Eine fette Pony-Party – Necksplosion Festival 2018
Am Samstag, dem 17.03. des Jahres 2018 nach Christus fand in Luxemburg wieder das alljährliche NECKSPLOSION FEST statt. In dem Gebäude mit dem lustigen Namen „Schungfabrik“ (oder zu Deutsch: Schuhfabrik) traten diesmal sieben Bands am Stück auf – aus den verschiedensten Metal-Richtungen. Darunter waren zwei aus Deutschland angereiste Gruppen und fünf lokale Acts sowie als Höhepunkt die fetteste Pony-Gore-Slam-Bananenparty des Jahres.
Der erste Auftritt
Gegen 16.30 geht es dann los mit ARDUINNA‘S DAWN. Die Symphonic-Metaller haben heute ihren allerersten Auftritt und sind dementsprechend schon vor der Show teilweise sichtlich nervös. Nach einer Ansage von einem der Organisatoren (früherer SILENCE-Autor übrigens, hi Luc <3) leitet uns der Keyboarder mit einem epischen Intro ins Geschehen. In den ersten Minuten gibt es ein paar kleine Koordinationsschwierigkeiten unter den Musikern und auch der Sound braucht erstmal ein bisschen, bis er sich gefunden hat.
Als diese anfänglichen Hürden allerdings überwunden sind, wirkt die Musik richtig vielversprechend.
Gitarre und Schlagzeug sorgen in den richtigen Momenten für Energie, der Bass ist das ganze Konzert über hart am Abgehen und das Keyboard wechselt gekonnt zwischen Begleitung und atmosphärisch-melodischem Übernehmen des Kommandos. Der Sängerin merkt man die Nervosität auch etwas an, aber auch sie schlägt sich wacker und überwindet letztendlich alle Schwierigkeiten. Dass dieser allererste Liveact natürlich eine Feuerprobe war, hat man gemerkt, aber die Band hat definitiv Potential! Dafür, dass von allen Bandmitgliedern über die Hälfte noch nie auf der Bühne stand, war das ein gelungener Auftritt.
Eingefleischte Death-Metaller
Als Kontrastprogramm treten dann die Death-Metaller THEOPHAGIST auf, von denen einige Mitglieder schon vor über zehn Jahren als Grindcore-Formation ELITIST DEATH SQUAD die Bühnen unsicher gemacht haben. Es wird hart geballert und technisch geshredded, der Sänger holt mit seinen geschätzten 50 Kilo Kampfgewicht eine unfassbare Bandbreite an Growls und Screams aus sich und seinen Krampfadern heraus und selten sinkt das Tempo unter 200 BPM. Die Texte reichen von Rezepten für menschlichen Kuchen bis hin zu improvisierten Adblocker-Lobeshymnen. Allen scheints zu gefallen! Zu guter Letzt wird mit„Apocalypse“ noch ein Cover der eigenen früheren Band angestimmt. Hierfür gesellen sich zwei weitere vergangene ELITIST DEATH SQUAD-Member dazu und grölen mit, was das Zeug hält. Dann ist die Zeit leider schon überschritten und ein ganzer Track muss wegfallen.
Die Geschwindigkeit wird um ein gutes Stück gesenkt, als die luxemburgischen Death-/Doom-Metaller KRATON die Bühne entern. Die gern gesehenen Gäste des NECKSPLOSION FESTS verbinden düstere Stimmung in Mid- bis Down-Tempo-Songs, dazu gibts tiefe Cookie-Monster-Growls und gelegentlich auch die eine oder andere Melodie. Der erfahrene, mittlerweile richtig gut zusammen funktionierende Trupp liefert ein sauberes Konzert mitsamt stimmigen Sprachsamples zwischen den Songs. Auch der Bereich vor der Bühne füllt sich allmählich mit Fußvolk, welche das Geschehen bedächtig beobachtet. Am Ende des Konzerts ist der Aufruhr groß, denn der Pizza-Food-Truck ist mittlerweile angekommen. Hat aber leider auch Kälte und Schnee mitgebracht.
Die Sache mit dem Publikum
Dann der erste nicht lokale Act: IGNITION aus dem Pott bringen professionell ausgeführten Melodic Metal nach Luxemburg. In ihrer Musik verbinden sich Elemente von Power- und Thrash-Metal, ein Mix, der bei einigen scheinbar sehr gut ankommt. In den vorderen Reihen fangen die Fans ab der ersten Sekunde an zu tanzen und zu pogen. Trotz richtig guter Performance scheinen sich etwas weniger Leute im Publikum zu befinden, als bei den vorigen Bands. Leider ist dies aber ein Phänomen, das sich des Öfteren bei kleineren lokalen Festivals zeigt: Aus dem Ausland angereiste Bands, selbst von etwas größerem Kaliber, haben oft ein reduzierteres Publikum als die kleineren, lokalen Gruppen.
Ich schätze, es liegt daran, dass innerhalb einer Szene, wie der in Luxemburg, Bands und Freunde der Bands sich gegenseitig unterstützen; wenn jedoch eine Band aus dem Ausland anreist, die man nicht unbedingt gut kennt, bietet dies für viele eher die Gelegenheit, sich eine verlängerte Raucher- oder Pizzapause zu gönnen. So ärgerlich dies für angereiste Bands auch ist, es scheint mir doch zumindest zum Teil ein unausweichliches Problem darzustellen. Stellt man jedoch mal Qualität des Publikums vor Quantität, sieht es gleich anders aus. Man merkt, dass die Menschen, die sich vor der Bühne befinden, auch wirklich Bock auf IGNITION haben. Keine der Crowds der vorigen Bands war so aktiv.
Die Oldschool-Fraktion
Es folgt wieder eine Band aus Luxemburg: THOUSAND LAKES! Gespielt wird Heavy Metal nach alter Rezeptur. Die schon 1995 gegründeten Oldschool-Headbanger liefern eine ordentliche Show ab, während ich mir eine ebenso ordentliche Pizza gönne. Der Raum vor der Bühne ist wieder etwas mehr gefüllt. Und auch aus 10 Metern Entfernung hört sich das Konzert sehr überzeugend an. Trotzdem beschleicht mich das Gefühl, etwas zu jung für diese Art der Musik zu sein. Richtig zünden wollte diese Band bei mir noch nie, was ich aber mehr auf persönlichen Geschmack, als auf die doch sehr gute Performance zurückführen würde.
An fünfter Stelle treten dann LORD VIGO auf den Plan. Äußerst epischer Doom Metal, aus Rheinland-Pfalz angereist. Und das mit Nietenhelm, eisernem Handschuh und Sonnenbrille(n). Mit ordentlich Wucht, einem Bonusmikrofon für gruselig-finstere Verzerrvocals und einem Drummer ohne Gesicht liefern die Doombringer nicht nur ein mitreißendes musikalisches Erlebnis, sondern sehen dabei auch noch extracool aus. Der Auftritt fühlt sich somit ein bisschen an wie die Pizza, die sich ebenso schwer wie wohlig in meinem Magen niedergelassen hat.
Die ultimative Party
Und dann ist es soweit – der Moment, auf den viele gewartet haben: Luxemburgs Gore-Klassiker MIKE LITORIS COMPLOT releasen nach 9 Jahren und geschätzt tausend Line-Up-Wechseln ihr erstes Full-Length-Werk „The Art Of Pony Party“. Dafür hat das Sextett eine ordentliche Show vorbereitet – für mehrere hundert Euro haben sie Verkleidungen, Bühnendeko und Gummikeulen, -bananen und -schwerter gekauft. Denn wo Party draufsteht, muss auch Party drin sein. Bei jedem Lied gibts eine andere Showeinlage mit Kostümen, dazwischen wunderbar klischeehafte Disco- und Techno-Zwischenspiele. Die vorderen Reihen des Publikums sind on fire – und die Musiker auch.
Politisch inkorrekt bis zur Schmerzgrenze, dafür mit ebenso klarem wie massivem Sound, slammen, grunzen und grooven die Jungs jeden einzelnen Song ihrer neuen Scheibe durch. Dazu wird im Publikum hart abgefeiert und -gedanced. Im Set befinden sich neben dem gebildeten Zuhörer bekannte Evergreens wie „De Bounepier (hëlleft dénger Mamm bei der Wäsch)“, „I-Slam“ oder „We Hate Fat People“ auch komplett neue Songs wie „Harry Potter Is Gay“ oder „Circus SlammyGranny“. Wenn man genau hinsieht (und noch nicht von selbst draufgekommen ist), kann man im Booklet lesen, dass es sich hier um ein ironisches Kunstprojekt handelt. Die Pony-Party jedenfalls erreicht ihren Höhepunkt, als der 77-jährige Schlagersänger FAUSTI in einem Affenkostüm ins Publikum springt und die dort anwesenden Menschen mit aufblasbaren Gummiwaffen ausstattet.
So endet ein Abend voll guter und vielseitiger Musik, wahrlich überzeugender Soundqualität und Lichtshow und einem Publikum, das sich manchmal sogar zur Bewegung überwinden kann. Auch die Organisation lief wie am Schnürchen (diese haben wir übrigens dem lokalen Trupp MINDPATROL zu verdanken)! Man kann gespannt sein, wie es nächstes Jahr weitergeht!
Danke auch an Elena A. Photography für die tollen Bilder!
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