORE THE DAWN, cancelte er 2012 all seine anderen musikalischen Projekte, um daraufhin die neue Band ins Leben zu rufen. Konnte mich die Truppe im Vorfeld nicht so recht überzeugen, so muss ich doch zugeben, dass das neue Projekt von Saukkonen live eine beachtliche Energie aufweist, die selbst mich nicht ganz kalt lässt.

THE COMMITEE beschließt mit holländischem Black Metal den ersten Festivaltag. Um den Tag angemessen ausklingen zu lassen, gab sich Hannes den letzten Auftritt:

Mit einiger Verspätung startet das international besetzte Quartett in ein fulminantes Set, das von sphärischem blauen Licht begleitet wird. Der Sound ist zwar an manchen Strecken bescheiden (Gesang und Leadgitarre manchmal zu leise), jedoch tut dies dem gewohnt hohen Songniveau von THE COMMITTEE keinen Abbruch. Außerdem begeistert mich der Bassist mit seinem unfassbar genialen Spiel schon zu Beginn des Soundchecks, was im Black Metal  definitiv nicht der Alltag ist. Einziger Kritikpunkt: „Men Of Steel“ und „Katherinas Chant“ wurden nicht gespielt.

 

Freitag, 26.05.2017

Im Gegensatz zu vielen anderen, die auf einem der beiden Campgrounds zelteten und somit vor Ort übernachteten, verbrachte ich meine Nacht gemütlich in Halle. Schlafen in einem kuscheligen Bett, zum Frühstück Rührei mit Speck, danach eine erfrischende Dusche – kann ein Tag besser anfangen? [Nachteil: kein Alkohol!]

Als die erste Band FERNDAL auftritt, bin ich natürlich schon längst wieder vor Ort. Nachdem sich die Spielzeiten am gestrigen Abend immer weiter nach hinten schoben, geht es heute wieder pünktlich um 14 Uhr los. Für die frühe Uhrzeit ist es erstaunlich voll vor der Bühne, obgleich das Publikum sich eher zurückhält. Neben der Zeit mag das vielleicht auch am Stil der Band aus Münster liegen, die sich laut Aussage des Sängers auf dem letztjährigen Dark Troll gründete. Die oft im langsamen bis Midtempo-Bereich gehaltenen Songs wirken im Verlauf des vierzigminütigen Auftritts recht monoton. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Band es nicht vermag, das müde Publikum aufzuwecken. Das eingesetzte Cello bietet die einzige größere Chance, um aufzufallen. Allerdings ist der Ton nicht allzu gut abgemischt, sodass eben jenes bei diesem Auftritt kaum zur Geltung kommt.

VARGRIMM irritiert mich zu Anfang etwas. Es fehlt etwas an musikalischer Prägnanz, zudem kann der Klargesang von Sänger Kai mich nicht überzeugen und wirkt eher deplatziert. Schon nach wenigen Minuten bessert sich allerdings mein Eindruck. Melodien lassen sich klarer erkennen, und der eben noch kritisierte Klargesang weicht solidem Growling. Letztendlich kann sich der Auftritt, bei welchem die Band übrigens zum ersten Mal den Song „Mauer“ spielte, durchaus sehen lassen.

Mit JÖRMUNGAND tritt eine von mir heiß ersehnte Band auf, die mir beim Dark Troll 2015 als eine der besten Bands in Erinnerung blieb. Die Band sprang zusammen mit WOLFHEART für XIV DARK CENTURIES ein, welche knapp zwei Monate vor dem Festival absagten. Tatsächlich erscheinen mir die Gitarrenriffs sowohl dominanter als auch klarer als bei den vorangegangenen Bands, und auch das Keyboard verleiht der Musik der Kölner Band ihren eingängigen Charakter. Zu den Höhepunkten des Auftritts gehört die Livepremiere des Songs „Morgenrot“ sowie ein gemeinsamer Auftritt mit Dustin von FYRNREICH. Leider kann auch JÖRMUNGAND aufgrund des Sounds nicht das volle Potenzial ausschöpfen, da sowohl der Gesang der Keyboarderin als auch das Keyboard selbst kaum durchkommen. Äußerst schade. Dennoch ein sehenswerter Auftritt.

Da sich in den zwei folgenden Stunden die Autogrammstunden häufen, verpasse ich den Auftritt von BALFOR und kann auch vom Auftritt THORONDIRS nur den letzten Teil mitnehmen. Dafür kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass die am Stand kostenlos angebotenen Promos von VARGRIMM weggingen wie warme Semmeln. Da werden noch einige ihren Spaß mit haben!

Ich bin heilfroh, dass ich es doch noch schaffe, bei THORONDIR reinzuschauen. Auf den Auftritt der bayerischen Pagan-Band habe ich mich sehr gefreut. Das mag auch daran liegen, dass mich der Sound bei Titeln wie „Düsterwald“ stark an GERNOTSHAGEN erinnert. Nicht nur instrumental, sondern auch die Stimme von Dominik erinnert mich enorm an Askan. Und nicht nur ich habe meine Freude, denn auch das Publikum ist mittlerweile deutlich aufgeweckter und jubelt der Band im Sonnenuntergang zu. Der Trend, neue Songs zu spielen, setzt sich übrigens fort – THORONDIR beglücken die Zuschauer mit dem neuen Stück „Dunkle Zeichen“.

Um die Highlights wertschätzen zu können, braucht es leider auch ein paar weniger starke Auftritte. Zu dieser Kategorie zählt für mich HATE. Die Truppe spielt in meinen Augen sehr generischen Black Metal ohne besondere Nuancen, welche die Band auszeichnen. Grund genug, mir was zwischen die Kiemen zu schieben – zwischen Bouletten, Steaks, Pommes, Nudeln und reichlich Knoblauchbrot gab es eine zufriedenstellende Auswahl. Insbesondere das Knoblauchgebäck macht echt süchtig. Einer meiner Begleiter verzehrte in drei Tagen 13 (!) Exemplare und wird wohl noch nach Knoblauch riechen, sollte er eines Tages heiraten.

Mit vollem Magen schaute ich mir als letztes persönliches Tageshighlight WOLFCHANT an. Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich definitiv um den Auftritt mit der größten Menge an Zuschauern. Angesichts eingängiger Titel wie „Eremit“, „Element“ oder „Wolfchant (A Wolf To Man)“ ist das alles andere als verwunderlich. Ich ertappe mich selbst, wie ich die vorhandenen Passagen zum Mitgröhlen nach kurzer Zeit vor mich hin murmle, ohne vorher auch nur eins der Lieder wirklich gekannt zu haben. Die Stunde vergeht wie im Flug, und als die Band noch eine Zugabe spielen möchte, kommt sie nicht mehr dazu – im Gegensatz zum gestrigen Tag wurde der Zeitplan bisher perfekt eingehalten, und daran soll auch WOLFCHANT nichts mehr ändern. Eine nachvollziehbare Entscheidung, und angesichts des sehr zufriedenstellenden Auftritts auch nicht weiter bedauerlich.

Die Auftritte von NARGAROTH und ABSU hat abermals mein Kollege Hannes für euch zusammengefasst:

NARGAROTH sind ein zweischneidiges Schwert. Während die einen die Band rund um Ash feiern und huldigen, spötteln viele in der Szene über das Verhalten des Bandleaders. Doch ich möchte diesmal solche Vorurteile weglassen und warte gespannt vor der Bühne. Nach einem sehr ausgiebigen Soundcheck, den für Ash sogar ein Gitarrist übernimmt, startet das lange Intro. Feierlich betreten nacheinander die Musiker die Bühne und brettern danach ohne Kompromisse los. Dabei fällt auf, dass ein Bassist fehlt. Was solls, ist halt Black Metal. Und während sich die Security darüber sorgen macht, das die kleinen Flammen hinter den Dekokreuzen nicht außer Kontrolle geraten, bieten NARGAROTH einen gewohnten Einblick ihrer langen Historie. Auffällig ist dabei, dass Wagner der Antifa „Seven Tears Are Flowing To The River“ widmet, denn eben diese sorgte für eine Absage eines Konzertes. Ich muss gestehen, dass für mich durchaus einige Momente während des Sets dabei sind, die Spaß machen und alles andere als mies klingen.

Der Freitag neigt sich nun endgültig dem Ende zu und um so enttäuschender ist es, dass so wenig Leute (im Vergleich zu den Vorgängerbands) sich vor der Bühne einfinden. Schließlich  spielt eine Band, die schon seit Anfang der Neunziger für brachialen Black/Thrash Metal mit hochkarätigen Texten bekannt ist. Doch vielleicht liegt es auch an der fast 50 minütigen Verspätung des Auftritts. Dennoch starten ABSU mit dem fulminanten „Stone Of Destiny“ in ein leider viel zu kurzes Set, dass von dem Dudelsackstück „Tara“ fortgesetzt wird. Überhaupt bietet die Band eine interessante Mischung aus Prügelei und komplexen Breaks. Jedoch singt Bandleader Proscriptor McGovern diesmal nur, statt zusätzlich die Kessel zu verdreschen. Dafür sorgt er mit seinen rituellen Tanzbewegungen für Gelächter und in meinem Fall für Staunen, denn jedes Pattern seines Tanzes beeinhaltet rituelle Bedeutungen.  Für die meisten aber sieht es nur wie der höchste Schwierigkeitsgrad von „Dance Dance Revolution“ aus. Beeindruckend ist auf jedenfall die präzise Aggression, der die Musiker wild headbangend nach gehen. Knapp 35 Minuten später gehen die Musiker von der Bühne und lassen einen glücklichen Hannes mit zerzaustem Haar zurück.

 

Samstag, 27.05.2017

Wenn man sich amüsiert, vergeht die Zeit am schnellsten. Nachdem die ersten beiden Tage nur so an mir vorbeiflogen, freute ich mich auf den letzten Tag des Festivals, der noch einmal mehrere Leckerbissen bieten sollte.

Nach der frühen Autogrammstunde mit den Kollegen von WALDSCHRAT erfreue ich mich daran, wie VIKE TARE den Samstag eröffnet. Es ist der erste Auftritt der Band seit zehn Jahren, wie der Sänger verkündet. Dafür hätte sich die Band keinen besseren Tag aussuchen können. Es herrscht bestes Wetter, die Sonne strahlt vom azurblauen Himmel. Anders als dem gestrigen Opener gelingt es VIKE TARE, die anwesenden Zuschauer mit ihrem melodiösen und relativ schnellen Pagan Black Metal aufzuwecken. Es müssen sich bereits über 100 Beobachter auf der Fläche und den Bänken ringsum befinden, und selbst einzelne Mosher lassen sich blicken. Der Tag beginnt deutlich heiterer als der letzte.

An die aufkommende gute Laune können die Paganer von KNAAT ideal anknüpfen. Die Münchner machen wirklich Stimmung, während die Bandmitglieder selbst zeigen, wie viel Spaß sie selbst auf der Bühne haben. Immer wieder ruft der Sänger zwischen den Titeln zusammenhangslos den Bandnamen aus, was in meiner Gruppe dafür sorgt, dass „Knaat!“ das neue „Helga!“ wird. Das Keyboard ist deutlich besser zu hören, als dies in den letzten Tagen der Fall war, was dem Auftritt der Band trotz des eher heiteren Auftritts einen epischeren Anstrich gibt. Der Auftritt stimmt mich froh, während ich feststelle, dass das Dark Troll von seiner Location am meisten bei starkem Sonnenschein profitiert, da die zahlreichen Bäume angenehmen Schatten spenden – auch vor der Bühne.

WALDSCHRAT bezeichnen ihren eigenen Stil als eine Mischung aus Black Metal und Neofolk. Tatsächlich erscheint es mir, dass der Auftritt nach eher mäßigem Start zunehmend melodischer wird. Als besonderes Highlight bleibt mir der gemeinsame Auftritt mit HORDA von WALDTRAENE zum Song „Als das Leid das Land heimsuchte“. Persönlich kann ich mit dem Screaming Sarolf Weltenschmerzes nicht allzu viel anfangen und komme zu dem Schluss, dass tiefere Growling-Einlagen besser zur Musik passen würden. Trotzdem ein solider Auftritt, der auch entsprechend vom Publikum aufgenommen wird.

Eines meiner großen Tageshighlights sollte der Auftritt der Rumänen von BUCOVINA werden. In ihrer Musik verarbeiten die vier Musiker Elemente aus dem Folk und Black, aber auch aus dem Heavy Metal. Gerade aufgrund der letztgenannten Einflüsse war ich sehr gespannt auf den Auftritt. Die Truppe hebt sich erwartungsgemäß ein bisschen von den anderen Bands ab, spielen eindeutig mit Power- und Melodic-Metal-Einflüssen. Abgeholt werde ich in erster Linie von den langsameren Songs der Bands, während ich bei den schnellen Nummern das „Besondere“ vermisse und die Band ein wenig blass für mich bleibt. Das kann möglicherweise auch am Sound liegen, der leider erneut relativ unklar ist. In Summe ergibt das einen grundsoliden Auftritt, der leider hinter meinen hohen Erwartungen zurückbleibt.

Zwecks Autogrammstunde von MANEGARM muss ich auf den Auftritt von BELENOS verzichten. Aufgrund von Verzögerungen bei der Anreise muss diese allerdings verschoben werden. Stattdessen ermöglichen ein paar kurze Gespräche, die noch eben auf der Bühne stehenden BUCOVINA an unseren Stand zu holen, nach denen vorher schon vereinzelt gefragt worden war. Nach kurzer Suche finde ich die Herrschaften und kann sie zum Stand geleiten, um einigen Fans doch noch die Unterschrift auf ihren CDs zu ermöglichen. [51 degrees, man. just try it. Rumänisches Rachenwasser mit leichtem Abgang und birniger Note …]

Vom Auftritt MINAS MORGULS sehe ich nur noch wenige Minuten. Da ich der Band bisher ohnehin nicht viel abgewinnen konnte, hielt ich das vorher für wenig dramatisch. Die düstere Atmosphäre macht jedoch Eindruck auf mich, sodass ich gegen ein paar Minuten mehr vom Auftritt sicher nichts einzuwenden gehabt hätte.

Sei’s drum. Es ist kein Platz für Grübelei, denn jetzt tritt mit SUIDAKRA eine der größten Bands des Festivals auf. Und was höre ich denn da – der Sound ist glasklar! Der vielseitige „Celtic Metal“ der Band aus Düsseldorf kann sich völlig entfalten. Stark grenzt sich die Band durch jene Titel ab, in denen Sängerin Tina zum Einsatz kommt. Klarer Gesang ist auf dem Festival ohnehin weniger vertreten, und dominante Female Vocals gab es in den letzten Tagen noch gar nicht zu hören, wenn man mal vom Gesang KNÖPFCHENs von WALDTRAENE absieht. Zwischendurch stürzt sich der Sänger selbst ins Getümmel, um den Circle Pit anzuheizen. Die Stimmung ist grandios, die Menge ist euphorisch wie selten zuvor auf dem Festival. SUIDAKRA liefern hier einen der stärksten Auftritte des Festivals ab. Und auch einen der letzten für längere Zeit, wie Mastermind Arkadius mitteilte.

Da sich heute wieder einige Auftritte verschoben, beginnen MANEGARM um 22.50 Uhr ihre achtzigminütige Headlinershow. Offenbar möchte jeder die schwedische Band sehen, denn der Raum vor der Bühne ist sehr gut gefüllt. Die Fans stehen bis vor den Bänken seitlich der Bühne. Da mir die vorangegangenen Tage in den Knochen stecken, sehe ich mir den Auftritt gemütlich von der Bank an. Bei den langsameren Folk- und Pagan-Titeln funktioniert das ideal, doch als „Odin Owns Ye All“ gespielt wird, hebt es selbst mich nach drei Tagen Festival und mit plagenden Rückenschmerzen noch einmal von der Bank. Den Zuschauern ist anzusehen, dass sie ähnlich viel Spaß dabei haben. Als der Auftritt endet, wird die Band mit großzügigem Applaus verabschiedet. Und während MANEGARM für mich das Finale des Dark Troll Festival 8 sind, sollte Alex‘ Highlight erst noch kommen.

Ich kenne Leute, die sind bei Black Metal aus Italien immer ein wenig skeptisch, obwohl ich bislang nur gute Erfahrungen machen konnte. ENISUM sind so eine Erfahrung. Vor ein paar Jahren stieß ich durch Zufall im Internet über ihre Musik und mit „Arpitanien Lands“ hatten sie mich endgültig in der Tasche. Da ich bislang nur von einem Auftritt in Deutschland weiß, den ich leider knapp verpasste, freute ich mich ganz besonders auf die introvertierten Italiener, die kurz zuvor noch bei uns Autogramme gaben. Das erst kürzlich erschienene Album „Seasons Of Desolation“ ist mir bislang noch nicht bekannt gewesen, wodurch ich mich beim Auftritt ein wenig schwer tat, alle Songs gebührend zu feiern. Und in der Tat stellte sich heraus, dass diese Musik, die auf Alben eher in sich gekehrt wirkt, live eine enorme Kraft erzeugt und somit nicht nur in stiller Andacht genossen werden wollte, sondern sprichwörtlich feierbar war. Das hervorragende Lichtspiel von Lichtsklave Tino tat sein Übriges, um dem Aufritt die Mischung aus Mystik und Aggression zu verleihen. Die Menge wusste scheinbar auch über den Gar-nicht-mehr-so-geheimen-Geheimtipp Bescheid und die Haare flogen. Außer bei Veranstalter Kelly. Der hat ja keine mehr.

 

FAZIT

Das war nun mein drittes Dark Troll Festival – und sicher nicht mein letztes! Das Billing ist so bunt, wie es zwischen Black, Pagan und Folk Metal eben sein kann. Wer diesen Genres (oder zumindest 1-2 davon) etwas abgewinnen kann, wird hier immer etwas für sich entdecken – sowohl Perlen aus dem eigenen Land, als auch exotische Acts aus dem Ausland. Das Dark Troll bleibt mit seiner Kombination aus handverlesenem Line-Up, familiärer Stimmung und wunderschöner Location ein ganz besonderes Festival im Kalender. Der 10.-12. Mai 2018 sind bereits für das Dark Troll Festival 9 vorgemerkt – dann u.a. mit BORNHOLM, ODROERIR und UNLIGHT.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von und darkvelvet.org

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2 Kommentare

  1. Aggronorm
    4. Juni 2017 bei 13:02 — Antworten

    War ein schönes Wochenende. Ein paar Kritikpunkte habe ich aber auch??
    Im Vorfeld erfährt man recht wenig über das Zelten. Es wird auf der Internetseite auf die AGB’s verwiesen, in denen habe ich aber nix darüber gefunden (bin vielei auch einfach bloß zu blöd es zufinden?). Was vorallem schlecht ist wenn man noch nie da war, da sollte es vielei einen extrapunkt auf der Internetseite geben. Das Parken mitten im Wald fand ich jetzt nicht so tragisch da wir in 5min oder so beim Auto waren.
    Es gibt beim Camping A bis auf die 5 Dixis nur ein Klo für denn Männlichen Hinterausgang ? was dann doch etwas wenig ist. Dafür waren die Klo’s in der Burg echt spitze.
    Ärgerlich war auch das die überaus netten Leute vom Sportplatz ab Donnerstag Abend nix mehr zu essen verkaufen durften, so das man jedesmal runter zur Burg gehen musste wenn man was essen wollte. Was für uns schon blöd war da wir gefühlt die einzigen waren die sich an die Regel „Grillen am Zelt verboten“ gehalten haben und keinen Grill mit hatten.
    In der Burg war das Angebot an Speisen ganz gut.
    Auch wir sind des öftern am Knoblauchbrotstand gewesen was auch an den beiden Spitzen Entertainern und ihrer „Polnischen“ Knoblauchfee lag?????
    Der Sound und das gerade am Donnerstag hatte leider immer wieder fürs Ohr schmerzhafte Aussetzer was sich aber zum Glück im Laufe des Festivals deutlich gebessert hat. Ansonsten war es ein echt schönes Festival mit echt freundlichen Personal, einer echt geilen Lokalität mit für mich perfekter Teilnehmerzahl da man immer genügend Freiraum hatte und von eigentlich jeder Stelle, ob stehend oder sitzend gute Sicht auf die Bühne hatte. Musikalisch war das LineUp nicht das was ich ansonsten höre, habe aber jeden Tag Bands gesehen die ich echt gut fand, was besonders am Freitag der Fall war ( Raventale, Ferndal, Vargrimm, Nargaroth, Absu, Bucovina um nur einige meiner Highlights zu nennen)

    Fazit:
    Wenn das LineUp mal für mich gut passt komme ich auf jeden Fall wieder da alles ringsum echt klasse war.

  2. Tommi
    2. Juni 2017 bei 13:40 — Antworten

    Mal ein paar Informationen von dem ganzen Drumherum wären interessant gewesen.

    Ticketpreis: 50€? Fairerweise sollte man den tatsächlichen Endpreis von 70€/Kopf benennen, sofern man sich fürs Camping entscheidet – was der Großteil der Besucher auch macht. Und die Parkplatzsituation mit dem „wilden Waldparken“ ist sehr ungünstig, wenngleich auch die einzig Mögliche.

    Ansonsten: Passables Festival, kann man kaum meckern.

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