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END OF GREEN – Optimistische Depression

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END OF GREEN – „VOID ESTATE“

Veröffentlichungsdatum: 18.08.2017
Länge: 57:32
Label: Napalm Records
Stil: Dark Rock

Was passt zum Herbst und Winter besser als melancholischer Dark Rock? Nicht viel, denke ich. Der Sommer ist um, da kann MÖTLEY CRÜE einpacken. Pünktlich zur zweitschönsten Jahreszeit (dem Winter rennt keiner die Spitzenposition ab!) haben END OF GREEN diesen Herbst ihr neues Studioalbum herausgebracht. „Void Estate“ heißt der Neuzuwachs der symphatischen Dunkelrocker.

BRINGEN WIR ETWAS LICHT INS DUNKEL …

Das elf Tracks umfassende Album beginnt mit einem Titel, den man eigentlich aus dem Jazz kennt. Allerdings handelt es sich bei „Send in the Clowns“ um kein Cover, sondern eine getragene, melancholische Ballade. Aus meiner Sicht eine hervorragende Wahl, um das Album zu einzuleiten. Trotz teils depressiv angehauchter Texte („I wear the chains of the past“) hat das Lied aus meiner Sicht etwas unglaubglich entspannendes, fast meditatives. Ich selbst fühle mich in seiner Stimmung wirklich gut aufgehoben und empfinde den Song musikalisch nicht als bedrückend. So darf das Album gerne weitergehen.

„Darkside of the Sun“ startet ebenfalls im Midtempo und schiebt dabei etwas rockiger als ihr Vorgänger voran. Beim Einsetzen des Gesangs zeigt sich die beeindruckende Qualität von Michael Hubers Stimme zum ersten Mal in ihrem vollen Spektrum. Anders als seine Sprechstimme ist sie sehr tief, besitzt aber trotzdem eine klare Aussprache. Ich kenne keinen anderen Sänger in dem Genre, der mit Huber vergleichbar wäre. Der Song wirkt sehr aufgeräumt und klar und kann die Stimmung dieser Band gut transportieren.

„The Door“ zeigt sich wieder etwas ruhiger, fast gediegen, und bestätigt wieder die Fähigkeit der Band, Musik schreiben zu können, die nicht mit Uptempo und Geschrei überzeugen muss. Der Text hat auch hier wirklich Inhalt und wirkt dank des verständlichen Gesangs auch gut. „If you ever leave me, don’t forget to close the door. Let me be my own prisoner, who can’t escape the room.“ Sehr pessimistisch und dunkel, aber nicht auf melodramatische Weise umgesetzt. Gerade wegen solcher kompositorischen Stücke schätze ich diese Band so.

EIN TIEFER EINBLICK

„Head down“ führt den vorherigen Song in seiner Art fort. Trotz schwieriger Themen entsteht keine trübe Blase, stattdessen wird ein Ausdruck der Monotonie mit schweren Gedanken und Gefühlen vermittelt. Depression als etwas Bekanntes, Gewohntes, das im Alltag integriert ist und dazugehört. Für mich wird beim Hören nicht unbedingt etwas Negatives, Schweres verstärkt. Stattdessen finden END OF GREEN in ihren Songs einen Weg, auf optimistische Weise mit Themen wie emotionaler Unsicherheit, Niedergeschlagenheit und Ungewissheit über Beziehungen umzugehen.

Auch „The Unseen“ gibt der Stimme von Huber wieder viel Raum, ein flotterer Beat bringt etwas Abwechslung in die sonst eher getragenen Stücke. Hier wirkt diese Entscheidung allerdings nicht störend oder merkwürdig. Der Gesang, welcher zwischen einem relativ hohen und einem tiefen Part hin und her wechselt, liegt gut über dem Rhythmus. Auch hier wirkt das Ganze sehr aufgeräumt, es gibt kein Hadern im Song.

„Dressed in black again“ schliesst sich inhaltlich ein wenig an „The Unseen“ an. „I’m walking like a ghost“. Man kann sich mit einem bestimmten Kleidungsstil im öffentlichen Raum durchaus so bewegen, dass man nicht auffällt und so möglicherweise die Chance hat, anders durch den Tag zu gehen. Eine schöne, gut beobachtende Sicht auf unsere Gesellschaft heutzutage. „Mollodrome“ und „Worn and Torn“ sind beide wieder ziemlich ruhige, zurückgezogene Stücke, welche sehr in sich geschlossen wirken und durch die Gitarren einen eigenen melodischen Touch bekommen. Wie sattgrünes Moos, das auf dunklem Stein zu leuchten scheint, zaubert die Gitarre immer wieder kleine Akzente in die Melodie und gibt dem Gesang so eine schöne Grundlage. „Like a Stranger“ beendet ein Album, welches keine musikalischen Einbrüche zeigt und sehr atmosphärisch wirkt.

MEIN FAZIT

Als Hörer wird man leicht an die Hand und auf eine Wanderung mitgenommen. Dabei werden ganz unterschiedliche Themen angesprochen, die alle an sich nicht einfach zu behandeln sind. Dabei wird aber nicht der mahnende Zeigefinger erhoben, sondern einfach eine kleine Beschreibung der Umstände abgegeben. END OF GREEN verpacken ihre Themen in ein musikalisches Gewand, das es dem Hörer leichter macht, sich mit den Texten auseinanderzusetzen und gleichzeitig immer wieder Neues in den Songs zu entdecken. Man könnte sich mit diesem Album wirklich an einem Sonntagnachmittag zuhause einschließen und die Platte immer wieder durchhören, ohne dabei Zeit zu verlieren. Für mich ist „Void Estate“ auf jeden Fall eines der schönsten Alben des Jahres.

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