Ein Smartphone, sie alle zu knechten

Mittlerweile sind wir fast alle zu Smombies mutiert. Der technische Fortschritt, in Kombination mit dem den Menschen angeborenem Wunsch nach Gesellschaft und Kommunikation, hat dafür gesorgt, dass es das Wichtigste überhaupt ist, sein mobiles Telefon dabei zu haben, um immer und überall erreichbar zu sein. Und man kann ja so viele tolle Sachen mit dem Gerät entdecken. Unterwegs irgendwo im Nirgendwo – lass es Facebook wissen. #smombieattack

Ohne Handy – ohne mich!

Versteht mich nicht falsch, ich mache hier niemandem einen Vorwurf (noch nicht). Ich gehöre ja selbst zu der Generation „Ohne Handy – ohne mich!“, aber ist das nicht schlimm? Man schreibt mehr, aber spricht weniger – man liest mehr News aus aller Welt, aber nimmt optisch nichts wahr, was sich direkt vor den eigenen Augen abspielt, weil die Nase nur im Telebim klebt.

Altes Handy im A… Abfall, da kaputt, neues Handy lässt auf sich warten.

Unfreiwilligerweise habe ich mich in letzter Zeit fast wieder vom Smombie zum Mensch verwandelt, denn ich bin mit einem Smartphone scheinbar nicht beziehungsfähig. Mich verlässt nämlich durchschnittlich jedes halbe/dreiviertel Jahr mal wieder eins dieser hochmodernen Endgeräte – Displayschaden, Hardwareschaden etc. Altes Handy im A… Abfall, da kaputt, neues Handy lässt auf sich warten. In solch einer periodischen „Single“-Phase des Telefonapparillo-Wechsels befinde ich mich derzeit auch wieder. Übergangshandy: Nokia 1208 in Rot (immerhin schon mit Farbdisplay) – sponsored by: meiner Freundin.

Und wisst ihr was? Mittlerweile lebe ich ganze acht Wochen ohne Smartphone. Unterwegs kein Facebook, kein spontanes Googlen, kein WhatsApp. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich: „Voll Steinzeit, der Typ! Sei bloß nett zu dem, sonst verfolgt er dich mit Mistgabel und Fackel!“ Wie man diese Zeit der „Abstinenz“ aushält? Erstaunlicherweise ziemlich entspannt. Man lebt ruhiger, man hetzt nicht so und man bekommt eben wesentlich mehr von seiner Umwelt mit, weil man einfach nicht blind durch die Stadt steuert, während die ganze Zeit die Fresse im Klimperkasten verschwindet. Ihr glaubt gar nicht, wie krass das ist und wie viel das ausmacht!

Während früher lediglich die Scheinwerfer auf der Bühne geleuchtet haben, leuchtet heute mittlerweile das halbe Publikum.

Leider fällt mir gerade jetzt auch als Besucher von Konzerten auf, dass es viel zu viele Leute gibt, die während eines Konzertes, bei der sich eine Band sprichwörtlich das Heck aufreißt, das Multifunktionsgerät in der Hand haben. Während noch vor sieben oder acht Jahren lediglich die Scheinwerfer auf der Bühne geleuchtet haben, leuchtet heute mittlerweile das halbe Publikum, weil ein Großteil der Crowd ein Handy bedient. Weniger Action – mehr Smartphone. Was ist denn da nur los?

Ich meine, WhatsApp macht es nun mal möglich, bequem den ganzen Tag elektronisch in Kontakt zu stehen, ja. Aber kann man denn nicht einfach mal die zwei Stunden das Konzert genießen, für das man Eintritt bezahlt hat, und bei dem in der Regel genügend Leute herumlungern, mit denen man auf die althergebrachte Art kommunizieren kann? Nämlich verbal? Die Bands, die sich auf der mechanisch hergestellten Anhöhe die Seele aus dem Leib spielen, verdienen es, eine gute Stimmung der Crowd zu empfangen. Durch das permanente Rumgefummel am Telefon geht logischerweise eine Menge Stimmung und Feierlaune verloren bzw. kann sich gar nicht erst aufbauen. Schade!

…und schaut anschließend mal wieder auf den Killer der verbalen Kommunikation

Ich hab echt das Gefühl, dass vor einigen Jahren – auch bei arealbedingt eher eingeschränkten Verheißungen – wesentlich derber der Bär(tige und der Haarige) steppte, als es heutzutage der Fall ist. Gerade bei diesen kleineren Konzerten (50-150 Gäste) ist es oft so, dass sich gar keiner so richtig vor die Bühne traut. Warum nicht? Das verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Stattdessen steht man an der Seite, applaudiert ab und zu nach einem Lied, erzählt sich mal ’ne Schnauze voll mit dem Langhaarigen nebenan und schaut anschließend mal wieder auf den Killer der verbalen Kommunikation. Das Resultat des Abends: die Band hatte es schwer und womöglich keinen Spaß. Man selbst hat für etwas bezahlt, was man nur mit ’nem halben Arsch wahrgenommen hat. Dadurch wird sicher das eine oder andere Konzert für schlechter befunden, als es vielleicht hätte sein können, wenn man sich selbst den Weg zum „Spaß haben“ nicht versperrt hätte (DAS war jetzt ein Vorwurf).

Smombies vereint euch!

Was ich vollkommen ok finde, sind Selfies und andere Fotos vom Konzert. Postet sie! Zeigt, dass ihr unterwegs seid! Lockt mit der Macht eures Smartphones vielleicht noch den einen oder anderen Bekannten oder Freund an! Die Werbetrommel zu rühren ist immer gut, gerade dann, wenn es ein kleines Konzert ist, bei dem man sich über jeden weiteren Gast freut! Aber dann packt das Ding für ein paar Stunden mal wieder weg und genießt! Feiert die Bands, feiert miteinander, anstatt mit dem Handy zu fusionieren. Smombies vereint euch! Und macht die Konzerthallen – wenigstens die meiste Zeit – wieder zur smombiefreien Zone!


Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
Die mobile Version verlassen