Ein Jahr der Stille …

Schau mal einer an! Da war das erste Jahr schon rum. Ein Jahr Stille …

SILENCE existiert seit dem 05.05.2016 und der Weg, den wir bislang genommen haben, vor allem die ganzen Bewegungen, die sich hinter der Fassade abspielen, die ganzen kleinen und großen Dramen der Anfangstage – über die möchte ich euch jetzt hier zum Geburtstag etwas genauer berichten.

Die Idee für ein Magazin reifte in mir schon eine ganze Weile. Seitdem ich immer mehr Anfragen für Bandreviews und die Unterstützung derer bekam, erstarkte die Erkenntnis, dass ich für diese Fälle eine Plattform schaffen musste. Es war ab einem gewissen Punkt schlicht nicht mehr möglich, auf all diese Anfragen zu reagieren und die Musik und die Bands so zu supporten, wie ich es gerne wollte. Ich musste mir auch eingestehen, dass es dort draußen eine große Zahl von Musikenthusiasten gibt, die YouTube-Videos eher kritisch gegenüberstehen und den “guten, alten Artikel” bevorzugen. Ich selbst hatte ein Jahr bei einem Online-Mag geschrieben, jedoch wurde mir die Arbeit mit YouTube immer wichtiger. Vielleicht lag mir das Sprechen auch stets mehr als das Schreiben. Mit diesem kleinen bisschen Erfahrung, das ich also bereits gesammelt hatte und meiner eher kritischen Sicht auf das, was große Metalzines heute ausmacht, spann ich mir mein Magazin zusammen. Im Gespräch mit Jörn (yt) nahm das dann immer mehr Gestalt an. Gerne wäre auch er dazu bereit, mich bei diesem Projekt zu unterstützen und so sammelte ich in meinem Freundeskreis all jene Unglückseligen zusammen, die so töricht waren, sich interessiert zu zeigen.

Wir trafen uns immer und immer wieder, denn so vieles musste besprochen werden, die ganze Struktur des Magazines geschaffen, Abläufe organisiert, Zuständigkeiten verteilt, Designs erstellt und die Website gebaut. Allein das Logo zu erdenken hinterließ viele Falten auf nachdenklich krausgezogenen Stirnen.

“Wir brauchen ein Maskottchen. Impericon hat einen Löwen. Wir brauchen was krasseres!” – “Wie wäre es mit Cthulhu?”

Irgendwann, nach unzähligen Sitzungen in einem fremden Büro (vielen Dank nochmal an dieser Stelle), war es dann soweit: Wir konnten mit SILENCE online gehen und waren begeistert, dass unser Konzept und unser Stil gleich bei vielen von euch Anklang fand. Gerade erst online, stürzten wir uns auch schon in das erste Festival und lernten gleich, was so ein Festivalbericht bedeutet. Ja, denn ein solcher Bericht unterliegt Regeln. Nicht nur in seiner Fertigung später am Computer, sondern auch während der Präsenz des Redakteurs auf dieser Veranstaltung. Denn wer für ein Magazin im Einsatz ist, der ist ein Repräsentant: Ein Festival läuft ganz anders ab, wenn man als Presse vor Ort ist. So wäre zum Beispiel nackt über den Zeltplatz zu rennen, dazu am besten noch mit einer Nase voll Kokain, plötzlich nicht mehr so toll. Man muss plötzlich Bands sehen, das gemütliche Auf-dem-Zeltplatz-Sitzen artet beinahe in Arbeit aus und dann reicht es nicht einmal aus, wenn man nur tumb vor der Bühne steht – man muss auch noch Gedanken zu dem haben, was sich dort vor einem abspielt. Und das allerschlimmste: Das sollte man dann auch noch zeitnah notieren, ansonsten merkt man das Fehlen echter und zeitnaher Impressionen nämlich ganz schnell im Nachbericht.

 

Was die Arbeit für ein Magazin bedeutet, sollten die frisch gebackenen SILENCE-Redakteure, aber auch ich, in den nächsten Wochen und Monaten lernen. Einige auch mit der Konsequenz, dass sie uns verließen. Die Forderung, sich regelmäßig mit geschriebenem Wort und Tat für das Magazin zu engagieren, stets erreichbar zu sein falls es Rückfragen gibt und für etwaige Fehler, die man gemacht hat, gerade zu stehen, und sei es „nur“ unseren Lektoren gegenüber, das überraschte dann doch den einen oder anderen. So waren die ersten Wochen und Monate höchst turbulent und ich muss es an dieser Stelle gestehen – es gab auch immer wieder kleine oder größere Grabenkämpfe, die die Organisation des noch so jungen Magazines betrafen. Debatten, die hitzig ausgefochten wurden, aber an deren Ende man sich immer wieder auf das größere Ziel besann, sodass sich das SILENCE-Schiff auf dem unsteten Ozean der Online-Existenz behaupten konnte.

 

Und zwischen all der Arbeit gelang es uns auch noch, mit einem Autogrammstand auf den ersten Festivals aufzuschlagen, einem Angebot, das von euch sehr gut angenommen wird. Daher werden wir dieses Jahr noch unter anderem auf dem Dark Troll, Dong und Prophecy-Fest zu finden sein. Und ihr seid natürlich herzlich eingeladen, uns dort zu besuchen!

Aber auch wir besuchen immer wieder Menschen, Bands, Events – die Liste an Interviews und Konzert-/Festivalreviews wird immer länger und eindrucksvoller. 27 veröffentlichte Interviews und ganze 110 Live-Artikel innerhalb unseres ersten Jahres sprechen für das Engagement und die Passion, mit der die Redakteure von SILENCE sich ihrer Lieblingsmusik widmen. Bisherige Interview-Highlights waren ohne Zweifel die Gespräche mit MASTODON und Nergal.

Den turbulenten Tagen der Festivalsaison folgten einige weitere harte Wochen, in denen wir die ganzen Schwachstellen, die sich in der ersten Zeit auftaten, auszubessern versuchten und uns für die Festivalsaison 2017 wappneten. Und ja, auch mir war nicht bewusst, welche Arbeit und Aufmerksamkeit die Planung und Führung eines Magazines bedarf. Ich denke, jeder von SILENCE weiß wie es ist, seine Gedanken über Themen die SILENCE betreffen, mit ins Bett zu nehmen. Und das nicht unbedingt für gemütliche Zweisamkeit! Streit, persönliche Differenzen, die zum Beispiel auch zum Ausstieg von Gewaltmaschine führten, lassen sich manchmal nicht vermeiden, wenn einige Leute mit Leidenschaft an einem Projekt arbeiten.

Wir haben aber auch neue Wege gesucht, um uns auszudrücken

So existiert bereits der erste SILENCE-Podcast und langsam, aber stetig, füllt sich auch unser YouTube-Channel. Mein Favorit ist dahingehend aber unser offizieller Spotify-Channel, auf dem wir euch kuratierte Underground-Playlists anbieten, die vom Kollegen Hannes und mir immer wieder angepasst und die besser angenommen werden, als wir es selbst erwartet hätten.

Wir sind mittlerweile in der Realität eines Online-Magazins angekommen. Wir haben erfahren, dass man mit dem Vorstellen von unbekannten Underground-Bands keine Medaille gewinnt, aber eine handvoll Leute glücklich machen – aber mit einem Text über das Sterben von Konzerten eine ganze Menge Leute sehr traurig machen kann. Wir haben in unserer Zeit tolle Neuerscheinungen besprechen dürfen, aber auch über tragisches Dahinscheiden berichtet. Manchmal gibt es Momente, da fragt man sich: Ist es das eigentlich Wert? Und dann wird man von Menschen auf einer Veranstaltung angesprochen, die sich darüber auslassen, dass SILENCE zu einem Teil ihres Lebens geworden ist und dann ist das Ergebnis klar. „Scheiß auf den, das lohnt sich überhaupt nich!“ – Das war natürlich Spaß!

Möglicherweise las sich der Text bislang überraschend erschöpft. Wieso dieser ganze Stress, dieser Druck und die ganze, ernsthafte Arbeit für ein unkommerzielles Projekt?
Die Antwort auf diese Frage ist relativ einfach: Wir wollen mit diesem Magazin nicht einfach unsere Fanlust befriedigen, indem wir mal ein Review schreiben oder in einem Backstage abhängen. Wir wollen vielmehr einen Gegenpol zu den kommerziellen Magazinen schaffen und ein wahres Profil bieten – kein gesichtsloses Werbeblatt. Wir wollen ein Magazin schaffen, das Ernst zu nehmen ist, aber für ein anderes Verständnis von Musikjournalismus steht. Und um diesem hohen Ziel gerecht zu werden, genügt es eben nicht, irgendwie vor sich hin zu tippen. Bei Gründung des Magazines war das einer meiner wichtigsten Beweggründe: Ein Magazin schaffen, das sich von dieser riesigen Masse gesichtsloser Fan-Projekte abhebt und auf Augenhöhe mit den anderen kommerzialisierten Formaten mithalten kann, ohne jedoch von der Zahlung von Werbepartnern abhängig zu sein! Deswegen haben wir einen riesigen Styleguide, deswegen legen wir viel Wert auf unsere professionelle Arbeit mit unseren Partnern, deswegen sind wir mit einem Stand vor Ort, deswegen fahren wir hunderte Kilometer zu einem Videointerview.

Wir wollen einfach nicht noch eine Truppe von Schmierfinken sein!

Im neuen Jahr ist es deutlich ruhiger geworden – die Prozesse wurden verinnerlicht, das Schreiben, das für viele zum Start des Magazines als Projekt von Freunden noch Neuland war, ist Teil des Alltages geworden. Schritt für Schritt wird man sich seiner Rolle und seiner Möglichkeiten bewusster. Und unser Team erfreut sich immer wieder Zuwachs. Engagierte Freunde des Wortes leisten uns auf unserer Reise Gesellschaft und werden innerhalb kürzester Zeit zu einem festen Bestandteil der SILENCE-Familie.

(Wenn du schreiben willst – du kannst dich auch jederzeit bei uns bewerben! Wir nehmen aber nur die Besten :P)

Erst vorletzte Woche auf dem Ragnarök waren wir wieder mit dem Stand vor Ort und haben so viele Menschen bei den Autogrammstunden begrüßen dürfen, wie noch nie.

Wenn ich nach dem ersten Jahr Bilanz ziehe, dann kann ich es gar nicht fassen, was wir in einem Jahr alles auf die Beine gestellt haben. Und dass wir es geschafft haben, diese Hürden, die sich vor uns aufbauten, zu überspringen. Vor einem Jahr freute ich mich darauf, dass mein Magazin endlich online geht. Ich dachte, dass die Arbeit mit dem Schreiben von Artikeln und einigen Mails getan sei. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich in einem halben Jahr nicht einmal mehr die Zeit zum Schreiben von Artikeln erübrigen könnte, weil manche Tage nur noch aus einer quälenden Aneinanderreihung von Telefonaten bestehen. Ich hätte nicht gedacht, wie akribisch die Vorausplanung sein muss, wenn man nicht mit der Visage derb den Boden wischen will. Ich habe sehr viel gelernt in dieser Zeit, was den Umgang mit Menschen und Verhandlungen mit Veranstaltern und Promotern angeht. Ich habe viel über die Struktur der Musikbranche gelernt, die sich vor einem erhebt wie ein Eisberg, der aus dem Wasser gehoben wird, fängt man einmal an, sich damit zu beschäftigen. Ich habe einige Fehler gemacht, aber jetzt nach einem Jahr kann ich sagen: Es war nicht alles schlecht!

Wo war ich? Achja! Ich bin stolz auf das, was jeder einzelne Redakteur für dieses Magazin geleistet hat. Ihre Arbeit seht ihr hier, jeden Tag. Aber eigentlich viel wichtiger als das, ist die Arbeit von Jörn, dem Hacker-Man der Truppe, El Zecho, unserem Spam-Schlucker und die Arbeit unserer stets sehr, sehr, sehr freundlichen Lektoren (vor allem Renè [Anm. desselben: Halt die Fresse!]) Maren und Renè. Und Flo ist auch ganz ok vong 1 Soschell Midia her. Und damit all diese Nasen zusammenkommen, gibt es noch den Robert – unseren Chefredakteur. Der hat besonders viele Aufgaben als Kompensation dafür, dass er als Rotbart keine Seele hat. Irgendwas braucht ja der Mensch.

Und was mach ich? Mich schreien immer alle an, wenn was schief geht. Menno!

Wie auch immer das geklappt hat: Irgendwie habe ich genau die richtigen Leute gefunden, damit das „Projekt“ zum Magazin, wie es jetzt ist, werden konnte. Danke für eure Arbeit, eure Leidenschaft, Zeit und Geduld! Ich hoffe, ihr fühlt euch auch ein bisschen zu diesem Magazin gehörig und wollt mir nicht einfach nur die Fresse polieren, dafür, dass ich euch diese Suppe eingebrockt habe!

Auf tausende weitere Jahre SILENCE!

(Ich beende jetzt diesen Text, weil Maren den ja noch korrekturlesen muss und ich kein gemeines Arschloch bin. Zu ihr.)


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