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DYSCARNATE – Kraft ihrer Wassersuppe

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DYSCARNATE – With All Their Might
Veröffentlichungsdatum: 15.09.2017
Länge: 39:07 Min.
Label: Unique Leader Records
Stil: Death Metal

Die „jüngste“ Hoffnung des groovigen, britischen Death Metals ist zurück. Trotz ihrer jungen Bandgeschichte wurde es zuletzt sehr ruhig um die ambitionierte Gruppe. Nach dem letzten Album hat es ganze fünf Jahre gedauert, und jedes noch so rare Lebenszeichen war wie eine Erleichterung für die schnell gewachsene Fangemeinschaft. Der Grund für die lange Wartezeit: Gründungsmitglied, Sänger und Bassist Henry Bates verließ die Gruppe bereits im Juni 2015. Durch die Rekrutierung von Al Llewellyn verschob sich die neue Scheibe dann erneut. Trotz seiner offiziellen Aufnahme in die Riege im November 2015, mussten die Fans sich gedulden. Das Trio agiert jetzt nämlich zwischen Shropshire, Sussex, und Amsterdam. Wie lang diese Fernbeziehung hält, wird sich wohl an ihrem ersten kollektiven Erguss messen lassen.

In ihrem modernen Ansatz brachten DYSCARNATE bisher immer Biss mit. Dieser spiegelte sich in den rauen Gitarrentönen und der Kompromisslosigkeit wieder. Hart und eingängig sollten die Platten werden. Bei diesen Kriterien klingeln eigentlich immer meine Alarmglocken – Wiederholungen sind vorprogrammiert. Doch ist damit heute schon die Luft raus? Das Groove-Gewitter „Of Mice And Mountains“ eröffnet das neue Werk. Über seine Spielzeit bleibt es verdächtig gleichmäßig, mit harten Ausbrüchen hier und da. Im Vergleich zu 2012, „And So It Came To Pass“, befriedigt diese Einführung überhaupt nicht. Die Riffs hingegen knallen schon ab dem ersten Track in die Eingeweide. „This Is Fire“ demonstriert dahingehend eine erfrischende Weitsicht – das Haupt-Riff wird bis zum Ende voll ausgekostet. Daraus entstehen ausufernde Groove-Passagen, die den Track ausklingen lassen. Auf „Iron Strengthens Iron“ brechen sie dann sofort wieder aus.

Ausgerechnet für „Traitors In The Palace“ wird der Synthesizer ausgepackt. Der zehrende Track stampft voran und strotzt von großartigen Momenten. So ist es kein Wunder, dass wieder viele Elemente von THE BLACK DAHLIA MURDER übernommen wurden. Moderner Death Metal scheint sich darauf zu beschränken, entweder die eben genannten zu kopieren oder übertrieben technisch zu sein. Das Gegenteil wollen DYSCARNATE wohl nicht beweisen. Was daran noch fetzt, ist die Umsetzung. Peitschende Rhythmen und grandiose Growls vereinen sich zu einem Headbang-Anreiz, der seinesgleichen sucht. Abzüge in der B-Note gibt es aber für das nervtötende „Hey“ auf „To End All Flesh“.

Früher war alles besser?

Störend: in einer abartigen Manier werde ich mit traditionellem Drumming beschallt. Verantwortlich sind dafür die bereits erwähnten Headbang-Anreize. Diese instrumentalen Pausen für Mosh-Affine beruhigen die Seele. Dennoch rächt sich die Omnipräsenz der breakdown-artig verteilten Groove-Passagen irgendwann. Spätestens ab „Backbreaker“ ist das Konzept ausgelutscht, da können noch so viele Schichten Gesang übereinander gelegt werden. Kurz vor dem monumentalen Ende namens „Nothing Seems Right“ kommt dann der Lichtblick. „All The Devils Are Here“ bestätigt das Potenzial der Gruppe und ist mein „Promethean“ (2012) dieser Veröffentlichung. So hitverdächtig und penetrant brutal sollten DYSCARNATE eigentlich immer klingen. Gänsehaut statt Wiederholung lautet das Mantra dieses Songs. Besonders der Mittelteil schlägt ordentlich über die Stränge.

Leider vermittelt das Album in seiner Gesamtheit eine gewisse Oberflächlichkeit. Es bietet sich zum Teil nur geile Begleitmucke ohne einen höheren Anspruch. Dabei stechen viele Tracks positiv als auch negativ heraus – vom enttäuschenden Opener bis zum glorreichen Finale. Auf die Höhepunkte zu warten, macht sich dennoch mehr als bezahlt. Schier endlose Mitnick-Phasen und geradlinige Songstrukturen verhelfen zu einem plumpen Antlitz. Nichtsdestotrotz ist es eine gewisse Einstiegshilfe in den modernen, britischen Death Metal.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von

Autorenbewertung

5
Ein Teil ihrer Seele scheint in den glatten Tönen und der Produktion verloren gegangen zu sein. Wo der harte Kern geblieben ist, wird die raue Schale immer glatter. DYSCARNATE möchten zwar "With All Their Might" einschlagen, verlieren sich jedoch zu oft in ihren Idolen. Dennoch zeichnet sich der bisherige Weg des Trios ab.
ø 4.8 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
5 / 10 Punkten

Vorteile

+ hämmernde Grooves
+ interessante Riffs
+ Standout-Tracks
+ tauglich für prollige Autofahrten

Nachteile

- zu viel Groove
- Gleichförmigkeit
- aalglatte Produktion
- durch und durch vorhersehbar

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