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Die Geburt eines neuen Metal-Genres?

Hyper-Melodic Death Metal?

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In meiner Zeit als Autor beim Silence habe ich über die letzten Jahre etwas gemerkt, was vielleicht noch gar nicht mal so vielen aufgefallen ist: und zwar eine neue musikalische Tendenz, kommend aus der Sparte des Melodic Death Metal. Eine starke Neuinterpretierung eines 25 Jahre alten Musikgenres. Eventuell sogar mehr als das. Stehen wir am Anfang der Genese eines neuen Metal-Genres?

Wovon rede ich überhaupt?

Man könnte diese Art von Musik zusammenfassen als eine Ausbuchtung des Melodic Death Metal, die ihren Schwerpunkt auf schnelle, positiv geladene, energetische Melodien legt. Gibts doch schon längst? Jein. Klar, besonders aus Finnland weht lange schon ein exzessiv melodischer und treibender Wind. Frühe CHILDREN OF BODOM, WINTERSUN, KALMAH – auch die ein oder andere Folk-Metal-Kapelle ließe sich mit diesen Worten gut beschreiben. Aber was ich meine, ist ein weitaus jüngerer Strang. Erstmal ein paar Namen: AETHER REALM, KAMBRIUM, THE LAST HANGMEN, CRIMSON SHADOWS (Metal-Battle-Gewinner 2013!), ATLAS PAIN.

Die Grenzen sind gefallen!

Fast übertrieben harmonisierte Melodien und Soli. Genereller Uptempo-Drive mit viel Double-Bass-Einsatz. Keine Scheu vor Keyboards und epischen Orchester-Samples – in positiven Dur-Tonleitern. Alles Elemente, die man eigentlich eher einer anderen Sparte zuschreiben würde: dem Power Metal.

Was diese Musik jedoch vom freundlichen Kusäng unterscheidet, ist, wie oben genannte Elemente eingesetzt werden. Die geschickte Kombination dieser lebensbejahenden Energie mit der brachialen Kraft des Todesmetalls – hierin liegt die Stärke dieses neuen Strangs! Blast Beats, gutturaler Gesang und aggressive Gitarren sind nach wie vor wichtige Bestandteile; sie verleihen der Musik, verwoben mit dem Power-Drive und der positiv-melodischen Einstellung, ein ordentliches Maß an Kraft und Brutalität.

Man braucht aber kein Musikwissenschaftler zu sein, um noch eine andere Influenz in dieser neuen Musik wiederzuerkennen: den Folk Metal. Gerade der Hang zum Epischen und die sorglose, fast spielerische over-the-top Melodieführung von Bands wie EQUILIBRIUM oder ENSIFERUM finden sich auch hier wieder. Auch den einen oder anderen tatsächlichen Folklore-Part gibt es gelegentlich zu hören (wenn auch meist in Form einer Sample- oder Keyboardspur). Und ein gewisser Grad an Humor, der sich im ein oder anderen Song wiederfindet, erinnert auch nicht wenig an Gesellen wie FINNTROLL oder ALESTORM. Dennoch ist diese Musik weit davon entfernt, als Folk Metal gelten zu können. Die Influenz der Folk-Sparte, wenn auch fast immer irgendwie präsent, spielt musikalisch doch eher hintergründig eine Rolle.

Und wo kommt das plötzlich her?

Auffällig ist, dass keine dieser Bands älter als zehn Jahre ist. Die Tendenz geht sogar eher in Richtung fünf. Ich denke, diese Welle besteht aus der Generation Metaller, die über die letzten zehn Jahre mit Musik von WINTERSUN oder EQUILIBRIUM aufgewachsen, und jetzt an dem Punkt angekommen sind, selbst Musik zu schreiben und zu veröffentlichen. Quasi das Erbe der Mitt-2000er Folk-/Pagan-Metal-Welle. Und unter diesen Menschen die Fraktion der Fantasy- und Videospiel-Nerds. Die machen jetzt solche Musik.

Ist das denn überhaupt noch Melodic Death Metal?

Die Frage stellte mir auch ein musikalisch bewanderter Freund, als ich ihm im Auto die neue AETHERREALM-CD vorspielte. Aber hey! Genau die Frage möchte ich mit diesem Artikel ja in den Raum werfen. Wie soll man das denn jetzt nennen? (Mir gehen langsam die Synonyme für „diese neue Musikrichtung“ aus). Epic Postive Melodeath? Post-Folk-Pagan-Power-Death-Metal? Hyper-Melodic Death Metal?

Und du?

Was denkst du über diese Musik? Wird es in den nächsten Jahren die Welt im Sturm erobern? Ist es nur ein kurzlebiger Trend, eine unwichtige Tendenz? Oder ein monumentales neues Genre, das gerade erst angefangen hat, zu sprießen? Ist es genau das, worauf du dein Leben lang gewartet hast, oder ist es unerträglich, überflüssig und doof? Her mit deiner Meinung!


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13 Kommentare

  1. Mo
    16. Januar 2018 bei 11:37 — Antworten

    Endlich mal ne Verbindung von Power und death/dark 😀 Die besten Genre die es gibt endlich vereint. Ich werde mir die Bands auf jeden Fall anhören, da ich sowohl dieses dunkle, böse und brutale mag, aber eben auch das Epische des Power Metals. Ich denke die Bands können es damit zu ordentlich Erfolg bringen.

  2. Jules
    12. Januar 2018 bei 20:03 — Antworten

    Technical Folk oder so wäre doch ein Name dafür, oder?

  3. Fur
    12. Januar 2018 bei 14:19 — Antworten

    Ist das nicht die Art von Mucke, die Suidakra schon seit 1994 machen?

  4. Pasci
    29. Dezember 2017 bei 16:03 — Antworten

    Hm. Das „Auf die Spitze treiben“ dessen, was Kapellen wie Vinterland, Sacramentum oder Gates of Ishtar bereits in den 90ern verbrochen hatten. Kann man sicherlich machen, aber mir ist das der Ticken zu viel. Die Gefahr der Abnutzung scheint mir auch recht hoch zu sein.

  5. Joscha
    21. Dezember 2017 bei 21:30 — Antworten

    Zu der Musikrichtung kann man sicher viel sagen. Generell leben auch in der Metalszene Trends auf, werden von einigen Bands nach vorne gebracht, anschließend von vielen kopiert, von wenigen qualitativ erreicht und reihen sich dann irgendwann bei den bereits existierenden Subgenres ein. Zyklus abgeschlossen. Das hält die Szene interessant und am Leben.

    Mir ist das mittlerweile zu kompliziert mit den Genrebezeichnungen. Mein digitaler Musikordner enthält von Sonata Arctica und Children Of Bodom bis Deathspell Omega und Aborted ne gute Bandbreite und alles trägt den schlichten Tag „Metal“. Vieles kann man sicher einordnen, vieles leider kaum. Letztlich muss man sich ohnehin alle anhören, um herauszufinden, ob es einem gefällt. Eine exakte Genrebezeichnung hilft da meines Erachtens nur wenig.

    • 22. Dezember 2017 bei 8:34 — Antworten

      Ich verstehe den Drang als Band bzw. als Fan schon neue Subgenres zu „erfinden“, da man sich ja gerne von der riesigen Masse an Angeboten abheben möchte. Dafür bin ich mich meinen 41 Jahren selbst viel zu lange Musiker und Fan.
      Ich habe allerdings gerade bei den Genres Hardcore/Punk, Death und Black Metal den Eindruck, dass diese besonders anfällig für Neukreationen von Subgenres sind. Klar hilft mir eine Genrezuweisung schon auch, ob ich jetzt in eine Band reinhöre oder nicht, aber mittlerweile finde ich es manchmal schon fast lachhaft und albern, was wieder für ein Subgenre aus der Rotznase geboren wurde……
      Am Ende bleibt halt doch, es gefällt oder nicht…… und wie heißt es so schön: Je mehr Köche, desto bunter der Brei!!

  6. Darquise
    20. Dezember 2017 bei 18:07 — Antworten

    Hammer Artikel 🙂 Danke

    • 20. Dezember 2017 bei 21:08 — Antworten

      Vielen Dank! Schwebte mir schon länger vor, mal was darüber zu schreiben 🙂

  7. andYgee
    19. Dezember 2017 bei 22:06 — Antworten

    Mir fehlt hier CRAVING!

    • 20. Dezember 2017 bei 21:09 — Antworten

      Ich habe auch echt lange mit dem Gedanken gespielt, Craving mit in den Artikel zu schreiben. Allerdings fließt in deren Musik auch viel Black und Pagan Metal mit ein, und des Öfteren sind sie sowieso ziemlich evil unterwegs. Zitat Leo (Bassist Craving): “Na toll, noch eine Kategorie in die wir nicht so richtig hineinpassen!” ?

  8. Toni
    19. Dezember 2017 bei 20:49 — Antworten

    Omnium Gatherum wäre dann die vorzeige Band für dieses „neue“
    Genre! Alle genannten Elemente und auch noch aus Finnland :))

    • 20. Dezember 2017 bei 21:12 — Antworten

      Zum Teil schon! Allerdings finde ich, dass die doch oft relativ traditionell (im Sinne von Melodeath) umgehen – das Fantasy-Power-Feeling fehlt so ’n bisschen.

      • Toni
        23. Dezember 2017 bei 2:31

        Ja stimmt schon, weiß was du meinst.

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