Es dauert, dauert und dauert… – ELDER

ELDER – Reflections Of A Floating World
Veröffentlichungsdatum: 02.06.2017
Dauer: 64:21 Min.
Label: Stickman Records
Stil: Progressive Psych Rock

ELDER – eine Band, die ich zum ersten Mal vor 3 Jahren für mich entdeckt habe. 3 Jungs aus Massachusetts, die einen Scheiß darauf geben, in welche Schublade sie gesteckt werden könnten. Das geht nämlich gar nicht, denn dafür müsste man die Band auf ein Vielfaches teilen. Schon vor 3 Jahren dachte ich, dass ihr damals aktuelles Album „Dead Roots Stirring“ eigentlich gar nicht mehr zu übertreffen ist. Da hab ich mich wohl geirrt. Mit „Lore“ kamen schließlich die deutlich progressiveren ELDER zum Vorschein. 
Als ich Wind davon bekam, dass für dieses Jahr ein neues Album in Planung ist, stieg sofort mein Puls, denn ich wollte eigentlich sofort wissen, wo die musikalische Reise von ELDER nun hingeht. Back to the Roots oder doch eher noch verzwickter?

Alles beim Alten im Hause ELDER

„Lore“ wurde mit „Spirit At Aphelion“ beschlossen und genau dort wird auf „Reflections Of A Floating World“ mit „Sanctuary“ weitergemacht. Verträumte Gitarrenklänge, die es vom ersten Ton an schaffen, mich in die „Floating World“ zu transferieren. Ganz klar steht auch auf dem neuen Werk der Gesang eher im Hintergrund, was die Gesangsleistung von Sänger und Gitarrist Nick DiSalvo aber nicht unterdrücken soll. Sein relativ hoher Klargesang wird wohl dosiert an den richtigen Stellen der Songs eingesetzt und sorgt so für noch mehr Zauber.
Fies wird es auch noch, als ich nach gut 8 Minuten denke (und erwarte), dass der Opener nun endet. Denkste, Promillo! Nach kurzem Gitarrenklimper wird noch einmal eine wahnsinnige Soundwand errichtet, die „Sanctuary“ dann nach gut 11 Minuten enden lässt.

Happiest Band in „Doom Metal“

Dieses Album ist wirklich nichts für Hörer, die es eilig haben. Erstens mal, weil die Songs durch Überlänge bestechen und zweitens, weil es erst einmal eine Weile dauert, bis ein Song Fahrt aufnimmt. So auch „The Falling Veil“. Über eine Minute dauert es, bis überhaupt mal strukturierte Musik zum Vorschein kommt. Da ich aber massig Zeit habe, genieße ich die Zauberformel vor dem eigentlichen Song, in der sich in mir ein riesiger Berg voller Spannung anhäuft. Dann gehts aber los und ich werde wieder nicht enttäuscht. Nicks verspielte Art seine Gitarre zu strangulieren wirkt zwar im ersten Moment erstmal gewöhnungsbedürftig, doch wenn man einmal ganz tief in den Geist dieser Musik eingetaucht ist, kommt man so schnell nicht mehr heraus.

Das klingt jetzt alles nach softem Geklimper, ist es aber nicht! Gerade „The Falling Veil“ wird durch einen flotten rockigen Part nochmal um einiges aufgewertet, ehe auch er nach 11 monumentalen Minuten zu Ende geht.
Da wir ja gerade das Thema Schubladen hatten. Natürlich kann man ELDER auch mit „Staving Off Truth“ nicht in eine eben solche stecken, doch tritt bei diesem Titel der Geist des Stoner Rock erstmalig auf dem Album etwas in den Vordergrund. Doch das war es noch nicht mit den Überraschungen. Im Mittelteil des Songs setzt plötzlich ein Keyboard ein, welches dem Stück wieder eine ganz besondere Magie aufdrückt. Bei diesem Sound, gepaart mit dem kräftigen Gitarrensound, muss ich automatisch an unberührte Natur denken.

In „Blind“ geht es erstmal ziemlich ruppig zur Sache, ehe die gefühlvolle Seite ELDERs zur Geltung kommt. Gefühlvoller Gesang und Keyboard, nicht mehr und nicht weniger. Und als ich mich gerade an die sanften Klänge gewöhnt habe, rollt mir die nächste Soundwand gegen den Kopf, in der lediglich noch der gefühlvolle Gesang und ein paar Akzente des Keyboards enthalten sind.

Wir kommen zu einem kleinen Rätsel!

Du fühlst dich schwach, ausgelaugt, lethargisch, hast keine Lust auf irgendetwas. Vormittags um 12 braucht dich sowieso niemand ansprechen. Am späten Nachmittag kehren deine Kräfte langsam wieder in deinen Körper zurück und kurz vor dem Ende des Tages fühlst du dich fitter denn je! Na, von welchem Tag rede ich? Natürlich, dem „Sonntag“! Warum hab ich das jetzt kursiv geschrieben habe, ist simpel erklärt. Das ist der Titel des einzigen Instrumentalsongs der neuen Platte, der der neue Sonntagssoundtrack im Hause Promillo werden wird! „Hä? Ich denke das sind Amis?“ werden sich jetzt einige denken. Recht habt ihr, doch Sänger Nick wohnt schon seit einigen Jahren in Berlin und beherrscht die deutsche Sprache mittlerweile schon richtig gut. Davon können wir uns hier noch nicht überzeugen, aber vielleicht ja dann auf dem nächsten Album.

Nachdem der Sonntag nun auch überstanden ist, wirken ELDER auch gleich wieder viel fitter und hauen mit „Thousand Hands“ noch ein Lied zum Verlieben raus. Die Jungs wissen, was ihre Stärken sind und die werden in diesem Stück komplett ausgespielt. Einprägsame Gitarrenläufe, verspielter Bass, markanter Gesang und ein grandioses Drumming sind das, was mich bei dieser Band beeindruckt und genau mit diesen Mitteln beschließen sie ihr neues Album.

Und was dauert jetzt hier?

Das ganze Album dauert! Nicht nur vom zeitlichen Aspekt, sondern brauchte es auch eine gewisse Zeit, bis es mich komplett eingenommen hat. Deswegen kommt das Review auch erst jetzt, obwohl das Album schon seit 2 Wochen  erhältlich ist.  Dass die neuen Songs nicht sofort greifen werden, war mir schon vorher klar, da die Strukturen der Songs einfach zu komplex sind, um sie beim ersten Durchlauf vollends zu verstehen.
Umso glücklicher bin ich jetzt, dass „Refelections Of A Floating World“ nun auch von mir Besitz ergriffen hat.
Übrigens: ELDER haben einen Headliner-Slot auf dem diesjährigen Stoned From The Underground inne. Wer sich das nicht gibt, ist selbst dran Schuld!!!

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Bandcamp

Autorenbewertung

9
Mit "Reflections Of A Floating World" haben ELDER ihre Reise, die sie mit "Lore" begonnen haben, nun endlich fortgesetzt. Waren der Sound und die Songstrukturen auf dem Vorgängeralbum noch ziemlich ungewohnt, so weiß man bei dem neuen Werk schon, was einen erwartete. Über eine Stunde lang geht es raus aus dem Alltag in eine ferne Welt ohne jegliches Leid und Sorgen!
ø 4.1 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ Sound
+ Cover
+ komplexe Songstrukturen
+ Länge
+ Flexibilität

Nachteile

- es greift nicht beim ersten Hören und braucht einige Zeit, sich zu entwickeln

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