Ein Denkmal der Schwärze: Black Table – Obelisk

BLACK TABLE – Obelisk
Veröffentlichungsdatum: 14.10.2016
Dauer: 42:52 Min.
Label: Moment Of Collapse Records
Genre: Experimental Black Metal/Doom

Bereits vor ein paar Wochen habe ich in „Aus den Tiefen“ ein Interview mit Mers Sumida von den New Yorkern BLACK TABLE veröffentlicht.
Mittlerweile liegt mir auch endlich das wunderschöne Digipack ihres neuen Albums „Obelisk“ vor, auf das ich lange Zeit gewartet habe. Und ich bin begeistert.

 

Der Opener des Albums, „Equilateral“, schafft zunächst eine kalte Stimmung, die man nicht so Recht zu fassen vermag. Doch man merkt: hier schwelt etwas. Einzelne, schwere Gitarrentöne erklingen mit der Intensität von Drahtseilen, Dissonanzen arbeiten sich hervor. Mehr und mehr Klänge schichten und verdichten sich, ohne, dass es zu einer Eruption kommt. Zumindest vorerst.

Unmittelbar danach beginnt „Obtuse“ mit einem am Wahnsinn kratzenden Schlagzeug und flirrenden Gitarren, bevor Mers‘ Gesang zum ersten Mal einsetzt. Doch dazu später mehr.
Kurz darauf offenbaren BLACK TABLE ihre dynamischen Fähigkeiten, denn „Obtuse“ hat Momente, in denen die Schwärze etwas zurück geschraubt wird, so als würde man aus der Tiefe des Meeres nach oben schauen und beobachten, wie sich das Licht auf der Oberfläche spiegelt. Still, friedlich und doch wissend um seine Unerreichbarkeit. Ich werde ergriffen und der erste Ohrgasmus des Albums schüttelt mich.

Bereits die ersten Klänge von „Helm“ verpassen mir erneut Gänsehaut. Irgendwas hieran erinnert mich an die leider viel zu früh von uns gegangenen OMEGA MASSIF. Doch das längste Stück des Albums ist nicht nur in Hinblick auf seine Dauer verdammt episch. Mike Kadnars (DOWNFALL OF GAIA) Schlagzeugspiel ist atemberaubend vielseitig und stets zielführend eingesetzt, die Gitarrenlinien gleichermaßen schön, eingängig und aggressiv und der Gesang von Mers geht durch Mark und Bein.

Auch an dem grandiosen „Gargantua“ stimmt für mich alles. Besonders die Gitarrenarbeit erinnert mich hier sehr stark an Davide Tiso von EPHEL DUATH. Und ebenfalls dem darauffolgenden „Cromagnon“ gelingt es, mich zu packen. Der Song ist elektrisierend und atmosphärisch und lässt mich an NERO DI MARTE denken, während sich zäh und schleichend etwas erhebt, was mich einhüllt und nie mehr loszulassen scheint. Ein Eindruck, der sich bis zum leisen Ausklang mit „Closing“ nicht mehr verflüchtigen wird.

BLACK TABLEs erste Veröffentlichung „Sentinel“ weckte damals mein Interesse und war eine überdurchschnittliche EP, die ich gern gehört habe. Aber was „Obelisk“ im Vergleich dazu bietet, ist völlig unverhältnismäßig. Hier zeigt sich eine Steigerung, die ich so nicht erwartet habe!
Zunächst lag mir das Album nur digital und ohne Lyrics vor, wusste mich allerdings sofort zu begeistern. Nun, einige Dutzend Durchläufe später, hab ich auch endlich Zugriff auf die Texte. Und ich muss sagen, dass das Album mit jeder Facette, die ich neu dazubekomme, immer noch weiter wächst. Auch wenn die Gesangsdichte relativ gering ist, sind die Texte ungleich bedeutungsschwangerer und ich möchte jedem die Beschäftigung damit nahelegen! Im Booklet kann man Erklärungen zu den jeweiligen Lyrics finden, die Mers selbst monatelang recherchiert hat. Diese Songs sind in keiner Hinsicht etwas, das man nach ner halben Stunde im Proberaum raushaut. Die Gitarrenmelodien sind stark und markant, der Bass darunter arbeitet songdienlich, aber eigenständig und das Schlagzeug überzeugt nicht nur durch den hervorragenden Klang, sondern auch durch die Leistung, die Mike Kadnar an den Tag legt.

Noch ein Wort zum Gesang:
Könnt ihr euch an den Kampf an der Wetterspitze aus „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ erinnern?
Denn Mers Sumida klingt wie Nazgul. Ihren Inhale-Gesang verwendete sie schon früher, aber auf „Obelisk“ passiert das Ganze Ligen darüber und klingt nicht mehr ansatzweise menschlich. Wie Schreie aus der Unterwelt mutet ihre Stimme an, die, auch wenn man die Texte anfangs nicht gänzlich zu verstehen mag, eine unheimliche und eindringliche Atmosphäre erzeugt. So etwas habe ich so noch nicht gehört!

Ich wünsche mir, dass sich jeder die Zeit nimmt, diese Platte zu hören, zu genießen und jeden einzelnen Ton „einzuatmen“. Denn „Obelisk“ ist für mich eins der Alben des Jahres!

 

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Bandcamp

Autorenbewertung

9
BLACK TABLEs Debüt-Album ist komplex, aber dennoch kurzweilig und unterhaltsam. Für mich stellt „Obelisk“ eins DER Alben des sich dem Ende neigenden Jahres dar. Im Vergleich zu der EP zeigt das Full Lenght-Debüt eine Band, die spielerisch und konzeptionell deutlich gereift ist und mit einer klaren Vision davon, was sie will arbeitet. Sollten BLACK TABLE auf diesem Niveau weitermachen, was ich mehr als hoffe, so sollte man sie bald zu den ganz Großen ihrer Szene zählen dürfen!
ø 4 / 5 bei 2 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ produziert von Billy Anderson
+ Mix und Master von Colin Marston
+ fesselnde, dynamische Songs
+ eindringliche Vocals und Texte
+ großartige Instrumentalarbeit

Nachteile

- es muss immer noch Luft nach oben geben

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