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DOOM OVER LEIPZIG 2018 Tag 2 – Von GG ALLIN bis HEIDI KLUM

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Es ist Donnerstag und Tach 2 des DOOM OVER LEIPZIG wartet mit deutlich mehr Bands und deutlich mehr von allem auf. Jedoch mit weniger Zeit für mich, da die Konzerte schon 18:30 Uhr beginnen sollen.

Trotz allem schaff ichs noch halbwegs pünktlich zu OCCVLTA. Die Berliner hab ich beim bandcamp’schen Erstkontakt als zelebrierte Räudigkeit empfunden. Und tatsächlich geht es rotzig mit angepisstem Black & Roll los. Sänger HORD hat so richtig die Schnauze voll und rennt keifend über die Bühne, wobei ihm sein Mikroständer ein ums andere Mal Probleme bereitet, woraufhin er seinen inneren GG ALLIN los- und das Mikro mehrfach auf seine Stirn donnern lässt. Krasser Scheiß! Spätestens beim letzten Song wird aber eine Black Metal-Walze losgelassen, mit der ich nicht gerechnet habe. Es wird stockdunkel im Saal („Mach das Scheiß Licht aus, Mann!“) und minutenlang drischt ein Blastbeat auf mich ein. Ich bin verzückt. Blastbeat, the best Beat. Als das Licht wieder angeht, verschwinden OCCVLTA von der Bühne und ich bleibe mit gemischten Gefühlen zurück. Teils richtig krass, teils nicht so meins.

Es folgt das absolute Kontrastprogramm

Ich kanns gar nicht überbetonen. Als hätten CANNIBAL CORPSE als Vorband von André Rieu gespielt. Das Duo FATHER MURPHY betritt im weißen Kommunionskleidchen die Bühne und liefert… ja, was eigentlich? Okkulten, minimalistischen Sing Sang, der mal ergreifend atmosphärisch, mal repetitiv nervig wird. So richtig kapier ich nicht, was hier passiert und wähne mich öfters im falschen Bewusstseinszustand, zumal die Voraussetzungen für diese Musik nach einer viertelstündigen Blastorgie auch ziemlich schwer sind. Erst nach knapp der Hälfte der Spielzeit betritt Noise-Göttin JARBOE schließlich die Bühne, die sie vorher nur von der Empore überblickt hat und begeistert mich schon nach kurzer Zeit mit ihrer einzigartigen Stimme. Jedoch gibt sich die Ex-SWANS Sängerin heute sehr introvertiert, während sie die Texte aus einem Notizbüchlein vorzutragen scheint. Dennoch ist die Songauswahl für diese Verhältnisse fast schon von popmusikalischer Eingängigkeit, wobei mir die Mantren von FATHER MURPHY hin und wieder wie hippieske Jam Sessions unter Drogen am Lagerfeuer vorkommen. Ich bin nachhaltig verwirrt, und zu mindestens 50% angetan.

DOOM OVER LEIPZIG
Father Murphy & Jarboe

Die Slowenen von LEECHFEAST treten an und können mich mit ihrem schön abartig klingenden Gesang erstmal begeistern. Tief, langsam, donnernd und schiebend dröhnt der Sound der vier Jungs durch die Halle und lädt erstmal zum mitnicken ein. Hier und da gesellt sich etwas ganz dezente Elektronik in die Musik und sorgt für ein paar unerwartete Einsprengsel. Ich suche mir die Wand, die der Bühne gegenüber liegt und genieße die doomige Massage. Denn wie mein guter alter Freund Wolle A. Mozart stets zu sagen pflegte: der Bass muss ficken. Und das tut er. Auf Dauer jedoch fehlen mir bei LEECHFEAST die wirklichen Höhepunkte, weswegen von der sonst guten Show nur wenig hängen bleibt.

Big|Brave

Die vierte Band des Abends ist BIG|BRAVE. Der Sound wird repetitiver, minimalistischer und ein klein wenig schneller. Mit fast schon industrieller Gleichmäßigkeit gibt das Trio seine Riffs zum besten, wobei sich eine Entwicklung in den Songs nur langsam abzeichnet. Bald fällt mir auf, dass BIG|BRAVE bislang vielleicht am meisten polarisieren. Grund dafür ist vor allem der Gesang. Stimmbandorgien der Marke JULIE CHRISTMAS finde ich sonst außerordentlich spannend, gemeinsam mit den gewollt stumpfen Riffs ziehen sie mir heute Abend aber den letzten Zahn und reißen bedrohlich an meinem Nervenkostüm. Für andere Zuschauer bildet genau dieser Gesang die Kirsche auf dem Eis. So oder so: BIG|BRAVE haben ein Alleinstellungsmerkmal und arbeiten an ihrem eigenen Sound. Auch wenn es für mich heute nicht Liebe auf den ersten Ton war, zolle ich der Band dafür meinen Respekt.

Myrkur

Wie war das noch gleich mit der polarisierendsten Band des Abends? Amalie Bruun, bzw. ihr schwarzmetallisches Alter Ego MYRKUR, ist der Headliner des ersten (regulären) Tages. Schon als ich die Band zum ersten Mal sah, wusste mich die stimmliche Bandbreite in den Bann zu ziehen. Heute Abend ist das nicht anders, wobei MYRKUR besonders die cleanen Passagen mit einer operettenverdächtigen Präzision wiedergibt. Meine Herren! Genau diese Gesangspassagen sind es auch, auf denen heute der Fokus liegt. Geschrei gibt es nur noch in niedrigdosierter Form, und nur bei älteren Songs. Der Großteil des Sets besteht jedoch aus Stücken des letzten Albums „Mareridt“. Während die einen die Songs mitsingen und feiern, verlassen andere den Saal und reden nicht ganz anerkennend von der „Heidi Klum des Metal“. So können die Geschmäcker auseinander gehen. Aber letztlich ist die Bandbreite an unterschiedlichen Bands genau das, was das DOOM OVER LEIPZIG ausmacht, dessen Hälfte mit dem Ende von Tag 2 bereits der Vergangenheit angehört.


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