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Die Hölle besucht Berlin – Full Of Hell im Cassiopeia

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Am Freitag, den 30.06.2017 spielten FULL OF HELL wieder in Berlin. Dass ich ihr neues Album live erleben darf, ist keine Selbstverständlichkeit. Wer das Gelände rund um das Cassiopeia in Berlin kennt, der weiß warum ich skeptisch war. Es liegt etwas tiefer als die Straße und bei derartigen Überschwemmungen tut sich vielleicht eine ganz andere Hölle auf. Doch die relativ starken Regenfälle des Vortages änderten nichts daran, dass alles seinen gewohnten Gang nahm. Außer der riesigen Fütze zwischen Skate-Halle und Club, dem sich selbst von Wasser befreienden Vorzelt und meinen pitschnassen, nicht gerade wetterfesten Schuhen, deutete nichts mehr darauf hin, was hier gestern noch tobte.

 

Umso größer ist die Vorfreude dann, als GOD’S AMERICA etwas verspätet die Bühne betreten. Während der gewohnt kurzen, brutalen Performance warte ich bereits sehnsüchtig auf die beiden kommenden Bands. Aber wird mir schon ordentlich eingeheizt, schließlich versteht sich die Gruppe aus aus Las Vegas auf Power Violence. In der knappen Viertelstunde hämmern sie dabei zwar einige interessante Riffs herunter,  dabei bleibt es dann aber auch. Zu meinem Glück reicht schnelle Musik um abzuschalten und meinen Nacken aufzuwärmen. Nach einer Pause, die gefühlt dreimal so lang wie die Spieldauer von GOD’S AMERICA anhält, zahlt sich diese Vorbereitung dann auch aus.

 

CANCER CLAN aus meinem kleinen Städtchen Potsdam grooven und der Menge gefällt es sichtlich. Inzwischen hat sich der Club auch gefüllt, die ersten Leute scheinen wach zu werden. Pits gibt es aber noch keine.  Obwohl der Sänger sich vor der Bühne ordentlich austobt, bleibt es bis auf ein paar Mosh-Attacken ruhig. Da bereue ich auch nicht, vor Beginn der Show die Tour-Edition des neuen FULL OF HELL-Albums und beim Distro-Stand die neue INCENDIARY Scheibe gekauft zu haben. Letztere sollte sich jeder Hardcore Fan übrigens definitiv anhören, sie ist wahrscheinlich das beste was Closed Casket Activities dieses Jahr zu bieten hat. Meine beiden Platten werden jedenfalls nicht verletzt und fristen weiterhin ihr Dasein im Karton. Einige lustige Ansagen des Schlagzeugers später ist das nur noch zur Hälfte mit T-Shirts eingedeckte Quartett auch schon fertig. Mir hat es außerordentlich gefallen, für das neue Album der Jungs reicht das Taschengeld dann leider nicht.

 

Nach unendlicher Vorfreude ist es soweit: FULL OF HELL betreten die Bühne des kleinen Clubs. Die Menge drängt immer mehr nach vorne, die Luft im Raum ist zum Schneiden, Angst macht sich breit. Alles das sind Erscheinungen von Ehrfurcht und des etwas vorangeschrittenen Abends. Kaum wird „Deluminate“ mit dem gesprochenen Intro eingeläutet ist es dann um die meisten Leute geschehen. Auch wer sie bereits live gesehen hat, muss demnächst jede Gelegenheit nutzen um dieSE US-Amerikaner zu bewundern. Mit „Trumpeting Ecstasy“ haben sie sich wieder selbst übertroffen. Außerdem beweisen sie, dass es auch simpel gehen kann. Die experimentellen Noise-Elemente wurden zwar wie immer eingebaut, dennoch ist das Ziel der neuen Platte viel offensichtlicher.

Das beweist auch die Performance der neuen Songs. Was den ein oder anderen überraschen dürfte: Es wird noch brutaler als bei den Aufnahmen. Sänger und Soundboard-Experte Dylan Walker gibt alles und öffnet direkt vor den Augen der Zuschauer ein Höllentor. Da hieß es dann sich festzuhalten, um nicht vom Moshpit mitgerissen zu werden. Die Botschaft von FULL OF HELL kam also bei den Zuschauern an. „Wir haben uns gefunden. Das ist unser Meilenstein.“, müssten sie eigentlich stolz verkünden. Stattdessen sind sie zu Scherzen aufgelegt. „Unsere Freunde werden uns auslachen, weil wir so ein langes Set gespielt haben.“, sagen sie vor der Zugabe, die keine drei Minuten dauert und einen Song umfasst. Kein Wunder, dass sie dann von anderen Grindcore-Bands gemobbt werden. Dazu kommt, dass die Noise-Breaks zwischen den Liedern allein wahrscheinlich länger waren als der Auftritt von GOD’S AMERICA. Kleiner Scherz am Rande: Sogar mein Gemächt ist länger als deren Show. Obwohl ich mir bei meiner Angst um meine neuen Alben nicht sicher sein kann. Während jedes Liedes wird so stark gemosht, dass ich diese nämlich nicht unbewacht stehen lassen konnte.

Bei FULL OF HELL kommt dank der Soundeffekte Vorfreude auf jeden Song wie „Crawling Back To God“ auf. Die Masse bemerkt das auch und bewegt sich in einer Symbiose aus Wut und Verzweiflung voran – ein spektakulärer Anblick. Als dann während „Gnawed Flesh“ die prominente Zeile „Man will fail. Man will always fail.“, die unersättlichen Lungen des Sängers verlässt, ist es auch um mich komplett geschehen. So eine junge, gute Grindcore-Band muss man mal gesehen haben! Danke an das Cassiopeia Berlin und alle Bands für den gelungenen Abend, der auch noch zu einer sehr humanen Zeit zu Ende ging.

Cassiopeia Berlin
alle Fotos von Joerg Kandziora
GOD’S AMERICA
CANCER CLAN
FULL OF HELL


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