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Ein versunkenes Kleinod – KLABAUTAMANN

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KLABAUTAMANN – Smaragd
Veröffentlichungsdatum: 06.06.2017
Dauer: 53 Min.
Label: Zeitgeister Music
Stil: Progressive (Black) Metal

 Mögt ihr euren Metal bunt, facettenreich und Gegensätze vereinend? Wenn ja, dann bietet all das die Bonner Band KLABAUTAMANN auf ihrem nunmehr fünften Langspieler, der auf den überaus passenden Namen „Smaragd“ getauft wurde. Und ähnlich dem vor Tiefseewesen nur so wimmelnden Coverartwork, will dieser Edelstein in Form von zehn überaus akzentuierten Songs erst einmal geborgen werden. Doch eins nach dem anderen.

KLABAUTAMANN lernte ich vor wenigen Jahren durch ihr großartiges Album „Merkur“ kennen, welches folkloristischen Black Metal mit bluesig und jazzig angehauchten Elementen verknüpfte. Eine Mischung, die ich in dieser Form so noch nicht gehört hatte und welche mir bis zum heutigen Tag überaus gut gefällt. Und obwohl die Musik von Florian Toyka – der zuletzt mit dem Album „Endstrand“ seiner anderen Band VALBORG überzeugen konnte – und Tim Steffens ihre Wurzeln klar im norwegischen Black Metal der 90er-Jahre hat, so haben diese sich Stück für Stück und Album für Album von diesem Soundgerüst entfernt. Ausgenommen sei hier das 2011er Werk „The old chamber“, welches bewusst metallisch und traditionell daherkam. „Smaragd“ hingegen ist die logische Weiterentwicklung des „merkurischen“ Sounds und stellte mich in der gesamten Reviewzeit vor große Aufgaben.

Vom großen Klangkosmos

In einer knappen Stunde präsentiert sich „Smaragd“ in vielen Facetten, von blastigem Geballer hin zu elegischen und gar leicht funkigen Klanglandschaften. Der Opener „Into Depression“ eignet sich hervorragend als Paradebeispiel dieses Klangkosmos und pendelt ausgewogen zwischen Härte und frohlockender Verspieltheit hin und her, auch wenn die Grundstimmung stets düster und melancholisch bleibt. Im überaus schön gemachten Video zum Lied lässt sich dies in Form einer bebilderten Geschichte hervorragend nachverfolgen. „Into Depression“ stellt einen verdammt starken Beginn des Albums dar und sorgt für ein erstes, wenn nicht sogar das Highlight des Albums.

Im Folgenden zeigt „My terrifying mirror“ die metallischere Seite der Band auf und erinnert mich speziell durch Tim Steffens Gesang so einige Male an ENSLAVED zu Zeiten von „Ruun“ und „Below the Lights“. Doch auch in diesen härteren Stücken wird das Geschehen immer wieder durch herrlich verspielte Intermezzis aufgelockert, die für mich dem Metal definitiv den Rang ablaufen. Dies mündet teilweise in komplett entmetallisierten Stücken wie etwa „In my shadow“ oder den Rausschmeißer „Frozen in time“, welcher gesanglich von Anna Murphy (LETHE, Ex-ELUVEITIE) veredelt wurde. An diesen Stellen werden sich durchaus die Geister scheiden, zumindest wenn man als eher traditionell veranlagter Metalhörer an das Songmaterial herangeht.

Anfangs fiel es mir persönlich schwer, einen roten Faden im Albumverlauf zu erkennen und mich zu orientieren. Nach vielen (!) Hördurchläufen ist das Material jedoch deutlich gewachsen, definitiv näher zusammengerückt und wirkt insgesamt homogener. Was auf dem Quasivorgänger „Merkur“ noch stete Auflockerung war, übernimmt somit auf „Smaragd“ das Zepter. Der Metal verkommt somit streckenweise zum Beiwerk.

 

 Kontrastprogramm

So sehr jedoch die Abwechslung regiert, KLABAUTAMANN vergessen auch ihre Ursprünge nicht. Das Dreierpack „The murderes“, „Enemies blood“ und das deutschsprachige „Saturn“ (mit nicht nur namensgebender Reminiszenz zum Quasivorgänger „Merkur“) stellt die metallischen Stärken in den Vordergrund. Hier wird auch mal gegrowlt und gedoppelter Gesang von hohen Schreien und tiefem Gurgeln ausgepackt, der die Musik deutlich düsterer gestaltet. Bei „Enemies blood“ wirkt diese Stilistik für meinen Geschmack ein wenig zu aufgesetzt, kann jedoch in den anderen Stücken vollends überzeugen. Es ist jedoch erstaunlich, wie viel Klargesang im Kontrast zu den harten Schreien und Growls auf dem Album zu finden ist. Dafür holte sich die Band ebenfalls Unterstützung in Form der beiden Sänger Chester Gerritse und Ingo Kerstjens, welche normalerweise außerhalb des Metals musizieren.

Gitarrist und Songschreiber Florian betonte im Promoschreiben explizit das Mitwirken der Gastsänger/-musiker, da diese sehr viel Motivation mitbrachten und eine fokussiertere Fertigstellung des Albums ermöglichten. Zu diesen gehört auch der Session-Drummer Patrick Schroeder, welcher jedoch seit vielen Jahren die Drums bei KLABAUTAMANN einspielt, sozusagen im „On/Off“ Status inoffizielles Bandmitgleid ist und wieder einen exzellenten Job abliefert. Wenn man die Bandbreite der Einflüsse und die teils recht vertrackten Songstrukturen bedenkt, kann ich dieses Argument nur unterstreichen. Denn obwohl nicht jede Note komplett überzeugt, stellt das Gesamtergebnis mehr als zufrieden und ist ein Kraftakt, der speziell von einem Duo nur schwer zu stemmen ist.

Passend dazu wartet „Smaragd“ mit einer wohlig warmen, organischen Produktion auf, die vor allem den ruhigen Stellen des Albums zugute kommt. Das Schlagzeug scheppert authentisch und die vielen kleinen Details, welche vor allem im Gitarrenspiel vorhanden sind, kommen gut zur Geltung. Die Dynamik der Songs wird gut verpackt und von angenehm tieftönigen Bassspuren kontrastiert. Der Gesang ist für meinen Geschmack etwas zu weit im Vordergrund, bekommt jedoch dadurch gerade im Wechselspiel aus harten und cleanen Parts die nötige Aufmerksamkeit. Alles in allem geben sich auch hier KLABAUTAMANN keine Blöße.

Was bleibt am Ende zu sagen? „Smaragd“ hat mir einiges an Arbeit abverlangt und so könnte es eventuell vielen Hörern gehen. Wenn man jedoch dazu bereit ist, sich in ein Album einzuarbeiten, bekommt man mit dem neuesten Streich der Bonner ein absolut facettenreiches Werk, welches viel Langzeitmotivation bietet und bei dem man sich zudem die Frage stellen kann, wohin der Weg in Zukunft für KLABAUTAMANN noch gehen könnte. Von diesem Punkt aus stehen ihnen alle musikalischen Türen offen.

 

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Bandcamp

Autorenbewertung

8
"Smaragd" bietet für alle Freunde harter, progressiver Musik zehn Songs voller Leidenschaft und Nonkonformität. Das Album tendiert jedoch dazu, in allem Experimentieren ein wenig das Zusammenhängende, das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Kleine Schwächen im Songwriting duellieren sich mit großartigen Einfällen und erschaffen ein Album, welches einzigartig und sicherlich nicht jedermanns Sache sein wird. Checkt es einfach mal aus!
ø 4.3 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ ein sehr interessantes Songwriting
+ große spielerische Klasse
+ extremer Abwechslungsreichtum
+ der großartige Opener "Into Depression"

Nachteile

- das Album benötigt eventuell "Einarbeitung"
- ein nur schwer erkennbarer roter Faden

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2 Kommentare

  1. Nico
    18. Juni 2017 bei 21:08 — Antworten

    Wow, einfach wow!
    Hab ehrlich gesagt heute meinen ersten längeren Besuch auf dieser Seite und scheisse, into Depression hatte mich schon bei den ersten KIängen! Das ist ja ein großartiger Song. Richtig Bock auf mehr bekommen, muss definitiv mehr Ausschau nach solchen Goldschätzen hier halten 🙂
    Die Review macht richtig Bock auf mehr!

    • 19. Juni 2017 bei 10:17 — Antworten

      Danke für dein Feedback Nico! Und viel Spaß mit dem Album. Es gibt wirklich eine Menge zu entdecken.

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