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Die Bürde, voranzuschreiten – F41.0
F41.0 – Bürde
Veröffentlichungsdatum: 19.05.2017
Dauer: 46 Min.
Label: Geisterasche Organisation
Stil: (Post-Depressive) Black Metal
Panik. Ein Gefühl, welches sicher fast jedem vertraut ist – in schwierigen Situationen etwa, in denen man Hilflosigkeit spürt und mit einer scheinbar aussichtslosen Situation gnadenlos konfrontiert wird. Wo dies jedoch bei den meisten Menschen ein Ausnahmezustand ist, kann es bei Leuten, welche an einer sogenannten Panikstörung leiden, zum festen Bestandteil ihres Lebens werden. Im schlimmsten Falle führt dies zu einem häufig auftretenden Gefühl akuter Todesangt.
All das beschreibt F41.0. Eine psychisch diagnostische Klassifizierung nach dem ICD-10 System. Die hier vorgestellte Band um Mastermind Hysteriis kleidet sich mit diesem Namen und will auf ihrem zweiten Langspieler „Bürde“ Verzweiflung, Last und scheinbar unendlichen Kummer in musikalische Form gießen.
Entartet, verwittert, ausgezehrt
Die deutsche Band F41.0 konnte bei mir mit ihrem Debüt „Near Life Experiences“ vor wenigen Jahren durchaus Aufmerksamkeit erregen. Schon damals klang der Black Metal des Projekts verzweifelt, gar depressiv, ohne jedoch in allzu typische Klangmuster des sogenannten Depressive Suicidal Black Metal zu verfallen. Eher setzte sich ein roher, aber dennoch sehr postiger Schwarzmetall durch, der auch auf dem aktuellen Album „Bürde“ einen Großteil der Stilistik darstellt. Wo jedoch beim Erstlingswerk meiner Meinung nach die zu schwachbrüstige Produktion und der Drumcomputer einiges an Potenzial verwehrten, kann die Band diese Fehler auf ihrem Zweitling definitiv ausmerzen.
Der Opener „Davor“ beginnt ruhig, baut sich langsam auf und besticht sofort durch eine wichtige und für mich durchaus herausstechende Stilistik. Viele Textzeilen werden mehrmals hintereinander wiederholt, intensiviert und auch im dynamischen Instrumentalspiel weitergehend dramatisiert. So etwa im Mantra: „Bleiernd ist mein Körper, taub und schwach meine Glieder“ oder dem Titel des zweiten Stücks „Entartet, verwittert, ausgezehrt“ kurz „E.V.A.“. Dieses Stilmittel findet im weiteren Albumverlauf immer wieder Verwendung.
Ein besonderes Detail dabei ist, dass auf dem Album mehrere Sänger mitwirken, wie etwa neben Fronter Hysteriis noch Frederic, von den sich langsam zu Grabe tragenden TODTGELICHTER und Schmied von MOR DAGOR. Diese vielen, im Klangcharakter durchaus verschiedenen Stimmen, verleihen der Gesangsdarbietung eine willkommene Abwechslung und gerade der des Öfteren eingesetzte gedoppelte Gesang ist großes Kino und wertet die Stücke gehörig auf.
Pulsierende Klanglandschaften
Doch auch die instrumentale Seite des Albums braucht sich nicht zu verstecken. Neben häufig im Midtempo angesiedelte Parts, gibt es einige flotte Blasts und sehr nach vorn preschende Sequenzen, welche den immer wieder zwischen ruhigeren und harten Passagen wechselnden Fokus verlagern und variieren. Halb angezerrte Gitarren duellieren sich mit bösen Tremolo-Leads und erzeugen eine harsche, häufig verzweifelte und dennoch immer auch kämpferische Stimmung. Besonders gut gefällt mir dies im vorhin angesprochenen Opener „Davor“, dem sehr intensiven Titelstück „Bürde“ und dem sehr epischen „Alpha“. Im Mittelteil des Albums kann die Intensität jedoch streckenweise nicht aufrecht erhalten werden. Zum Glück repräsentiert dies nur einen Bruchteil des Gesamtmaterials.
Zuweilen entsteht in mir der Eindruck das F41.0 gekonnt zwei teils nur noch schwer vereinbarende Welten kombinieren. Zum einen den traditionellen Ansatz im Schwarzmetall und zum anderen eine hier selbstverständlich passende Form des Post Black Metal. Auf mich wirkt das Ganze homogen und Gegensätze vereinend, irgendwie schon beinahe avantgardistisch. Einfach ausgedrückt kam mir beim Hören auch immer wieder in den Sinn, dass F41.0 wie eine rauere und etwas direktere Version von AGRYPNIE klingen, denn wie ihre Landsleute liegt der Fokus in der Produktion wie auch in der Darbietung mehr auf den Texten und dem Gesang, als es beim Gros der Dunkelkapellen der Fall ist.
Durch den Schleier
Und ebenjene Produktion weiß durchaus zu gefallen. Die Instrumente klingen recht naturbelassen und die verschiedenen Gitarrenspuren sind stets klar herauszuhören. Das Schlagzeugspiel, welches übrigens ebenfalls von TODTGELICHTER-Mitglied Tentakel P. übernommen wurde, bekommt genug Raum im Mix ohne jedoch zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Gerade der oben angesprochene Gesang wurde interessant in den Gesamtsound integriert. Durch die verschiedenen Sänger und einige wenige zusätzliche Stimmfilter wird immer wieder mit dem Stereoeffekt gespielt, sodass mancher Gesang eher im Hintergrund rangiert und sich manches gequälte Geschreie sehr dominant in den Vordergrund drängt.
Die optische Gestaltung des Albums rundet den sehr guten Gesamteindruck angenehm ab. Dunkle Abgründe des menschlichen Seins und das Streben nach Idealen und Träumen gehen auf interessante Weise Hand in Hand und werden durch ein faszinierendes Artwork präsentiert, wobei das Cover nur ein Ausschnitt des Gesamtwerks darstellt.
„Bürde“ ist somit eine mehr als gekonnte Weiterentwicklung, obwohl F41.0 ihre Trademarks konsequent beibehalten. Es wurde effizient optimiert und dieses Rezept geht meiner Meinung nach vollends auf. Wirkliche Schwächen kann ich bis auf den etwas schwächeren Mittelteil der Platte nicht ausmachen und auf der Haben-Seite kann „Bürde“ mit gutem Songwriting, einem interessanten lyrischen Ansatz und einer Menge Emotionen punkten.
Autorenbewertung
Vorteile
+ intensives Songwriting
+ eine gute Mischung aus traditionellen und modernen Elementen
+ Abwechslungsreichtum
+ ein impressives Coverartwork
Nachteile
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